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* Gwendolyn Kuhn: ''Dauerbrenner auf der Mülldeponie''. In: Fürther Nachrichten vom 11. Oktober 2019 (Druckausgabe) bzw. ''Seit 15 Jahren: Fürths Solarberg ist ein Dauerbrenner''. In: nordbayern.de vom 14. Oktober 2019 - [https://www.nordbayern.de/region/1.9414369 online abrufbar] | * Gwendolyn Kuhn: ''Dauerbrenner auf der Mülldeponie''. In: Fürther Nachrichten vom 11. Oktober 2019 (Druckausgabe) bzw. ''Seit 15 Jahren: Fürths Solarberg ist ein Dauerbrenner''. In: nordbayern.de vom 14. Oktober 2019 - [https://www.nordbayern.de/region/1.9414369 online abrufbar] | ||
* Volker Dittmar: ''Solarberg vor der Erweiterung''. In: Fürther Nachrichten vom 4. Februar 2020 (Druckausgabe) bzw. ''Mehr Leistung: Solarberg in Atzenhof steht vor Erweiterung''. In: nordbayern.de vom 4. Februar 2020 - [https://www.nordbayern.de/region/1.9795317 online abrufbar] | |||
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Version vom 5. Februar 2020, 11:37 Uhr
Der Solarberg an der Vacher Straße bei Atzenhof ist ein künstlicher Berg mit einer Höhe von 348 m über dem Meerespiegel (ca. 57 Höhenmeter). Er war die Mülldeponie für Fürth, weswegen er früher umgangssprachlich auch "Müllberg" oder "Schuttberg" genannt wurde. Im Volksmund wurde er desweiteren scherzhaft "Monte Scherbelino" oder "Tell Schutt" genannt.
Die Deponie Atzenhof wurde von 1968 bis 1999 betrieben. Der Schuttberg, auf dem inzwischen über 254 verschiedene Pflanzenarten wachsen, dient heute als Standort zur Stromgewinnung und als Naherholungsgebiet mit einem wunderbaren Panoramablick auf Fürth und Umgebung. Da er direkt am Main-Donau-Kanal liegt, ist er auch am Radwegenetz von Fürth angeschlossen. Im Sommer 2006 wurden verschiedene Fußgängerwege angelegt und die Bergkuppe mit Steinarbeiten vom ortsansässigen Steinmetz Heinz Siebenkäs verziert. Zusätzlich wurden Bänke und Schautafeln auf dem Gipfel errichtet.[1] Bereits ein Jahr später wurde die Kuppe des Berges zur besseren Begehung ausgebaut und gepflastert; vorher war diese großteils nur mit Gras bedeckt. Für die St.-Matthäus-Kirchengemeinde aus Vach ist es zur Tradition geworden, auf dem Berggipfel den Himmelfahrts-Gottesdienst zu feiern.[2]
Entstehung
In der Zeit des Wirtschaftsaufschwungs nach dem 2. Weltkrieg wurde u. a. der Konsum stark angekurbelt. Die Wirtschaft belebte sich zunehmend und damit stiegen auch die Mengen von Haushalts-, Gewerbemüll und Klärschlamm. In einer Zeit, in der die Mülltrennung, das Recycling und die Energiegewinnung (z. B. durch Biogasanlagen) noch nicht groß geschrieben wurden, wussten sich viele deutsche Städte zunächst nicht anders zu helfen, als den Müll in entsprechenden Deponien zu sammeln. So entstanden in ganz Deutschland die sog. Schutt- oder Müllberge, meist am Rand einer Stadt.
In Fürth wurde nach dem Krieg zunächst der Müll am Scherbsgraben bzw. beim Friedhof gesammelt, eher er ab 1968 am heutigen Standort in Atzenhof gelagert wurde. Damit der Müll nicht zu viel Platz wegnehmen würde, entschied man sich diesen vorher zu zerkleinern. In einer Schredderanlage, in der mühelos ein halbes Auto hinein gepasst hätte, wurde der Müll auf die Hälfte seines Volumens reduziert. Anschließend wurde der verdichtete Müll auf der Deponie eingebracht, so dass sich innerhalb von 31 Jahren über 2,6 Mio. Kubikmeter Abfall anhäuften.[3] Das entspricht exakt dem Volumen der Cheops-Pyramide in Gizeh (Ägypten).[4]
Betrieb und Schließung
1993 wurde die Deponie das erste Mal einer größeren Sanierung unterzogen. Bei dieser Maßnahme wurden 17 Gasbrunnen in vertikalen und horizontalen Rigolensystemen zur Gewinnung des Gases, das durch die Vergärung der organischen Abfälle entsteht, eingebaut. Seit 1995 wurde diesen in den Betriebsjahren durchschnittlich 1 Mio. Kubikmeter Deponiegas entzogen, die zur Strom und Wärmegewinnung genutzt wurden. Damit konnten pro Jahr über 2,7 Mio. kWh Strom erzeugt und somit ca. 675 durchschnittliche Haushalte mit Strom versorgt werden.
Durch den politischen Wandel und ein grundlegend anderes Verständnis des Abfallwesens (z. B. Rohstoffgewinnung durch Recycling) wurde eine Wiederverwertung des Mülls effizienter und Gewinn bringend. So wurde 1999 durch die rot-grüne Bundesregierung die erste Deponierichtlinie erlassen, die die umweltverträgliche Ablagerung von Abfällen auf Deponien regelte. Es folgten weitere EU-Richtlinien, die die Stilllegung solcher Anlagen regelten und spätestens 2005 wäre das Ende der Deponie von Seiten des Gesetzgebers gekommen, denn hier wurde bundesweit ein Verbot von Deponien durch die Bundesregierung beschlossen.[5] Die Deponie "entkam" dieser gesetzlichen Schließung, in dem sie bereits 1999 geschlossen wurde.[3]
Nach der Schließung der Deponie 1999 wurde der Berg versiegelt. Das sich im Berg bildende Deponiegas wird seit 1995 zur Stromerzeugung genutzt. Da der Brennwert des Deponiegases mit der Zeit immer weiter abnimmt, ist der Betrieb des Deponiegasmotors seit 2012 ebenfalls nicht mehr möglich. Um das Gas des Schuttberges trotzdem weiterhin nutzen zu können, installierte die infra 2013 eine Schwachgasfackel im Heizwerk Vacher Straße. Die Verbrennungswärme des Deponiegases wird über Wärmetauscher in den Atzenhofer Fernwärmeheizkreis eingespeist und versorgt rund 110 Haushalte mit Wärme. Im Vergleich zur konventionellen Wärmeerzeugung mit Erdgas werden so jährlich ca. 370 Tonnen CO2 eingespart.[3][6]
Nach Angaben der Abfallwirtschaft wird die Deponie noch bis ca. 2024 Gas für die Energieproduktion liefern.[7] Danach müsste alles Organische vergärt sein, so dass keine weiteren Gasbildungen mehr stattfinden werden. Durch die Vergärung der biologischen Abfälle schrumpft der Berg jährlich um wenige Millimeter.[8]
Im April 2019 fiel eine der Reglerstationen zur Verwendung des Gases aus. In der Folge musste der komplette Solarberg für die Bevölkerung gesperrt werden, da es theoretisch durch das unkontrollierte Ausdringen des Gases zu Verpuffungen bzw. Stichflammen kommen könnte. Zwar gilt auf dem gesamten Solarberg ein Feuerverbot, die Stadtverwaltung wollte aber dies bzgl. lieber auf Nummer sicher gehen: "Das Risiko wollen wir nicht eingehen", sagte ein Mitarbeiter der Abfallwirtschaft gegenüber der örtlichen Presse.
Solarberg
2003 beschloss der Fürther Stadtrat, auf der Südseite des Berges eine Photovoltaikanlage zu bauen. Die Bedenken des nahegelegenen Golfplatzes, dass die Solarmodule durch einschlagende Golfbälle beschädigt werden könnten, wurden genauso widerlegt wie die Befürchtung, dass die Solarmodule durch die vermeintliche Sonnenreflektion vorbeifahrende Schiffskapitäne oder Autofahrer blenden könnten.
Am 23. Dezember 2003 ging der Solarberg nach nur drei Monaten Bauzeit in Betrieb mit insgesamt 5 760 Solarmodulen auf einer Fläche von 1,7 Hektar. Die theoretisch mögliche Gesamtleistung beträgt 1008 kWp, womit knapp 250 Haushalte mit Strom versorgt werden können.[3] Gleichzeitig wird die Umwelt durch eine Einsparung von 6 000 Tonnen CO2 entlastet. Die Finanzierung der Solaranlage (Kosten 4,65 Mio. Euro) wurde durch 150 Privatanleger möglich. Hierzu entwickelten die Stadt und die Sparkasse Fürth ein Bürgerbeteiligungsmodell mit einer Rendite von 4,5 Prozent, bei dem zwei Drittel der Kosten durch ein zinsgünstiges Darlehen der Sparkasse finanziert und das restliche Drittel durch die Bürgerbeteiligung und einen Zuschuss von 500.000 Euro durch die Stadt beigesteuert wurden.[9]
Nach Angaben der Stadt Fürth spielte der Solarberg im Jahr 2005 in der "Weltliga" der Solarenergiegewinnungen mit, denn das Kraftwerk gehörte zu diesem Zeitpunkt zu den 50 größten Photovoltaikanlagen weltweit.[10] Im Jahr 2019 feierte die Stadt Fürth das 15-jährige Bestehen der Solaranlage auf dem ehem. Müllberg.[11]
Lokalberichterstattung
- Volker Dittmar: Kalte Dusche für die »Solarstadt«. In: Fürther Nachrichten vom 4. Mai 2010 - online abrufbar
- Sabine Gärtner: Vom Müllberg zum Biotop. In: Fürther Nachrichten vom 17. Mai 2010 - online abrufbar
- Horst M. Auer: Fürth und Erlangen punkten kräftig mit Sonnenstrom. In: Fürther Nachrichten vom 29. Juni 2010
- Pressemitteilung zur Schwachgasfackel der infra vom 1. Februar 2013 - online abrufbar
- Volker Dittmar: Die infra gibt mit Müll nochmal Gas. In: Fürther Nachrichten vom 5. Februar 2013 - online abrufbar
- Benjamin Huck: Wie aus Müll Energie wird. In: Fürther Nachrichten vom 24. August 2015. S. 35 HFN
- Andreas Pöllinger: Hunderte zieht's zum Gottesdienst auf den Solarberg. In: nordbayern.de vom 11. Mai 2018 - Bildergalerie
- Armin Leberzammer: Gottesdienst für Gipfelstürmer - An Himmelfahrt versammelten sich die Gläubigen auf dem Solarberg. In: Fürther Nachrichten vom 12. Mai 2018 (Druckausgabe)
- Johannes Alles: Stadt riegelt den Solarberg ab. In: Fürther Nachrichten vom 18. April 2019 bzw. Gefahr von Stichflammen: Fürth sperrt den Solarberg. In: nordbayern.de vom 17. April 2019 - online abrufbar
- fn: Keine Gefahr: Solarberg ist nicht mehr gesperrt. In: nordbayern.de vom 18. April 2019 - online abrufbar
- Gwendolyn Kuhn: Dauerbrenner auf der Mülldeponie. In: Fürther Nachrichten vom 11. Oktober 2019 (Druckausgabe) bzw. Seit 15 Jahren: Fürths Solarberg ist ein Dauerbrenner. In: nordbayern.de vom 14. Oktober 2019 - online abrufbar
- Volker Dittmar: Solarberg vor der Erweiterung. In: Fürther Nachrichten vom 4. Februar 2020 (Druckausgabe) bzw. Mehr Leistung: Solarberg in Atzenhof steht vor Erweiterung. In: nordbayern.de vom 4. Februar 2020 - online abrufbar
Siehe auch
Weblinks
- Stadt Fürth | Solarberg - Hompage
Einzelnachweise
- ↑ BmPA: Aussichtsplattform lädt zum Verweilen ein. Pressemitteilung der Stadt Fürth vom 8. Juni 2006, online abgerufen am 24. August 2015 | 19:50 Uhr - online abrufbar
- ↑ Armin Leberzammer: Gottesdienst für Gipfelstürmer. In: Fürther Nachrichten vom 12. Mai 2018
- ↑ 3,0 3,1 3,2 3,3 BmPA: Zehn Jahre Solarberg. Pressemitteilung der Stadt Fürth vom 23. Dezember 2013, online abgerufen am 24. August 2015 | 19:17 Uhr - online abrufbar
- ↑ Wikipedia: Größenordnung (Volumen), abgerufen 24. August 2015 | 18:34 Uhr - online abrufbar
- ↑ Homepage: Umweltbundesamt - Deponie und Lagerung, abgerufen am 24. August 2015 | 19:24 - online abrufbar
- ↑ Pressemitteilung der infra vom 1. Februar 2013 - online abrufbar
- ↑ Johannes Alles: Gefahr von Stichflammen: Fürth sperrt den Solarberg. In: Fürther Nachrichten vom 17. April 2019
- ↑ Benjamin Huck: Wie aus Müll Energie wird. In: Fürther Nachrichten vom 24. August 2015, S. 35
- ↑ BmPA: Der Solarberg als Wirtschaftsfaktor und Bürgerprojekt. Pressemitteilung der Stadt Fürth vom 12. April 2005, online abgerufen am 24. August 2015 | 19:38 Uhr - online abrufbar
- ↑ BmPA: Der Solarberg in Atzenhof. Pressemitteilung vom 12. April 2005, online abgerufen am 24. August 2015 | 19:32 Uhr - online abrufbar
- ↑ BMPA - Presse-Information: Solarberg Atzenhof liefert weiter satte Gewinne, vom 10. Oktober 2019, 437/19
Bilder
Mainstraße vor der Einmündung Stadelner Straße, Rechts der Damm des Main-Donau-Kanals, hinter der Baumreihe der Golfplatz, im Hintergrund der Solarberg im Juni 2022
Solarberg mit Sonnenmotiv
Blick auf den 'Achalasberg' (links) bei der Karl-Hauptmannl-Straße in Stadeln im Jahr 2019; im Hintergrund der Solarberg
Blick vom Solarberg auf den Main-Donau-Kanal, den Hafen Fürth und Atzenhof 2015
Blick vom Solarberg auf die Kreuzung Mainstraße - Vacher Straße im Hintergrund Vach und rechts Mannhof 2015
Blick vom Solarberg auf die Vacher Straße und Stadelner Straße mit der Stadelner Brücke und im Hintergrund Stadeln 2015
Blick vom Solarberg auf Main-Donau-Kanal, Golfplatz und Hafen Fürth. Im Hintergrund die Hardhöhe, Unterfürberg und Oberfürberg - 2015
Blick vom Solarberg auf den Main-Donau-Kanal, die Kanalbrücke Zenn, Flexdorf und Vach (2015)
2015: Blick vom Solarberg in Atzenhof Richtung Golfpark Fürth, Regnitztalbrücke Stadeln, Regnitz Grund und die Städte Fürth und Nürnberg
2013: Blick über das Regnitztal am Stadelner Wasserrad im Hintergrund der Solarberg bei Atzenhof
Plateau des Solarbergs mit Hinweistafeln für Landschaft und Gebäude der Umgebung - Bildmitte Stadeln, dahinter Großgründlach und Boxdorf im März 2011
Blick vom Plateau des Solarbergs über die Solaranlage zum ehem. Flugplatz Atzenhof und Monteith Barracks, heute Wohngelände Golfpark Fürth und Golfplatz. Links der Wiesengrund mit der Regnitztalbrücke der Bahnstrecke Nürnberg-Bamberg im März 2011
Solarberg vom Main-Donau-Kanal aus gesehen
Blick vom westl. Ufer des Main-Donau-Kanals zum Solarberg. In der Bildmitte die Informationstafel der mit Solarenergie gewonnenen Stromleistung im Januar 2007
neuer Solarwall am Golfplatz Gelände am ehem. Flugplatz Fürth-Atzenhof. Im Hintergrund der Solarberg im Januar 2007
Blick vom RMD-Kanal auf den Solarberg, Zenn Grund, Flexdorfer Straße und Vacher Zennbrücke. Ortschaften links Vach, im Hintergrund Mitte Mannhof und rechts Stadeln, im April 2005
Hochwasser an der Regnitz im Januar 2003; im Hintergrund der Solarberg noch ohne Solaranlage
Blick vom Atzenhofer Solarberg auf die Vacher Zennbrücke und auf Vach, im Hintergrund Erlanger Hochhäuser, 2003
Blick vom Atzenhofer Solarberg auf Stadeln, im Vordergrund die Stadelner Straße mit der 1960 gepflanzten Pappelallee, mit Stadelner Brücke und Regnitz. 2 Kirchtürme im Hintergrund und die ehemaligen 3 roten Silotürme der Firma BIG, 2003
2001: Blick vom Main-Donau-Kanal auf der Trogbrücke Kanalbrücke Zenn. Rechts Teil des Solarbergs, voraus Stadelner Straße im Hintergrund Stadeln.
2001: Blick vom Main-Donau-Kanal Richtung Hafen Fürth und dem Solarberg.
Blick vom Fürther Müllberg auf den Golfplatz, Juni 2001
Blick vom Fürther Müllberg auf die Vacher Zennbrücke und auf Vach, Juni 2001
Blick vom Fürther Müllberg auf die Pappelallee am Fischerberg und auf Stadeln, Juni 2001
Einfahrt zur ehem. Mülldeponie heute Solarberg in Atzenhof an der Vacher Straße, im Hintergrund die Kreuzung Stadelner Straße im Juli 1999
Sanierung des Solarberg vom Wiesengrund aus mit der Panzerstraße und der Stadelner Brücke, Aufnahme 1999
Am Hafen Fürth, Blick nach Norden Richtung Müllberg, Juni 1994
Hochwasser im Wiesengrund, Blick vom Solarberg auf das Panorama von Stadeln, im Vordergrund die Panzerstraße mit Pappelallee und Stadelner Brücke, 1987