Kirchweih-Postkarten: Unterschied zwischen den Versionen
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Die Idee einer „Correspondenz-Karte“ wurde am 1. Oktober 1869 von der österreich-ungarischen Post eingeführt - quasi als Vorläufer der heutigen und damaligen Postkarte bzw. Ansichtskarte. Auch in Deutschland fand das Medium große Beliebtheit, so wurden in Berlin am ersten Verkaufstag am 25. Juni 1870 mehr als 45.000 Karten verkauft und in den Umlauf gebracht. Dabei wurden meist allgemeine Motive oder Firmennamen als erweiterte Visitenkarten verwendet, ehe ortsspezifische Motive adaptiert wurden.<ref>Museum für Kommunikation Berlin: Mehr als Worte - 150 Jahre Poskartengrüße, online abgerufen am 17. September 2023</ref> | |||
Als Prototyp - und als eine der ersten bekannten Fürther Kirchweihkarte - kann das Blatt von [[Christian Friedrich Fues|Maler Fues]] aus dem Jahr 1887 gelten, der ''ein hübsches illuminirtes Kunstblatt mit Abbildung des Festzuges'' (lieferte), ''wovon in Fürth allein 230 Exemplare abgesetzt wurden.''<ref>[[Chronik der Stadt Fürth 1985 (Buch)|Fronmüllerchronik]], 1887, Seite 228 f. Fronmüller kann eine detaillierte Beschreibung des ersten Erntedankfestzuges wiedergeben, da er mit anwesend war und etwaige Erinnerungslücken durch seinen Großvater, den Stadtpfarrer [[Georg Tobias Christoph I. Fronmüller|G.T.C. Fronmüller]], gefüllt bekam.</ref> | |||
Dabei kann zunächst in zwei Arten von Postkartenarten unterschieden werden. Allgemein gültige Postkarten, die auf jeder Kirchweih oder Rummel im deutschsprachigem Raum genutzt werden konnten und lediglich durch einen Stempel oder individuellen Eindruck auf einer Freifläche zum Beispiel die „Fürther“ Prägung herstellten. Häufige Motive dieser Art von Postkarten waren meist zeitgenössische Attraktionen oder Kuriositäten, oder meist bierselige Begebenheiten mit zum Teil frivolen Einschlägen. Dem Gegenüber standen eigens für Fürth hergestellte Postkarten - anfänglich noch gezeichnet - später mit Fotografien ergänzt oder vollständig versehen. Dabei konnte beobachtet werden, dass gerade der Einsatz der damals noch jungen Technik der Fotografie erst als Ergänzung galt - und Baukastenförmig hinzugezogen wurde bzw. in zum Teil immer wieder neuen Kompositionen gleiche oder ähnliche Motive im Wechsel die Motive auf der Karte prägten. Gegen Ende der 1910er Jahre löst allerdings das Fotomotiv zunehmend die gezeichneten Postkarten ab. Dabei wurde das Fotografieren als solches zum Teil selbst Gegenstand des Postkartenmotivs - da die Portraitfotografie als Kirchweihattraktion Gefallen beim Publikum fand. Ein Trend, der sich bis in die 1960er noch hielt, und dann durch die zunehmende Verfügbarkeit für breite Schichten in der Bevölkerung wieder fast gänzlich abnahm. | |||
== Fürther Motive == | |||
Zu den beliebtesten Fürther Motiven zählten verschiedene Bilder: | |||
* Gaststätten wie z.B. Die Mistn, Hotel National, Fischhäusla, Hotel Kütt | |||
* Gebäude: Rathaus, Kirche "Zu Unserer Lieben Frau", Hauptbahnhof | |||
* Veranstaltungen: Aussteuerziehung bzw. Heiratslotterie, Heringsdorf | |||
* Unternehmen - insbesondere die der Fürther Brauereien | |||
* Musiker - insbesondere Harfenspielerinnen | |||
Ebenfalls hinzukommen zeithistorische Anspielungen bzw. Bezüge zu zeithistorischen Ereignissen. So wurden Zeppeline als das Transportmittel der Zukunft genauso in den Fokus genommen wie z.B. die vermeintliche Emanzipation der Frau in der Gesellschaft. Wesentlich häufiger als Motiv waren aber zeitgenössische Attraktionen, seien es Fahrgeschäfte oder Kuriositätenkabinette wie z.B. die Frau ohne Unterleib, oder der größte bzw. kleinste Mensch der Welt etc. Eine besondere Rolle bei den Postkartenmotiven nahmen zwei weitere Motive ein. Der übermäßige Alkoholkonsum - meist bei Männern - und den damit verbundenen vermeintlichen Konsequenzen - und den Bezug aus den studentischen Burschenschaften mit dem Hinweis auf § 11. Insbesondere der Hinweis auf einen § 11 erklärt sich heute nicht mehr ohne weiteres. Wikipedia schreibt hierzu: ''Der Paragraph 11 ist der bekannteste und am weitesten verbreitete Paragraph in Bier-Comments von Studentenverbindungen. Gebräuchlich war der Begriff auch unter den mancherorts als „Knoten“ bezeichneten Gesellen. Er lautet traditionell „Es wird fortgesoffen!“, „Es wird weitergesoffen!“ oder lateinisch „porro bibitur!“… Alten Überlieferung nach ist der § 11 nicht nur im deutschen Sprachraum, sondern auch in den deutsch-baltischen Studentenverbindungen, zum Beispiel bei der Selonia bekannt gewesen.''<ref>Wikipedia: Paragraph 11 - online abgerufen am 17. September 2023</ref> Häufig erscheinen in dem Kontext auf der Karte auch ein Affe oder eine Katze mit Buckel - eine genaue Erklärung hierfür ist aktuell noch nicht bekannt. Ebenfalls noch unbekannt ist der überdurchschnittlich hohe Anteil von Abbildungen von Musikerinnen mit einer Harfe. Gerade das Instrument der Harfe spielte in diesem Kulturraum keine übergeordnete Rolle - dennoch ist besonderes dieses Instrument sehr häufig auch auf Fürth spezifischen Ansichtskarten zur Kirchweih zur sehen. | |||
Eine Sonderrolle nehmen die Ansichtskarten aus der Zeit des Nationalsozialismus ein. Neben einer Vielzahl von Fotografieren von Kirchweihstraßenszenen, die reichlich beflaggt sind mit der Hakenkreuzflagge, tauchen erstmals auch wieder gezeichnete Postkartenmotive auf. Nach dem 2. Weltkrieg wurden zunächst schwarz-weiß Fotopostkarten in den Umlauf gebracht, bis in den 1960er Jahren die Farbfotokarte den Markt dominierte. Bis Heute (Stand 2023) werden weiterhin Postkarten zur Kirchweih bzw. mit Kirchweihmotiven aufgelegt und Verkauft - der Absatz dürfte sich aber deutlich reduziert haben. Gleiches gilt auch für die Motivvielfalt. Wurden Anfang des 20. Jahrhunderts noch eine Vielzahl von Motiven unterschiedlichster Art in den Umlauf gebracht, beschränken sich die neuen Postkarten meist auf nur wenige Motive und wiederholen sich jährlich. | |||
===Kirchweihkarten mit städtischen Restaurationsbetrieben=== | ===Kirchweihkarten mit städtischen Restaurationsbetrieben=== | ||
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Version vom 17. September 2023, 14:54 Uhr
Die Idee einer „Correspondenz-Karte“ wurde am 1. Oktober 1869 von der österreich-ungarischen Post eingeführt - quasi als Vorläufer der heutigen und damaligen Postkarte bzw. Ansichtskarte. Auch in Deutschland fand das Medium große Beliebtheit, so wurden in Berlin am ersten Verkaufstag am 25. Juni 1870 mehr als 45.000 Karten verkauft und in den Umlauf gebracht. Dabei wurden meist allgemeine Motive oder Firmennamen als erweiterte Visitenkarten verwendet, ehe ortsspezifische Motive adaptiert wurden.[1]
Als Prototyp - und als eine der ersten bekannten Fürther Kirchweihkarte - kann das Blatt von Maler Fues aus dem Jahr 1887 gelten, der ein hübsches illuminirtes Kunstblatt mit Abbildung des Festzuges (lieferte), wovon in Fürth allein 230 Exemplare abgesetzt wurden.[2]
Dabei kann zunächst in zwei Arten von Postkartenarten unterschieden werden. Allgemein gültige Postkarten, die auf jeder Kirchweih oder Rummel im deutschsprachigem Raum genutzt werden konnten und lediglich durch einen Stempel oder individuellen Eindruck auf einer Freifläche zum Beispiel die „Fürther“ Prägung herstellten. Häufige Motive dieser Art von Postkarten waren meist zeitgenössische Attraktionen oder Kuriositäten, oder meist bierselige Begebenheiten mit zum Teil frivolen Einschlägen. Dem Gegenüber standen eigens für Fürth hergestellte Postkarten - anfänglich noch gezeichnet - später mit Fotografien ergänzt oder vollständig versehen. Dabei konnte beobachtet werden, dass gerade der Einsatz der damals noch jungen Technik der Fotografie erst als Ergänzung galt - und Baukastenförmig hinzugezogen wurde bzw. in zum Teil immer wieder neuen Kompositionen gleiche oder ähnliche Motive im Wechsel die Motive auf der Karte prägten. Gegen Ende der 1910er Jahre löst allerdings das Fotomotiv zunehmend die gezeichneten Postkarten ab. Dabei wurde das Fotografieren als solches zum Teil selbst Gegenstand des Postkartenmotivs - da die Portraitfotografie als Kirchweihattraktion Gefallen beim Publikum fand. Ein Trend, der sich bis in die 1960er noch hielt, und dann durch die zunehmende Verfügbarkeit für breite Schichten in der Bevölkerung wieder fast gänzlich abnahm.
Fürther Motive
Zu den beliebtesten Fürther Motiven zählten verschiedene Bilder:
- Gaststätten wie z.B. Die Mistn, Hotel National, Fischhäusla, Hotel Kütt
- Gebäude: Rathaus, Kirche "Zu Unserer Lieben Frau", Hauptbahnhof
- Veranstaltungen: Aussteuerziehung bzw. Heiratslotterie, Heringsdorf
- Unternehmen - insbesondere die der Fürther Brauereien
- Musiker - insbesondere Harfenspielerinnen
Ebenfalls hinzukommen zeithistorische Anspielungen bzw. Bezüge zu zeithistorischen Ereignissen. So wurden Zeppeline als das Transportmittel der Zukunft genauso in den Fokus genommen wie z.B. die vermeintliche Emanzipation der Frau in der Gesellschaft. Wesentlich häufiger als Motiv waren aber zeitgenössische Attraktionen, seien es Fahrgeschäfte oder Kuriositätenkabinette wie z.B. die Frau ohne Unterleib, oder der größte bzw. kleinste Mensch der Welt etc. Eine besondere Rolle bei den Postkartenmotiven nahmen zwei weitere Motive ein. Der übermäßige Alkoholkonsum - meist bei Männern - und den damit verbundenen vermeintlichen Konsequenzen - und den Bezug aus den studentischen Burschenschaften mit dem Hinweis auf § 11. Insbesondere der Hinweis auf einen § 11 erklärt sich heute nicht mehr ohne weiteres. Wikipedia schreibt hierzu: Der Paragraph 11 ist der bekannteste und am weitesten verbreitete Paragraph in Bier-Comments von Studentenverbindungen. Gebräuchlich war der Begriff auch unter den mancherorts als „Knoten“ bezeichneten Gesellen. Er lautet traditionell „Es wird fortgesoffen!“, „Es wird weitergesoffen!“ oder lateinisch „porro bibitur!“… Alten Überlieferung nach ist der § 11 nicht nur im deutschen Sprachraum, sondern auch in den deutsch-baltischen Studentenverbindungen, zum Beispiel bei der Selonia bekannt gewesen.[3] Häufig erscheinen in dem Kontext auf der Karte auch ein Affe oder eine Katze mit Buckel - eine genaue Erklärung hierfür ist aktuell noch nicht bekannt. Ebenfalls noch unbekannt ist der überdurchschnittlich hohe Anteil von Abbildungen von Musikerinnen mit einer Harfe. Gerade das Instrument der Harfe spielte in diesem Kulturraum keine übergeordnete Rolle - dennoch ist besonderes dieses Instrument sehr häufig auch auf Fürth spezifischen Ansichtskarten zur Kirchweih zur sehen.
Eine Sonderrolle nehmen die Ansichtskarten aus der Zeit des Nationalsozialismus ein. Neben einer Vielzahl von Fotografieren von Kirchweihstraßenszenen, die reichlich beflaggt sind mit der Hakenkreuzflagge, tauchen erstmals auch wieder gezeichnete Postkartenmotive auf. Nach dem 2. Weltkrieg wurden zunächst schwarz-weiß Fotopostkarten in den Umlauf gebracht, bis in den 1960er Jahren die Farbfotokarte den Markt dominierte. Bis Heute (Stand 2023) werden weiterhin Postkarten zur Kirchweih bzw. mit Kirchweihmotiven aufgelegt und Verkauft - der Absatz dürfte sich aber deutlich reduziert haben. Gleiches gilt auch für die Motivvielfalt. Wurden Anfang des 20. Jahrhunderts noch eine Vielzahl von Motiven unterschiedlichster Art in den Umlauf gebracht, beschränken sich die neuen Postkarten meist auf nur wenige Motive und wiederholen sich jährlich.
Kirchweihkarten mit städtischen Restaurationsbetrieben
Kirchweihkarten mit Musikanten - insbesondere Harfenspielerin
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Kirchweih als Kuriositätenkabinett
Kirchweih und Bierkonsum
Karussells und buntes Treiben
Kirchweih und Aussteuerziehung
- AK Kärwa um 1905 53.jpg
Kirchweih mit zeitgeschichtlichen Anspielungen
Kirchweih in der NS-Zeit
Kirchweih - Hurra, wir leben noch ...
Kirchweih - Sonstiges
Einzelnachweise
- ↑ Museum für Kommunikation Berlin: Mehr als Worte - 150 Jahre Poskartengrüße, online abgerufen am 17. September 2023
- ↑ Fronmüllerchronik, 1887, Seite 228 f. Fronmüller kann eine detaillierte Beschreibung des ersten Erntedankfestzuges wiedergeben, da er mit anwesend war und etwaige Erinnerungslücken durch seinen Großvater, den Stadtpfarrer G.T.C. Fronmüller, gefüllt bekam.
- ↑ Wikipedia: Paragraph 11 - online abgerufen am 17. September 2023