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* [[Günter Scheuerer]]: ''Die Schießhauskirchweih - ein vergessenes Fürther Volksfest''. In: [[Fürther Kärwazeitung]], Ausgabe 2019, S. 1 u. 5 | * [[Günter Scheuerer]]: ''Die Schießhauskirchweih - ein vergessenes Fürther Volksfest''. In: [[Fürther Kärwazeitung]], Ausgabe 2019, S. 1 u. 5 | ||
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Version vom 10. Juli 2023, 09:27 Uhr
Die Schießhauskirchweih (auch Johanniskirchweih oder Schützenkirchweih genannt) war eine von 1776 bis 1965 bestehende Kirchweih. Sie fand anlässlich des jährlich um den Johannistag abgehaltenen Vogelschießens der Königlich privilegierten Schützengesellschaft Fürth statt.
Geschichte
18. und 19. Jahrhundert
Im Jahr 1776 kam der damalige Schützenmeister und spätere Kommerzienrat Michael Gottfried Eckart auf die Idee, ein Volksfest mit dem jährlichen Vogelschießen der Königlich privilegierten Schützengesellschaft Fürth zu verbinden. Die Schützengesellschaft schreibt in ihrer Chronik zu dem Ereignis im Jahr 1776:
- Es handelt sich bei dieser Schießhauskirchweih also nicht um das erste Vogelschießen der Schützengesellschaft, sondern um das erste Volksfest, das in Verbindung mit der Schützenveranstaltung zustandekam. Zeitgenossen berichten uns als Augenzeugen davon, wie am Gedächtnistag Johannes des Täufers (24. Juni 1776) auf dem Schießanger ein prächtiges Vogelschießen stattfand. Schützenkönig wurde der Kauf- und Handelsmann Gottfried Zapf. Der Schützenmeister Michael Gottfried Eckart hatte diesmal Fürther Händler und Handwerker eingeladen, auf dem Schießanger ihre Waren feilzuhalten. Wirklich erschienen denn auch Krämer, Marketender, Schuster, "Schälleinskrämer" (die Geschirr verkauften), Zinngießer, Riemer usw. Sie stellten ihre Waren unter den Linden des Schießplatzes auf und bald entfaltete sich ein Leben, wie man es bisher noch nie bei einem Vogelschießen gesehen hatte. Zwölf Erlanger Musikanten vergnügten das Volk mit ihrer "Türkischen Musik". Man saß in Zelten und tat sich gütlich bei Bier, Wein und Kaffee. Die Jugend wurde mit besonderen Lustbarkeiten bedacht: Die Knaben durften "eine Gans ausspringen" und "einen Hahn erlaufen", einige Buben und Mädchen stellten Platzknechte und -mägde vor und ein "natürlicher Mohr" (aus Fürth) lief umher. Den "armen alten Weibern" gab man einen neuen Pelz zum besten; diejenige Frau, die ihn als erste "erlaufen" konnte, trug ihn als Siegespreis heim. So war mit allen erdenklichen Mitteln für Unterhaltung gesorgt.[1][2]
Die Schießhauskirchweih kam bei der Bevölkerung gut an und wurde rasch eine feste Tradition. Ebenso wusste die Gemeinde die Kirchweih zu schätzen, denn man erlebte ja wie durch dieses Fest viele Bewohner der umliegenden Dörfer herbeigelockt wurden und einiges an Geld in der Stadt hängen blieb.[3] Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts kamen Karusselle zum Einsatz wie eine Werbeanzeige von 1844 beweist. Offiziell wurde die Kirchweih bis mindestens zu Beginn des 20. Jahrhunderts Johanniskirchweih genannt.[4]
20. Jahrhundert
1914 schrieb die Nordbayerische Zeitung in der Rückschau am 22. Juni über die Schießhauskirchweih: Diese war wieder sehr gut besucht und die Budenbesitzer, wie auch die Wirte dürften sehr gute Geschäfte gemacht haben. Die Kirchweih war also auch nach knapp 140 Jahren ihres Bestehens nach wie vor sehr beliebt, auch wenn eine "normale" Kirchweih nur ein paar Tage oder ein Wochenende dauerte. Zu Jubiläen wie der 100-Jahrfeier 1876, des 125-jährigen Jubiläums 1901 oder des 150-jährigen Jubiläums 1926 wurde das Fest stets prächtiger und länger abgehalten (mit bis zu zehn Tagen Standzeit der Buden).[5]
Während des Ersten Weltkriegs und auch noch danach wurde die Kirchweih ausgesetzt. So beschloss z. B. der Fürther Stadrat 1919 in seiner Sitzung vom 5. Juni die Schießhauskirchweih wegen der "allgemein traurigen Verhältnisse" abzusagen. Die erste Kirchweih nach dem Krieg fand 1922 statt und lebte in der Folgezeit als zehntägiges Fest wieder auf. An Art der Attraktionen stand die Schießhauskirchweih in dieser Zeit der großen Michaeliskirchweih in nichts nach. So befanden sich Kettenflieger, Teufelsrad, Krinoline, Hippodrom, Riesenrad, Schiffschaukeln, diverse Spiel- und Schießhallen sowie zahlreiche Verpflegungsstände und ein großes Bierzelt auf dem ausgedehnten Festgelände[6]. Auch gab es große Verlosungen, so z. B. die regelmäßig stattfindende Warenverlosung zum Erhalt der Lehmus'schen Kinderbewahranstalt. Erster Preis war über einige Jahre hinweg stets ein "Speiseservice für 12 Personen" im Wert von 80 Reichsmark[7].
1939 hieß es in einem Schreiben der Polizeidirektion Nürnberg-Fürth über den Verlauf der Kirchweih, dass diese "gut besucht war und sehr harmonisch verlaufen sei und ca. 2000 Personen beim Feuerwerk anwesend waren"[8]. Die Kirchweih wurde auch nach Kriegsbeginn noch abgehalten, erst für 1943 finden sich keine Hinweise auf die Veranstaltung mehr in den Tageszeitungen[9]
Sonderfall 1945 - 1948
Von 1945 - 1948 wurde die Michaeliskirchweih wegen Sperrung der Königstraße in bescheidenem Umfang auf dem Schießanger und dem Schießplatz abgehalten. Noch 1948 feierte man dort zwei Wochen lang die „althistorische Kirchweih“. Ein Festzelt betrieben Emil Most und Hans Riedel. Möbel-Böhm in der Angerstraße veranstaltete nach zehn Jahren Unterbrechung wieder eine Kirchweih-Möbelschau. Ein Geschirrmarkt bot „altvertraut“ seine Töpfe und Geschirr an. Und ein Kettenkarussell wirbelte Jung und Alt durch die Lüfte.
Das bewährte sich nicht allzu sehr.
1949 fand die Kirchweih dann wieder wie einst im Stadtzentrum statt, von der Fürther Freiheit bis zum Dreikönigsplatz.[10] Bei vielen älteren Einwohnern Fürths wurde diese ausgelagerte Michaelis-Kirchweih ebenfalls als Schießhauskirchweih bezeichnet, obwohl sie im Oktober stattfand und mit dem Vogelschießen und der eigentlichen Schießhauskirchweih im Juni nichts gemein hatte.
Das Ende der Schießhauskirchweih
Im Jahr 1960 fiel die Schießhauskirchweih zum ersten Mal aus, abgesehen von den Unterbrechungen von 1915 bis 1922 und von 1943 bis einschließlich 1953, welche der Erste und Zweite Weltkrieg mit sich gebracht hatten. 1961 konnte nochmals eine "kleine" Johanniskirchweih stattfinden, da ein Schützenbruder gleichzeitig Schausteller war und mehrere Kollegen zum Kommen motivieren konnte. Lt. einem Schreiben der Stadt Fürth hatten die Schausteller zuvor die Beschickung der Kirchweih abgelehnt, die Gründe hierfür sind nicht bekannt.[11] 1963 und 1965 konnte ebenfalls noch ein Schützenfest in verkleinerter Form vor dem Schießhaus stattfinden, an Buden und Fahrgeschäften waren immerhin noch ein Karussell, eine Schiffschaukel, eine Spielhalle, eine Schießhalle sowie Verpflegungsstände vorhanden. Der damalige 1. Schützenmeister der Schützengesellschaft, Hans Schwappach, bezeichnete diese beiden Veranstaltungen der Stadt gegenüber als Miniatur-Schießhauskirchweih. Generell war zu diesem Zeitpunkt das Verhältnis der Schützengesellschaft zur Stadt wegen des geplanten Baus der Nordspange und den sich daraus ergebenden Grundstücksabtretungen angespannt, wenn nicht sogar zerrüttet. Teilte doch die geplante Straße das Vereinsgelände, den Schießplatz und vor allem die Schießbahn in zwei Hälften. So hatte denn auch die Kirchweih 1965 noch ein kurioses Nachspiel: seitens der Stadt verlangte man nachträglich eine Gebühr von 60 Mark für die Nutzung des öffentlichen Platzes vor dem Schießhaus. Obwohl die Schützengesellschaft bereits in früheren Zeiten den Festplatz stets für die Kirchweih pachten musste, reagierte man nun mit Befremden und Schützenmeister Schwappach mahnte in einem Antwortschreiben an die Stadt "die 190jährige Tradition der Kirchweih aufzugeben" wenn man die 60 Mark bezahlen müsse. Schließlich wurde der Betrag durch Oberbürgermeister Scherzer erlassen, dieser wollte damit wohlwollend auf die anstehenden Grundstücksverhandlungen einwirken. Verwaltungsintern wurde jedoch noch fast zwei Monate beraten welche Stelle für die Zahlung des Betrages zuständig sei[12]. In Folge der Bautätigkeit und des Umzuges ins neue Schützenhaus 1967 schlief die Veranstaltung dann endgültig ein.
Stattdessen fand ab 1967 ein vom Fränkischen Schaustellerverein Fürth, welcher vorher schon die Schießhauskirchweih organisiert hatte, initiiertes Frühlingsfest auf dem Gelände des Hans-Lohnert-Sportplatzes statt.[13]
Literatur
- Adolf Schwammberger: Aus den Jugendtagen der "Schießhauskirchweih" (Wie neues Brauchtum entstand). In: Alt Fürth. Fürther Heimatblätter, 1937/4, S. 42
Lokalberichterstattung
- Günter Scheuerer: Die Schießhauskirchweih - ein vergessenes Fürther Volksfest. In: Fürther Kärwazeitung, Ausgabe 2019, S. 1 u. 5
Siehe auch
- Königlich privilegierte Schützengesellschaft Fürth
- Schießhaus
- Schießplatz
- Schießplatz 5
- Schießanger
- Lindenhain
- Frühlingsfest
- Lindenau (Gaststätte)
- Michaelis-Kirchweih
Einzelnachweise
- ↑ Chronik der Kgl. priv. Schützengesellschaft Fürth online
- ↑ Aus den Jugendtagen der Schießhauskirchweih. In: Alt Fürth. Fürther Heimatblätter, 1937/4, S. 42 - 45
- ↑ Aus der Kulturgeschichte der Priv. Schützengesellschaft Fürth. In: Fürther Heimatblätter, 1960/5, S. 81 - 108
- ↑ Paul Rieß: Stadtchronik 1915'. S. 104 (Rückseite)
- ↑ Das Bayerland, 37. Jahrgang, Juniheft 1926, S. 350
- ↑ Stadtarchiv Fürth, Aktengruppe AR 34 105 (Akten der Polizeidirektion), Recherche FürthWiki, Mai 2019
- ↑ Stadtarchiv Fürth, Aktengruppe AR 14 108, Recherche FürthWiki, Mai 2019
- ↑ Stadtarchiv Fürth, Aktengruppe AR 34 106 (Akten der Polizeidirektion), Recherche FürthWiki, Mai 2019
- ↑ Rieß-Chronik, Einträge 1941, 1942, Recherche FürthWiki, Februar 2020
- ↑ Recherche Peter Frank (Fürth), April 2019
- ↑ Die königlich privilegierte Schützengesellschaft 1900 - 2000, S. 415
- ↑ Stadtarchiv Fürth, Aktengruppe AGr 0 2256, Recherche FürthWiki, Mai 2019
- ↑ Adolf Schwammberger: " Fürth von A bis Z", Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S.132 u. 316
Bilder
Gruß von der Fürther Kirchweih, historische Ansichtskarte, um 1900
Werbeanzeige von J. Rietheimer für sein "CARROSSELL" bei der Schießhauskirchweih, Juni 1844