Giorgio Mulini

Aus FürthWiki
Vorname
Giorgio Pietro Fortunato
Nachname
Mulini
Geschlecht
männlich
Geburtsdatum
18. April 1878
Geburtsort
Bagni di Lucca, (Bäder von Lucca), am Platz bei der Brücke Mocco im Hause detto Luogo, Toskana/ Italien
Todesdatum
17. Juni 1951
Todesort
Fürth, Klinikum
Beruf
Handelsmann und Eishersteller
Religion 
katholisch
Friedhof
Fürth
Grabstelle
Grabfeld M, Grab Nr. 242
Nachlass
Erbengemeinschaft Mulini

Giorgio Pietro Fortunato Mulini (geb. 18. April 1878 in Italien; gest. 17. Juni 1951 in Fürth) war der erste Speiseeis-Verkäufer in Fürth. Mulini war verheiratet mit Babette Mulini (geb. 15. August 1881; (gest. 16. Februar 1968 in Fürth), geb. Stadtmüller, verw. Heinrich. Die Eheschließung von Giorgio und Babette erfolgte am 6. April 1926. Trauzeugen waren der Zimmermann Johann Brand, 33 Jahre und der Händler Wolfgang Hochammer, 49 Jahre. Aus der Ehe stammen vier Kinder

- Anna, gen. "Anni" Mulini, verh. Ott.

 Anna wurde am 28. Mai 1915 geboren und verstarb am 28. Juni 1996

- Betty Mulini, verh. Schwandner

 Betty wurde am 14. Januar 1918 geboren und verstarb am 2. April 2007

- Marianna Pola Amalia, gen. "Mariann", Mulini, verh. Richter

 Marianna wurde am 3. Juli 1920 geboren und verstarb am 24. März 2017

- Leopold, gen. "Leo", Mulini

 Leopold wurde am 3. August 1922 geboren und verstarb am 25. Juli 2009      


Giorgio Mulini und seine Familie stammen aus dem beschaulichen Ort Bagni di Lucca in der Toskana, knapp 50 km nordöstlich von Pisa und 28km entfernt von Lucca. Bagni di Lucca war zur damaligen Zeit der berühmteste Kurort Europas. Bereits den Römern waren die heißen Thermalquellen bekannt. Napoleons Lieblingsschwester Pauline Bonaparte war Stammgast in den Kurbädern und eine weitere Schwester Napoleons war Großherzogin der Toskana und hatte dort ihre Sommerresidenz. Giorgios Vater Leopoldo (Mutter war Marianna, geb. Lucchesi) war ein angesehener Kutscher in Bagni di Lucca und es ist nicht auszuschließen, dass Giorgios Vorfahren dereinst auch die Schwestern Napoleons „kutschierten“. Daneben besuchten auch der russische Hochadel und die englische Aristokratie die berühmten Heilquellen.

Heinrich Heine schrieb in seiner Reisebeschreibung „Die Bäder von Lucca“: „Ich habe nie ein reizenderes Tal gesehen, besonders wenn man von der Terrasse des oberen Bades, wo die ernstgrünen Zypressen stehen, ins Dorf hinabschaut. Man sieht dort die Brücke, die über einen Flüsschen führt, welches Lima heißt, und das Dorf in zwei Teile durchschneidend, an beiden Enden in mäßigen Wasserfällen, über Felsenstücke dahinstürzt und ein Geräusch hervorbringt, als wolle es die angenehmsten Dinge sagen und könne vor dem allseitig plaudernden Echo nicht zu Worte kommen“ Im Winter des Jahres 1837 / 1838 erlebte Bagni die Lucca eine Weltpremiere. Einer erlauchten Klientel wurde das moderne Roulett vorgestellt, das von dort aus seinen Siegeszug um die Welt antrat. Eine Tradition in Giorgios Heimatstadt Bagni di Lucca war u.a. auch die Fertigung von Gipsfiguren, die Giorgio in seiner Werkstatt im Hinterhof seiner Häuser in der Wasserstraße herstellte. Meistens machte er Jesusfiguren am Kreuz, die er dann auch zu Kriegszeiten an die Bauern in der Fränkischen Schweiz verkaufte. Im Gegenzug bekam er von den Bauern Essen für seine Familie. Der An- und Rücktransport erfolgte zu Fuß mit Leiterwagen nach und aus der Fränkischen Schweiz.

Wann genau Giorgio nach Deutschland bzw. Fürth kam ist nicht dokumentiert. Sein Urenkel, Harald Schiener, konnte jedoch in Erfahrung bringen, dass Giorgio am 31. Mai 1912 aus dem Gemeinderegister gestrichen wurde. Zur Begründung wurde eingetragen „wegen Auswanderung nach Deutschland“. Sicher ist jedoch, dass er vorher in Berlin gelebt und gearbeitet hat. Seine Tochter Betty wusste zu berichten, dass er vorher wohl noch in anderen Städten wie Frankfurt und ggf. auch Ländern (Dänemark und Frankreich) gewesen sein soll, bevor er in Fürth sein Glück fand. Giorgio zog am 6. Februar 1914 zu seiner großen Liebe Babette in die Fürther Wasserstraße, nachdem er vorher in Nürnberg gemeldet war. Babette wohnte bereits während der Ehe mit Heinrich in der Wasserstraße.

Es wird vermutet, dass Giorgio Pietro Fortunato vor seiner Abmeldung aus Bagni di Lucca im Jahre 1912 in Deutschland war. Ob er die Abmeldung in seiner Heimat persönlich vorgenommen hat und nochmals nach Bagni di Lucca fuhr oder ob er dazu einen Auftrag erteilt hat war nicht mehr nachvollziehbar.


Leben und Wirken

Seit 1915 verkaufte Mulini im Hinterhof der ehem. Gebäude Wasserstraße 19 - 21 das selbst hergestellte Speiseeis. Als Standardsorten galten Schokolade, Vanille und Zitrone. Insbesondere die zahllosen Gäste des Flussbades an der Rednitz kauften sich auf dem Weg zum Bad das Eis im Waffelhörnchen, dass Mulini mit einem Spatel aus einem großen Behälter heraus schabte. Einen Kugelportionierer, wie sie heute verwendet werden, gab es zu dieser Zeit noch nicht. Für ein "Zehnerla" wurde meist großzügig das Eis verteilt, und nach Aussagen der Tochter Marinna Richter, gab es auch mal das Eis umsonst, wenn seine Kunden "knapp bei Kasse" waren. Das Speiseeis Mulinis wurde nicht nur von den Fürther Kunden geschätzt, es verschaffte ihm auch eine gewisse Bekanntheit über die Stadtgrenze hinaus. So kamen auch Nürnberger zu ihm, um sein Speiseeis zu essen.

Speiseeisherstellung

Die Eisherstellung erfolgte in einer sich drehenden Schüssel, die mit Roheis gekühlt wurde. Neben dem Verkauf im Hinterhof der Wasserstraße, wurde das Eis auch in der Erlanger Straße bei einem Händler vertrieben, den Mulini mit einem Leiterwagen belieferte.

Um im Winter auch Einnahmen zu erzielen, besann sich Mulini offensichtlich seiner italienischen Wurzeln und fertigte in einer weiteren Hütte im Hinterhof Heiligenfiguren und Kruzifixe aus Gips an. Mit einem großen Rucksack "bewaffnet" lief Mulini anschließend in die Fränkische Schweiz, wo er die angefertigten Sachen vor Ort verkaufte.

Tod

Mulini starb 1951 im Alter von 72 Jahren im Klinikum Fürth an Kreislaufversagen. Seine Frau Babette führte das Geschäft noch bis 1955 weiter, ehe das Kapitel Eisdiele in der Wasserstraße sein Ende fand. Durch den Abriss der Häuser im Rahmen der Gänsberg-Sanierung ist heute davon nichts mehr sichtbar.

Lokalberichterstattung

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