Paul Sartorius

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Paul Sartorius; Pfarrer an St. Michael von 1618 - 1623

Paul Sartorius (geb. 1561 in Hilperhausen; gest. 6. März 1623 in Fürth) war Pfarrer an St. Michael Fürth von 1618 bis 1623. Er starb im Amt.[1]

In seiner Zeit war Christian Kettwig, der nachmalige Pfarrer von St. Peter und Paul Poppenreuth, Vicarius ab den Jahr 1621.[2][3]

Leben und Wirken

Paul Sartorius wurde 1561 in Hilperhausen geboren. Sein Studium bestritt er in Schleusingen, Würzburg und Jena. Ab 1586 stand er für neun Jahre im Schuldienst an der Sebalder Schule in Nürnberg.[4] Nach einer Pfarrvertretung in Betzenstein, dem Diaconat an St. Egydien und dem Vicariat bei St. Sebald kam Sartorius schließlich 1618 als Pfarrer nach Fürth, wo er seinen Dienst am 15. März antrat.[4]

Am 17. Februar 1623 wurde er zu einer Kranken gerufen. Als er heimfahren wollte und sich „hinten auf den Karren nieder gesetzet, da prellte dieser, weil Herr Sartorius sehr schwer war”.[4] Dies hatte zur Folge, dass er offensichtlich von der Kutsche fiel. Gleiches passierte ihm dann noch, als dann ein Rad sich löste und schließlich gar noch ein drittes Mal bei einem Bauernhof auf dem Weg. Hier hätte er wohl ertrinken müssen, wenn nicht alles gefroren gewesen wäre - wie der Chronist zum besten gibt.[4] Nach diesem dreifachen Fall wurde er sehr schwächlich, predigte aber nochmal am darauf folgenden Sonntag Invocavit. Am nächsten Donnerstag, den 6. März starb Sartorius um ein Uhr im Sessel sitzend mit den Worten „Herr Jesu nimm meinen Geist auf.”[4] Die Beerdigung erfolgte zwei Tage später durch den Burgfarrnbacher Pfarrer Georg Röttinger, der als Leichenrede den biblischen Text 2. Thess. 4 "Ich habe einen guten Kampf gekämpft" [5] zu Grunde legte.

Sartorius im 30-jährigen Krieg

Pfarrer Paul Sartorius, der 1618 nach Fürth kam erlebte die ersten Einquartierungen schon

  • 1619 mit Nürnberger Reitern. Diese taten besonders Juden Gewalt an, überfielen Leute auf der Straße und verunehrten Weiber [6].
  • 1620 gab es dann kaiserliche und bayrische Truppendurchzüge im Juli (Nürnberg entschädigt dafür die Wirte) [7].
  • 1621 musste Mansfeldsches Kriegsvolk vom 30. September bis 5. Oktober einquartiert werden - um 20 000 Mann. Mansfeld selbst bezog Quartier in Farrnbach bei Kress. Die Bauern flüchten mit Habseligkeiten in die Stadt. Nürnberg schickte Proviant zur Schonung der Untertanen. Die Synagoge wurde aber schwer beschädigt, ebenso mehrere israelitische Häuser [8]. Kurz darauf kam Tilly mit bayrischem Kriegsvolk - etwa 17 000 Fußleuten und 4500 Reitern - vom 7. Oktober17. Oktober 1621. Er hielt aber strenge Disziplin.

Paul Sartorius hatte für das bayrische Kriegsvolk Seelsorgedienste übernommen - besonders natürlich für „der päbstischen Religion“ nicht zugetane Soldaten, die Trost und Beistand bei dem nürnbergischen Pfarrer Paul Sartorius suchten [9]. Er ließ sich dafür von Tilly selbst Pässe und Wachen geben, um sicher zu den Kranken und auch wieder nach Hause zu gelangen.
Schließlich erhielt der Pfarrherr zu Fürth (= Sartorius), der während des bayr. Durchzuges „Raths Deputirte“ im Haus aufgenommen hatte vom Rat 20 fl., die Frau Pfarrerin 2 Guldengroschen zu 2 fl. 52 kr. und die Magd wurde mit 1 fl. bedacht. [10]

  • 1622, den 9. Oktober wurden die Fürther vor aufziehenden Kosaken (Polen) gewarnt, die unter Oberbefehl von Fürst Ratzivil standen. Die verängstigten Einwohner brachten Hab und Gut in die Kirche (dem einzigen Steinbau), aber Nürnberg bedeutete ihnen, dass dieses gottlose Volk auch in Kirchen einbrechen würde. Manche brachten daraufhin ihre Habe aus der Kirche in die Stadt (der Gostenhof war zu der Zeit gerade umschanzt worden (nach Ratsbeschluss vom 24. September 1621 hatten die Schanzarbeiten Anfang April 1622 begonnen und waren im Herbst 1622 fertig). Dabei zahlten Christen den Fuhrleuten pro Pferd 1 Reichstaler. – Juden, die unter markgräflichem Schutz waren, mussten für eine vierspännige Fuhre von Fürth nach Cadolzburg 6 Reichstaler zahlen [11].

Unmittelbar vor dem Eintreffen der Kosaken kam ein Mönch in den Pfarrhof, aufgebracht, dass die Menschen ihr Hab und Gut wieder aus der Kirche wegschafften. Dieser würde doch nichts geschehen. Er schrieb an den Pfarrhof S. X. und einen Galgen an dem einer hing und wollte für 3 Pfaffen Quartier machen. Inzwischen ging Sartorius hinten aus dem Haus zum Garten hinaus und flüchtete mit vielen Personen nach Nürnberg, ließ aber Frau und Tochter zurück [12]. Die Kosaken wurden in Fürth einquartiert deren Oberst, Sigmund Carl Ratzivil, ein Schwager des Markgrafen zu Ansbach war. Jener war erstaunt, weil die Proviantlieferung aus Nürnberg mit vielen Corneten geliefert wurde. Es solle aber nichts Arges passieren, solange die Einquartierten sich anständig benähmen. – Ratzevil versprach „gut Regiment“ aber ohne Erfolg, weil in umliegenden Dörfern geplündert wurde, denn das Quartier war in Fürth zu eng und der Proviant zu wenig. Etliche Fürther flüchteten noch mit den Nürnbergischen Proviantwagen.

Der nürnbergische Schulmeister Nicolaus Maier erreichte, dass auch an das Schulhaus geschrieben wurde „Salvaguardia (Fronmüller falsch: Salvaquartia) Schola“ [13]. Die kosakischen Pfaffen (Mönche) wunderten sich, dass der Pfarrer Frau und Tochter (auch verheiratet) zurückgelassen hatte, verteidigten diese aber gegen nächtliche Eindringlinge. Am nächsten Tag wurde die Pfarrfrau vom Leibjungen der Pfaffen gewarnt ihre Tochter zu verstecken, damit sie nicht mitgenommen würde. Die Mutter versteckte sie darum in der Kammer auf dem Boden und bat den General-Obristen um Schutz, den sie auch erhielt. Dennoch musste sie den Pfaffen eine Menge Geld für den unterlassenen Raub der Tochter bezahlen [14]. Schließlich wollten sie dann in der Kirche noch eine Messe lesen, diskutierten aber ausgiebig über das fehlende Weihwasser und unterließen es.

Es wurde geplündert, aber es hätte noch viel mehr mitgenommen werden können. Zuletzt raubten die kosakischen Pfaffen und ihre Diener noch das „Kaleschlein“ (Kalesche = ein mit einem einzelnen Pferd als Zugtier bespannter leichter vierrädriger Reisewagen – manchmal mit Faltverdeck) des Pfarrers Sartorius [15]. und über 100 Gulden an Hausrat, lederne Polster, Teppiche, Betttücher und Bettüberzüge. „Alles dieß musste er neben den anderen 'armen Leuten', die um das Ihrige gekommen, auch verschmerzen und konnte nun Gott danken, daß sein Weib und Kind rein und unbefleckt erhalten wurden“ [16].

Herkunft des Familiennamens

Der Name "Sartorius" kommt von der Berufsbezeichnung "Schneider" - lateinisch sartor - in einer hyperlateinischen Form, bei der das Suffix -(ic)ius an eine bereits erfolgte Übersetzung noch angehängt wird. Die Latinisierung und Graezisierung von Familiennamen war eine Modeerscheinung sonderlich im Humanismus. Möglicherweise schämten sich einige Studenten bei der Einschreibung in die Matrikellisten der Universität ihrer bildungsfernen Vorfahren und suchten dies mit einer Umbenennung zu übertünchen.

Einzelnachweise

  1. Andreas Würfel: „Diptycha ecclesiarum oppidis et pagis Norimbergensibus ... Verzeichnis und Lebensbeschreibungen der Herren Geistlichen, welche seit der gesegneten Reformation biß hierher in den Städtlein und Dorfpfarren Nürnbergischen Gebietes gedienet ...“ - Nürnberg, 1759; Seite 162 - online verfügbar
  2. Andreas Würfel: „Diptycha ecclesiarum oppidis et pagis Norimbergensibus ... Verzeichnis und Lebensbeschreibungen der Herren Geistlichen, welche seit der gesegneten Reformation biß hierher in den Städtlein und Dorfpfarren Nürnbergischen Gebietes gedienet ...“ - Nürnberg, 1759; Seite 501 - online verfügbar
  3. Saueracker reiht diesen ohne näheren Nachweis als Christian Kettwich fälschlich in die Pfarrersliste - siehe A. Saueracker: Versuch einer Chronologisch-Diplomatisch-Statistischen Geschichte des Hofmarks Fürth und seiner zwölf einverleibten Ortschaften. Dritter Theil. 1788, S. 266 - online
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 Andreas Würfel: „Diptycha ecclesiarum Sebaldinae ... Verzeichnis und Lebensbeschreibungen der Herren Prediger, Herren Schaffer und Herren Diaconorum, welche seit der gesegneten Reformation biß hierher an der Haupt- und Pfarr-Kirche bey St. Sebald in Nürnberg gedienet ...“ - Nürnberg, 1756; Seite 105 - online verfügbar
  5. Franz Ludwig Freiherr von Soden: „Kriegs- und Sittengeschichte der Reichsstadt Nürnberg vom Ende des 16. Jahrhunderts bis zur Schlacht bei Breitenfeld 7. (17.) September 1631“. II. Theil von 1620 bis 1628; Erlangen 1861, S. 251 f. - online verfügbar; - allerdings hier falsch zitiert, da dieser Vers aus dem Briefschluss des Timotheusbriefes stammt (2. Tim. 4,7). Die Datierung des Todes wird bei F. v. Soden genauso falsch wiedergegeben, wenn er diesen für den Februar angibt. A. Würfel beschreibt zumindest mit Sonntag Invocavit etwas genauer und der ist im Jahr 1623 am 5. März. Der bei Würfel angegebene Todestag mit dem 6. März müsste dann allerdings nicht mit "am nächsten Donnerstag", sondern richtiger "am nächsten Tag" beschrieben werden.
  6. Fronmüllerchronik, 1887, S. 62
  7. ebenda
  8. Fronmüllerchronik, 1887, S. 63
  9. Franz Ludwig Freiherr von Soden: „Kriegs- und Sittengeschichte der Reichsstadt Nürnberg vom Ende des 16. Jahrhunderts bis zur Schlacht bei Breitenfeld 7. (17.) September 1631“. II. Theil von 1620 bis 1628; Erlangen 1861, S. 101 - online verfügbar
  10. v. Soden S. 104
  11. v. Soden S. 146
  12. v. Soden S. 147
  13. v. Soden S. 149; "Salvaguardia" war eigentlich eine Art Schutzbrief, der nach einer Entschädigungszahlung ausgehändigt wurde und Städte vor Brandschatzung und Plünderung bewahren sollte. Zu jenen Zeiten eine übliche Praxis der Heeresfinanzierung. Vgl. Herfried Münkler "Der Dreißigjährige Krieg", 2017, S. 216
  14. v. Soden S. 152
  15. v. Soden S. 156
  16. ebenda

Siehe auch