Gewerkschaftshaus

Aus FürthWiki
Die Karte wird geladen …
Objekt
Bürogebäude, Wohnhaus
Geokoordinate
49° 28' 17.15" N, 10° 59' 31.53" E

Ein Gewerkschaftshaus ist ein Gebäude oder Einrichtung, in der sich verschiedene gewerkschaftlich organisierte Organisationen regelmäßig treffen bzw. ihre Mitgliederverwaltung und Sprechstunden abhalten. Die Gründung der Gewerkschaftshäuser in Deutschland geht einher mit der Gründungsgeschichte der Gewerkschaften und der Sozialdemokratie ab Mitte des 19. Jahrhunderts.

Geschichte und Entstehung in Fürth

In Fürth entstehen die ersten Gewerkschaften erst um die Jahrhundertwende. Die ersten Gewerkschaftstreffen finden meist in Gaststätten statt, u.a. ab 1899 im Lokal Heidingsfelder in der Alexanderstraße sowie ab Januar 1901 im Gasthaus Zick. Erstmals ist im November 1901 von einem sog. "Gewerkschaftshaus" die Rede, man trifft sich jeden Sonntag im Monat Nachmittags um 15 Uhr im sog. Kristall-Palast in der Pfisterstraße. Die Versammlung der Gewerkschaft werden nach eigenen Angaben im Saalbau des Gewerkschaftshauses Zimmer No. 10 abgehalten. Diese Zentrierung der Gewerkschaften an einer Wirkungsstätte wird später dem Fürther Gewerkschaftsführers Hans Böckler zugeschrieben, auch wenn er nur kurze Zeit später im Jahr 1903 Fürth den Rücken kehren wird.

Auch wenn 1907 im Geschäftsbericht von einer gemeinsamen Verwaltungsstelle in Nürnberg berichtet wird, so gibt es scheinbar auch weiterhin eine eigenständige Gewerkschaftsstruktur in Fürth, zumal zum 31. Dezember 1907 1.312 männliche und 68 weibliche Gewerkschaftsmitglieder in Fürth gezählt werden.

Erstes Gewerkschaftshaus

1907 ist erstmal von einem eigenständigen Gewerkschaftshaus in Fürth die Rede - es handelt sich hierbei um das Haus Hirschenstraße 24. Das Gebäude gehörte von 1907 bis 1926 dem Sozialdemokraten und Zeitungskaufmann und sog. Expedienten Friedrich (Fritz) Gaum, der offensichtlich als Treuhänder in Erscheinung tritt. 1911 erfolgt vermutlich durch die Gewerkschaften ein erster Umbau des Gebäudes aus dem Jahr 1857. Dabei wird ein Rückgebäude erstellt und Teile des Gebäudes werden als Jugendheim genutzt, gleichzeitig erhält die Fassade eine neoklassizistische Gestaltung mit einem dominanten Dreiecksgiebel damit sich das Gebäude besser von seinen umliegenden Gebäuden abhebt. 1913 schließen sich die Gewerkschaften zu einem sog. Gewerkschaftskartell zusammen, dass den Mitgliedsgewerkschaften mittels eines minimalen Kartellbeitrags die kostenlose Nutzung des Räumlichkeiten sichert. Zu dem Kartell gehören u.a. in dieser Zeit folgende gewerkschaftlichen Organisationen: Holzarbeiter-Verband, der Baugewerbsbund (Fürths größte Einzelgewerkschaft), der Metallarbeiter-Verband sowie der "Gesamtverband der Arbeitnehmer der öffentlichen Betriebe und des Personen- und Warenverkehrs. Lediglich der Zentralverband der Angestellten hat seine eigenen Geschäftsräume in der Friedrichstraße 10.

Da das Gebäude in der Hirschenstraße weder über eine eigene Gaststätte noch über größere Versammlungssäle verfügte, entschloss man sich diesen Mangel durch einen Neubau Abhilfe zu schaffen. Hierzu wurde eigens bei der Sparkasse ein sog. "Neubaufond - Gewerkschaftshaus Fürth" gegründet, und stets mit Finanzmitteln gefüllt.

Es folgt die erste Zäsur durch den 1. Weltkrieg, gefolgt von der großen Inflation und Weltwirtschaftskrise. Den Gewerkschaften bläst nach eigenen Angaben der Wind ins Gesicht und viele Mitglieder laufen ihnen davon, da sie sich den Mitgliedsbeitrag nicht mehr leisten können oder wollen. Gleichzeitig gründen sich immer mehr Einzelgewerkschaften, die lediglich partikularinteressen kleinerer Berufsgruppen vertreten, sodass die ehemalige Schlagkraft teilweise verloren geht. Parallel gründen andere Verbände ebenfalls Einrichtungen zur besseren Verbandsarbeit, so kaufte 1927 der Fabrikantenverband das Haus Sonnenstraße 12 und ließ es als Verbandshaus umbauen. Gleichzeitig gründete sich um 1920 der nationalliberale Gewerkschaftsbund für Angestellte, der sich hauptsächlich aus freiheitlich-demokratisch und national orientierten Mitgliedern des gemäßigten Mittelstands zusammensetzte. Diese wiederum hatten sich das Gebäude in der Königswarterstraße 16 gekauft und als Geschäftsstelle genutzt - dem nach dem 2. Weltkrieg neuem Gewerkschaftshaus.

Zeit während des Nationalsozialismus

Die nächste Zäsur begann während des Nationalsozialismus und der davor einhergehenden Massenarbeitslosigkeit in Fürth. Das in dem "Neubaufond" gesammelte Geld des Gewerkschaftskartells wird von der NSDAP 1933 beschlagnahmt. Am 2. Mai 1933 werden in ganz Deutschland durch die SA die Gewerkschaftshäuser besetzt, so auch in Fürth. Der Fürther Anzeiger betitelt einen Beitrag wie folgt: "Ruhige Nacht in Fürth", schreibt aber gleichzeitig, dass die Generalsäuberung Nachts um 2.30 Uhr begann. Die SA konnte ohne Widerstand das Haus in der Hirschenstraße besetzen und die Hakenkreuzfahne am Gebäude hissen. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten geht auch der Verbot der Gewerkschaften sowie der Sozialdemokratie einher, sodass erst wieder nach dem 2. Weltkrieg ein Gewerkschaftshaus in Fürth entstand.

Nach dem Krieg trifft man sich erneut erst wieder als Gewerkschaften in den Fürther Gaststätten. So traf man sich u.a. in der Gaststätte Zum Stadtwappen in der Bäumenstraße, allerdings führten inhaltliche Auseinandersetzungen um die Ausrichtung der Gewerkschaften mit den örtlichen Kommunisten zunächst zu Interessenkonflikten. Nach der Gründung der "Gewerkschaft kommunaler Betriebe und Verwaltungen, Fürth" am 13. April 1946 und dem "Ortsausschuss Fürth des Bayerischen Gewerkschaftsbundes" traf man sich am 6. Juli 1946 erstmals zur Konstituierung im neuen Gewerkschaftshaus in der Königswarterstraße 16, der ehem. Geschäftsstelle des Gewerkschaftsbund der Angestellten (GDA).

Neugründung nach dem 2. Weltkrieg

1952 wird im Hinterhof ein Jugendheim für die zwei Jahre vorher gegründete ÖTV-Jugendgruppe errichtet - dem späteren "Biko" (Bildungs- und Beratungsgenossenschaft eG). Das Gebäude wurde von den verschiedenen Gewerkschaften jeweils Etagenweise genutzt, so nutzte die Gewerkschaft ver.di u.a. das dritte Obergeschoss, während sich der DGB und und die IG-Metall die anderen Stockwerke teilte.

Der Anbau im Hinterhof aus dem Jahr 1952 wurde als Versammlungs- und Bildungsraum genutzt. Er Erdgeschoss nutzte die von Gewerkschaftsfunktionären gegründete Partei WASG einige Räumlichkeiten. Ebenfalls im Erdgeschoss war ein Zeitschriftenkiosk angesiedelt, der im Straßenverkauf hauptsächlich die eher "linke" Tagespresse im Sortiment hatte.

Schließung

Das "Aus" für das Fürther Gewerkschaftshaus kam nach fast 70 Jahren im Sommer 2015. Die großen Gewerkschaften wie die IG-Metall, aber auch die Gewerkschaft ver.di passten ihre Strukturen an um effizienter und vor allem Kosten sparsamer arbeiten zu können. Hierzu wurden die ehemals kleinteiligen Ortsbezirke zu größeren Einheiten zusammengefasst, sodass viele "kleine" Organisationseinheiten aufgelöst wurden. Den Anfang machte im Sommer 2015 die IG-Metall und bricht ihre Zelte in Fürth ab und verlegt ihre Büros samt Mitarbeiter nach Ansbach. 2016 zieht auch die Bildungseinrichtung Biko aus, sodass im Gewerkschaftshaus fast nur noch die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di als letzter Mieter verblieben war. Zum Jahresende 2016 zog als letztes ver.di aus - alle Büros uns Angestellten wurden nach Nürnberg verlagert, sodass seit dem 1. Januar 2017 Fürth als Großstadt kein eigenes Gewerkschaftshaus aktuell mehr hat.

Literatur

Lokalberichterstattung

Siehe auch

Einzelnachweise


Bilder