Christian Wurm

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Polizeidirektor Christian Wurm, Porträtgemälde von Johann Lorenz Kreul (1764 - 1840)

Christian Wurm (geb. 22. September 1771 in Ansbach, gest. 12. Januar 1835 in München) war zwei Jahre, vom 10. November 1800 bis mindestens zum 15. November 1802, erster Assessor der königlich preußischen Polizeikommission in Fürth. Für kurze Zeit war er in königlich bayerischen Diensten ab Mai 1806 wieder Polizeiassessor in Fürth, wo er noch zum Polizeidirektor befördert wurde. Anschließend, vom 15. September 1806 bis 24. September 1818, war er königlich bayerischer Polizeikommissar der Stadt Nürnberg.

Vorwürfe und gerichtliche Untersuchung der Amtsführung gegen und Suspendierung von Polizeiassessor Wurm[1]

Unter der königlich preußischen Verwaltung wurde in Fürth im Rahmen der Armenpflege ein Arbeitshaus geführt, das der lokalen Polizeikommission unterstand. In der ersten Zeit des Arbeitshaus-Betriebes war hauptsächlich Christian Wurm dafür zuständig, dessen Amtsführung unter starker Kritik geriet.

Wurm wurde vorgeworfen, er habe das Arbeitshaus, dessen Errichtung er angeregt hatte, zu einer Zwangsbesserungsanstalt umgestaltet, die Aufsicht darüber vernachlässigt und den Aufseher ermächtigt, die Insassen zu züchtigen. Er habe eigenmächtige Arretierungen vorgenommen und ein Anzahl von Insassen vorzeitig entlassen, ohne sich an die Strafdekrete zu halten. Das war das Untersuchungsergebnis des Kriegs- und Domänenrats Ladenberg im Bericht vom 15. November 1802. Danach sei Wurm „bei seiner Dienstführung mit einer sehr strafbaren Willkür verfahren“.

Über seine Suspendierung vom Amt am 17. Januar 1803 und um die im Laufe der Untersuchung seiner Amtsführung entstandenen „nachteiligen Gerüchte, von missgünstigen Menschen verbreitet“ zu begegnen, verfasste Christian Wurm, ehemals I. Assessor bei der Polizeikommission zu Fürth, eine Schrift, die er 1805 auch drucken ließ: „Aktenmäßige Geschichte meiner Abtretung vom Königl. Preußl. Finanz-Dienste“.[2] Vorgeworfen wurden Wurm Strenge und Willkür sowie unmenschliche Behandlung der Judenschaft. Außerdem gehe aus der Untersuchung unangemessenes Betragen, Mangel an Rücksicht auf kollegiale Verhältnisse, Eigenmacht und Eigendünkel allenthalben hervor.

Im Untersuchungsbericht vom 17. Januar 1803, ausgefertigt in Berlin und unterzeichnet von Hardenberg stand: „Seine Handlungen haben den wohltätigen Zweck bei Anordnung einer guten Polizei in Fürth größtenteils vereitelt und Furcht und Schrecken an die Stelle des Zutrauens zu der dortigen Behörde, welches vorzüglich in jenem Ort so notwendig und wohltätig gewesen wäre, verbreitet”.

Bestätigt wurde Wurm in der gerichtlichen Untersuchung, die er selbst beantragte und dem Justizrat Puchta bei der Regierung in Ansbach übertragen wurde, ein rastloser Diensteifer und der Wunsch, sehr bald viel zu leisten, was ihn zu manchem zu raschen Schritt verleitet haben möchte; außerdem der größte Fleiß und die größten Anstrengungen. Christian Wurm sei mit 32 Jahren und unverheiratet, seit 1795 in Diensten des Staates, ab 10. November 1800 zur Polizeikommission in Fürth gekommen. Er habe in Fürth sehr vieles zu verbessern vorgefunden und unzählig viele Sachen seien nur durch ein strenges Verfahren durchzusetzen gewesen. Die Sittenverderbnis in Fürth und die zu einer unleidlichen Höhe gestiegene Straßenbettelei habe die Anlegung eines Arbeitshauses notwendig gemacht. Das Armenwesen habe zum Geschäftskreis des Assessors Wurm gehört. Auf seinen Antrag sei hauptsächlich durch seine Mitwirkung das Arbeitshaus mit Genehmigung der Ansbacher Kammer zustande gekommen. Ein bestimmtes Reglement wurde nicht gemacht. Anfangs war das Arbeitshaus nur für diejenigen bestimmt, die freiwillig darin aufgenommen werden wollten, und für Bettler, die wenigstens zum Teil noch ihr Brot durch Arbeit verdienen konnten. Eine Zwangsbesserungsanstalt sollte es nicht sein. Später wurde aber festgelegt, dass alle Personen darin aufgenommen werden sollten, welche keine bestimmte rechtmäßige Beschäftigung nachweisen könnten, eines zweideutigen Lebenswandels überführt (verdächtigt) wären, des Almosenempfangs ungeachtet auf dem Betteln bestehen würden und dem Staat zur Last fielen – und alle Armen, die sich freiwillig zur Arbeiten einfinden möchten. Zum Arbeitshaus wurde auch der Schwabacher und Erlanger Kreis geschlagen, welche die zur Aufnahme qualifizierten Personen ablieferten. Es gehörte auch das Kammeralamt Wöhrd dazu, das „Vaganten“ (sog. fahrendes Volk) ablieferte.[3]

Diese Aufnahmen könnten Wurm nicht angelastet werden. Wurm stand in der Meinung, dass die große Sittenverderbnis in Fürth strenge Maßregeln nötig mache, eine Meinung, welche auch der Kriegsrat Ladenberg aufgestellt hat.[4] Bemängelt wurde, dass bei freiwilligen Aufnahmen kein Protokoll aufgenommen worden sei. Über jede Aufnahme hätte ein kurzes Protokoll erstellt und in der nächsten Sitzung zum Vortrag gebracht werden sollen.

Hinsichtlich des Vorwurfs, Wurm habe den Aufseher des Arbeitshauses autorisiert, die Insassen zu züchtigen, wurde ihm ein Verweis erteilt. Zugestimmt wurde, dass Wurm das Arbeitshaus als ein Institut betrachten konnte, wo Vagabunden durch Anhalten zur Arbeit gebessert werden sollten. Unrecht war es aber, Sträflinge durch Schläge zur Arbeit und Ordnung zwingen zu wollen. Durch Kammer-Reskript vom 2. September 1801 war bestimmt, die in das Arbeitshaus gebrachten Personen durch leichte Züchtigungen zur Arbeit anhalten zu lassen, sei nicht rätlich, da solches gar leicht, vorzüglich wenn diese Personen für den Aufseher (Inspektor Gutmann) als Entrepreneur (Unternehmer) arbeiten müssen (wie dieses der Fall war), zu Bedrückungen Anlass gebe. Wurm habe nicht vorsätzlich den Vorschriften seines Amtes zuwider gehandelt, oder gar Kriminal-Strafen ohne Erkenntnis verhängt. Er habe zur Durchsetzung eines löblichen Zwecks nicht ausdrücklich gebilligte, vielmehr verworfene Mittel gewählt. Er habe sich der Polizeidiener bedient; in keinem der Fälle sei ein Unschuldiger gestraft oder ein Schuldiger misshandelt worden. Die Polizeidiener Döbel und Weyher haben nie mehr als 10 Streiche mit einem dünnen Rohr gegeben. Im Übrigen sei nicht erwiesen, das Wurm Wissen davon gehabt habe, das der Inspektor und seine Ehefrau eigenmächtig Züchtigungen verhängt haben. Den Inspektor habe er nirgends als vorzüglich qualifiziert. Dass das Arbeitshaus nicht in der Reinlichkeit erhalten sei, worin es hätte sein sollen, ist Wurm nicht zum Vorwurf zu machen. Die Beschwerde träfe hauptsächlich den Inspektor. Klagen über häufig schlechte und nicht hinlängliche Kost waren unbegründet (Anhörung auch von Doktor Petz).[5]

Dagegen wurde die Anschuldigung, er habe nach Willkür Einweisungen verkürzt, als Dienstvergehen gerügt und mit einer Geldstrafe von 25 Reichstalern belegt. Wurm hielt dagegen, es habe ihm aufgrund der speziellen Direktion des Arbeitshauses freigestanden, die Sträflinge zu entlassen, wenn der Zweck der Deputation erfüllt gewesen sei. Damit habe er aber seine Dienstbefugnisse überschritten. Der Vorwurf, Wurm habe den Holzmesser Spanner in das Arbeitshaus, statt in das Zivilgefängnis bringen lassen, wurde nicht als strafbares Vergehen gewertet. Dabei hatte es durch das Verhalten der Ehefrau des Spanners einen Tumult gegeben; die Spannerin habe einen grausamen Lärm auf der Straße angefangen, was einen gewaltigen Zusammenlauf von Menschen veranlasste. Die Ruhestörerin wurde daraufhin in Arrest genommen. Die Arretierung des Nachtwächters Spanner, weil er sich seiner Assistenz für den Polizeidiener Meier widersetzte, zwei Gesellen in der Nacht in Arrest zu bringen, geschah mit Willen und Wissen des Polizeidirektors Johann Ruß (1745 - 1827)[6]. Wurm wäre also nicht strafbar.

Wegen des Vorwurfs der übermäßigen Härte gegen die „Betteljuden” bzw. schutzlosen „Schnurrjuden”, welche sich in Fürth einschlichen und scharenweise zum Sabbat nach Fürth zogen, wurde vom Kammergericht festgestellt, dass Wurm nicht einseitig gehandelt hatte, also mit Billigung des Direktors Ruß.

Das Gesamtresultat der Untersuchung sei für Wurm nicht ungünstig: Er sei ein Mensch, der nur aus Eifer, viel und rasch zu wirken, einzelne positive Verfügungen umging, keiner Leidenschaft als der, dem Staate nützlich zu sein, Gehör gab, und Fehler beging, weil sein Vorgesetzter und seine Kollegen sein illegales Verfahren nicht tadelten. In ihrer Schwäche liege der Grund zu denselben. Aber sie könne kein Grund sein, den Beschuldigten von einem Posten zu „removieren“, in dem er sich Versehen schuldig machte, die durch Zurechtweisungen und kleine Geldstrafen hinlänglich gestraft werden, da sich von ihm wegen seines Diensteifers erwarten lasse, dass die Strafe den Zweck der Besserung nicht verfehlen werde. Es fehle daher an rechtlichen Gründen, auf die Dienstentlassung zu erkennen. Das Kammergericht sei deshalb gleichfalls der Meinung der Regierung von Ansbach, dass die verfügte Suspension aufzuheben, und der Beschuldigte wieder in seinen Posten einzusetzen sei. Wegen der sich erlaubten eigenmächtigen Entlassung einiger zwangsweise im Arbeitshaus zu Fürth aufgenommener Personen erkannte das Gericht auf eine Geldstrafe von 25 Reichstalern. Ernstlicher Verweis wurde ausgesprochen für die unterlassene Aufnahme von Protokollen bei freiwilligen Aufnahmen für das Fürther Arbeitshaus, das Erteilen eines Züchtigungsrechts an den Inspektor Gutmann, und sein Verfahren, dass er den Unter-Offizianten (Unterbeamten) der Polizeikommission die Annahme kleiner Geschenke nachließ.

Die Kriminaldeputation des Berliner Kammergerichts entschied am 3. September 1804 in seinem Gutachten (elf Personen werden genannt), die verfügte Suspendierung des Wurm aufzuheben und ihn in seine ehemalige Stelle als I. Assessor der Polizeikommission in Fürth wieder einzusetzen. Er habe jedoch die Kosten der Untersuchung zu tragen. Mit königlicher Bestätigung, Spezialbefehl von Goldbeck und Hardenberg, vom 28. Januar 1805 an die Regierung von Ansbach wurde diese in vorstehendem Sinne angewiesen. Wurm solle weder in seinem Range noch seinen Einkünften beschädigt werden. Wurm gab jedoch um seine Entlassung ein, die ihm von Hardenberg am 19. April 1805 bestätigt wurde.[7]

Aus den Annalen des Fürstentums Ansbach unter der preußischen Regierung von 1792 bis 1806, verfasst vom Kriegs- und Domänenrat Karl Heinrich Ritter von Lang[8], erfahren wir zum Jahr 1805: „Polizei-Assessor Wurm in Fürth, der nach der eigenen Schilderung des Richters keine andere Leidenschaft hatte, als die, dem Staate nützlich zu sein, wird auf eine vom Kriegsrat Ladenberg geführte Untersuchung vom Ministerium suspendiert, durch den Richter, an den er seine Zuflucht genommen, ehrenvoll als unschuldig erklärt, und wieder eingesetzt, durch einen Kabinettsspruch vom 12. Januar, aber das Urteil außer Wirkung gesetzt, und am 19. April dem Wurm, da er eine andere Stelle, als in die der Richter ihn wieder einsetzt, nicht annehmen wolle, die Entlassung gegeben.”

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Auszug aus dem Aufsatz/Vortrag vom 8. Dezember 2014 von Peter Frank „Ehemalige Gefängnisse in Fürth (von der Fronfeste zum „Katharinenkloster“) sowie ein Arbeitshaus als Zwangsbesserungsanstalt in preußischer Zeit; danach Hospital“ (Weiterbearbeitung)
  2. Christian Wurm: „Aktenmäßige Geschichte meiner Abtretung vom Königl. Preußl. Finanz-Dienste“. Auf Kosten des Herausgebers. 1805. (Stadtbibliothek Fürth, № 94.48.8°; Stadtbibliothek Nürnberg, № 81245.8°)
  3. Wöhrd war bis August 1806 von preußischen Truppen besetzt und wurde dann vom französischen Militär eingenommen; siehe Hans Liermann: Der Übergang der Reichsstadt Nürnberg an Bayern 1806. Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg, Bd. 48, 1958
  4. Johann Andreas Philipp Ladenberg, Kriegs- und Domainenrat zu Ansbach, wurde am 23. Oktober 1802 die Prüfung der Polizeikommission in Fürth übertragen, siehe S. 12 der Wurm’schen Rechtfertigung von 1805
  5. Christian Wurm: Aktenmäßige Geschichte …, S. 44
  6. Neuer Nekrolog der Deutschen, 5. Jg. (1827), Teil 2, Ilmenau 1829
  7. Christian Wurm: Aktenmäßige Geschichte …, S. 80
  8. Stadtbibliothek Nürnberg, Hist. 2260.8°