Geschichtsverein Fürth
Der Geschichtsverein Fürth wurde am 20. Februar 1933 im Gasthof „Grüner Baum“ unter dem Namen „Alt-Fürth“ - Verein für Heimatforschung von Dr. Adolf Schwammberger gegründet. 1996 bekam der Verein „Alt-Fürth“ mit „Geschichtsverein Fürth e. V.“ seinen heutigen Namen.
1973 war Alt-Fürth bei seinem 40-jährigen Bestehen der nach der Mitgliederzahl größte örtliche Geschichtsverein der gesamten Bundesrepublik.
Gründung
Die Gründung des sog. Heimatvereins vollzog sich in drei Schritten. Es begann damit, dass der im September 1930 nach Fürth versetzte Hilfslehrer Dr. Schwammberger in einem offenen Brief am 6. Januar 1933 das Fehlen eines Heimatvereins beklagte: 280 Vereine gebe es in Fürth, einer Stadt mit 80.000 Einwohnern, aber eben keinen historischen oder Heimat-Verein... Dabei ist die Fürther Geschichte sehr Interessant... Findet sich wahrhaftig niemand, der hier die Führung übernimmt?[1]
Nach dem Aufruf in der Zeitung nahm sich in einem zweiten Schritt der Fürther Verkehrsverein der Sache an. Am 19. Februar 1933 fand im Schwedensaal der Gaststätte "Grüner Baum", unter Leitung des Vorsitzenden des Verkehrsvereins Karl Löhner, eine entsprechende Vorbesprechung statt, so dass die Gründung für den darauf folgenden Tag einberufen wurde. 53 Personen folgten der Einladung zur Gründungsversammlung am 20. Februar 1933.[2] Oberbürgermeister Dr. Robert Wild begrüßte mit warmen Worten die Gründung eines Fürther Heimat- und historischen Vereins und sicherte dem Verein die Unterstützung der Stadtverwaltung zu. Er wies auch auf die Notwendigkeit der Schaffung eines Fürther Heimatmuseums hin. [3]
- 1. Vorsitzender wurde Dr. Adolf Schwammberger,
- 2. Vorsitzender der Oberstadtbaurat Hermann Herrenberger.
Unter den Beisitzern befanden sich der Fürther Oberbürgermeister Dr. Robert Wild neben dem Stadtpfarrer Paul Fronmüller ebenso wie der Brauereibesitzer Fritz Mailaender.
Ferner waren u.a. folgende Bürgerinnen und Bürger Gründungsmitglied: Babette Bauer (Stadträtin für Treu Fürth), August Häußler (Lehrer), Issak Löb Weiskopf, Adolf Schwiening (Rechtsrat der Stadt Fürth), Eduard Rühl (Studienrat und Kulturhistoriker), Gottlieb Wunschel (späterer Verfasser der "Häusergeschichten"), Paul Sahlmann (Sohn des Unternehmers Anton Sahlmann), Salomon Levy (Syndikus) und Siegfried Behrens (Oberrabbiner).
In der Gründungsversammlung wurde ebenfalls über den Namen des Vereins diskutiert. Vorgeschlagen waren "Verein für Geschichtsforschung oder Heimatforschung, Heimatkunde und Heimatpflege" oder der Vorschlag vom Oberstadtbaurat Herrmann Herrenberger "Verein für Erforschung der Geschichte der Stadt Fürth". [4] Letztendlich setzte sich der Name "Alt-Fürth" durch, vermutlich auch weil er eine Parallele zu "Treu Fürth" enthielt - der damals noch allseits bekannten Bürgerinitiative zur Vermeidung der Eingemeindung von Fürth nach Nürnberg.
Alt Fürth im Nationalsozialismus
Bereits kurz nach der Gründung kam es zu massiven Veränderungen im Verein. Der erst einige Tage vorher zum Beirat gewählte Dr. Robert Wild wurde von seinem Amt im Verein enthoben, nachdem er zuvor von der NSDAP als Oberbürgermeister am 16. März 1933 zum Rückzug gezwungen wurde. Im Rahmen der reichsweiten Gleichschaltung aller Vereine und Institutionen wurden im Vorstand des Vereins Treu Fürth am 16. September 1933 alle Vorstände oder Beiräte entfernt, die der NSDAP nicht genehm waren. Für die Abwicklung der Gleichschaltung war NSDAP Stadtrat Johann Leonhard Sandreuter zuständig, der von der Gauleitung auch für die Arisierungen in Fürth beauftragt war. Dr. Schwammberger blieb allerdings im Amt des 1. Vorstands, da eine Affinität zu den neuen Machthabern nicht zu übersehen war. Er profitierte von der Gleichschaltung am 1. April 1936, als er durch die NS-Führung in Fürth die Stelle des Archivars bekam, die auf seine Initiative erst entstanden war. Auch das 1938 neu geschaffene Stadtmuseum wurde unter seine Leitung gestellt.
1940 verlässt Schwammberger Fürth endgültig, um mit Oberbürgermeister Franz Jakob nach Thorn zu gehen. Die Zeitung berichtet, dass es nicht die Untreue Fürth ist, die Ihn weggehen lasse, sondern vielmehr der Ruf zu einer größeren Aufgabe. Den Vorsitz übernimmt Dr. August Häußler, die letzte Veranstaltung in den Kriegsjahren findet noch im Oktober 1941 statt. Anschließend wird auch das Erscheinen der "Heimatblätter" im Jahr 1941 eingestellt, bis 1951.
1945 bis Heute
Nach dem Krieg wurde der Wunsch einer Wiederaufnahme der Aktivitäten des Vereins erst 1949 artikuliert. Eine Neugründungsversammlung wurde auf Initiative des letzten Vorstands, Dr. August Häußler, am 6. Juni 1950 durchgeführt. Auch ein alter Bekannter war bereits wieder bei dieser Versammlung: Dr. Adolf Schwammberger. In seinem Vortrag informierte er die Anwesenden über "Die Entwicklung Fürths von den Anfängen bis zur Ausbildung der Dreierherrschaft". Bis zum 20. April 1951 war Dr. August Häußler der 1. Vorsitzende, danach löste Ihn Schwammberger ab und behielt den Vorsitz bis zu seinem Tod, insgesamt 40 Jahre lang. Ab 1951 gab es ebenfalls wieder die "Fürther Heimatblätter".
1952 wurde die Satzung und der Zweck des Vereins geändert: Zweck des Vereins ist die Förderung der Volksbildung durch Übermittlung von geschichtlichen Kenntnissen, die Erforschung der Geschichte Fürths und seines Hinterlandes sowie der Heimatpflege" Die Erforschung tritt in den Vordergrund, während der Begriff der Heimat - vermutlich auf Grund der ideologischen Nähe zum Nationalsozialismus - eher in den Hintergrund tritt. Am 24. Februar 1958 feierte der Verein Alt-Fürth sein 25jähriges Bestehen im großen Saal des Berolzheimerianum. Während der Feierlichkeit wurde bekannt gegeben, dass ein Förderverein gegründet wurde. Mit im Förderverein waren: Dr. Gustav Schickedanz, Karl Eckhart, die Grüner Bräu A.G., Humbser Bräu A.G., Mailaender-Bergbräu, Georg Wölfel, Pestalozzi-Verlag, MAN, Bössneck & Meyer, die Bay. Staatsbank sowie der Verlag der Fürther Nachrichten.
Seit 1959 findet jährlich das sog. "Ollapodrida-Suppenessen" statt. Dabei handelt es sich um ein Rezept aus dem Nürnberger Kochbuch von 1712 mit den Titel: "Gemerkzetteln der aus dem Parnass entlaufenen vortrefflichen Köchin".
Im Jahr 1960 hatte der Verein sein 1000. Mitglied. Zwei Jahre später zählte der Verein 1200 Mitglieder und zählte bundesweit zum größten Geschichtsverein mit Anhängern in 3 Erdteilen [5] Inzwischen wurden auch Konzerte, Kunstausstellungen, Ateliergespräche, Bücherabende, Fotowettbewerbe und Dichterlesungen abgehalten.
Nach dem Tod von Dr. Adolf Schwammberger befand sich der Verein in einer gewissen Identitätskrise, da der Verein inhaltlich ausschließlich nach Ihm ausgerichtet war. Eine Gesamtdarstellung der Fürther Geschichte kam nicht zu Stande, wenn man das lückenhafte und stark selektive Buch Schwammbergers "Fürth von A bis Z" außer acht lässt. Zusätzlich war der "Motor" des Vereins plötzlich weg, so dass der Niedergang des Vereins geradezu vorprogrammiert war. Zum 50jährigen Bestehen wurde am 22. April 1983 bereits die Frage gestellt: "Brauchen wir noch einen Geschichtsverein?". Auch wenn sich alle Anwesenden in der Beantwortung der Frage einig waren, so zeigte des doch deutlich, in welcher Krise sich der Verein befand.
1983 wurde erneut die Satzung geändert. Der neue Vereinszweck wurde mehr auf die Geschichtsforschung gelegt, als auf die "Heimat", und deren Pflege. Zusätzlich wurde der Name des Vereins ergänzt, von ursprünglich "Alt-Fürth" auf "Alt-Fürth, Verein für Geschichte und Heimatforschung". Trotzdem nahm die Zahl der Mitglieder weiterhin ab. Der Hauptgrund war die völlige Überalterung der Vereinsmitglieder - dem kaum bis wenige Neumitglieder entgegenstand.
Am 15. Februar 1996 wurde schließlich der Name des Vereins gänzlich geändert von "Alt-Fürth" zu "Geschichtsverein Fürth". Dies wurde von vielen im Verein als überfällig angesehen, den die Zeiten hatten sich geändert. Barbara Ohm schreibt hierzu im Fürther Geschichtsblatt zum 75jährigem Bestehen: "Der Name weckte nur Assoziationen, die wir mit unserer Arbeit nicht verbanden, und er schreckte junge Leute ab, da er eher an einen Altersheimverein denken ließ als einen Historischen Verein. Eine kleine Geschichte macht dies deutlich. Als wir 1994 zum ersten Mal unter dem Namen "Alt-Fürth" einen Stand auf dem Altstadt-Weihnachtsmarkt hatten, fragten die Besucher, was der Altenclub denn Schönes zu verkaufen habe... Geschichte bedeutet immer Wandel, auf den man auch reagieren muss. Der Wunsch, am Vergangenen festzuhalten, kommt aus einem völlig unhistorischem Denken... Mit dem Namen "Alt-Fürth" konnte Rückwärtsgewandheit und Nostalgie, die das Vergangene liebt, nur weil es alt ist, verbunden werden. Es klag das "Ewig-Gestrige" an, ohne Bezug zur Gegenwart. Genau das darf aber ein Geschichtsverein nicht vertreten. Rückschau alleine kann nicht mehr das Anliegen eines Geschichtsvereins sein. Geschichte hat immer einen Bezug zur Gegenwart. Und Umgekehrt: Nur mit historischem Wissen ist die Gegenwart zu verstehen, sie kann nur in die Zukunft weiterentwickelt werden auf dem Boden der Geschichte. Geschichte wird so nicht verstanden als etwas "Altes", sondern als ein grundlegender Bestandteil unserer Gegenwart." [6] Konsequenterweise wurde 2003 der Name der Vereinszeitschrift von "Fürther Heimatblätter" zu dem heutigen Namen "Fürther Geschichtsblätter" geändert.
Im Jubiläumsjahr 2007 veranstaltete der Verein verschiedene Vorträge und Veranstaltungen Rund um das Thema 1000 Jahre Fürth. Im gleichen Jahr brachte Barbara Ohm die Stadtchronik "Fürth - Geschichte der Stadt" heraus. Am 20. Februar 2008 besann man zum 75jährigem Bestehen seinen Wurzeln - und feierte das Vereinsbestehen mit einem "klassischem Festakt" im Grünen Baum - dort wo alles am 20. Februar 1933 begann.
Chronologie der Vorstände
- 1933 - 1939: Dr. Adolf Schwammberger
- 1940 - 1951: Dr. August Häußler
- 1951 - 1975: Dr. Adolf Schwammberger
- 1977 - 1980: Dr. Walter Fischer
- 1980 - 1989: Kurt Scherzer
- 1980 - 1983: geschäftsführender Vorstand: Emil Ammon
- 1983 - 1989: geschäftsführender Vorstand: Dr. Helmut Richter
- 1989 - 2005: Dr. Helmut Richter
- seit November 2005: Barbara Ohm
Literatur
- Wilhelm Kleppmann: Die 25-Jahrfeier des Vereins für Heimatforschung Alt-Fürth. In: Fürther Heimatblätter, Neue Folge, 1958, Nr. 5, S. 65-70
- Alt-Fürth. In: Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z. Ein Geschichtslexikon. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 21
- Rudolf Endres: Brauchen wir einen Geschichtsverein? In: Fürther Heimatblätter, Neue Folge, 1983, Nr. 3, S. 73-82
Veröffentlichungen
Dies ist eine Liste von Medien rund um die Stadt Fürth, die beim Verlag "Geschichtsverein Fürth" erschienen sind.
Lokalpresse
- hvd: Spannendes Programm zum großen Bahnjubiläum. Geschichtsverein Fürth setzt sich mit Bahngeschichte und -entwicklung auseinander. In: Nürnberger Nachrichten vom 2. Januar 2010 - NN
Publikationen
- Alte Winkel und Höfe in Fürth und Nürnberg, 1977, 34 S.
Buchreihe: "Fürther Beiträge zu Geschichts- und Heimatkunde":
- Nr.1: Vergessene Wehrbauten auf der Frankenalb, 1941
- Nr.2: Vom Brauchtum mit der Zitrone, 1965
- Nr.3: Deutschlands erste Eisenbahn mit Dampfkraft, 1968
- Nr.4: Geschichten und Beobachtungen, 1970
- Nr.5: Der Maler des ehemaligen Fürther Hochaltars, 1978
- Nr.6: Fürth zu Beginn des Industriezeitalters, 1989
- Nr.7: Der Fürther Paradiesbrunnen, 1996
- Nr.8: Fürth & Nürnberg - 950 Jahre ganz besondere Nachbarschaft, 2001
- Nr.9: Das Fürther Kleeblatt, 2003
- Nr.10: Bad Fürth - Wunschtraum und Wirklichkeit, 2003
Siehe auch
- FürthWiki e. V.
- Altstadtverein St. Michael
- Denkmalschutz
- Fürther Heimatblätter
- Stadtheimatpfleger
- Adolf Schwammberger
- Barbara Ohm
Weblinks
- Geschichtsverein Fürth e.V. - im Netz
- Denkmalpflege - Wikipedia
- Heimatpflege in Franken - Franken-Wiki
Einzelnachweise
- ↑ * Quelle: Nordbay. Zeitung, 06.01.1933
- ↑ Barbara Ohm: "Ein Verein in Bewegung: Gestern - Heute - Morgen. Vom Verein für Heimatforschung Alt-Fürth zum Geschichtsverein Fürth. Zum 75jährigen Bestehen." in: Fürther Geschichtsblätter, Nr. 4 / 2008
- ↑ * Quelle: Stadtarchiv Fürth, Zeitgeschichtliche Sammlung Alt-Fürth, Aktengruppe 3, Nr. 321
- ↑ * Quelle: Fürther Tagblatt, 25. 26. Februar 1933
- ↑ * Quelle: Nordbay. Zeitung, 30. Dezember 1960
- ↑ * Quelle: Fürther Geschichtsblätter, Barbara Ohm: Ein Verein in Bewegung: Gestern - Heute - Morgen, 04/2008, S. 122