Babette Rögner

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Babette Rögner, geb. Krämer (geb. 4. Mai 1905 in Würzburg; gest. 1992) war von Beruf Stepperin (=zusammenfügen von Lederteilen, größtenteils für Schuhe) und Betriebsrätin. Sie war die Tochter aus erste Ehe des 1923 ermordeten Sozialdemokraten und Arbeiters Georg Krämer bei den Unruhen in Nürnberg zum sog. "Deutschen Tag".[1] Auch die Mutter verstarb sehr Frühzeitig im Mai 1913, als Rögner gerade acht Jahre alt war. Krämer heiratete erneut nach dem Tod der ersten Frau und zog zunächst mit der Familie nach Selb.

Leben und Wirken

Nach dem Tod der Mutter im Mai 1913 kam Babette Rögner zu einer Patin nach Selb. Dort wuchs sie in der Familie auf und besuchte die Schule. Der gut situierte Onkel arbeitete als Ingenieur in der Porzellanfabrik Hutschenreuter. Rögner besuchte im Anschluss der Schule die sog. fortbildende Bürgerschule und sollte in Hof an der Saale als Angestellte in einer Bank das Arbeiten anfangen.

Durch die Heirat Georg Krämers mit der zweiten Ehefrau aus Nürnberg wuchs die Sehnsucht erneut in die alte Heimat zurück zu kehren, so dass die Pläne entgegen der Erwartungen der Patin und des Onkels ad acta gelegt wurden - und eine Rückkehr in die alte Heimat den Vorzug bekam. In Nürnberg als 15 bzw. 16 jährige angekommen waren zunächst die Pläne in einer Bank zu arbeiten nicht mehr weiter verfolgbar - zumal auch der 1. Weltkrieg sich seinem Ende neigte. Vielmehr arbeite Rögner für ca. ein Jahr in einem Haushalt als Haushälterin. Während der Kriegszeit suchte sich Rönger zusätzlich eine Beschäftigung, und so landete sie in einer Schuhfabrik in Nürnberg als Stepperin. Vom gewerkschaftlich engagierten Vater, der u.a. bei den großen Metallerstreiks 1920 mit dabei war, ließ sich Babette Rögner mit anstecken und engagierte sich ebenfalls erstmal in den Gewerkschaften bzw. im Zentralverband für Schumacher.

Ihr Vater Georg Krämer, beschäftigt bei der MAN in Nürnberg, folgte dem Aufruf der Sozialdemokraten am 2. September 1923 und ging gegen den geplanten Sturm der Nationalsozialisten auf die Arbeiterhäuser in der Schuckertsiedlung mit auf die Straße und wurde dabei getötet. Der Aufmarsch der Nationalsozialisten hatte bereits in der Früh auf dem Hauptmarkt begonnen - womit sich der sozialistische Ordnungsdienst (SoD) begonnen hatte, sich dem Aufmarsch vor Ort entgegen zu stellen. Auch Babette Rögner war bei diesem Aufgebot mit dabei, nicht zuletzt weil die Schwiegermutter sie dazu aufforderte auf den Vater aufzupassen. Rögner verpasste den Vater, traf ihn aber gegen Mittag wieder zu Hause, so dass man nach einem gemeinsamen Essen beschloss in einen Versammlungsaal in die Gartenstadt gemeinsam zu gehen. Nach einem gemeinsamen Besuch einer Veranstaltung entschied sich Rögner abends wegen Zahnschmerzen heim zugehen. Der Vater und ihr Bruder bleiben zunächst noch in der Gartenstadt - aber auch hier trennten sich dann irgendwann die Wege. Gegen 21 Uhr klingelten Bekannte in der gemeinsamen Wohnung und erkundigten sich nach Georg Krämer, ob er schon daheim sei, da in der Stadt geschossen werden würde - und überall ein "Mords Radau" sei. Die Frage wurde verneint - bis ein Arbeitskollege vorbei kam, und der Familie mitteilte, dass Georg Krämer etwas passiert sei. Georg Krämer würde im Krankenhaus liegen - da es zuvor mit ein paar SA-Männern und Hilter-Jungen zu einem Handgemenge gekommen war. Krämer wurde offensichtlich aufgefordert, die Hände aus der Tasche zu nehmen, dem er nicht folgte - worauf sich drei Schüsse lösten. Ein Schuss ging in die Brust und streifte das Herz, der zweite Schuss ging in den Bauch. Bei den Handgreiflichkeiten wurden mindestens zwei weitere Personen (Schneider-Bauer, Oberle) verletzt, die den Vorgang später der Familie gegenüber im Krankenhaus schildern konnten. Allerdings schilderten beide, dass Krämer bereits vor Ort verstarb und somit keine weitere stationäre Versorgung angebracht wäre. Am folgenden Tag wurde der Arbeitsplatz Babette Rögners Vater mit Trauerflor geschmückt.

Nach dem Tod des Vaters kam es zum Bruch mit der Schwiegermutter. Der ältere Bruder, aber auch der jüngere Schwester von Babette Rögner wurden von der Schwiegermutter abgelehnt und dem Vormundschaftsgericht zur weiteren Betreuung zugeführt. Der ältere Bruder ging nach Ansbach, wo er zuvor einen Arbeitsplatz bekam während Babette Rögner mit ihrer Schwester bei einer Bekannten der Mutter, Familie Gassenbauer, unter kamen. Babette Rögner arbeite weiterhin in der Schuhfabrik und unterstützte ihre Schwester, auch wenn die Fabrik zunehmend die Stellen kürzen bzw. streichen musste.

Während ihrer Zeit in der Schuhfabrik war Rögner auch in der Arbeiterjugend sowie in der proletarischen Jugend, in der sie auch die spätere SPD-Politikerin Käte Stobel kennen lernten. Während dieser Zeit wurde Rögner auch 1923 Mitglied der SPD, da die SPD sie bereits beim Tod des Vaters aktiv unterstützt hatte.

Sie war verheiratet mit Konrad Rögner (19. Januar 1901 - 16. Mai 1942), letzter war ebenfalls politisch in der Sozialdemokratie aktiv und während der Herrschaft des Nationalsozialismus teilweise in Schutzhaft, da er illegal sozialdemokratische Schriften verteilte. Rögner wurde nach der Schutzhaft im Januar 1942 in den Wehrdienst eingezogen, allerdings verstarb er noch vor seinem Kriegseinsatz am 16. Mai 1942 an den Folgen einer Sepsis im Lazarett. Babette Rögner arbeitete vor dem 2. Weltkrieg in Nürnberg bei der 1938 arisierten Medicus Schuhfabrik. Ihren Bruder, seine Frau und ihre Schwester und deren Tochter kamen am 2. Januar 1945 beim dem Luftangriff auf Nürnberg ums Leben.

Aus der Ehe mit Konrad Rögner stammten zwei Töchter und ein Sohn. Die älteste Tochter war sehr zum Verdruss der Mutter aktives Mitglied im Bund Deutscher Mädels (BDM) und schaffte es dort bis zur Zugführerin. Während dieser Zeit arbeitete sie als Jugendliche bei der Fa. Schickedanz, der nach Aussagen Babette Rögner, ihre Tochter im Betrieb stets förderte. So erhielt die Tochter bezahlten Urlaub und war Teil einer Kinder- und Jugendverschickung in das besetzte Westpreußen. Die Tochter besuchte u.a. die Stadt Toruń und bekam dort vom ehem. Fürther Oberbürgermeister Franz Jakob das Buch von Adolf Hitler - Mein Kampf - mit persönlicher Widmung von Jakob für die Tochter. Der Sohn Erich kämpfte in den letzten Tagen Fürths vor der Kapitulation gegen die anrückenden Streitkräften der Alliierten. Bereits mit 16 Jahren wurde er zum Arbeitsdienst eingesetzt und diente in einer Flak-Kompanie.

Aktivitäten nach dem 2. Weltkrieg

Nach dem 2. Weltkrieg arbeitete sie erneut in Ihrem Beruf bei dem Schuhhersteller in Nürnberg. Dort wurde sie 1945 als einzige Frau in den Betriebsrat gewählt. Neben der Betriebsratstätigkeit baute Rögner die ersten Gewerkschaftsstrukturen vor Ort auf und wurde in den Ortsverwaltungsvorstand gewählt. Gemeinsam mit Therese Friedrich von der IG Metall waren sie die aktive Gesichter der gewerkschaftlichen Frauenarbeit in Fürth und Nürnberg, zusätzlich die Frauenarbeit innerhalb der Gewerkschaft mit voranbrachten.

Gleichzeitig wurde sie 1946 für die SPD in den Fürther Stadtrat gewählt und schied Ende 1949 regulär aus dem Amt wieder aus. Neben der Stadtratstätigkeit war Rögner auch Mitglied des SPD-Parteivorstands in Fürth sowie im Bezirksvorstand in Nürnberg. Um 1950 wechselte beruflich ihren Wohnort von Fürth nach Stuttgart.

Babette Rögner war während ihrer Amtszeit in folgenden Ausschüssen:

  • Mitglied im Schul- und Bildungsausschuss
  • Kulturausschuss
  • Stiftungsausschuss
  • Verwaltungsrat des Wohnreferates
  • Wohlfahrtsausschuss
  • Ausschuss für Jugendpflege
  • Verbandsausschuss
  • Wirtschaftsausschuss

Gewerkschaftliche Tätigkeit

Neben ihrer beruflichen Tätigkeit war Rögner auch aktiv als Frauenrechtlerin und Gewerkschaftlerin. Ab 1945 war sie mit dem Aufbau der gewerkschaftlichen Strukturen vor Ort beschäftigt und als Mitglied vieler Delegationen mehrmals in München. Sie wurde nach der Wahl in den Ortsverwaltungsvorstand in den Bezirksvorstand von Nürnberg und anschließend in den Bezirksvorstand Franken gewählt. Anschließend wurde Rögner in den Landesbezirksvorstand der Gewerkschaft Chemie-Leder-Keramik gewählt. 1949 strukturierte sich die Gewerkschaft Chemie-Leder-Kermamik neu, in dem die Beschäftigten der Lederindustrie und Verarbeitungsbetrieben sich als eigenständige Gewerkschaft Leder neu gründeten, sodass ab 1949 Rögner im neu gegründeten Vorstand der Chemie-Keramik-Leder Gewerkschaft gewählt wurde. Von 1950 bis 1965 Mitglied im Geschäftsführenden Vorstand der Gewerkschaft Leder, die Ende der 1990er Jahre der Gewerkschaft IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) aufging. Rögner war die einzige weibliche Delegierte aus Bayern und zählt zu den wenigen weiblichen Delegierten überhaupt beim Gründungskongress des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) 1949 in München.

Im Jahr 1956 wurde Rögner von den Sozialdemokraten und vom DGB-Bundesfrauenausschuss als Gegenkandidatin zur Wahl des Mitglieds im Bundesvorstand des DGBs mit der Abteilungen für die Zuständigkeiten Frauen, Berufliche Bildung und das Referat Handwerk vorgeschlagen. Sie unterlag bei der Wahl der Gegenkandidatin Maria Weber bereits im Vorfeld der Wahl als Kandidatin, die von den Christsozialen aufgestellt wurde. Maria Weber selbst sagte später, dass diese Entscheidung lediglich eine parteipolitische Grundlage hatte, denn Rögner hatte innerhalb der Gewerkschaft eine deutlich höhere Postion als sie. Der DGB-Bundesfrauenausschuss wollte keinen keinen erneuten offenen Konflikt - weshalb man die Wahl Webers lediglich zur Kenntnis nahm. Eine Zustimmung gab es demzufolge nicht - aber die Gewerkschaftsfrauen wurden explizit auch nicht gefragt - weshalb die Wahl Webers ohne weitere Gegenstimmen durch ging. Babette Rögner wurde schließlich bei der Bundeskonferenz 1956 in Hamburg immerhin als eine der Vertreterinnen des Bundesfrauenausschusses in den erweiterten DBG-Vorstand mit gewählt.

Es entbrannte in der Folge ein Machtkampf innerhalb des DGB um Fraueninteressen und um die politische Gewichtung von Frauenthemen, bei der Rögner u.a. einen zentrale Rolle mit einnahm. Beim 5. DGB-Bundeskongress 1959 in Stuttgart versuchten die Frauen erneut ihre Schwerpunkte zu setzen, allerdings hatten sie wahrgenommen, dass ein offener Konfliktaustausch ihrer Sache eher geschadet hätte, da die Mehrheitsmeinung - vor allem durch die in der Gewerkschaft mehrheitlich vertretenen Männer - den Frauen klar vermittelt hatten, dass Fraueninteressen nicht zählten. Bei den noch wenig verbliebenen offenen Stellen in den Gremien für Frauen waren sie auf die Stimmen der Männer angewiesen, weshalb sie den passiven Widerstand als Form der Einflussnahme wählten. So boykottierten die Frauen zwar die Wahlen und Veranstaltungen nicht - schwiegen aber um mühsam dem Fuß in der Tür zu behalten. So wurde Rögner erneut in den Bundesvorstand gewählt, obwohl sie gar nicht erst zu der Veranstaltung erschienen war.

Literatur

  • Sybille Plogstedt: Wir haben Geschichte geschrieben. Zur Arbeit der DGB-Frauen 1945 - 1990. Psychosozialer Verlag, Gießen, 2013, S. 67 ff.

Siehe auch

Bilder

  1. Historisches Lexikon Bayerns, online abgerufen am 12. März 2022 | 18.40 Uhr - online abrufbar