Erster Weltkrieg
Der Erste Weltkrieg ( 28. Juli 1914 - 11. November 1918) wurde in Europa, dem Nahen Osten, Afrika und Ostasien geführt und forderte über neun Millionen Menschenleben. Aufgrund der Verwerfungen, die der Erste Weltkrieg weltweit auslöste, und der Folgen, die noch heute spürbar sind, gilt er bei vielen Historikern als die „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“.
Zur allgemeinen Thematik rund um den Ersten Weltkrieg sei auf den entsprechenden Artikel auf wikipedia.de verwiesen.
Der Erste Weltkrieg und Fürth
Julikrise und Kriegsbeginn aus Sicht des Fürther Stadtchronisten Paul Rieß
nachfolgend eine Auflistung kriegsbezogener Einträge in der Fürther Stadtchronik, beginnend mit einem Eintrag vom 25. Juli 1914:
Juli 1914
25. Ehrenabend der SpVgg für die siegreiche Elf. - „Der Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Oesterreich und Serbien versetzte die hiesige Bevölkerung in starke Aufregung. Die Depeschentafeln der Zeitungen waren fortgesetzt belagert. Extra-Blätter erscheinen. Man denkt allgemein, daß ein Weltkrieg zum Ausbruch kommt“.
26. „Auf den Straßen und in den Wirtschaften ging es heute lebhaft zu. Die hiesige Bevölkerung (ebenso im ganzen Deutschen Reich) sieht mit Spannung der Entwicklung des österreichisch-serbischen Konfliktes entgegen. Extraausgaben der Zeitungen erscheinen. Die Sympathie ist auf Seite Oesterreichs. Bis spät in die Nacht hinein wurden patriotische Lieder gesungen: Es braust ein Ruf wie Donnerhall - Die Wacht am Rhein - Deutschland, Deutschland über alles - Gott erhalte Franz den Kaiser. In Nürnberg wogten große Menschenmassen durch die Straßen und brachten vor dem Oesterreichischen Consulat und am Kriegerdenkmal Ovationen dar, während vor dem serbischen Consulat ein Gejohle und Pfuirufe ertönten.“
29. „Die Lage ist ernst. Gestern ist die Kriegserklärung an Serbien durch Oesterreich erfolgt.“ - Sozialdemokratische Volksversammlung. Resolution gegen den bayerischen Kultusminister in Sachen Moralunterricht sowie für die Einberufung des Reichstages, um dem Willen des Volkes auf Erhaltung des Friedens Nachdruck zu verleihen.
30. „Die Lage ist kritisch. In der Stadt und am Bahnhof war gestern und heute reges militärisches Treiben. Alle Urlauber wurden einbezogen. Am Staatsbahnhof wimmelte es von Soldaten, die in ihre Garnison zurückkehren... In der hiesigen Bevölkerung entstand durch eine Falschmeldung eines Berliner Blattes, daß auch Deutschland mobil macht, große Unruhe und Ängstlichkeit über die nächste Zukunft. Lebensmittel wurden in großen Mengen gekauft. Die Läden der Kolonialwarengeschäfte wurden vom Publikum nahezu erstürmt. Wichtige Lebensmittel wie Salz, Mehl, Früchte waren in den meisten Geschäften vergriffen. Große Kolonialwarenhandlungen schlossen ihre Geschäfte, da sie vollständig ausverkauft waren. In den beiden Mühlen Wolfsgruber und Förster ist Mehl in ungeheuren Quantitäten eingekauft worden.“
31. „Die politische Hochspannung ist groß. Die Kriegswirren haben schon jetzt ihre nachteiligen Folgen auf das hiesige Wirtschaftsleben geworfen. In mehreren große Fabriken wurde die Arbeitszeit gekürzt. Mit der Begründung, daß infolge der Kriegsgefahr keine Aufträge vorhanden sind, wurden einige ganz geschlossen. Die Erregung unter der Einwohnerschaft ist furchtbar... Nachmittags 1/2 3 Uhr wurde bekannt, daß Rußland allgemein mobilisiert und dadurch ist Deutschland gezwungen, sich auch kriegsbereit zu machen. Durch Extrablätter wurde bekanntgegeben, wie schicksalsschwer die Zeit sich gestaltet. Abends 7 Uhr wurde in allen Straßen der Stadt durch Schutzleute ... die Verhängung des Kriegszustandes über Bayern ... verkündet. Die Bekanntmachungen sind von den Menschenmassen mit großen Ernst entgegengenommen worden. Die städt. Collegien bewilligten in einer außerordentlichen Sitzung 300.000 M. zur Lebensmittelversorgung der Stadt...“
August 1914
1. Zur Sicherung von Bahn-, Telegraphen- und Telephonanlagen wird aus Bürgern von 45 bis 68 Jahren ein Sicherheitsdienst gebildet. - „Abends 7 Uhr wurde die Mobilmachung dahier durch Schutzleute mit Schelle bekanntgegeben. Erster Mobilmachungstag ist der 2. August.“ - Deutschland erklärt Rußland den Krieg: „Die Kriegserklärung an Russland wurde um 8 Uhr abends an den Depeschentafeln angeschlagen. Die Bevölkerung ist schon gefaßter“.
2. „Sämtliche Kirchen waren gedrängt voll von Andächtigen, die Geistlichen führten die Worte unseres Kaisers an: Und nun empfehle ich Euch Gott, geht in die Kirchen, kniet nieder vor Gott und betet um Hilfe für unser braves Heer.“ - „Die vaterlandstreue Haltung der hiesigen, wie der gesamten deutschen Sozialdemokratie verdient allseits Hochachtung. Parteien gibt es zur Zeit nicht, ganz Deutschland ist ein Volk von Brüdern.“
3. „Jeden Abend in dieser Woche fanden in den hiesigen Kirchen Abendmahlsfeiern für die zum Kriege Einberufenen und deren Angehörige statt. Weit über 200 Nottrauungen wurden vollzogen und währten dieselben in den Gotteshäusern und auf dem Standesamt oft bis Nachts 1 Uhr.“ Ein „Liebesgabenkomitee“ zur Einrichtung von Sammelstellen etc. werden gebildet. BM Dr. Wild stellt sich an die Spitze der Zeichnenden und stellt die Hälfte seines Gehaltes auf die Dauer des Krieges zur Verfügung. „Die Kgl. priv. Schützengesellschaft bewacht das städt. Wasserwerk, da von Spionen in anderen Städten versucht wurde, die Wasserleitung zu vergiften (mit Cholera-Bazillen).“ Die Freimaurerloge stellt ihre große Parterreräumlichkeiten „während des Feldzuges“ der Stadt zur Verfügung und spendet der von BM Dr. Wild in Scene gesetzten allgemeinen Sammlung 1.000 M. Der Turnverein 1860 stellt das Turnen ein und überläßt sein Gesamtanwesen während des Krieges den gemeindlichen Behörden. Schon am 3. August hat der Turnrat in einer Zeitungsanzeige „An unsere lieben Heerespflichtigen!“ die Turngenossen dazu ermahnt, sich dem Vaterland würdig zu zeigen. - Ein großer Teil der hiesigen Bevölkerung wird mit Einquartierungen bedacht. - Der bisherige Eisenbahnfahrplan tritt außer Kraft, es kann nur noch mit den Militär-Lokalzügen Beförderung gefunden werden. In einem Flugblatt „An die deutschen Frauen!“ wird dazu aufgefordert, den Männern den Abschied in den Krieg nicht zu erschweren („Als unsere Vorfahren, die Germanen, im Kampfe gegen die Uebermacht der Römer zu ermatten drohten, da waren es die Frauen, die sie durch Rufe anfeuerten“) - Die Bäckerinnung beschließt, den hinterbliebenen Bäckermeistersfrauen Rabatte zu gewähren. Gegenwärtig sei kein Salz mehr zu erhalten.
4. „Zum Schutze gegen französische Flieger, deren in der Umgegend mehrere gesichtet wurden, sind auf dem Rathausturm, Vestnerturm und dem Türmchen der neuen Realschule Maschinengewehre mit 6 Mann Besatzung postiert worden.“ - „Jagd auf Automobile“, da angeblich Gold von Frankreich nach Rußland per Automobil geschafft werden soll; Kontrollen auf der Max- und Ludwigsbrücke sowie am Rathaus. - Abends um 11 Uhr wird die Kriegserklärung Englands an Deutschland bekannt.
5. Der Verkehr des Ludwigseisenbahn wird mangels Personal eingeschränkt. Zweite Sitzung des Fürsorgekomitees: Berichtet wird über den Ausbau des Lazarettwesens (zunächst Turnhalle 1860, die Loge wird in Reserve gehalten), über die Stellung des Pflegepersonals und über weitere organisatorische Maßnahmen.
6. Die Magisträte stellen ihre ehrenamtliche Entschädigung dem Liebesgabenkomitee zur Verfügung. Alfred Nathan spendet 100.000 Mk., 60.000 Mk. davon für die Errichtung von Kriegslazaretten, 40.000 Mk. zur Unterstützung Fürther Familien. - Den eingezogenen städtischen Angestellen, Arbeitern und Beamten mit Familie wird das Gehalt unter Abzug des Soldes weiter bezahlt. Hierfür sollen gesonderte Kredite aufgenommen werden. Vorverlegung der Polizeistunde von 2 Uhr früh auf Mitternacht. - Vom Fahrpersonal der Straßenbahn(900 Mann) sind fast 70% (640) einberufen, der Verkehr wird eingeschränkt. - Der Viktualienmarkt wird versuchsweise von der Gustavstraße in die mittlere Königstraße verlegt.
7. „Die erste Siegestat der deutschen Truppen, die Einnahme der belgischen Festung Lüttich, wurde auch hier mit großem Jubel begrüßt“.
8. „Da von vielen Personen Silbergeld zurückbehalten wird u. infolgedessen die Arbeiterlöhne und Unterstützung nicht ausbezahlt werden könnten, erläßt der Stadtmagistrat einen Aufruf um Herausgabe des Geldes, eventuell müßten Hausdurchsuchungen stattfinden.“ Die in Fürth stationierten Truppen verlassen am 7. und 8. „unter nicht enden wollenden Hurra- und Abschiedsrufen“ den Standort.
9. Bußtag. Überfüllte Kirchen. - „Nachmittags passierte eine große Kolonne Sanitäter unsere Stadt. Sie kamen von Erlangen. Jeder einzelne hatte ein blauweißes Fähnlein in der Hand, womit sie die stürmischen Abschiedsbezeugungen der hiesigen Bevölkerung freudig erwiderten.“
11. Hilfsaktion für Arbeitslose und Kleingewerbetreibende wird ins Leben gerufen. Ledige erhalten wöchentlich 4 M., Ehepaare 6 M., davon 1/3 in bar u. 2/3 als Suppenmarken, für jedes Kind werden 50 Pfg. berechnet. - Der Personenverkehr auf dem Bahnhof geht um ca. 90% zurück. Die Bautätigkeit liegt praktisch ganz darnieder. Am Bahnhof wird an durchfahrende Soldaten unentgeltlich Verpflegung und Zeitungen verteilt.
12. Jubel über die erste erbeutete französische Fahne und die Gefangennahme von 700 Franzosen.
13. Die Stadt kauft 200 Zentner Salz. Fast sämtliche Fabriken und Werkstätten sind geschlossen. Einige Betriebe haben die Arbeitszeit um die Hälfte verkürzt. Der hiesige Gemeindebevollmächtigte Steinhardt befindet sich auf einer Geschäftsreise in Rußland. Es wird vermutet, daß er dort gefangen gehalten wird.
14. Der Fürther Zeitung sind so viele patriotische Gedichte zugegangen, daß es der Redaktion unmöglich ist, weitere noch einlaufende zu berücksichtigen.
16. Mehrere niedergelassene Ärzte und der Militärgeistliche Reisinger werden auf den Kriegsschauplatz berufen.
17. Das seit 3.8. geltende Alkoholverbot im Staatsbahnhof wird wieder aufgehoben. Das Liebesgabenkomitee im Fürther Staatsbahnhof hat vorläufig seine Tätigkeit eingestellt (seit 6.8.). Es wurden 12 - 15.000 belegte Brötchen, ca. 8.000 Zigarren, 150 Eimer Tee und eine Unmenge von Ansichtskarten an durchreisende Soldaten abgegeben. Leiter des Verpflegungsausschusses war Großkaufmann Gundelfinger.
18. Große Arbeitslosigkeit, 3.500 männliche und 2.500 weibliche Personen melden sich beim städtischen Arbeitsamt als arbeitslos. 1.000 werden vorläufig von der Arbeitslosenfürsorgestelle unterstützt. Die anderen 5.000 Personen erhalten zur Zeit noch wöchentliche Beträge aus den Gewerkschaftskassen, zum Teil beziehen sie auch Invalidenrenten.
19. Auf der Hardt werden von der Militärverwaltung Lazarettbaracken aus Holzfachwerk erbaut. Drei Wehrkraftjungen im Alter von 15-16 Jahren sind als Felddienstfreiwillige ohne Wissen der Eltern mit einem hiesigen Truppenteil an die Front gezogen. Dem Hilfskomitee für die Familien der im Felde stehenden Soldaten gehen zahlreiche Spenden von Vereinen und Privatpersonen zu, Alfred Nathan spendet der Säuglingsfürsorge 2.000 M.
20. Die Gewerkschaften teilen mit, daß 1.800 ihrer Mitglieder eingezogen und 6.000 durch den Krieg arbeitslos wurden. - Hiesige israelitische Einwohner, die russischer Staatsangehörigkeit sind, spenden dem Hilfskomitee 100 M. „Diese Gabe ist um so anerkennenswerter, da diese Leute meist arm sind.“ Zudem veröffentlichen die russischen Juden folgende Stellungnahme: „Wir fühlen uns dem gesamten deutschen Staat, dem Bayernlande und ganz besonders der Stadt Fürth, ihrer verehrlichen Bürgerschaft und der hochwohllöblichen Verwaltung zu tiefsinnigstem Dank verpflichtet. Was unser Geburtsland bis auf den heutigen Tag in brutalster Weise versagte, fanden wir hier: Freiheit und Menschenrechte! ... Unser Heimatland ist das klassische Land der Pogrome und Judenhetzen; ... Darum fordern wir nicht nur unsere russischen, sondern auch die deutschen Glaubensbrüder auf: Tut Eure Pflicht und helft der Wahrheit und Gerechtigkeit, die in deutscher Art und deutschem Wesen verkörpert sind, den Sieg erringen, denn es gilt den Sieg deutscher Kultur über russische Barbarei, und für uns Juden gilt es, den Glaubensbrüdern im Osten eine neue bessere Zeit vorzubereiten, wenn das Schwert rächender Vergeltung seine Arbeit vollbracht hat. - Gott schütze das deutsche Land und segne seine Waffen!“
21. Der Einmarsch der deutschen Truppen in Brüssel wird an den Depeschentafeln angeschlagen. „Die Bevölkerung war freudig erregt“. Der Landsturm wird einberufen. Abends 17.30 Uhr „wurde der große Sieg unserer braven, tapferen Truppen gegen 1/3 der gesamten französischen Streitkräfte dahier bekannt gegeben. Der Jubel unter der hiesigen Einwohnerschaft war groß... „.
22. 1. BM Wild bittet um Beflaggung aller Häuser zur Freude über den unter Führung des bayerischen Kronprinzen errungenen Sieges zwischen Metz und den Vogesen. Auch die Rathausglocken werden erstmalig seit 1902 wieder geläutet. „Viele Tausend Personen wogten in den Straßen und vor dem Rathaus, auf dessen höchster Zinne die deutsche Flagge stolz wehte. Fürth prangte im Flaggenschmuck.“ - Beim Hilfsfonds gehen weitere Spenden von Vereinen und Privatpersonen ein.
23. Der Stadtmagistrat gibt bekannt, daß Flugzeuge unter keinen Umständen mehr beschossen werden dürfen. Züge mit gefangenen Franzosen sowie erbeuteten französischen Geschützen passieren den Bahnhof.
24. Das Landsturmbataillon wird morgens um 8 Uhr nach Belgien abtransportiert. „Von jungen Mädchen wurden den Einberufenen, die meist Familienväter aus hiesiger Stadt waren, Blumen dargereicht.“ - Anläßlich weitere Siege an der Westfont läßt Stadtpfarrer Fronmüller vom Turm der St. Michael Kirche „Nun danket alle Gott“ in alle vier Himmelsrichtungen blasen, Fronmüller hält vor der sich rasch ansammelnden Menschenmenge eine Ansprache und schloß mit einem Hoch auf die Armee und Heerführer, das jubelnd aufgenommen wurde. Der Magistrat ersucht die Einwohnerschaft, alle verfügbaren Silbergeldbestände bei der Stadtkasse umzutauschen. Die Zahl der eingerückten Fürther wird auf 7.000 geschätzt, 3.000 Anträge auf Unterstützung der Familienangehörigen liegen vor.
25. Vom Gemeindekollegium sind die Herren Endres, Jungmann, Hohner u. Dr. Prager, von den Magistratsmitgliedern Bauamtmann Kraus eingezogen. Die König-Ludwig-Quellen stellen 100.000 Flaschen ihres Mineraltafelwassers Dosana für die Verwundeten in den Lazaretten zur Verfügung.
26. In den hiesigen Zeitungen erscheinen eine große Anzahl von Soldatenbriefen.
27. Die ersten Verwundeten treffen in Fürth ein, 277 Soldaten vom Schlachtfeld bei Luneville: „Tiefer Ernst lag auf den Gesichtern der Verwundeten und der gesamten hiesigen Einwohnerschaft, als die Wagen durch die Straßen der Stadt zu den Lazaretten in die Turnhalle und den Schulhäusern Rosen- und Pfisterstraße fuhren. Mit Tücherschwenken und Hochrufen wurden die mutigen Vaterlandsverteidiger begrüßt, deren Monturen viele Blutflecken aufwiesen und vielfach durchlöchert waren. Die Hochrufe kamen jedoch aus beklemmter Brust.“ In den Fürther Lazaretten stehen 700 Betten zur Verfügung. Die Prinzessinnen Wiltrud und Helmtrud besuchen die Stadt und besichtigen vor allem die Lazarette. Eine Sanitätskolonne verabschiedet sich aus Fürth: „Eine ungeheure Menschenmenge hatte sich am Ludwigsbahnhof versammelt, die den Sanitätern einen herzlichen Abschied bereiteten.
29. Der zweite Sanitätszug erreicht Fürth und brachte über 400 zum Teil sehr schwer Verletzte. „Sie wurden auf Tragbahren auf dem Trottoir vor dem Staatsbahnhof und Postgebäude in langen Reihen nebeneinander gestellt, um von den Sanitätern in die Lazarette transportiert zu werden. Die Arbeit währte von 2- 6 Uhr [nachmittags]. Die hiesigen Lazarette sind nahezu vollständig belegt.“ Beflaggung wegen der Siege in Ostpreußen und über die Engländer bei St. Quentin.
Die Fürther Nagelsäule
Am 9. Juli 1916 enthüllte man in der Englischen Anlage ein Kriegswahrzeichen, eine sog. "Nagelsäule" oder im allgemeinen Sprachgebrauch häufig auch "Nagelmann oder Nagelfigur" genannt[1]. Diese "Kriegsnagelungen" wurden zu hunderten in Österreich-Ungarn und im Deutschen Kaiserreich durchgeführt. Dabei konnte man gegen eine Spende ein Nagel in ein dafür aufgestelltes hölzernes Objekt einschlagen. Wikipedia schreibt hierzu: "Das ab 1915 massenhaft einsetzende Phänomen ging von der Nagelung der Skulptur eines Wehrmanns im Eisen, auch Eiserner Wehrmann genannt, in Wien aus. Weitere Objekte waren unterschiedlich ausgeprägt und wurden als Nagelmann, Nagelfigur, Nagelbild, Nagelbrett, Nagelkreuz, Nagelsäule aber auch Wehrschild oder Kriegswahrzeichen bezeichnet. An den Nagelungen beteiligten sich im Rahmen öffentlicher Veranstaltungen mit feierlichem Charakter breite Bevölkerungskreise. Parallel dazu erfolgten in Schulen unter Beteiligung von Schülern Schulnagelungen. Die dadurch eingenommenen Gelder dienten der Unterstützung von Kriegsopfern, wie Hinterbliebene und Verwundete. Die Einnahmen im geschätzten einstelligen Millionenbetrag an Mark waren eher nicht entscheidend für den Erfolg der Nagelungen. Weit bedeutender war ihre propagandistische Wirkung, da sie den Patriotismus und das Gemeinschaftsgefühl der Menschen ansprachen und so zur Stärkung der „Heimatfront“ beitrugen."[2] In Fürth stand ein steinerner Reiter des Bildhauers Mitterer, der mit folgenden Durchhalteparolen versehen war: "Viel Feind, viel Ehr" und "Lieber Not, als Feindes Gebot".[3]
Metallsammlungen
Als Metallspende des deutschen Volkes wurden Sammlungen von Rohstoffen und Einschmelzungen von Gegenständen aus Metall im Ersten und Zweiten Weltkrieg bezeichnet.
Da Deutschland von jeher in Hinsicht bestimmter Rohstoffe ein Importland war, galt es in Kriegszeiten, die durch abgebrochene Handelskontakte bzw. aufgrund fehlender Devisen nicht mehr beschaffbaren ausländischen Rohstoffe und hier allen voran die Buntmetalle Kupfer, Messing, Zinn und Zink als wichtige Rohstoffe der Rüstungsindustrie (z.B. zur Herstellung von Geschosshülsen) sowie Eisen anderweitig im Inland zu beschaffen [4].
In Fürth ist eine Metallsammlung von 1915 überliefert. Auf einem Foto ist zu sehen, dass die Fürther Berge von Haushaltsgegenständen abgegeben hatten, darunter Teller, Backformen, Kerzenständer, Zinnkrüge, Zierrat usw. damit diese eingeschmolzen und zu Kriegsgerät verarbeitet werden konnten. Einige dieser Gegenstände sind erhalten geblieben und lagern im Fürther Stadtarchiv .[5]
Die Kriegssammlung Theodor Bergmann
Zwischen 1914 und 1918 legten Bibliotheken, Archive, Museen und Privatpersonen überall im Deutschen Reich und in Österreich-Ungarn Weltkriegssammlungen an, in denen der Krieg als "große Zeitenwende" akribisch dokumentiert wurde. Der Sammeleifer bezog sich nicht nur auf die über den Buchhandel verfügbare Kriegsliteratur, sondern auch auf Feld- und Schützengrabenzeitungen aus Frontgebieten, auf Drucksachen aus Lazaretten und Gefangenenlagern, auf Zeitungen der besetzten Gebiete und Heimatzeitungen von Kommunen, Vereinen, Schulen, Firmen oder Kirchengemeinden für die Frontsoldaten.
Gesammelt wurden Kriegskarten, Maueranschläge und Flugblätter, Fotos, Feldpostbriefe und Soldatentagebücher. Material der Kriegswirtschaft wie Notgeld und Lebensmittelkarten wurde aufgehoben, aber auch Gegenstände mit Andenkencharakter wurden zusammengetragen wie Vivatbänder, Postkarten, Gedenkmünzen, Briefmarken und Porzellangegenstände mit Kriegsmotiven [6]. Auch Privatpersonen errichteten Kriegssammlungen von beachtlichem Umfang und erstaunen aus heutiger Sicht durch ihre sachkundige Aufarbeitung des Materials. Sie nutzten ihre ausländischen Kontakte und privaten Beziehungen zu ihrem Vorteil, beispielsweise beim Erwerb von ausländischen Publikationen und Drucksachen.[7] Zu den bedeutendsten Beispielen privater Sammlungen zählte u. A. die des jüdischen Fürther Unternehmers Theodor Bergmann. Damals galt sie mit ihren über 100.000 Einzelstücken, darunter 1.100 Kriegsflugblättern, als eine der weltweit bedeutendsten privaten Sammlungen.[8] Sie ist heute nicht mehr vorhanden und gilt als zerstreut [9].
Literatur
- Theodor Bergmann; Hilsenbeck, Fritz: Die Kriegssammlung Theodor Bergmann in Fürth. Nürnberg, 1920, Verlag H. Schrag, 37 S., 24 Bildtafeln
- Peter Frank: Die Fürther Kriegsopfer des Ersten Weltkrieges 1914-1918. In: Fürther Geschichtsblätter, 4/2004, S. 95 - 110
- Der Sprung ins Dunkle. Die Region Nürnberg im Ersten Weltkrieg 1914–1918, Ausstellungskatalog des Stadtarchivs Nürnberg Nr. 22, 2014, 1039 S.
Lokalberichterstattung
- Johannes Alles: Fürth plant Ausstellung zum Weltkriegsbeginn 1914. In: Fürther Nachrichten vom 05. November 2013 - online abrufbar
- Johannes Alles: Museum sucht Material zum Ersten Weltkrieg. In: Fürther Nachrichten vom 20. Januar 2014 - online abrufbar
- Volker Dittmar: Den Tod vor Augen. In: Fürther Nachrichten vom 06. August 2014- online abrufbar
Siehe auch
Weblinks
- Krieg der Illusionen – Fürth 1911 - 1914 (Artikel von Alexander Mayer im Altstadtbläddla Nr. 35).
- Peter Frank: Die Fürther Kriegsopfer des Ersten Weltkrieges 1914-1918 - PDF online verfügbar
- Peter Frank: Die Verunglückten und Verstorbenen der Bayerischen Fliegerersatzabteilung (FEA) Nr. 2, Militärfliegerschule 3 in Fürth-Atzenhof - PDF online verfügbar
- Königlich Bayerisches 21. Infanterie-Regiment „Großherzog Friedrich Franz IV. von Mecklenburg-Schwerin“ bei Wikipedia
- Wissenstest zum Ersten Weltkrieg (von Schülern erstellt)
- Eintrag zur Sammlung Theodor Bergmann bei kriegssammlungen.de
- Fürth und der Erste Weltkrieg 1914 - 1918, Ausstellung im Stadtmuseum Fürth vom 18. Oktober 2014 - 12. April 2015
Einzelnachweise
- ↑ Paul Rieß: Chronikband 1926, S. 125 - Gedenksteine in Fürth im Jahr 1926
- ↑ Wikipedia: Kriegsnagelungen. Online abgerufen 3. August 2014 | 16.27 Uhr Wikipedia
- ↑ Gerd Walther: Fürth - Die Kleeblattstadt. Städtebilder-Verlag Fürth, 1991, S. 69
- ↑ Metallspende des deutschen Volkes bei Wikipedia
- ↑ Johannes Alles: Fürth plant Ausstellung zum Weltkriegsbeginn 1914. In: Fürther Nachrichten vom 05. November 2013
- ↑ Badische LandesBibliothek, Kriegssammlungen 1914 - 1918 im Internet
- ↑ Zwach, Eva: Deutsche und englische Militärmuseen im 20. Jahrhundert: Eine kulturgeschichtliche Analyse des gesellschaftlichen Umgangs mit Krieg, S.35
- ↑ Scrinium Berolinense: Tilo Brandis zum 65. Geburtstag, Band 2, S. 800
- ↑ Johannes Alles: Fürth plant Ausstellung zum Weltkriegsbeginn 1914. In: Fürther Nachrichten vom 05. November 2013