Solarberg

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Der Solarberg an der Vacher Straße bei Atzenhof ist ein künstlicher Berg mit einer Höhe von 348 m über dem Meerespiegel (ca. 57 Höhenmeter). Er war die Mülldeponie für Fürth, weswegen er früher umgangssprachlich auch "Müllberg" oder "Schuttberg" genannt wurde. Im Volksmund wurde er desweiteren scherzhaft "Monte Scherbelino" oder "Tell Schutt" genannt.

Aussicht nach Nordosten
Aussicht auf Atzenhof
Kuppe vor der Sanierung

Die Deponie Atzenhof wurde von 1968 bis 1999 betrieben. Im Sommer 2006 wurden verschiedene Fußgängerwege angelegt und die Bergkuppe mit Steinarbeiten vom ortsansässigen Steinmetz Heinz Siebenkäs verziert. Zusätzlich wurden Bänke und Schautafeln auf dem Gipfel errichtet.[1] Bereits ein Jahr später wurde die Kuppe des Berges zur besseren Begehung ausgebaut und gepflastert. Vorher war diese großteils nur mit Gras bedeckt. Der Schuttberg dient heute als Standort zur Stromgewinnung und als Naherholungsgebiet mit einem wunderbaren Panoramablick auf Fürth und Umgebung, auf dem inzwischen über 254 verschiedene Pflanzenarten wachsen. Da er direkt am Main-Donau-Kanal liegt, ist er auch am Radwegenetz von Fürth angeschlossen.

Entstehung

In der Zeit des Wirtschaftsaufschwungs nach dem 2. Weltkrieg wurde u. a. der Konsum stark angekurbelt. Die Wirtschaft belebte sich zunehmend und damit stiegen auch die Mengen von Haushalts-, Gewerbemüll und Klärschlamm. In einer Zeit, in der die Mülltrennung, das Recycling und die Energiegewinnung (z. B. durch Biogasanlagen) noch nicht groß geschrieben wurden, wussten sich viele deutsche Städte zunächst nicht anders zu helfen, als den Müll in entsprechenden Deponien zu sammeln. So entstanden in ganz Deutschland die sog. Schutt- oder Müllberge, meist am Rand einer Stadt.

In Fürth wurde nach dem Krieg zunächst der Müll am Scherbsgraben bzw. beim Friedhof gesammelt, eher er ab 1968 am heutigen Standort in Atzenhof gelagert wurde. Damit der Müll nicht zu viel Platz wegnehmen würde, entschied man sich diesen vorher zu zerkleinern. In einer Schredderanlage, in der mühelos ein halbes Auto hinein gepasst hätte, wurde der Müll auf die Hälfte seines Volumens reduziert. Anschließend wurde der verdichtete Müll auf der Deponie eingebracht, so dass sich innerhalb von 31 Jahren über 2,6 Mio. Kubikmeter Abfall anhäuften.[2] Das entspricht exakt dem Volumen der Cheops-Pyramide in Gizeh (Ägypten).[3]

 
Ansicht von Osten

Betrieb und Schließung

1993 wurde die Deponie das erste Mal einer größeren Sanierung unterzogen. Bei dieser Maßnahme wurden 17 Gasbrunnen in vertikalen und horizontalen Rigolensystemen zur Gewinnung des Gases, das durch die Vergärung der organischen Abfälle entsteht, eingebaut. Seit 1995 wurde diesen in den Betriebsjahren durchschnittlich 1 Mio. Kubikmeter Deponiegas entzogen, die zur Strom und Wärmegewinnung genutzt wurden. Damit konnten pro Jahr über 2,7 Mio. kWh Strom erzeugt und somit ca. 675 durchschnittliche Haushalte mit Strom versorgt werden.

 
Kuppe vor der Sanierung

Durch den politischen Wandel und ein grundlegend anderes Verständnis des Abfallwesens (z. B. Rohstoffgewinnung durch Recycling) wurde eine Wiederverwertung des Mülls effizienter und Gewinn bringend. So wurde 1999 durch die rot-grüne Bundesregierung die erste Deponierichtlinie erlassen, die die umweltverträgliche Ablagerung von Abfällen auf Deponien regelte. Es folgten weitere EU-Richtlinien, die die Stilllegung solcher Anlagen regelten und spätestens 2005 wäre das Ende der Deponie von Seiten des Gesetzgebers gekommen, denn hier wurde bundesweit ein Verbot von Deponien durch die Bundesregierung beschlossen.[4] Die Deponie "entkam" dieser gesetzlichen Schließung, in dem sie bereits 1999 geschlossen wurde.[2]

Nach der Schließung der Deponie 1999 wurde der Berg versiegelt. Das sich im Berg bildende Deponiegas wird seit 1995 zur Stromerzeugung genutzt. Da der Brennwert des Deponiegases mit der Zeit immer weiter abnimmt, ist der Betrieb des Deponiegasmotors seit 2012 ebenfalls nicht mehr möglich. Um das Gas des Schuttberges trotzdem weiterhin nutzen zu können, installierte die infra 2013 eine Schwachgasfackel im Heizwerk Vacher Straße. Die Verbrennungswärme des Deponiegases wird über Wärmetauscher in den Atzenhofer Fernwärmeheizkreis eingespeist und versorgt rund 110 Haushalte mit Wärme. Im Vergleich zur konventionellen Wärmeerzeugung mit Erdgas werden so jährlich ca. 370 Tonnen CO2 eingespart.[2][5]

Nach Angaben der Abfallwirtschaft wird die Deponie noch bis ca. 2030 Gas für die Energieproduktion liefern. Danach müsste alles Organische vergärt sein, so dass keine weiteren Gasbildungen mehr stattfinden werden. Durch die Vergärung der biologischen Abfälle schrumpft der Berg jährlich um wenige Millimeter.[6]

Solarberg

2003 beschloss der Fürther Stadtrat, auf der Südseite des Berges eine Photovoltaikanlage zu bauen. Die Bedenken des nahegelegenen Golfplatzes, dass die Solarmodule durch einschlagende Golfbälle beschädigt werden könnten, wurde genauso widerlegt wie die Befürchtung, dass die Solarmodule durch die vermeintliche Sonnenreflektion vorbeifahrende Schiffskapitäne oder Autofahrer blenden könnten.

Am 23. Dezember 2003 ging der Solarberg nach nur drei Monaten Bauzeit in Betrieb mit insgesamt 5.760 Solarmodulen auf einer Fläche von 1,7 Hektar. Die Gesamtleistung betrug anfänglich pro Jahr 1008 kWp. Im Jahr 2013 vermeldete die Stadt Fürth in einer Pressemitteilung, dass der Solarberg inzwischen jährlich fast 20 MW Leistung bringe, welche wiederum knapp 250 Haushalte mit Strom versorgen kann.[2] Gleichzeitig wird die Umwelt durch eine Einsparung von 6.000 Tonnen CO2 entlastet. Die Finanzierung der Solaranlage (Kosten 4,65 Mio. Euro) wurde durch 150 Privatanleger möglich. Hierzu entwickelten die Stadt und die Sparkasse Fürth ein Bürgerbeteiligungsmodell mit einer Rendite von 4,5 Prozent, bei dem zwei Drittel der Kosten durch ein zinsgünstiges Darlehen der Sparkasse finanziert und das restliche Drittel durch die Bürgerbeteiligung und einen Zuschuss von 500.000 Euro durch die Stadt beigesteuert wurden.[7]

Nach Angaben der Stadt Fürth spielte der Solarberg im Jahr 2005 in der "Weltliga" der Solarenergiegewinnungen mit, denn das Kraftwerk gehörte zu diesem Zeitpunkt zu den 50 größten Photovoltaikanlagen weltweit.[8]

Lokalberichterstattung

  • Volker Dittmar: Kalte Dusche für die »Solarstadt«. In: Fürther Nachrichten vom 4. Mai 2010 - online abrufbar
  • Sabine Gärtner: Vom Müllberg zum Biotop. In: Fürther Nachrichten vom 17. Mai 2010 - online abrufbar
  • Horst M. Auer: Fürth und Erlangen punkten kräftig mit Sonnenstrom. In: Fürther Nachrichten vom 29. Juni 2010
  • Pressemitteilung zur Schwachgasfackel der infra vom 1. Februar 2013 - online abrufbar
  • Volker Dittmar: Die infra gibt mit Müll nochmal Gas. In: Fürther Nachrichten vom 5. Februar 2013 - online abrufbar
  • Benjamin Huck: Wie aus Müll Energie wird. In: Fürther Nachrichten vom 24. August 2015. S. 35 HFN
  • Andreas Pöllinger: Hunderte zieht's zum Gottesdienst auf den Solarberg. In: nordbayern.de vom 11. Mai 2018 - Bildergalerie
  • Armin Leberzammer: Gottesdienst für Gipfelstürmer - An Himmelfahrt versammelten sich die Gläubigen auf dem Solarberg. In: Fürther Nachrichten vom 12. Mai 2018 (Druckausgabe)

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. BmPA: Aussichtsplattform lädt zum Verweilen ein. Pressemitteilung der Stadt Fürth vom 8. Juni 2006, online abgerufen am 24. August 2015 | 19:50 Uhr - online abrufbar
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 BmPA: Zehn Jahre Solarberg. Pressemitteilung der Stadt Fürth vom 23. Dezember 2013, online abgerufen am 24. August 2015 | 19:17 Uhr - online abrufbar
  3. Wikipedia: Größenordnung (Volumen), abgerufen 24. August 2015 | 18:34 Uhr - online abrufbar
  4. Homepage: Umweltbundesamt - Deponie und Lagerung, abgerufen am 24. August 2015 | 19:24 - online abrufbar
  5. Pressemitteilung der infra vom 1. Februar 2013 - online abrufbar
  6. Benjamin Huck: Wie aus Müll Energie wird. In: Fürther Nachrichten vom 24. August 2015, S. 35
  7. BmPA: Der Solarberg als Wirtschaftsfaktor und Bürgerprojekt. Pressemitteilung der Stadt Fürth vom 12. April 2005, online abgerufen am 24. August 2015 | 19:38 Uhr - online abrufbar
  8. BmPA: Der Solarberg in Atzenhof. Pressemitteilung vom 12. April 2005, online abgerufen am 24. August 2015 | 19:32 Uhr - online abrufbar

Bilder