Aufzeichnungen von Frieder Schildknecht

 
Mustertüte für ital. Naturbimsstein - Canetto Lipari

Die Firma Portelli in Canneto auf Lipari war jahrzehntelang der wichtigster Handelspartner für CHN bezüglich italienischen Bimssteinmehls. Wegen der ungünstigen Hafenverhältnisse mussten alle Verschiffungen auf freier Reede erfolgen. Das heißt, wegen des flachen Strandes mussten die großen Schiffe durch kleine Boote außerhalb im Meer beladen werden. Je nach den Wetterverhältnissen (z.B. Herbststürme u.ä.) konnte das ziemlich teuer werden. Außerdem gab es Niedrigwasser-, Hochwasser-und Eiswasser-Zuschläge. Kaum jemals kam eine Ladung ohne Zuschläge nach Deutschland. In der Regel waren die Fracht-u. Nebenkosten genau so hoch wie der Warenwert.

Dieser ladungsweise Import von "Echt ital. Bimssteinmehl" war einer der großen Aktivposten im Großhandel der Firma „Conrad Heinrichs Nachfolger (CHN)“. Die Sortierung reichte vom staubfeinen Mehl, der Mahlung 6/0, bis zur Nr.23 in Sandkorngröße. Während die heimische Spiegel- und Glasindustrie hauptsächlich die Nr. 3/0 und 4/0 verarbeiteten, wurden z.B. in den SchleiftromrneIn der Erlanger KUM (Kunststoff & Metallwarenfabrik) eine weit gröbere, in der Regel die Nr.23, zum Polieren von Aluminiumteilen eingesetzt.

Die jeweilige Beladung der Schiffe wurde nach unseren Angaben, in den verschiedensten Körnungen und Qualitäten von Canneto / Lipari aus vorgenommen, wobei mindestens drei Monate im Voraus disponiert werden musste.

 
Mustertüte für italienische Bimssteinsorten

Bei Notfällen und Engpässen konnte auch vom Lager der Firma Theodor Haan aus Mannheim/Dresden, etwas abgerufen werden, was durch die Lager- und Frachtkosten allerdings erheblich teurer zu stehen kam.
Eine unserer besonderen Stärken war die Lieferung von "‘‘Obsidianfreiem Bimsmehl‘‘". Besonders für die optische Industrie war diese Spezialität (Brillen- und Vergrößerungsgläser, Linsen usw.) von großer Bedeutung. Verursacht doch der in allen Lagen anzutreffende Obsidian-Anteil durch seine Härte feine bis mittlere Kratzer, die das Polieren deutlich erschweren. Obsidian ist eine dunkel-glänzende glasartige Substanz im vulkanischen Ergussgestein, welche durch rasches Erstarren von kieselsäurereicher Lava entsteht. Dieses aufwendige Verfahren zur Abscheidung der harten Obsidiananteile, hatte sich mein Vater – (Ludwig Schildknecht) - in den Dreißiger Jahren schützen lassen. Nach Ablauf der 30-jährigen Schutzfrist hätte eine nochmalige Verlängerung unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht. Das Ausschwemmen der winzig kleinen, harten Körnchen erfolgte damals durch Wasserkraft im Wirbelstromverfahren. Der so gewonnene "Abfall" war für die metallverarbeitende Industrie, ein begehrtes Schleifmittel.

Die Lieferung erfolgte in groben Jutesäcken zu jeweils 100kg. Wobei der Anteil für unser Hand- und Reservelager in der Pegnitzstraße 29, von den "freundlichen" LKW-Fahrern stets mit dem Bemerken vor dem Lager abgestellt wurde "wir gehen jetzt Vespern, und in einer Stunde sind Sie wohl mit dem Abladen fertig!" Nicht zuletzt dieser "Strafarbeit", verdanke ich meine kaputten Kniee und mein beschädigtes Kreuz!

Beim Stöbern nach meinem Voltmeter, sind mir die Mustertütchen der verschiedenen Bimssorten wieder in die Finger gekommen. Mögen sie uns Erinnerung sein, an eine (harte) gute alte Zeit!