In Fürth waren zwischen 1945 und 1995 Einheiten der Armee der Vereinigten Staaten von Amerika (U.S. Army) stationiert.

Dieser Artikel entstand im Rahmen des Fürther Stadtjubiläums "200 Jahre eigenständig" im Jahr 2018


Geschichte

 
Das 16. Pionierbataillon ist aus dem Irakkrieg zurück (1991)

Zwei Tage nach der Kapitulation Fürths bei Ende des Zweiten Weltkriegs am 17. April 1945 marschierten die Soldaten der 42. US Infanteriedivision in der Stadt ein. Captain John D. Cofer, ein texanischer Rechtsanwalt, übernahm die Leitung der Stadtverwaltung und begann mit Unterstützung der Fürther Behörden, die öffentliche Ordnung wieder herzustellen und die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und Energie zu verbessern. Die US Army war eine Besatzungsmacht, die ihre Interessen ziemlich konsequent durchsetzte, gleichzeitig aber versuchte, das Leben in Fürth so erträglich wie möglich zu gestalten. Ein bald nach Kriegsende geplanter vollständiger Abzug amerikanischer Soldaten aus Deutschland scheiterte am zunehmenden Sicherheitsbedürfnis Europas gegenüber einer expansionswilligen Sowjetunion. Durch die weltpolitische Lage wandelten sich die amerikanischen Besatzer in NATO-Partner, die zur Sicherung der Grenzen zum Ostblock beitrugen. Meistens lebten etwa 10.000 amerikanische Staatsangehörige in Fürth und Umgebung. Sie gehörten zur "Nuernberg Military Community", die - unter wechselnden Bezeichnungen - Kasernen in Fürth, Nürnberg, Erlangen und Schwabach umfasste. Durch die deutsche Wiedervereinigung 1990 und den Zerfall der Sowjetunion war die starke Präsenz amerikanischer Soldaten in Deutschland nicht mehr erforderlich. Aus der Nuernberg Military Community wurden 1990 viele kampffähige Einheiten der US Army in den Nahen Osten verlegt und beteiligten sich an vorderster Front an den Kampfhandlungen zur Befreiung Kuweits von irakischen Truppen. Nach dem Ende dieses Zweiten Golfkriegs (1990–1991) wurde ein Großteil des militärischen Materials nicht mehr zurück nach Deutschland gebracht und es begann ein stetiger Abbau des in der Community stationierten Personals. Die Nuernberg Military Community wird am 1. Oktober 1991 aufgelöst und durch kleinere Verwaltungseinheiten ersetzt. Am 19. Dezember 1995 holt die US Army in der letzten noch verbliebenen Kaserne in Fürth, der William O. Darby-Kaserne, ihre Fahne ein. Damit ist die fünfzig Jahre währende Anwesenheit amerikanischer Soldaten in Fürth beendet.

Einflüsse auf die Stadt

 
Panzerunfall mit einem US-amerikanischen Panzer in Stadeln ins Haus "Fleischmann" an der Stadelner Straßenkreuzung.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs beschlagnahmte die US Army in Fürth sehr viele öffentliche und private Einrichtungen, was zu einer verschärften Wohnungsnot beitrug. Außerdem durften die Hauptverkehrsstraßen nur von Militärfahrzeugen genutzt werden. Wegen des ab 1950 abzusehenden länger anhaltenden Aufenthalts amerikanischer Truppen in Deutschland entstanden für die Soldaten und ihre Angehörigen eigene Wohnsiedlungen (Housing Areas), z. B. die Kalbsiedlung, in der Fürther Südstadt und in Dambach und ein eigenes Einkaufszentrum ("PX") an der Waldstraße. In diesen Gegenden und um die Kasernen herum deuteten Kfz-Kennzeichen, englischsprachige Hinweisschilder und Uniformträger auf die Anwesenheit der Amerikaner hin.

An den Infrastruktur-Schnittstellen arbeiteten die städtischen Einrichtungen (Stadtverwaltung, Fürther Stadtpolizei, Stadtwerke usw.) mit den amerikanischen Dienststellen zusammen. Reibungspunkte traten wegen der unterschiedlichen Zielsetzungen der zivilen und militärischen Behörden häufiger auf, konnten aber in der Regel zur beiderseitigen Zufriedenheit bereinigt werden. Auf Seiten der US Army kam erschwerend hinzu, dass die verantwortlichen Entscheider vor Ort häufiger wechselten und die übergeordneten Stellen in Stuttgart oder Heidelberg stationiert waren.

Bevor die US Army in den 1980er Jahren damit begann, ihr schweres Gerät per Bahn zu transportieren, sorgten häufige Militärkonvois mitten durch die Stadt zweitweise für erhebliche Verkehrsprobleme. Weder der Frankenschnellweg noch die Südwesttangente standen damals schon zur Verfügung, der Verkehr rollte jeweils durch das Fürther Stadtgebiet (siehe hierzu auch Panzerstraße). In den Kasernen liefen Tag und Nacht Generatoren und LKW- und Panzermotoren, wodurch sich die Anwohner sehr gestört fühlten.

Die meist jungen US-Soldaten kämpften mit denselben Problemen wie alle Menschen ihrer Altersgruppe. Neben harmlosen Streichen sorgten vor allem Raub und Vergewaltigungen für Unmut in der Fürther Bevölkerung. Beispielsweise profitierten Taxifahrer stark vom Geschäft mit den unternehmungslustigen GIs, wurden aber auch häufig Opfer von Raubüberfällen. Die Gustavstraße war ein berüchtigtes Rotlichtviertel, bevor Ende 1954 die ganze Fürther Altstadt zum "Off Limits" für die amerikanischen Soldaten erklärt wurde.

Anfang Februar 1955 brachte es Fürth sogar zu kurzem und zweifelhaftem Ruhm in den USA. Es ging um das "Off Limits" (Zutritt verboten) für US-Soldaten in der Fürther Innenstadt. Der Militärgeistliche für die US-Truppen Betreuung, ein Dr. Carl Yaeger, hatte vor der lutherischen Synode in Atlantic City die moralische Verruchtheit verschiedener westdeutscher Städte, darunter Fürth, als Quelle des Sittenverfalls bei den die GIs dargestellt. Die Stadt wurde daraufhin in verschiedenen US-Zeitungen als "Sündenbabel" bezeichnet, die örtlichen erotischen Versuchungen seien eine Gefahr für die Moral und Kampfkraft der Truppe. Auch der Einfluss der hiesigen Kommunisten spiele eine Rolle.

Natürlich sah man das in Fürth differenzierter. Der Fürther Dekan Christian Rieger wollte zwar gern zugeben, dass sich in der Mitte der Stadt ein "unsittliches Treiben und Schamlosigkeit breitgemacht hätten". Besonderen Anstoß erregte, dass die Dirnen und Zuhälter ihr Unwesen um die altehrwürdige Michaeliskirche herum trieben. Aber der Fürther Polizeidirektor Kaltenhäuser charakterisierte seine Stadt in den Fürther Nachrichten so: Fürth ist vorwiegend eine Arbeiter- und Industriestadt. Lediglich die Hauptverkehrsstraßen bekommen allmählich einen großstädtischen Charakter. Gerade diese Straßen sind aber völlig frei von irgendwelchen unsittlichen Treiben geblieben. Die Altstadt war das Vergnügungsviertel für die amerikanischen Soldaten. Die engen, winkligen Gassen und der im Allgemeinen schlechte bauliche Zustand waren ein Nährboden für die unsittlichen Zustände. Seit Anfang November herrscht aber in der Altstadt Ruhe

Am 6. November 1954 hatte Oberbürgermeister Hans Bornkessel auf Bitten der US-Amerikaner das Betretungsverbot erlassen. Von 17 Uhr an bis um 6 Uhr des nächsten Morgen mussten die GIs draußen bleiben. Vorausgegangen waren viele Beschwerden der Anwohner. Auch der Polizeichef Kaltenhäuser hatte ein Verbot mehrfach schon erwogen – immer dann, wenn wieder einmal eine Häufung von Geschlechtskrankheiten, Kuppelei, Gewerbeunzucht und Schwarzhandelsfällen auf das Zentrum der Gustavstraße-Gegend allzu deutlich hinwies. Das Fass zum Überlaufen brachte dann ein Zwischenfall in der Nacht auf Sonntag, den 31. Oktober: Einige US-Soldaten hatten sich am Abend in einem Lokal in der Schindelgasse selbst am Zapfhahn bedient. Sie bezahlten nicht, wollten aber noch mehr Schnaps. Weil sie den nicht mehr bekamen und sich andere Gäste auf die Seite der Wirtsleute stellten, holten die Betrunkenen Verstärkung und zerlegten das Lokal. Der Nahkampf mit Bierflaschen konnte nur durch ein Großaufgebot der Militärpolizei beendet werden.

Eine Maßnahme wie "Off Limits" liege nicht unbedingt im Sinne der amerikanischen Armee, meinte Generalmajor Numar E. Watson, aber man wolle positiv mit deutschen Stellen zusammenarbeiten. Die Mehrheit der Stadträte im Gewerbeausschuss hatte sich ursprünglich zwar auf die Seite der Gastwirte gestellt, die gegen ein Verbot waren. Diese gründeten später auch zusammen mit betroffenen Bäckern und Metzgern eine "Notgemeinschaft" gegen das Aussperren ihrer Kundschaft. Doch dann unterstützte der Stadtrat mehrheitlich OB Bornkessel und begrüßte auch die Verlängerung auf unbestimmte Zeit.

Im November 1979 erinnerten die FN nochmals an "Off Limits": "Die Anordnung ist bei den Amerikanern längst vergessen. Sie wurde nie aufgehoben, gilt also praktisch heute noch. Nur kümmert sich keiner mehr drum. Sie ist auch eigentlich nicht mehr notwendig." Vollends gegenstandslos wurde sie mit dem Abzug der letzten Amerikaner aus Fürth im Dezember 1995.[1]

Wirtschaftshilfe nach dem 2. Weltkrieg

Nach dem Zweiten Weltkrieg half die Militärregierung der US Army der Stadt und ihrem Handwerk wieder auf die Beine. Sie stellte die Versorgung mit Strom, Wasser und Gas wieder her. Insbesondere der Wohnungsbau forderte die Handwerksbetriebe, die bald auch durch die vielen Fertigkeiten der Kriegsflüchtlinge Unterstützung fanden. Oberbürgermeister Bornkessel förderte die Ausbildung durch berufsorientierte Kurse für Kaufleute und Handwerker im Volksbildungswerk, der heutigen Volkshochschule, das er 1946 gründete. Mit der Währungsreform, die der Fürther Ludwig Erhard u. a. im Wirtschaftsrat der Bizone mit vorbereitet und am 20. Juni 1948 eingeführt hatte, und der damit verbundenen Vorbereitung der Marktwirtschaft begann nach einem schwierigen Übergangsjahr der Aufschwung. Die Produktivität verdoppelte sich innerhalb eines halben Jahres und parallel zu den aufstrebenden Industrien von Max Grundig und Otto Seeling (DETAG), sowie der Wiederbelebung des Quelle-Versands durch Gustav Schickedanz, blühte auch das Handwerk wieder auf. Ein Kind des Wirtschaftswunders war z. B. die Pelzindustrie (Marco Pelze). Im Jahre 1967 gab es Fürth noch 10 Kürschnereibetriebe.[2]

Kasernen

Die US Army nutzte in Fürth die drei großen Kasernen der Wehrmacht,

Weitere amerikanische Einrichtungen waren die Kalb-Housing Area mit einem großen Schulkomplex, das PX-Einkaufszentrum, die Offizierssiedlung in Dambach und das Munitionsdepot im Zennwald.

Literatur

Lokalberichterstattung

  • Reinhard Kalb: Kaugummi, PX und streikende Panzer. In: Fürther Nachrichten vom 15. September 2018 (Druckausgabe) bzw. Army in Fürth: Kaugummi, PX und streikende Panzer. In: nordbayern.de vom 16. September 2018 - online abrufbar
  • 25 Jahre nach dem Abzug der US-Army: ein Rückblick. In: Fürth StadtZeitung, Nr. 23 vom 16. Dezember 2020, S. 5 – PDF-Datei

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Otto Böhm: "Fürths erotische Verlockungen" in Sonntagsblitz der Nürnberger Nachrichten vom 8. Februar 2015, S. 14
  2. Kürschner. In: Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z, ein Geschichtslexikon. Selbstverlag der Stadt, 1968, 1984, .

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