Als Flächensanierung wird ein historisches stadtplanerisches Konzept bezeichnet, welches die Stadtsanierung durch großflächigen Abriss von Altbausubstanz und anschließender Neubebauung nach dem Leitbild der „autogerechten Stadt“ zum Gegenstand hatte. Erst später setzte sich mit zunehmender Sensibilisierung der Bevölkerung der Gedanke einer behutsamen Stadterneuerung durch.

Luftbild des "alten" Gänsbergs zu Beginn der Flächensanierung, der Parkplatz gegenüber der Kirche St. Michael ist der Bereich des zerstörten "Schulhofs"

In Fürth sollte in den 1960er Jahren die gesamte Altstadt diesem Konzept unterworfen werden. Durchgeführt wurde hiervon nur der Sanierungs-Abschnitt 1: Gänsberg. Das Altstadtviertel St. Michael konnte gerettet werden.

Flächensanierung in Fürth

Ausgangssituation

 
Gedankenspiele zur Neubebauung

Die Fürther Altstadt hatte den Zweiten Weltkrieg verhältnismäßig unbeschadet überstanden, eine der wenigen Baulücken war der im Dritten Reich zerstörte Schulhof der jüdischen Gemeinde. Die organisch gewachsene, kleinteilige Stadtstruktur galt in den 1950er Jahren nach dem Geist der Zeit als in weiten Teilen unsanierbarer Problemfall.

Seinerzeit stellte der Freistaat Bayern nur für den Neubau von Wohnraum Gelder zur Verfügung, nicht aber für die Sanierung von Altbauten, auch der Denkmalschutzgedanke mit entsprechenden Gesetzen setzte sich erst viel später durch. Die vorherrschende, mittlerweile wieder völlig überholte Ideologie der autogerechten Stadt sah im Zuge der fortschreitenden Motorisierung die Anpassung der Städte an reibungslosen Individualverkehr als oberstes Ziel an: Breite Straßen und ausreichende Parkmöglichkeiten wurden erforderlich.

Die Landesgruppe Bayern der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung fasst die zeitgenössische Doktrin in ihrem Gutachten 1960 wie folgt zusammen:

"Eine überwiegende Zahl der Gebäude der Altstadt ist überaltert und zumeist in schlechtem baulichen Zustand. Die sanitären Verhältnisse sind unzureichend. Dennoch ist die Altstadt, insbesondere das näher untersuchte Gänsbergviertel äußerst dicht bewohnt. Auch das Straßengefüge ist im ganzen veraltet und ungeeignet, einen Ziel- und Quellverkehr wie er heute in einem wirtschaftlich gesunden Stadtkerngebiet erwartet werden muss, aufzunehmen."

Zuschnitt und Expertise

Die komplette Fürther Altstadt wurde in drei Sanierungsgebiete aufgeteilt:

Das beauftragte Büro stellte für alle drei Sanierungsgebiete dieselbe Expertise aus: Nicht sanierungswürdig - eine Kahlschlagsanierung wurde als unumgänglich empfohlen.

Sanierungsgebiet 1: Gänsberg

 
Stand der Abrissarbeiten um 1973

Die Expertise bescheinigte dem Gänsberg-Viertel einen Anteil von 88,7 % mangelhafter bis abbruchreifer Substanz. 1958 wurde über den Gänsberg eine Bausperre verhängt, der 1962 die ersten Abrissaktivitäten rund um das alte Gefängnis an der Katharinenstraße folgten. Doch bis zur endgültigen Neubebauung, die erst mit der Einweihung der Stadthalle im Jahr 1982 als beendet betrachtet werden kann, dauerte es wegen zwischenzeitlichem Finanzierungsstopp noch so lange, dass das Areal zwischenzeitlich besser unter dem Namen Scherzerwüste bekannt war - benannt nach dem damaligen Oberbürgermeister Kurt Scherzer. Aus heutiger städtebaulicher Sicht ist der einstweilige Baustopp eine Art Schadensbegrenzung, da später nicht mehr die ursprünglich angedachten Bebauungsformen verwirklicht wurden, sondern neuere Architektur zur Ausführung kam. An der Stelle des noch vorher realisierten Baubeginns entlang der Katharinenstraße gegenüber dem jüdischen Friedhof kann man sich heute ein Bild vom ursprünglich angedachten Stil der Neubebauung machen.

 
Löwenplatz 1970 vs. 1974

Beurteilung

Sozialer Aspekt

 
Gänsbergsanierung um 1980

Da bei der Flächensanierung die Bevölkerung umgesiedelt werden musste, zerbrach das soziale Gefüge der zentralen Innenstadt in weiten Teilen. Dies hatte für den näheren Umkreis des Gänsbergs enorme Folgen. So änderte sich z. B. die Struktur der Gastronomie in den folgenden Jahren drastisch und viele Geschäfte um den Gänsberg verschwanden aus dem Stadtbild.

Am Gänsberg wohnten die sozial schwächeren Bevölkerungsteile Fürths. Ein Problem, dessen man sich vorsätzlich mit der Flächensanierung auf einfachstem Wege entledigen wollte.

Geschichtliche Aufarbeitung

Auch die Grundstücke rund um den ehemaligen jüdischen Schulhof waren politisch heikel: Einer tiefergehenden Auseinandersetzung entzog man sich hier mit der Flächensanierung. Durch die Verschiebung der Straßenachsen sollte die alte Wunde unkenntlich und unlokalisierbar werden.

Wirtschaftlicher Aspekt

Aus wirtschaftlicher Sicht wäre die schnelle und reibungslose Flächensanierung seinerzeit ein Erfolg für die Stadt Fürth gewesen, da wie oben beschrieben nur für den Neubau von Wohnraum staatliche Gelder zur Verfügung standen, nicht aber für die Sanierung von Altbauten. Durch die heutige Denkmalschutz- und Sanierungsförderung wurde der Flächensanierung später auch wirtschaftlich die Notwendigkeit entzogen.

Gutachterliche Beliebigkeit

Die unter Ausgangssituation zitierte Begründung der Gutachter lässt die Beliebigkeit dieser Beurteilung erkennen. Und in der Tat stellten dieselben Gutachter ein ebensolches vernichtendes Urteil auch der Regensburger Altstadt aus, deren Flächensanierung glücklicherweise nur ansatzweise umgesetzt werden konnte und die heute zum Unesco-Weltkulturerbe gehört. Auch der in Fürth als 2. Stufe angedachte Kahlschlag der Altstadt von St. Michael entlang der Gustavstraße konnte nicht durchgesetzt werden und straft mit seiner heutigen Gestalt die damaligen Gutachter Lügen.

Eine Passage des Gutachtens beschreibt schon damals ganz genau das Wissen um das, was hier am Gänsberg verloren ging: Denn auch wenn das Erneuerungsgebiet "keine Einzelobjekte" enthalte, "die im Sinne der Denkmalpflege als solche als unbedingt schutzwürdig anzusprechen sind", finde sich gleichwohl "eine ganze Anzahl von Gebäuden, die in ihrer baulichen Erscheinung und städtebaulichen Stellung erhebliche Reize aufweisen. Ebenso zeichnet sich das ganze Gebiet durch eine ausgesprochen menschliche Atmosphäre aus, die aufzuopfern der Akademie schwerfällt."

Feierlicher Abschluss der Sanierungsmaßnahmen durch die Stadt Fürth am 6.4.1984

Die „Fürther Nachrichten“ titelten am 7. April 1985 „Neues Gänsbergviertel läßt sich feiern“. Zum Abschluss der Sanierung um den Löwenplatz steigt ein kleines Fest und eine Ausstellung in der Stadthalle. Am 6. April übergab der Oberbürgermeister offiziell das Sanierungsgebiet seiner Bestimmung und eröffnete die Dokumentation 650 Wohnungen und 40 Geschäfte sind entstanden – Investitionen von ca. 250 Millionen DM - Freibier zum Auftakt

Der Abschluss des bisher größten und ehrgeizigsten Fürther Sanierungsprojekts, die völlige Neugestaltung des Gänsbergviertels, ist gestern nachmitag mit einem Festakt in der neuen Stadthalle und einen Straßenfest im Neubaugebiet eindrucksvoll gefeiert worden.

Die Geschichte der Altstadtsanierung; wie das Gänsbergviertel endete

Erstellt von Peter Frank nach Quellen im Stadtarchiv, städtischen Chronikbänden, maschinenschriftlichen Aufzeichnungen; Zeitgeschichtliche Sammlung mit Zeitungsberichten; Wunschel-Häuserchronik. Fürther Geschichtswerkstatt/städtebilder fotoarchiv & verlag: Gänsberg-Erinnerungen, Band 3, 2005, Abschlussarbeiten bei der Uni Erlangen-Nürnberg.

Nach Gottlieb Wunschels Häuser-Chronik „Alt Fürth“ von 1940 sollen laut geschichtlicher Überlieferung zur Bergstraße dort noch bis 1557 Weingärten gewesen sein. Danach habe man sie in Baumgärten umgewandelt. Eine erste Bebauung gab es ab 1500. Die ersten Häuser auf dem oberen Teil sollen Bergstraße 21 und 25 gewesen sein. Beim Anstieg hinter dem Geleitshaus, dem Geleitsgarten, soll ab 1672 mit der Bebauung begonnen worden sein. Wunschel vermutet sie als Bestandteile landwirtschaftlichen Besitzes. Die Besiedlung – auch an der Rednitzstraße – war eine „lockere“. Oberhalb des Geleitsamtes (Königstraße 42) – im früheren Geleitsamtsgarten –, durften sich ab 1530 Juden ansiedeln. Es waren laut Wunschel die Judenhäuser Bergstraße 3, 17, 23. Die Geleitsgasse ist erst nach dem 30-jährigen Krieg entstanden durch die dortige Bebauung. Die ersten Judenhäuser standen unter Ansbachischem Schutz. Später erbaute Häuser mit Erbauung ab 1700 standen unter Bambergischem Schutz, wie Wunschel zu Geleitsgasse 3 angibt: Besitzer Abraham und Jacob Franckfurter. Bis 1780 folgten weitere jüdische Besitzer. Geleitsgasse 5 soll zwischen 1680 und 1720 „hinter dem Gerichtshof“ erbaut worden sein. Die Besitzer waren Mayer Ullmann, später Abraham Ullmann und ab 1774 Moyßes Mayer Nathan Mühlhauser. Das Haus wurde 1934 als baufällig abgebrochen. Das Haus Geleitsgasse 7, gegen 1700 erbaut, besaßen David Isaac und Löw Isaac. Geleitsgasse 9 besaßen ab 1739 Jayum Nachmann, dann dessen Witwe und dann dessen Sohn Nachmann, ein Kaufmann. Dann folgte die ehemalige alte Kaserne des Geleitshauses für das darin stationierte Invalidenkommando. Später als Frohnfeste – also als Gefängnis – genutzt. 1815 abgebrochen, erbaute man ein neues Gefängnis. Die jüdische Waisenschul befand sich in der Geleitsgasse 1, also oben nächst der Bergstraße. 1723 erbaut und ab 1764 Waisenhaus als Stiftung der gemeinen Judenschaft. Ausführlich berichtet Gisela Blume in einer Abhandlung der Fürther Geschichtsblätter 2010, Heft 3, über das erste jüdische Waisenhaus und das einzige in Bayern.

Über den Gänsberg durften laut Fürther Gemeindeordnung von 1497 Schafe getrieben werden, aber nicht durch das Dorf. Bei einem Fehlverhalten gab es vier Pfund Buße. Wie der Name schon sagt, gab es auch eine gemeindliche Gänsewiese. Wunschel verortet sie in der Nähe von Rednitzstraße Nr. 18. In der domprobsteilichen Gemeindeordnung von 1652 findet sich die Bezeichnung „Gängenberg“ oder „Gängersberg“ (bei Boener 1704). Wunschel schreibt dazu: „Möglicherweise kann sie auf die Wünsche der Bewohner zurückzuführen sein, die Gänsberg nicht mehr fein genug fanden.“ Über die Rednitzstraße, eigentlich eine Gasse, sind in den 1930er Jahren Zeitungsartikel erschienen, die sie als Inbegriff einer mittelalterlichen Gasse, eine abgeschlossene Welt für sich, schildern. In engen, niedrigen Stuben leben die Familien. Die Kinder spielen tagsüber auf dem holprigen Pflaster. Trotz der Beengung fühlen sich die Bewohner wohl, sind sie doch hier aufgewachsen. Hier war früher die Heimat der Goldschläger. Deren Hämmer bildeten den Takt und die Melodie zum Straßenleben. In einer alten Scheune oben, ein geräumiger Sandsteinbau mit Ziegeldach, war früher der Lumpenstadel der jüdischen Familie Benima, eine altbekannte und geachtete Händlersfamilie. Wenn es galt, alten Hausrat, Stoffreste, Zeitungen und dgl. zu Geld zu machen, so war dort bei Benima der Sammelpunkt der geldgierigen Jugend der Altstadt. Links der Gasse stand das große Anwesen der Fellhandlung Schnittger, ein altes, schönes, geräumiges Wohnhaus mit farbiger Fassade. Und dahinter der große Hof mit langen Lagerhallen und Schuppen: eine ehemalige Bierbrauerei, danach eine Malzfabrik. Die kleine, hochgelegene Wirtschaft von Georg Pertl mit einer Baumgruppe und Ranken um das alte Gestein, wurde im Sommer gern besucht. Die Gasse verlief im großen Bogen abfallend bis zum weitvorspringenden massiven und hohen Sandsteinhaus mit der Wirtschaft „Zum Schwarzen Bock“. Die Menschen in der Gasse freuen sich ihres einfachen, bescheidenen Lebens. So sei die Gasse Freude und Leid für ihre Bewohner, Welt und Heimat, urteilte Max Ludwig als Verfasser mehrerer Zeitungsartikel. An der Einmündung zur Bergstraße, zum Gänsberg, war die Wirtschaft „Zum letzten Heller“, früher „Die drei Hacken“ genannt. Oben, in der Rednitzstraße, gab es ein mit Schiefer gedecktes Gasthaus mit einem kleinen, belaubten Vorgarten, „Zum Brandenburger Gärtla“. Auch das sei ein Stück wie bei den Motiven des Malers Spitzweg.

1953 befasste sich der Bauausschuss mit den Abwasserverhältnissen in der Fürther Altstadt und den unhygienischen Verhältnissen. Innerhalb der nächsten 5 Jahre sollten größere Teile der Altstadt an das Kanalnetz der neuen städtischen Kläranlage angeschlossen werden oder die Anwesen müssten mit biologischen Klärgruben ausgestattet werden (FN vom 27.11.1953). Ein 525.000 DM-Projekt wurde beschlossen. Es seien noch Jauchegruben anzutreffen, die teilweise überlaufen. Außerdem gebe es nicht wenige Klärgruben, die in Kanäle entwässern und dann direkt in die Rednitz oder Pegnitz fließen. 1956 gab es lebhafte Diskussionen über das Problem der Sanierungen. Aufgrund der großen Zahl an Wohnungssuchenden gebe es einen Bedarf von über 2000 Wohnungen. Ein Abriss von Häusern sei unverantwortlich. Eine Reihe davon sei aber schon so baufällig, dass sie längst geräumt werden müssten. Der Heimatkundler Dr. Adolf Schwammberger meinte, es könne vom hygienischen sowohl als auch vom heimatgeschichtlichen Gesichtspunkt her ruhig auf die Häuser am Gänsberg verzichtet werden. Die Brutstätten von Krankheiten, Häuser in menschenunwürdigem Zustand, müssten abgerissen werden. Stehen bleiben können dagegen Häuser, die typisch für das Gesicht unserer Stadt wären. An ihnen dürften nicht einmal Veränderungen geduldet werden. Der alte Markt innerhalb der Altstadt solle bleiben, soweit es aus verkehrstechnischen und hygienischen Gründen zu verantworten wäre.

Oberbaurat Hirsch wies auf die Übervölkerung der Altstadt hin. Sie stelle die dichteste Besiedelung dar. Günstig sei, dass der Platz der ehemaligen Synagoge frei sei. Hier müsse wahrscheinlich begonnen werden, die Menschen umzusetzen, also durch Neubauten aus ihren alten Häusern herauszubekommen. Schwierigkeiten ergäben sich aber, dass manche Mieter gar nicht aus ihren alten Häusern herauswollen. Die billige Miete und manchmal auch die größeren Zimmer seien die Gründe, die dafür angegeben werden. Am 12.12.1958 beschloss der Bauausschuss, ein Gutachten über die Fürther Altstadtsanierung von der Akademie für Städtebau, Landesgruppe Bayern, anzufordern. In einer früheren Sitzung des Stadtrats war ein Architektenwettbewerb um die Neuplanung der Altstadt abgelehnt worden. Der Chronist im Stadtarchiv vermerkte, dass sich nun Stadtbaurat Hirsch durchgesetzt habe, d.h. dass er nicht allein die Verantwortung für die Altstadtsanierung übernehmen müsse. Ende Juli 1958 hatte der städtische Chronist (vermutlich Stadtinspektor Kleppmann) folgendes aufgezeichnet: „In den letzten Wochen wurde vielfach sowohl im Stadtrat wie in der Presse die Frage erörtert, wie man die Altstadt, das heißt den Gänsberg, zu sanieren habe. Es gibt kaum jemanden, der die Notwendigkeit einer solchen Maßnahme bestreitet; denn die Wohnungsverhältnisse in der Bergstraße und ihrer nächsten Umgebung sind traurig bestellt. Es gibt dort keine Kanalisation, dafür aber enge und dumpfe Höfe und Räume, Wanzen und Ratten. Viele Häuser müssen als abbruchwürdig bezeichnet werden. Wer in ihnen wohnt, muss mit ihrem Zusammenbruch rechnen. Daher lässt es sich nicht verantworten, sie immer wieder ein wenig herauszustaffieren, damit sie die nächsten zwei Jahre überstehen. Der Gänsberg ist eine Brutstätte ansteckender Krankheiten. Die Tuberkulose sitzt dort in vielen Häusern und in keinem anderen Stadtbezirk muss die Polizei so oft eingreifen wie dort. Man überlegt sich, in welcher Reihenfolge die Häuser beseitigt und durch neue ersetzt werden sollen. Auch tut sich die Frage auf, ob nicht bei dieser Gelegenheit eine neue Straße gewonnen werden könne (etwa dem Zuge der heutigen Rednitzstraße entsprechend), die dann imstande wäre, die Königstraße zu entlasten. Die Königstraße selbst soll mit ihren hübschen Straßenfronten erhalten bleiben, wenn es auch notwendig sein wird, die hier gelegenen Häuser im Inneren „auszuputzen“.

Das Sanierungsgebiet sollte 283 Grundstücke auf 75.900 qm mit 1500 Familien umfassen. Es lag zwischen der Königstraße im Norden, der Katharinenstraße im Süden, der Theaterstraße im Osten und der Uferstraße im Westen. Es gab viele Altbauten ohne Keller und Kanalisierung, zum Teil ein ineinander geschachteltes Mischmasch von ehemals dörflichen Bauernhöfen, ehemaligen Scheunen, mehrstöckigen Bürgerbauten, Handwerksbetrieben auf engem Raum, unhygienische Toiletten ohne Wasserspülung (so genannte Plumpsklos) in lichtlosen Hinterhöfen, steile Treppen zu Obergeschossen, Räume mit feuchten Wänden mangels Belüftung.


Zu den ältesten Häusern an der unteren Königstraße: Über das älteste dompropsteiliche Gefängnis geben die Chronisten Fronmüller und Wunschel Hinweise. Aber auch Eger bringt schon 1819 den Hinweis: Das ältere Dompropsteiliche Amtshaus [an der unteren Königstraße] befand sich vor Zeiten bei der unteren Brücke diesseits der Rednitz. Noch vor wenigen Jahren konnte man die damals eingerichtet gewesenen Gefängnisse daselbst wahrnehmen. In einem Zeitungsartikel vom 2.12.1936 ist zu lesen, dass der Chronist Eger berichtete, im dompropsteilichen Amtshaus nahe der Rednitzfurt sind dort unterirdische Zellen gewesen. Noch in diesem Jahrhundert (also Anfang 19. Jahrhundert) hatte man anlässlich eines Kellerumbaues alte Ketten und Verschlüsse gefunden, die von dem damaligen Kerker herrühren mussten. Zu den Gefängnissen kann er nur vermuten, dass sie im Haus Königstraße 6 oder Rednitzstraße 1 oder Hinterhaus Bergstraße 28 befanden. Wunschel tendierte dazu, dass Königstraße 6 sowohl ehemaliges dompropsteiliches Amtshaus, als auch Gefängnis war. Nach einer Grundakte „befahl Ansbach 1666, das durch den dompropsteilichen Amtsverweser Michael Maier zwischen seinem eigenem Bräu- und Hinterhaus mit Eisengittern verwehrte Gefängnis, welches Maier dem altem Herkommen zuwider beim abgebrannten dompropsteilichen Amtshaus – mitten im Flecken – so nächst der Brücke erbauen lassen, innerhalb von 8 Tagen abzutun“. Nebenbei bemerkt: Königstraße 4 (näher zur Brücke) war das ehemalige Gemeinde-Bad (Besitzer war die Gemeinde Fürth bis 1691) und davor war die Schmiede (1702 erbaut); zuvor besaß auch die Gemeinde das Gebäude. Wunschel vermutete, dass der gesamte Baublock möglicherweise schon um 1000 vorhanden gewesen sei. Über das ältere dompropsteiliche Amtshaus an der unteren Königstraße schrieb Wüstendörfer, dass man die einstmaligen Gefängnisse noch in den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts wahrnehmen konnte. Mit den beiden einstigen dompropsteilichen Amtshäusern sei eine lange Leidensgeschichte verknüpft, die Fürth unter der Dreiherrschaft Nürnberg-Ansbach-Bamberg zu erdulden hatte. Das Amtshaus am Marktplatz ging bei der allgemeinen Säkularisation (1803) in den Besitz Preußens über, gegen dessen Alleinherrschaft in Fürth der Dompropst erfolglos protestiert hatte. Rednitzstraße 1 (oder auch zuerst Königstraße Nr. 8) beschreibt Wunschel in seiner Häuserchronik als „Altes Wirtshaus mit dem Schilde Zum Schwarzen Bock.“ Das 1700 erbaute Haus hatte als Wirt ab 1723 Jacob David Böhm, zugleich Branntweinbrenner. Königstraße Nr. 6, erbaut war das erste dompropsteiliche Amtshaus bis 1683 (dann Verlegung nach Gustavstraße 65). Dieses diente zugleich als Gefängnis. Noch um 1800 konnte man das erkennen.

Im August 1967 wurde das Haus Rednitzstraße 30 abgerissen. Die Stadt nutzte es ab seiner Erbauung 1822 als Feuerlöschgerätemagazin. 1872 aufgestockt, diente es als Obdachlosenasyl bis 1933. Auch zwei Schulklassen waren vorübergehend dort untergebracht. Nach 1918 bot es Flüchtlingsfamlien eine erste Unterkunft. 1968 entbrannte ein heißer Meinungsstreit um die neue „City“ anstelle des leergeräumten Gänsbergviertels. Oberbürgermeister Kurt Scherzer, Stadtbaurat Schneider und mehrere Stadträte bemühten sich, eine umfassende Aufklärung über den Sanierungskomplex zu erteilen. In einer Bürgerversammlung im „Grünen Baum“, über die die FN am 22.10.1968 berichtete, sagte Schneider, es geben dort „eine enge, verwirrende Kreuz- und Quer-Bauweise verstaubter Jahrhunderte“. Im Sanierungsgebiet gebe es 267 Grundstückeigentümer. 23 Häuser seien bisher abgebrochen worden nach Erwerb durch die Stadt. Rund 1.050 Wohneinheiten stünden an zum Abriss. Dies z. T. gegen den Widerstand von Altstadtbewohnern. Der Abbruch der alten, baufälligen Häuser, meist als Provisorium erbaut, sei für die Gesamtplanung unerlässlich. Bei einem Diskussionsabend der FDP im Restaurant „Langmann“ hielt Archivrat Dr. Schwammberger einen Vortrag (Bericht der FN vom 31.10.1956). Er meinte, die Gänsberg-Häuser seien historisch nicht wertvoll; die Häuser in menschenunwürdigen Zuständen, Brutstätten von Krankheiten, Jauchegruben, die überlaufen. (FN vom 27.11.1953). Eine Frau sagte: „Wenn des Graffl wegkummt, dou wern unseri Ratzen aber laafn, däi possierlichen Viecherla, homms ja ka Heimat mehr.“

Die von der Stadt genannten Mängel im Altstadtsanierungsgebiet ließen sich nur durch eine Flächensanierung beheben, lautete 1958 das Credo. Das Ziel war ein Stadtzentrum mit Kaufhaus, Einkaufsbereich, Stadthalle, Dienstleistungsbetrieben etc. Bei einem Wettbewerb wurde dem Modell des Freiherrn von Branca der erste Preis zugesprochen. 1960 erstellte die Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung, Landesgruppe Bayern, ein Gutachten für die Erneuerung der Fürther Altstadt. Danach sei zugleich nötig, das Verkehrsnetz zu erneuern. Die Gutachter erkannten an, dass sie bei Begehungen hier und dort dem Reiz mancher malerischer Winkel und Gassen erlegen seien. Auch eine ausgesprochen menschliche Atmosphäre konnten die Fachleute dem Herz der Fürther Altstadt nicht absprechen. Trotz aller mitschwingender Wehmut über den Verlust eines Stückchens städtischer Romantik bleibe jedoch die Akademie am Ende hart: „Es muss eingesehen werden, dass das Gebiet einer durchgreifenden Erneuerung dringend bedarf.“ Die Stadt Fürth begann 1961 damit, den Bewohnern der zum Abbruch bestimmten gemeindlichen Häuser zu kündigen. Die im Zug der Altstadtsanierung erstellten Neubauwohnungen können voraussichtlich Ende März 1961 bezugsfertig sein. Es ging um die Häuser Geleitsgasse 4 und Sternstraße 12. Beim ersteren Anwesen stellte man einen sicherheitsgefährlichen Zustand fest wegen der stark verschobenen Sandsteine in der Rückfassade. Auch der Dachstuhl machte Sorgen, weil das schlechte Holz einen losen Mauerkranz als Auflager hatte. Die Wohnungen seien zum Teil feucht und entsprächen nicht der Landeswohnungsordnung. Einer weiteren Benützung könne aus bauordnungsrechtlichen Gründen nicht entsprochen werden. Auch bei Sternstraße 12 habe man einen sehr schlechten baulichen Zustand festgestellt. Das gesamte eingebaute Holz sei vermorscht. Verschobene Türen und Fenster und ein buckliger, gespannter Fußboden wurden festgestellt. Das Mauerwerk habe teilweise die Fugen geöffnet. Die Wohnungen und die sanitären Einrichtungen sind unzulänglich. Wegen der Baufälligkeit – „die Kosten von Instandsetzungen stehen in keinem Verhältnis zum Erfolg“, laut bauaufsichtlichen Gutachten, wurde die städtische Wohnungsbehörde informiert und den Mietern gekündigt (sechs in Geleitsgasse 4, sieben in Sternstraße 12). Die von der WBG und der WgA im Zuge der Altstadtsanierung erstellten Neubauwohnungen in der Max-Planck-Straße waren dann doch erst frühestens im Juli 1961 fertig. Die Abbruchgenehmigung wurde am 15.2.1961 für die oben genannten 4 Häuser ausgefertigt. Wegen der technischen Umsetzung des Abbruches (Abriss und Schuttmassen-Abfuhr) bedurfte es dann für die Bergstraße eine Straßensperrung. Und man kam überein, auch die Häuser Bergstraße 10 und 12 neben der Nr. 8 gleich mit einzubeziehen. Die benachbarten Häuser Bergstraße 22 und 24 sollten aus Gründen der Sicherheit zusammen behandelt werden (Hausgiebel stark schadhaft). Aus Bergstraße 22 waren elf Mietparteien anderweitig unterzubringen. Man solle sich die Sicherungsmaßnahmen für das neben dem Abbruchgebäude verbliebene Haus in Höhe von ca. 4.000 DM Kosten ersparen.

Weitere Räumungen standen dann an für Markgrafengasse 9 und Schlehengasse 3. Die Verwaltung musste selbstkritisch feststellen, dass es galt, die technischen Abbruchmaßnahmen und die wohnungsrechtlichen Maßnahmen besser zu koordinieren, d.h. die öffentlich-rechtlichen und die privatrechtlichen Belange. Im Juli 1961 stellten zwei Mitarbeiter der Bauaufsicht eingehend die baulichen Mängel bei den zum Abbruch vorgesehenen Häusern fest. Bergstraße 10/12 „erheblich einsturzgefährdet“, ebenso Bergstraße 22. Markgrafengasse 9 hatte schon während des Krieges leichte bis mittlere Fliegerschäden erlitten. Teilweiser Schädlingsbefall und sonstige Holzschäden. Dadurch Labilität der tragenden Konstruktionen, teilweise oder vollständige Einsturzgefährdung. Schlehenstraße 3: vollständige Einsturzgefahr für den Dachstuhl und teilweise für einzelne tragende Teile des Gebäudes. In den nicht unterkellerten Erdgeschosswohnungen Verdacht des Schwammbefalls. Bis Ende 1961 sind dann 10 Gebäude mit 50 Wohnungen geräumt worden. In der Sternstraße 12 wurden 8 Wohnungen freigemacht. An Abbruchkosten ermittelte das Baureferat im Februar 1962 für die 10 Objekte 60.615 DM. Sie waren vom Finanzreferat unter OB Dr. Bornkessel zu tragen und wurden im März 1962 bereitgestellt. Im Juli 1962 brach man dann die Häuser ab. Der Abbruch dieser 10 Häuser war der Beginn der Sanierung. Die FN berichtete am 17.03.1962: Es waren dies: Bergstraße 24 und 25 (außen: Schäden an den Mauern; innen: schlechte Böden und Decken, völlig ausgetretene Treppen, winzige Fenster, Deckenhöhe 1,80 Meter, zwei Trockenaborte für 12 Mietparteien. Abbruch von Bergstraße 8 / 10 /12 / 22 / 24 sowie Bergstraße 17 und 25. Geleitsgasse 4, Schlehengasse 3, Markgrafengasse 9. Das ehemalige Feuerwehrmagazin der Rednitzstraße 30, erbaut 1822.

Ein Kuriosum ereignete sich beim Abbruch von Haus Bergstraße 27 im Juli 1962. Als das von der Stadt beauftragte Nürnberger Abbruch-Unternehmen Hettel das Haus abriss, entstand am Nebenhaus Nr. 29 ein offener Giebel. Die offenen zwei kleinen Dachkammern von zwei Wohnungen waren unbewohnbar und mussten durch eine neue Wand geschlossen und von außen verputzt werden. Durch den „Eingriff“ in das Nachbargebäude hatte die Stadt den verursachten Schaden zu tragen. Der Geschädigte war die Brauerei Wagner & Valentin in Roth, die eine Gastwirtschaft im Erdgeschoss betrieb. 1963 ist die Sanierung der Altstadt von Bund und Land als Studien- und Modell-Vorhaben anerkannt worden. Das bedeutete, dass Bundes- und Landesmittel zur Förderung von Ersatzwohnungen bewilligt wurden und zwar den gemeinnützigen Wohnungsbauträgern. 1964 errichtete die König-Ludwig-Stiftung an der Riemenschneiderstraße drei Mehrfamilienhäuser, damit dort in 18 Wohneinheiten Räumungsbetroffene aus dem Altstadtsanierungsgebiet neue Wohnungen erhielten. Auch die St. Joseph-Stiftung, die Gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft und die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Fürth (WBG) hatten sich bereit erklärt, räumungsbetroffene Familien in neuen Häusern unterzubringen. Die Schaffung von Ersatzwohnungen wurde staatlich gefördert. Die Staatsbaudarlehen beantragte die Stadt 1965. Die Ersatz-Wohnbauten entstanden an der Soldnerstraße, Komotauer Straße, Riemenschneiderstraße, Bodenbacher Straße, Albrecht-Dürer-Straße, Friedrich-Ebert-Straße, Mauerstraße und am Laubenweg. Die St. Joseph-Stiftung Bamberg baute an der Erhard-Segitz-Straße. Im August 1967 Abbruch des Lotter´schen Anwesens am Lilienplatz, Staudengasse – Eckhaus zur Königstraße (neben dem alten Amtsgericht). Der Fürther Stadtrat befasste sich im Januar 1968 eingehend mit dem neuen Ausbau der unteren Königstraße als „Großbaustelle“. Es ging um die Verkehrsverhältnisse: Man einigte sich auf die Einstellung des Straßenbahnverkehrs; stattdessen Einsatz von Bussen, wenn ohnehin die U-Bahn komme. Zur Verbreiterung der Fahrbahn um drei Meter wurde von Seiten der SPD für den Abbruch des alten Amtsgerichts plädiert. Bürgermeister Stranka ergänzte, dass Archivdirektor Dr. Schwammberger [zugleich Stadtheimatpfleger] keine Bedenken gegen einen Abbruch geäußert habe. So beschloss denn auch im März der Bauausschluss (später der Stadtrat) den Abbruch des alten Amtsgerichts Königstraße 42 im Zuge des Ausbaus der unteren Königstraße. Ab 18. März 1968 lief der Verkehr nach Sperrung der Straße stadteinwärts über den Gänsberg, d.h. der Bergstraße und dann über die Mohrenstraße über den Obstmarkt zur Königstraße vor dem Rathaus.

Im August 1969 drohte das Rückgebäude von Bergstraße 13 einzustürzen. Das Haus Nr. 11 neigte sich. Ein verfaulter Stützbalken war gebrochen. Im Oktober 1969 hieß es, die ab 1.11.1969 vorgesehene Schließung des Volksbades an der Geleitsgasse werfe Probleme auf. 1970 gab es Probleme bei den Häusern Bergstraße 13 / 15. Das eine Haus könne gar nicht abgebrochen werden, weil womöglich das noch bewohnte Nebenhaus mit einfallen würde. So sehr „klammern“ sich die alten Gemäuer aneinander. In der Zeitung gab es nach Abbruch von Häusern der unteren Bergstraße die Berichtstitel „Altstadt stieß ein Fenster auf“ und „Das Alte muss weichen“ (Abbrüche in der Stadtengasse und Markgrafengasse, FN vom 9.12.1970). „Vor kurzem erst fiel das Brausebad in der Geleitsgasse dem Räumkommando zum Opfer“. Im März 1971 berichtete die Zeitung (18.3. und 20.3.71): Das Wohnen wurde zur Angstpartie. Erst nachträglich entdeckte man, dass das bewohnte Haus mit der Seitenmauer auf dem Gewölbe des Nachbarhauses steht, das abgerissen wurde. Im April 1971 hieß es: Das „Katharinenkloster“ fällt. Das ehemalige Gefängnisgebäude muss der Altstadtsanierung weichen. Im Juni 1971 erfuhren die Fürther: die „Wacht am Rhein“ steht nicht mehr. Die anlehnungsbedürftige Wirtschaft wurde auch abgerissen. Und es hieß: Die Altstadt im Teufelskreis. Die Sanierung des Jahrhunderte alten Baupfusches wird noch viele Jahre dauern. Ein Bild zeigte das schmalbrüstige Minihaus in der Mohrenstraße. Am 15.06.1972 erließ die Stadt Fürth die Satzung über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes „Altstadtsanierung – Teilgebiet 1 – Bebauungsplan Nr. 296“. Ein Lageplan verdeutlichte das Sanierungsgebiet: es ging ab Rathaus/Kohlenmarkt/Gartenstraße nördliche Seite/Theaterstraße/Katharinenstraße/Uferstraße/Königstraße südliche Seite. Aufgeführt waren sämtliche Grundstücke von der Bergstraße bis zur Wasserstraße, gesamt 283. Der Stadtrat beschloss am 28.9.1977 eine Änderung: der Bereich um das Rathaus wurde ausgeklammert, die Abgrenzung im Osten verlief nun entlang der Theaterstraße bis zur Königstraße. Die Fläche des Sanierungsgebietes umfasste nun 8,4915 ha. Nach dem alten Plan waren es noch 10,6 ha.

Am 2.11.1972 titelte die FN „Eine Lanze für alte Häuser“. Bei einer Versammlung der Jungdemokraten im „Schwarzen Kreuz“ über noch erhaltenswerte Altstadtbauten mit dem Stadtplaner Wolf Karl Reidner über das Spandauer Modell relativierten Dipl.Ing. Ernst Wilfert vom Stadtplanungsamt und Stadtheimatpfleger Dr. Adolf Schwammberger die Situation in Fürth. Letzterer plädierte für die Erhaltung der unteren Königstraße, deren Charakter beibehalten werden sollte. Die historischen Häuser sollten aber besser gepflegt und schöner gestaltet werden. Die Bevölkerung sollte aktiv Anteil nehmen an der Betreuung solcher Häuser. Allerdings machte er keinen Hehl daraus, was er vom Gänsbergviertel denke: „Die dort einst vom Markgrafen in `Schnellbauweise´ hingestellten Häuser, vielfach ohne Unterkellerung, sehen ja ganz romantisch aus, aber drinnen wohnen möchte ich nicht.“ Seine Maxime: Das Alte an sich sollte uns nicht begeistern, nur das, was erhaltenswert ist. Es komme hauptsächlich darauf an, breitere Straßen mit mehr Licht und Luft zu gewinnen. Angeregt wurde aus dem Kreis der Besucher, das Gebiet um die Gustavstraße als Fußgängerzone auszugestalten, wenn einmal die Verkehrsverbindung zur Erlanger Straße durch den Königsplatz-Durchbruch fertiggestellt ist. 1973 besann man sich: Die Altstadt-Bebauung wird geändert. Es sollen noch mehr historisch interessante Gebäude erhalten bleiben. Vorgesehene Hausabbrüche stoppen, bis eine neue Entscheidung gefallen ist. So lautete die Empfehlung des Bebauungsplaners Freiherr Alexander von Branca. Es ging speziell um den Fravelliershof, der erhalten werden solle. Als Käufer trat hier die Neue Heimat auf. Im von-Branca-Plan war vorgesehen, auch diese Häusergruppe abzureißen. Bei der Neufassung des Bebauungsplanes setzte sich jedoch der Denkmalschutz durch.

Im November 1973 nahm man Abschied von der ursprünglichen Planung: weder Kaufhaus, noch Hotel oder Kirche seien möglich. Das ergab eine 4-stündige Sitzung des Stadtrats. 1974 begann die Neue Heimat an der Schlehenstraße, 1975 die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Fürth an der Königstraße. Doch für das Bauen im eigentlichen Sanierungsgebiet fehlte noch ein gültiger Bebauungsplan. Erst am 23.1.1978 war dieser rechtsgültig. Nun erst gab es die Förderung durch Bund-Länder-Programme für Zukunftsinvestitionen und nach dem Städtebauförderungsgesetz. Einen einzigen privaten Bauherrn gab es im Sanierungsgebiet: die Familie Seidenfuß beim „Barockbau Löwenplatz 2/Ecke Lilienstraße. Er wurde vom Landesamt für Denkmalpflege für unbedingt erhaltenswert eingestuft. Auf Vorschlag des Architekten J. Reimann wurde der Bau um 90 Grad gedreht. Die Vorderseite zeigt nun zur Lilienstraße. Mit der alten Substanz konnte aber nicht mehr aufgebaut werden. Da das Haus somit nach dem Denkmalschutzgesetz nicht erhalten wurde, gab es keine staatlichen Zuschüsse. Die Wohnanlage der Baugenossenschaft Volkswohl an der Lilienstraße/Staudengasse mit dem Architekten Georg Berthold besitzt vielgestaltige Fassaden, aufgelockert durch Dachgauben, Balkone, Erker. Eine Tiefgarage mit 22 Stellplätzen und Stellplätze bei zur Straße „Beim Liershof“ gehören zum Wohnblock. Das Evangelische Siedlungswerk (ESW) baute den Wohnblock ebenfalls gegliedert, als würden schmale Häuser nebeneinanderstehen durch quervorspringende Firste, Dachgauben, Erker, Vorsprünge. Die ESW gab dazu an, die Fassaden würden in Stil, Material und Farbgebung den in Franken üblichen historischen Baustoffen ausgeführt. Das Steildach bei den vielen Giebeln wurde mit Biberschwanzziegeln gedeckt. Bei der Neuen Heimat (NH), von der Stadt Fürth zuerst als Sanierungsträger eingesetzt, lernte man aus der „Bausünde“ mit geraden Linien, modernem Zuschnitt und Flachdächern beim Wohnblock an der Schlehen-/Katharinen-/Rosenstraße (1974/75). Sie übernahm eine Vorreiter-Rolle mit Erker-, Mansarden- und Satteldachformen. Die anderen Baugesellschaften übernahmen, natürlich mit verschiedenen Variationen.

Im Rückblick auf die Sanierung des Gänsberg-Viertels scheiden sich die Geister: In den Internetseiten von rijo-research wird von Herrn Jochem, Nürnberg, ein kritisches Fazit gezogen: Ein städtebaulicher Sündenfall ersten Ranges sei es gewesen, das Viertel komplett abzureißen. Es musste einer „beliebigen Vorstadtarchitektur weichen“. Die ehemals menschliche Atmosphäre wurde geopfert. Letzteres beklagte auch die Dt. Akademie für Städtebau und Landesplanung schon 1960 in ihrem Gutachten. Glücklicherweise konnten nach dem Inkrafttreten des Bayer. Denkmalschutzgesetzes 1974 doch noch Modifikationen durchgesetzt werden. Ein Umdenken brachte für die nördliche Bebauung der unteren Königstraße Fassadengestaltungen im Anklang an früher. Der Fravelliershof blieb weitgehend erhalten und das so genannte Hirschmann-Haus als „Barockhaus“ konnte am Löwenplatz nach Abbau wieder in gedrehter Platzierung verbleiben.

Der Erhalt des Geleitshaus aus 1896 (Gerichtshof und Sitz der Verwaltung bis 1822, Königstraße 42 ), scheiterte nicht nur an der schlechten Bausubstanz, sondern auch an der vorkragenden Straßenfront zum Grünen Markt. Der Stadtheimatpfleger Dr. Schwammberger senkte den Daumen und hielt das Haus nicht für erhaltenswert. Vielleicht hätte man das dahinter liegende erste Brause- und Wannenbad (Geleitsgasse 13, hinter Königstraße 42, früher war dort das Arrestgebäude), ein Holzer-Bau aus 1903, erhalten können. In seiner Diplomarbeit von 1979 äußerte sich Horst Rupprecht darüber, dass ihm Material zur Sanierungsproblematik nicht zugänglich war, insbesondere das Städtebaugutachten der Dt. Akademie für Städtebau 1961 mit den vorbereitenden Untersuchungen. Über den Zustand der Bausubstanz und über die Bevölkerungsstruktur bekam er keine Informationen. So konnte er nur auf statistische Angaben des städtischen Amts für Statistik zurückgreifen. Über die kommunale Planung am Beispiel der Sanierung des Altstadtviertels Am Gänsberg gibt es eine Magisterarbeit von Jürgen Frisch aus 1987.

Literatur

  • Die Abräumer: 20 Jahre nach Abschluss der Flächensanierung des Gänsbergviertels in Fürth - PDF-Datei

Siehe auch

Bilder

  Dieser Artikel war Thema beim Fürther Höfefest vom 21. - 22. Juli 2018. Unter dem Titel "200 Jahre an einem Wochenende" bot die Veranstaltung Einblick in mehr als 50 Fürther Höfe, davon 20 als Themenhöfe mit einem geschichtlichen Thema.