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Ruth Weiss bei einem offenen Gesprächsabend in der ev. Lindenkirche in Berlin Wilmersdorf. Sie sprach dabei über ihr Leben.

Ruth Weiss (geb. 26. Juli 1924 in Fürth, Theaterstraße 17), geborene Loewenthal, ist eine in Fürth gebürtige Schriftstellerin und trug als jahrzehntelange Kämpferin gegen Rassismus und Faschismus in Afrika maßgeblich zur Abschaffung der Apartheid bei.

Biographie

 
Ruth Weiss im September 2020 und damit im Alter von 96 Jahren
 
Widmung 1995 und 2020 für Alexander Mayer in ihrer Erzählung "Wege im harten Gras"

Ruth Weiss lebte in Fürth vor allem bei ihren Großeltern Jakob und Martha Cohen sowie ihrem Onkel Jakob Cohen im 2. OG der Theaterstraße 17 (1924 bis 1927 und 1933 bis 1936), wo sie wie ihre Schwester Margot auch geboren wurde[1] und der Großvater Max Cohen (auch: Meyer Cohen) als Buchbinder im Hinterhof eine kleine Werkstatt betrieb, deren Verkaufsräume sich zeitweise gegenüber in der Theaterstraße 24 befanden.[2] Seit Mai 2021 erinnert die erste Gedenktafel für Weiss in Fürth an die dortige Wohnung, die sie in ihrer Autobiographie Wege im harten Gras beschreibt.

1936 emigrierte ihre jüdische Familie nach Johannesburg (Südafrika) und folgte damit dem schon 1933 dorthin ausgewanderten Vater.[3] Jakob Cohen, der Onkel, war zuvor ebenfalls schon 1933 geflüchtet, da er von Nazis zusammengeschlagen wurde. Über Holland erreichte er letztendlich Palästina. Martha Cohen, die Tante, konnte noch 1938 oder 1939 als "Verlobte" eines Südafrikaners nach Südafrika folgen.[4]


Nach der Tätigkeit in einem Anwaltsbüro, bei einer Versicherung und einem Verlag, begann sie 1954 für verschiedene internationale Zeitungen und Zeitschriften zu schreiben. Sie setzte sich als Journalistin in Südafrika insbesondere gegen die Apartheid ein, sodass sie zur „Persona non grata“ erklärt und in eine so genannte „schwarze Liste“ eingetragen, auf der sie erst 1991 gelöscht wurde. Sie erhielt ferner ein Einreiseverbot, arbeitete fortan in Südrhodesien, begleitete dessen Weg in den unabhängigen Staat Simbabwe und lebte dann einige Zeit auf der Isle of Wight (England).[5]

Im Oktober 1990 besuchte sie Fürth, besichtigte den Hinterhof von Theaterstraße 17, wo der Großvater alljährlich zum Laubhüttenfest die Laubhütte errichtet hatte, und traf sich mit Bella Rosenkranz.[6] In den Jahren 1974 und 2002 kehrte sie zeitweise nach Deutschland zurück, sie lebte 1974 bis 1978 in Köln und seit dem Jahre 2002 einige Jahre bei Freunden in Lüdinghausen bei Münster. Derzeit lebt sie in Dänemark bei ihrem Sohn. Heute schreibt sie primär nicht mehr Sachbücher, sondern Romane, die zum Teil im Literaturkanon der Schulen (vor allem "Meine Schwester Sara") aufgenommen worden sind. Das Buch "Meine Schwester Sara" war im Schuljahr 2006/2007 die Prüfungslektüre der Realschulen in Baden-Württemberg.

Im Laufe des Jahres 2022 wird eine umfangreiche Festschrift für Ruth Weiss erscheinen. Herausgeber ist Frederick Alfred Lubich, Professor Emeritus of World Languages and Cultures, Norfolk, Virginia. Zur Übergabe der Festschrift wird sie Anfang Juli 2022 nach Nürnberg und Fürth kommen und voraussichtlich auch ihr Geburtshaus besuchen.

Weiss ist Ehrenpräsidentin des PEN-Zentrums deutschsprachiger Autoren im Ausland.

Werke

  • Lied ohne Musik (1980)
  • Die Saat Geht Auf - Zimbabwes Landwirtschaft (1987)
  • Feresia (1988)
  • Menschen werfen Schatten (1989)
  • Wege im harten Gras (Autobiographie; 1994)
  • Die Reise nach Gaborone (1997)
  • Sascha und die neun alten Männer (Kinderbuch) (1997)
  • Geteiltes Land (1997)
  • Nacht des Verrats (2000)
  • Meine Schwester Sara (2002)
  • Blutsteine (2003)
  • Der Judenweg (2004)
  • Die Nottaufe (2006)
  • Mitzis Hochzeit (2007)

Auszeichnungen

Die schweizerische Organisation PeaceWomen Across the Globe (offizieller deutscher Name: FriedensFrauen weltweit) nominierte sie im Rahmen des Vorschlags „1000 Women for the Nobel Peace Prize 2005“ für den Friedensnobelpreis.[7] 2007 wurde sie mit dem Goldenen Kleeblatt der Stadt Fürth geehrt. Im Juli 2010 wurde eine Realschule in Aschaffenburg nach Ihr benannt.[8] Im Dezember 2010 erhielt Sie das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse verliehen[9]. Am 15. September 2022 erhielt sie vom PEN-Zentrum deutschsprachiger Autoren im Ausland den OVID-Preis.[10]

Literatur

  • Ruth Weiss: Wege im harten Gras. Erinnerungen an Deutschland, Südafrika und England. Peter Hammer Verlag, Wuppertal 1994, ISBN 3872946226 (Autobiographie)
  • Gaby Franger: Ruth Weiß, in: Bedeutende Fürther Frauen - Fürth, 2009. - S. 7, auch online abrufbar
  • Bernd Noack: Der warmende Glaube. Die Schriftstellerin und Journalistin Ruth Weiss, in: Mit Licht und Schatten gepflastert, Gunzenhausen, 2007, S. 93 - 101
  • Bernd Noack: Ruth Weiss. In: Spurensuche (Buch), S. 252 - 257.
  • Frederick A. Lubich (Hrsg.): Wandernde zwischen den Welten. Erinnerungen und Betrachtungen aus vier Kontinenten. Festschrift zu Ehren von Ruth Weiss. Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg 2022. ISBN: 978-3-8260-7677-0

Lokalberichterstattung

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Mitteilung von Ruth Weiss per E-mail an Alexander Mayer vom 29. Mai 2021.
  2. Adressbuch von 1935.
  3. Wege im harten Gras. Erinnerungen an Deutschland, Südafrika und England. Peter Hammer Verlag, Wuppertal 1994, ISBN 3872946226, S. 18 ff.
  4. E-mail von Ruth Weiss an Alexander Mayer vom 1. Juni 2021.
  5. Wege im harten Gras. Erinnerungen an Deutschland, Südafrika und England. Peter Hammer Verlag, Wuppertal 1994, ISBN 3872946226, S. 288 f. (kurzgefasster Lebenslauf bis 1994).
  6. Wege im harten Gras. Erinnerungen an Deutschland, Südafrika und England. Peter Hammer Verlag, Wuppertal 1994, ISBN 3872946226, S. 27 f.
  7. Iris Nölle-Hornkamp et al.: Ruth Weiss (geb. Loewenthal). Aus der Begründung für die Nominierung von Ruth Weiss für das Projekt „1000 Women for the Nobel Peace Prize 2005“. Auf: www.juedischeliteraturwestfalen.de (Abruf: 15. August 2020)
  8. Ruth-Weiss-Realschule
  9. Artikel Ruth Weiss aus der freien Enzyklopädie Wikipedia. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. (Abruf: 15 August 2020)
  10. Roland Kaufhold: Auszeichnung für eine Heimatlose. In: Jüdische Allgemeine vom 15. September 2022. Abruf: 16. September 2022.

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