100%
Siegfried Behrens, letzter liberaler Bezirks-Rabbiner der Jüdischen Gemeinde Fürth vor Ende der Nazi-Diktatur.

Dr. Siegfried Behrens (geb. 23. Dezember 1876 in Rethem/Aller; gest. 1942 - verschollen in Izbica, Distrikt Lublin) war der letzte liberale Bezirks-Rabbiner der Jüdischen Gemeinde Fürth vor Ende der Nazi-Diktatur.

Rabbi Dr. Siegfried Behrens, rabbi of the Jewish community in Fuerth, terrified by the Kristallnacht riots, 10/11/1938

Leben

Siegfried Behrens war der Sohn des Rethemer Schlachters Abraham Behrens, der seit 1858 Vorsteher der dortigen jüdischen Gemeinde war. Wie zwei seiner Brüder besuchte Siegfried die 1801 von dem jüdischen Reformpädagogen und Unternehmer Israel Jacobson für jüdische und christliche Kinder als „Religions- und Industrieschule“ eingerichtete interreligiöse Jacobsonschule in Seesen (Landkreis Goslar).

Von 1897 bis 1906 studierte er am Jüdischen Theologischen Seminar und an der Universität Breslau. 1901 promovierte er dort zum Dr. phil. mit einer kritischen Textedition von „Mose ben Maimun's Mischnah-Commentar zum Tractat Megillah nebst der hebräischen Übersetzung des Josef ibn Al Fausal“. Von 1903 bis 1908 unterrichtete er u.a. in Breslau Religionsunterricht. Er war 1906 liberaler Rabbiner in Danzig, von 1908 bis 1922 Rabbiner in Göttingen und seit 30. März 1923 [1] bis 1942 liberaler Bezirksrabbiner in Fürth. [2] 1936 wurde Behrens Dozent am neuen jüdischen Lehrhaus in Fürth [3].

Er war verheiratet mit Ida Behrens geb. Baum (geb. 8. Juni 1888 in Lich/ Hessen), geborene Baum. Die beiden hatten zwei Töchter (Rachel, * 21. April 1912 und Margot, * 29. April 1913). Rachel Behrens heiratete in Haifa Carl Gräfenberg. [4]

Dr. Behrens war Gründungsmitglied des Geschichtsvereins Fürth.
In seiner Rabbinertätigkeit sorgte er dafür, dass in der Hauptsynagoge täglich gebetet wurde. Er brachte die Jugend dem (liberalen) Judentum näher. In der Pogromnacht wurde er zum Vergnügen der Volksmenge gezwungen auf eine am Boden liegende Thorarolle zu treten.[5]

Siegfried Behrens wurde am 22. März 1942 zusammen mit seiner Frau und seiner jüngsten Tochter Margot nach Izbica, Distrikt Lublin verschleppt. Alle drei gelten seither als verschollen. Sie kamen dort sehr wahrscheinlich um. Der Rabbiner wurde schließlich am 31. Januar 1956 zum 31. Dezember 1945 mit Sterbeort Izbica für tot erklärt.[6]

Auf dem Grabstein seiner Mutter im Neuen Jüdischen Friedhof ist eine Gedenkinschrift für ihn, seine Frau und seine jüngste Tochter angebracht.

Veröffentlichungen

  • Mose ben Maimûni's Mischnah-Commentar zum Tractat Megillah; nebst der hebräischen Übersetzung des Josef ibn Al-Fawwal; kritische Edition mit Anmerkungen - Siegfried Behrens' Inaugural-Dissertation (Thesis), Breslau. Breslau: Druck von T. Schatzky, 1901 - im Internet und im Internet (Moses Maimonides 1135-1204)
  • Kriegspredigten, gehalten von Rabbiner Dr. Behrens, Göttingen, an die in's Feld ziehenden Truppen. 1914, 7 S. (In Fraktur)
  • "Aus jüdischen Gassen", Artikel von Dr. Behrens, erschienen in: Aus alter und neuer Zeit, Nr. 82, Beilage zu Nr. 36 vom 8. Sept. 1827, S. 625 (mit 4 Abbildungen aus Fürth von 1927) - online-Digitalisat

Siehe auch

Weblinks

  • Gerhard Jochem: Chronologie der jüdischen Gemeinde in Fürth bis 1945 - PDF-Datei
  • Fürther Memorbuch. Zum Gedenken an die von den Nazis ermordeten Fürther Juden 1933-1945. Der Opfer-Teil dieser Edition wird derzeit überarbeitet und kann vorübergehend nicht aufgerufen werden. - im Internet
  • Deportation und Flucht von Juden aus Fürth - Wikipedia

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. siehe Behrens, Siegfried, Dr. in: BHR Biographisches Portal der Rabbiner - online
  2. Sybille Obenaus: Rethem. In: Herbert Obenaus (Hrsg.): Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen. In Zusammenarbeit mit David Bankier und Daniel Fraenkel. Unter Mitwirkung von Andrea Baumert .... - Göttingen: Wallstein-Verlag, Band 2, 2005, S. 821–1668, ISBN 3-89244-753-5; hier: S. 1308 - im Internet
  3. siehe Behrens, Siegfried, Dr. in: BHR Biographisches Portal der Rabbiner - online
  4. Göttingen. Geschichte einer Universitätsstadt, hrsg. von Ernst Böhme .... - Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht; Band 3: Dietrich Denecke: Göttingen: Von der preußischen Mittelstadt zur südniedersächsischen Großstadt 1866-1989. Hrsg.: Rudolf von Thadden und Günter J. Trittel unter Mitwirkung von Marc-Dietrich Ohse. Vandenhoeck & Ruprecht, 1999, VII, 952 S.; ISBN 3-525-36198-X; hier: S. 748 - im Internet
  5. siehe Jüdisch in Fürth
  6. ebenda

Bilder