Der Familienname Fürth geht vor allem bei jüdischen Familien in Süddeutschland und der ehemaligen österreichischen Habsburgermonarchie in vielen Fällen auf eine Herkunft aus der Stadt Fürth zurück. Laut Bernd Noack identifizierten sich die Migranten mit ihrem verlassenen Geburts- und Herkunftsort, einerseits aus Anhänglichkeit an die ehemalige Heimat und andererseits auch aufgrund von profanen bürokratischen Vorschriften, denen sich Juden damals beugen mussten. Ein Nachname wurde im Königreich Bayern mit dem Bayerischen Judenedikt von 1813 verpflichtend, konnte aber im Gegensatz zu manchen anderen Gebieten von Juden frei gewählt werden. Toponyme sind bei Juden häufig anzutreffen, aber mitunter missverständlich, so deutet der Nachname Berlin nicht auf einen Herkunftsort hin, sondern ist in aller Regel ein Diminutiv von Bär. Anders liegt der Fall jedoch bei Familiennamen wie Feuchtwanger, Frankfurter, Hamburger, Kissinger, Oppenheimer und Wertheimer oder solchen wie Emden, Fürth, Katzenellenbogen, Heilbronn/Heilprin und Offenbach.

Geschichte

Im Laufe des 18. Jahrhunderts wanderten Angehörige der Familie Fürth vom mittelfränkischen Fürth in den südböhmischen Raum (Städte: Schüttenhofen/Sušice, Strakonitz/Strakonice) aus, der damals zur österreichischen Habsburgermonarchie zählte, und gründeten dort einige Unternehmen oder waren daran beteiligt wie an der Zündholzfabrik SOLO.[1][2] Auf Grund von staatlichen Vorschriften gab sich die Familie den Familiennamen „Fürth“ nach ihrem Herkunftsort. Im Laufe der Zeit wurden sie eine weitverzweigte Familie, die auch in der Residenzstadt Wien Fuß fasste. In der Zeit des Nationalsozialismus, der Annexion der Zwischenkriegs-Republik Österreich und der Zerschlagung der Tschechoslowakei, fielen Angehörige der Familie Fürth dem Holocaust zum Opfer wenn sie nicht fliehen konnten und ihr Vermögen wurde eingezogen.

Bekannte Namensträger

  • August von Fürth (1812–1846), deutscher Rechtshistoriker
  • Bernhard Fürth (1796–1849), österreichischer Zündholzfabrikant[1][2][3][4]
  • Emil von Fürth (1863–1911), österreichischer Politiker
  • Ernestine von Fürth (1877–1946), österreichische Frauenrechtlerin
  • Felix Freiherr von Fürth (1847–1918), Bürgermeister von Czernowitz
  • Henriette Fürth (1861–1938), deutsche Frauenrechtlerin und Politikerin
  • Ignaz Fürth, Begründer der Chokoladenfabrik "Veit Fürth & Sohn"[5]
  • Jaro Fürth (1871–1945), österreichischer Filmschauspieler
  • Julius Fürth (1859–1923), österreichischer Arzt, gab dem Sanatorium Fürth in Wien seinen Namen[3][2][6]
  • Lothar Fürth (1897–1938), österreichischer Arzt, Sohn von Julius Fürth – Lothar Fürth und seine Frau Susanne wurden nach dem „Anschluss Österreichs“ an das Deutsche Reich am 2. April 1938 von einem wütenden NS-Mob gezwungen, vor seinem Sanatorium in einer der zynisch „Reibpartie“ genannten Hetzjagden das Straßenpflaster zu waschen. Wenige Tage später nahm sich das Ehepaar das Leben (Stolperstein beim Haus, heute an kaum einsehbarer Stelle).[1][3][2][7]
  • Otto von Fürth (1867–1938), tschechisch-österreichischer Chemiker
  • Otto Fürth (1894–1979), austroamerikanischer Schriftsteller (u.a. Pseudonym Owen Elford)[2]
  • Reinhold Fürth (1893–1979), Physiker
  • Walter Fürth, Mitglied des literarischen Prager Kreises und Freund des Schriftstellers Franz Kafka
  • Vera Alice Kreisky (1916–1988), geborene Fürth, Gattin des ehemaligen SPÖ-Politikers und Bundeskanzlers der Republik Österreich, Bruno Kreisky[8]

Bekannte Unternehmungen und Betriebsstätten

  • Zündholzhersteller SOLO, Schüttenhofen/Sušice[9][1][2][3][4]
  • Sanatorium Dr. Fürth für Chirurgie, Gynäkologie, Geburtshilfe und Interne, Wien-Josefstadt[10][11][3][2]
  • Veit Fürth & Sohn, k.u.k. Hoflieferant, Essig- u. Liqueurfabrik, Kanditenfabrik in Budweis/České Budějovice[12]; gründete in Urfahr/Linz eine Filiale[13]
  • Emanuel Fürth, Papiermachéwaren-Fabrikant; hat sich um 1858 in Budweis/České Budějovice angesiedelt[12][14]

Literatur

  • Bernd Noack: Die Familie Fürth. Jüdische Franken gründeten einst im böhmischen Schüttenhofen ein Zündholzimperium. In: Magazin am Wochenende vom 19./20. September 2009, S. 3 (Online)
  • Bernd Noack: Die Fürths. Recherchen zur Geschichte einer Familie. In: Fürther Geschichtsblätter, 2/2012, S. 31 - 49 (Online PDF; 1,19 MB)

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Die Familie Fürth, von Bernd Noack, Onlinedienst nordbayern.de, Verlag Nürnberger Presse, Nürnberg, vom 19. September 2009, aufgerufen am 25. Dezember 2023
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 Vom Böhmerwald aus in die Welt: Einblicke in die Geschichte der Familie Fürth; Autorin: Tina Walzer; Werk: DAVID - Jüdische Kulturzeitschrift; Medieninhaber, Herausgeber und Verleger: DAVID - Jüdischer Kulturverein, Ebenfurth, Österreich; aufgerufen am 25. Dezember 2023
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 Das Sanatorium Fürth in Wien; Autor: Stephan Templ; Werk: DAVID - Jüdische Kulturzeitschrift; Medieninhaber, Herausgeber und Verleger: DAVID - Jüdischer Kulturverein, Ebenfurth, Österreich; aufgerufen am 25. Dezember 2023
  4. 4,0 4,1 Zeichen der Zeit: Die letzte Flamme; Autor: Bernhard Odehnal; vom 05. Dezember 2008; Internetangebot DiePresse.com; Medieninhaber, Herausgeber und Redaktion: "Die Presse" Verlags-Gesellschaft m.b.H. & Co KG, Wien; aufgerufen am 26. Dezember 2023
  5. Geschichte der Juden in Böhm. Budweis., S. 48 - pdf-Datei, aufgerufen am 4. Januar 2024
  6. Julius Fürth; Wien Geschichte Wiki; Wiener Stadt- und Landesarchiv und die Wienbibliothek der Stadt Wien, Österreich; aufgerufen am 27. Dezember 2023
  7. Lothar Fürth; Wien Geschichte Wiki; Wiener Stadt- und Landesarchiv und die Wienbibliothek der Stadt Wien, Österreich; aufgerufen am 27. Dezember 2023
  8. Bruno Kreisky; Wien Geschichte Wiki; Wiener Stadt- und Landesarchiv und die Wienbibliothek der Stadt Wien, Österreich; aufgerufen am 25. Dezember 2023
  9. Artikel Solo (Zündhölzer) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
  10. Artikel Sanatorium Fürth aus der freien Enzyklopädie Wikipedia. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
  11. Sanatorium Fürth; Wien Geschichte Wiki; Wiener Stadt- und Landesarchiv und die Wienbibliothek der Stadt Wien, Österreich; aufgerufen am 25. Dezember 2023
  12. 12,0 12,1 „Dresdner Pappe“ - Varianten aus dem Ausland; Internetpräsenz „Dresdner Pappe und andere weihnachtliche Dekorationen“ von Volker Lechler, Stuttgart; aufgerufen am 26. Dezember 2023
  13. Tages-Post Linz vom 17. Okt. 1866 - online
  14. Geschichte der Juden in Böhm. Budweis., S. 47 - pdf-Datei, aufgerufen am 4. Januar 2024

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