Lungenheilstätte

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Die Lungenheilstätte im Fürther Stadtwald - auch Waldkrankenhaus genannt - war ein Sanatorium zur Behandlung von Tuberkuloseerkrankungen (Tbc) bei Frauen und wurde am 25. November 1903 in Betrieb genommen. Während des 2. Weltkrieges diente das Gebäude als SA-Schule für die NSDAP. Nach dem Krieg wurde das Gebäude der ursprünglichen Nutzung wieder zugeführt, bis es 1980 als Gesundheitseinrichtung aufgegeben wurde. Seit 2002 sind im ehem. Waldkrankenhaus 24 private Wohnungen/ Lofts unter dem Eigennamen "Wohnen im Ludwigspark" entstanden.

Das Waldkrankenhaus in Oberfürberg. Foto ca. 1940
Lungenheilstätte - Luftaufnahme

Entstehung um die Jahrhundertwende

 
Tuberkulosesterblichkeit in Fürth von 1881 bis 1912

Neben der extrem hohen Säuglingssterblichkeit zählte die Stadt Fürth Ende des 19. Jahrhunderts ebenfalls zu den am meisten von der Tuberkulose heimgesuchten Städten des Deutschen Reichs. Etwa 13 % aller Todesfälle in Fürth ließen sich auf die Tuberkulose zurückführen [1]. Ursache war in aller Regel die hohe Arbeitsbelastung im Allgemeinen und vor allem die schlechten Wohnungsverhältnisse und der völlig unzureichende Ernährungszustand der Fürther Bevölkerung im Speziellen. Als Maßnahme zur Bekämpfung der Tuberkulose wurde von der Stadt Fürth ein ganzes Bündel an Entscheidungen getroffen und in den folgenden Jahren umgesetzt. Als erstes gründete Bürgermeister Georg Friedrich von Langhans eine Stiftung, in der u.a. 1898 die Fürther Aussteueranstalt anlässlich ihres 100jähriges Bestehen eine Spende von 100.000 Mark beisteuerte und deren Rente zur Verzinsung des Anlagekapitals für die Lungenheilanstalt zur Verfügung stellte. Zusätzlich spendete die jüdische Fabrikantenfamilie Neumann in den 1890er Jahren ebenfalls 100.000 Mark in die Stiftung. Weitere 40.000 Mark kamen von dem Heilstättenverein Erlangen sowie 25.000 Mark vom "Dt. Zentralkomitee zur Errichtung von Heilstätten für Lungenkranke". Nach einem weiteren Darlehen der Mittelfränkischen Versicherungsanstalt von 250.000 Mark zu 1,5 % Zinsen stand die Finanzierung zum Bau einer Heilstätte.

Ergänzt wurde die Bekämpfung der Tuberkulose in der Bevölkerung ab 1906 mit der Schaffung eines "Stadtarztes im Hauptamt, der neben seiner Tätigkeit als Schul- und Armenarzt die Stadt in allen ärztlichen und hygienischen Fragen" beriet[2]. Damit war Fürth eine der ersten Städte im Deutschen Reich, die eine Stelle für diesen Zweck schuf. Ab 1909 ergänzte die Stadt - auf Beschluss des Stadtrates - das Angebot zur Eindämmung der Tuberkulose, in dem es die Fürsorgestelle für Lungenkranke in der Blumenstraße 22 unter der Leitung des Stadtarztes errichtete.

Bau des Waldkrankenhaues ab 1901

Für den Bau wurde eine Studienkommission des Gemeindekollegiums gegründet, die daraufhin die meisten der damals bestehenden Volksheilstätten besichtigte um wertvolle Erfahrungen für den Bau einer neuen Heilstätte sammeln zu können. Der zunächst angedachte Bauplatz war bei Erlangen am Hetzleser Berg. Die Verhandlungen für das Grundstück scheiterten jedoch, so dass in der Folge das heutige Gelände im Stadtwald als geeignet ausgewählt wurde. Durch eine Auflage des Darlehensgebers (Versicherungsanstalt Mittelfranken) wurde vereinbart, dass das Waldkrankenhaus im Stadtwald nur für lungenerkrankte Frauen aus den drei Städten Nürnberg, Erlangen und Fürth zur Verfügung steht, währen die Heilstätte in Engelthal für die männliche Bevölkerung der drei Städte genutzt wird.

Am 25. November 1903 wurde die Heilstätte nach 1 1/2 jähriger Bauzeit mit 50 Betten in Betrieb genommen, wobei der inzwischen neu gewählte Bürgermeister Theodor Kutzer voller Stolz mitteilte, dass die neue Heilstätte die zweite sowohl im Königreich Bayern als auch im übrigen Reichsgebiet ist, die von einer Stadtgemeinde zur Bekämpfung der Tuberkulose errichtet wurde[3]. Der Baumeister war Ingenieur Mercke, der für die Pläne des Waldkrankenhauses auf der Weltausstellung 1904 in St. Louis, Missouri USA einen großen Preis bekam und diese auf Ansuchen dem kaiserlichen Gesundheitsamt in Berlin zur Verfügung gestellt wurden.

In Betriebnahme 1903

 
Patientenspeisesaal

Am 7. Dezember 1903 traf die erste Patientin ein, nach nur vier Monaten war das Haus bereits voll belegt und dies blieb auch so bis 1928. Bereits 1906 wurde durch den Ausbau des Dachgeschosses die Bettenzahl auf 66 Betten erhöht. 1906 kam ebenfalls das Ärztehaus auf dem Gelände hinzu. 1922 und 1927 wurde erneut Platz für weitere Betten geschaffen durch zusätzliche Diensträume, so dass gegen 1927 76 Betten aufgestellt werden konnten. 1906 erfolgte zusätzlich die Anbindung an das städtische Wassernetzwerk, so dass der Wasserturm vor Ort nur noch als Vorratsbehälter genutzt wurde. Ab 1912 wurde das "Luftbad" errichtet, 1913 erfolgte die erste Anschaffung eines Kraftwagens und 1914 wurde die große Wandelhalle im Park hinzugefügt. Ab 1922 hatte die Einrichtung eine eigene Starkstromanlage und ab 1927 konnten die Patientinnen mit einem eigenen Filmvorführgerät unterhalten werden.

 
Patientenzimmer

Bis 1928 wurden 8.400 Patientinnen behandelt, von denen lediglich vier in der Anstalt verstarben. Der Pflegesatz betrug anfangs 3 Mark täglich, der jedoch bis 1928 auf 6.50 Mark gesteigert werden konnte. Zur Betreuung der inzwischen 76 Patientinnen waren 1928 folgendes Personal vor Ort:

  • 1 Chefarzt
  • 1 Assistenzarzt
  • 1 Verwaltungskraft
  • 4 Schwestern
  • 1 Maschinenmeister
  • 1 Obermaschinist
  • 1 Kraftwagenfahrer und
  • 11 Hausangestellt
 
NS SA Gruppenschule im Stadtwald, Ansichtskarte von 1936

Der allgemeine Rückgang der Tuberkulose in Deutschland und die zusätzliche Eröffnung von versicherungseignen Heilstätten führte spätestens ab 1930 zu einem massiven Rückgang der Belegung im Waldkrankenhaus, so dass am 1. Juli 1933 die Schließung des Waldkrankenaus unumgänglich wurde. Es folgte der Leerstand des Gebäudes bis die NSDAP Mitte der 30er Jahre eine SA-Schule in den Räumlichkeiten etablierte. Gegen Ende des Krieges wurde das Waldkrankenhaus als Ausweichskrankenhaus für Wehrmachtssoldaten genutzt, da diese Einrichtung relativ unbeschadet den Kriegsverlauf überstanden hatte. Im Februar 1945 konnte ein Eisenbahnzug mit 60 Tuberkulosekranken infolge eines Bombenangriffs nicht mehr weiterfahren, so dass diese in Oberfürberg aufgenommen wurden. Da sich nach Kriegsende herausstellte, dass die Zahl der Tuberkulosekranken wieder massiv stieg, entschied man sich die Heilstätte wieder in Betrieb zu nehmen, obgleich außer den Betten vor Ort praktisch nichts mehr vorhanden war [4]. Mit einem Aufwand von 423.313 Mark wurde im Laufe des Jahres 1945 aus dem "heruntergewirtschafteten und teilweise verfallenen Haus, eine Heilstätte mit 105 Betten geschaffen. Das Haus musste buchstäblich vom Kellerboden bis zum Dachgeschoss völlig überholt werden und besitzt heute Operationssaal, Laboratorium, Röntgeneinrichtung und alle für ein modernes Krankenhaus erforderlichen Einrichtungen"[5]. Im April 1945 zogen somit erneut Tuberkulosekranke ein, in diesem Fall ein ganzer Lazarettzug aus Schlesien. Die Pflege übernahmen zunächst die Diakonissen aus Neuendettelsau, die ebenfalls noch am Städtischen Krankenhaus angesiedelt waren. Ab dem 1. November 1946 wurde ein Facharzt bestellt und am 13. Mai 1947 die Verselbständigung der Fachärztlichen Leitung beschlossen.

Im Jubiläumsjahr 1953 war man noch voller Hoffnung, durch einen westlichen Anbau am Hauptgebäude die Küchen- und Wirtschaftsräume erweitern zu können. Ferner sollten Verwaltungsräume und mehr Platz für die pyhsikalische Therapie gewonnen werden. Inzwischen wurden auch einige Betten für Schwangere aufgestellt, die an Tuberkulose erkrankt waren, so dass eine Entbindung ebenfalls in Oberfürberg möglich war. Jedoch war die Heilstätte im Stadtwald für die Stadt Fürth stets ein defizitäres Geschäft, so dass Sie in den 50er Jahren jährlich ca. 180.000 DM zusätzlich aufzubringen hatten. Gleichzeitig bot die Heilstätte 48 Personen einen Beschäftigung.

Das Ende der Heilstätte

Die Patientenzahl ging stetig zurück, einmal wegen der besseren Ernährungssituation und zum anderen wegen dem von Versicherungsanstalten forcierten Ausbau ihrer eigenen Anstalten im Bundesgebiet. Auch das Angebot der Stadt Fürth, die Heilstätte der Landesversicherungsanstalt zum Kauf anzubieten, rettete die Einrichtung nicht da das Bundesverteidigungsministerium ebenfalls kein Interesse zeigte. Im Mai 1956 empfahl der Bay. Kommunale Prüfungsverband die Heilstätte wegen Unwirtschaftlichkeit zu schließen. Am 1. Oktober 1958 beschloss demzufolge der Stadtrat die Auflösung der Heilstätte und die Überführung dessen in eine Rehabilitationsabteilung des Stadtkrankenhauses mit 85 Betten.

In dieser Zeit ging man von einer durchschnittlichen Belegung von knapp 80 Betten aus, die mit 28.800 Pflegetagen mit einem jährlichen Zuschuss von 60 bis 100.000 DM veranschlagt wurden. Die Umbaukosten beliefen sich auf rund 200.000 DM, vorallem durch den Einbau eines Krankenbettenaufzugs. Am 19. Januar 1959 wurden die ersten Patienten im ehem. Waldkrankenhaus aufgenommen. Gleichzeitig wurden auch die Belegabteilungen für Augen- und HNO-Heilkunde in das Waldkrankenhaus verlegt.

Seit 1959 bis einschließlich 1981 wurden im Waldkrankenhaus ca. 27.000 Patienten medizinisch versorgt von knapp 38 Beschäftigten. Die Anschaffungswerte der Gebäude und der Einrichtung betrugen bis dahin ca. 2 Mio. DM - ohne Grundstückswert.

Im September 1994 gab die Stadt eine Verkaufsanzeige für das Sanatorium, das Ärtzehaus, den Wasserturm, das Pförtner- und Verwalterwohnhaus auf. Bis dahin war hier ein Teil des Patientenarchives des Klinikum Fürth untergebracht. Um 2001 begann unter dem Namen Ludwigspark der Umbau zur Luxuswohnanlage mit 24 großzügigen Wohnungen. Der Umbau ist 2003 abgeschlossen worden. Die Parkfläche beträgt aktuell 40.000 qm und die Bruttogeschossfläche beträgt 2.656 m². Die Baukosten beliefen sich laut Bauträger auf 2.56 Mio Euro.

Beschreibung des Baudenkmals

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Objekt
Ehemalige Lungenheilstätte, dann Städtisches Waldkrankenhaus
Geokoordinate
49° 28' 5.30" N, 10° 55' 28.33" E

Im Stadtwald gelegener, mehrteiliger Gebäudekomplex; ehem. Hauptgebäude, viergeschossiger, symmetrischer Putzbau mit Sandsteingliederungen, Walmdach und drei Risaliten mit Schopfwalm und Fachwerkgiebel, historisierend mit Heimatstil-Elementen, von Bernhard Mucke, 1902/03, Vorbau an südlichem Mittelrisalit 1951; zwei Liegehallen, beiderseits an den Hauptbau anschließend, erdgeschossige, konkave und ehemalige offene Holzbauten mit flachem Pultdächern, historisierend mit Heimatstil-Elementen, von Bernhard Mucke, gleichzeitig; ehemaliges Wirtschaftsgebäude, erdgeschossiger Putzbau mit Schopfwalmdach, Fachwerkgiebel und -obergeschoss, historisierend mit Heimatstil-Elementen, von Bernhard Mucke, gleichzeitig; ehemaliges Ärztewohnhaus, zweigeschossiger Putzbau auf Sandsteinsockel mit Schopfwalmdach und Risaliten mit Fachwerkgiebeln, historisierend mit Heimatstil-Elementen, von Otto Holzer, 1905; zwei das Tor flankierende Pavillongebäude, zweigeschossige Walmdachbauten mit holzverschalten Obergeschossen, am nördlichen Gebäude Steinfigur, bez. K. Muggenhöfer, historisierend, von Hermann Herrenberger, 1928; ehem. Wasserhochbehälter, dreigeschossiger Putzbau mit Eckrustika, vorkragendem Fachwerkobergeschoss und Walmdach, historisierend mit Heimatstil-Elementen, 1907; Naturpark in Hanglage, rings um das ehemalige Krankenhaus, um 1900.

Literatur

  • Neue Bauten in Fürth. II. Aerztewohngebäude der Lungenheilstätte. In: Süddeutsche Bauzeitung, Nr. 38, 1906, S. 297 - 299

Siehe auch

Literatur

  • Lungenheilstätte. In: Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z. Ein Geschichtslexikon. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 254
  • Jahres-Bericht der Heilstätte der Stadt Fürth. - Erschienen: 1.1903/04 - 2.1905[?]. - Nebent.: Die Lungenheilstätte der Stadt Fürth (Bestand in der UB Erlangen)
  • Heilstätte Oberfürberg über Fürth i/Bayern, Waldsanatorium : 1903 - 1953 ; Festschrift zum 50-jährigen Bestehen am 25. November 1953. - Fürth, 1953. - 33 Bl. : Ill.
  • Renate Trautwein: 1000 Fürther FrauenLeben, Nürnberg 2007, Seite 100 - 104
  • Ordner 1 & 2: Waldkrankenhaus, Historisches Archiv Klinikum Fürth, ca. 1900 - 1960
  • Einrichtung zur Bekämpfung sozialer Krankheiten in Fürth, Bericht für 1911, Fürth 1912. S. 76 f.
  • Geschichte der Stadt Fürth, Barbara Ohm, Fürth, 2007, S. 222 f.
  • E. Krentz, Öffentliche und private Wohlfahrtseinrichtungen allgemeiner Art in der Stadt Fürth, Erlangen, 1915, S. 19 f.

Einzelnachweise

  1. * Quelle: E. Krentz, Öffentliche und private Wohlfahrtseinrichtungen allgemeiner Art in der Stadt Fürth, Erlangen, 1915, S. 19 f.
  2. * Quelle: E. Krentz, Öffentliche und private Wohlfahrtseinrichtungen allgemeiner Art in der Stadt Fürth, Erlangen, 1915, S. 19 f.
  3. * Quelle: Ordner 1: Waldkrankenhaus, Klinikum Fürth, Kurzgefaßte Chronik der Lungeheilstätte Fürth, Autor vermutlich: Dr. Anton Kaltenhäuser Dez. 1957, S. 1
  4. * Quelle: Ordner 1: Waldkrankenhaus, Klinikum Fürth, Zehnjahresbericht, Autor vermutlich: Dr. Anton Kaltenhäuser, ca. 1955, S. 2
  5. * Quelle: Ordner 1: Waldkrankenhaus, Klinikum Fürth, Zehnjahresbericht, Autor vermutlich: Dr. Anton Kaltenhäuser, ca. 1955, S. 2

Bilder

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