Fritz Kempfler

Friedrich Fritz Kempfler (geb. 6. Dezember 1904 in Eggenfelden, gest. 18. Oktober 1985 in Eggenfelden) war ein Jurist und Politiker der NSDAP und nach dem 2. Weltkrieg Mitglied der CSU. Von 1934 bis 1938 war er als 2. Bürgermeister in Fürth tätig.

Leben und Beruf

Kempfler besuchte in Metten und Passau jeweils ein humanistisches Gymnasium. Nach dem erfolgreichen Abschluss des Abiturs 1924 bekam er ein Stipendiat von der Studienstiftung Maximilianeum. In der Folge studierte er Rechtswissenschaften in Heidelberg, Königsberg, Birmingham und München. Nach dem Referendarexamen im Jahr 1928 und einem Vorbereitungsdienst legte er 1931 schließlich das Assessorexamen ab. Noch im selben Jahr trat er 1931 als Regierungsassessor bei der Niederbayerischen Bezirksregierung in den bayerischen Staatsdienst ein. Während dieser Zeit wurde er Mitglied der NSDAP mit der Mitgliedsnummer 1.173.432.[1]

Bereits nach zwei Jahren wechselte Kempfler 1933 nach Fürth. Zuvor war er für kurze Zeit als Regierungsrat beim Landkreis Eichstätt tätig. Im Dienste der Stadt Fürth war er ab 1933 Rechtsrat und 1934 erster Beigeordneter und Stadtkämmerer. Als SS-Obersturmbannführer wurde er bis Dezember 1938 ebenfalls der Stellvertreter des Oberbürgermeisters Franz Jakob. Von Dezember 1938 war Fritz Kempfler bis zum Kriegsende Oberbürgermeister in Bayreuth, allerdings war er von 1939 bis 1943 ebenfalls Kriegsteilnehmer, zuletzt Oberleutnant der Reserve.[2]

Am 17. April 1945 wurde Kempfler in Bayreuth von der United States Army Criminal Investigation Command (CIC) in Haft genommen.[3] In der Zeit von 1945 bis 1948 war er im Rahmen des Entnazifizierungsverfahrens von der amerikanischen Besatzungsmacht in verschiedenen Lagern interniert. Kempfler legte offensichtlich gegen das erste Spruchkammerurteil Berufung ein, denn die Berufungskammer Regensburg kam am 5. März 1948 zu dem Ergebnis, dass er lediglich als minderbelastet einstuft und zu sechs Monate Bewährungsfrist verurteilt wurde. Es folgte die unmittelbare Freilassung, sodass Kemplfer sich wieder beruflich wie politisch betätigten durfe.[4] Nach Ablauf der Bewährungsfrist ließ er sich 1949 als Rechtsanwalt in Eggenfelden nieder. Kempfler war mit Gerdi Kemplfer (18. Juni 1925 - 4. Mai 2014) verheiratet und hatte sechs Kinder.[5]

Parteizugehörigkeit

Seit dem 1. Februar 1931 war Kempfler Mitglied der NSDAP (Mitgliedsnummer 1 173 432).[6] Während des Zweiten Weltkrieges erhielt Kempfler das Eiserne Kreuz II. Klasse. Er war Träger des Luftschutz-Ehrenzeichen 2. Stufe und der Deutsch-Italienischen Afrika-Medaille. Von 1939 bis 1943 leistete er Kriegsdienst in der Wehrmacht, sein letzter Dienstgrad war Oberleutnant. Nach einer schweren Erkrankung an Aktinomykose wurde Kempfler, der auch SS-Standartenführer war, als wehruntauglich ausgemustert.

1949 schloss er sich der CSU an. Ab 1955 war er CSU-Kreisvorsitzender im Landkreis Eggenfelden.[7]

Gute Anpassung im NS-Regime

Über die Aufgaben der Gemeindebeamten im Dritten Reich sprach Rechtsrat Dr. Kempfler in Fürth am 25. Mai 1934. Der Beamte habe seine Pflicht nach nationalsozialistischen Grundsätzen zu erfüllen. Gefordert sei erhöhter Einsatz für Volk und Vaterland. Bei der Gefallenenfeier am Denkmal im Fürther Stadtpark hielt er eine „packende Gedächtnisansprache“. In der Stadtratssitzung vom 16.12.1934 wurde Rechtsrat Dr. Kempfler mit allen Stimmen zum 2. Berufsmäßigen Bürgermeister gewählt. 1936 übernahm er das Finanzreferat und das Personalreferat. Damit war er für die Abwicklung des Haushaltsplanes zuständig, worüber er zum Ende 1935 berichtete, es habe der weitaus beste Kassenbestand seit Jahren gegeben. Bei einer Bürgermeisterversammlung des Bezirks Fürth am 12.2.1936 im Restaurant „Drei Könige“ zu einer besseren Zusammenarbeit Stadt und Landkreis referierte Dr. Kempfler über die nationalsozialistische Gemeindepolitik. Die Gemeinden arbeiten heute nach den Richtungen, die ihnen das Reich als Ziel zuweise. Obwohl sie im Zeichen des Führerprinzips stehen, treten doch Aufgaben heran, die nur von örtlicher Seite aus gelöst werden können. Eine wahre Selbstverantwortung sei nur mit dem Führerprinzip möglich.

Gute Kontakte mit Prominenten

Bei der Vereinsführerwahl beim Turnverein 1860 am 18. Mai 1935 übernahm Dr. Kempfler anstelle des nach München versetzten Studienassessors Franz Vilsmeier den Vereinsvorsitz.

Im Juni 1937 zeigte die örtliche Zeitung ein Foto von zwei Prominenten auf einem Gepäckmarsch nach Erlangen zur Erlangung des Reichssportabzeichens. Zu sehen war der Ratsherr Gustav Schickedanz und Bürgermeister Dr. Kempfler auf dem Weg nach Erlangen. Zwischen den beiden Männer befand sich Grete Schickedanz und ein Begleiter. Letzterer telefoniert gerade um den Fahrer von Schickedanz, der hinterherfuhr, Anweisung zu geben wann er sie wieder abholen solle.

Als Vereinsführer des Turnvereins Fürth 1860 lud Dr. Kempfler dann im Juli 1937 zur Feier des 25-jährigen Bestehens der Volksturnabteilung mit Wettkämpfen ein. Der Meister des Kunstturnens Alfred Schwarzmann nahm daran teil. Im Dezember 1937 ernannte ihn die Tennisabteilung zum Ehrenvorstand „in Würdigung seiner großen Verdienste“.

Oberbürgermeister in Bayreuth

 
OB Fritz Kempfler in Bayreuth, ca. 1940

In der Pogromnacht versuchte Fritz Kempfler als Oberbürgermeister zwar die Ausschreitungen etwas einzugrenzen, jedoch hielt sich sein Engagement in Grenzen. U. a. war er an diversen Arisierungen (z. B. Kaufhaus Loher) beteiligt und an dem Ankauf und Abriss eines Wohn- und Geschäftshauses, das Eigentum zweier jüdischer Familien war und das die Nationalsozialisten als "eine beispiellose jüdische Frechheit" ansahen. Den Abriss hatte Hitler persönlich verlangt, der zu jeder Festspielaufführung zweimal an diesem vorbei fahren musste. Um das Haus abreißen zu können, musste es die Stadt erst ankaufen - zu einem weit unter dem tatsächlichen Wert liegenden Betrag. Die Eigentümer wurden bedroht und unter Druck gesetzt bis sie schließlich unterschrieben. Auf Initiative Kempflers wurde am 16. Mai 1939 mit dem Abbruch begonnen.

Zur Pogromnacht selbst gibt es in den Spruchkammerakten folgenden Vermerk: „Der Leiter der Bayreuther Polizei, Major der Schutzpolizei Kesselring, machte gegen 22.45 Uhr dem Oberbürgermeister Dr. Kempfler telefonisch Meldung, daß auch im Gau Bayer. Ostmark schon Judenaktionen durchgeführt würden, in Bamberg die Synagoge bereits in Brand gesetzt worden sei und daß auch die Bayreuther SA und SS die Inbrandsetzung der Synagoge beabsichtigen. Er habe deshalb sofort einige Polizeibeamte und ein Löschfahrzeug der Feuerwehr zur Sicherung der Synagoge dorthin beordert, was die Billigung des Oberbürgermeisters Kempflers fand. ... Weiter erfuhr der OB, daß man die Bayreuther Juden aus ihren Wohnungen holen und in das Rathaus verbringen werde. Dr. Kempfler versuchte mäßigend einzuwirken und es gelang ihm, die beabsichtigte Inbrandsetzung der Synagoge wegen der unmittelbaren Nähe des Opernhauses zu verhindern....Nachdem man die Inneneinrichtung der Synagoge, die jüdischen Geschäfte und eine Anzahl von Judenwohnungen demoliert und ca. 60 Juden festgesetzte hatte, ebbte mit fortschreitender Nacht die Aktion ab. Die Leute verliefen sich. Die Polizei sicherte die zerstörten Geschäfte und teilweise auch die demolierten, offenen Judenwohnungen. Gegen 4.00 Uhr herrschte wieder Ruhe in Bayreuth. Zwischen sechs und sieben Uhr morgens versuchten SS-Angehörige, die mit Brechwerkzeugen oben auf der Synagoge standen, Quadersteine aus dem Mauerwerk auszubrechen. Sie wurden von der Polizei daran gehindert, die die Synagoge daraufhin bewachte. Nicht verhindert wurde der Abtransport der zertrümmerten Holzteile der Synagoge durch Teile der Bevölkerung. Es herrschte ein reger "Handwagenverkehr", vor allem in Richtung Mainkaserne.” [8]

Dr. Kempfler übergab am 14. April 1945 die Stadt Bayreuth an die vorrückenden US-Streitkräfte. Bis dahin war die Stadt weitestgehend verschont geblieben, lediglich am 14. Januar 1941 trafen ein paar Bomben die Stadt. Allerdings nahmen die US-Streitkräfte am 5. April, sowie am 8. April und 11. April 1945, die Stadt unter Beschuss. Insbesondere der letzte Luftangriff am 11. April richtete großen Schaden in Bayreuth an. Am 14. April 1945 rückte die 71. US-Infanteriedivision und die 11. US-Panzerdivision vor die Stadt, die zuvor schon Frankfurt/Main, Meiningen, Kulmbach und Coburg eingenommen hatten. Die US-Truppen beschrieben den Widerstand der deutschen Bevölkerung wie folgt: Eine schmutzige und verwirrte Wehrmacht, eine am Boden gebliebene Luftwaffe, ein alberner Volkssturm, eine fanatische Hitlerjugend und eine teuflische SS.[9] Kurz nach Mittag trafen die US-Streitkräfte auf den Oberbürgermeister Dr. Kempfler und konfrontierten ihn mit der Aussage: "We make Bayreuth falt", sofern er nicht kapituliere. Er verwies auf die Befehlskette, an die ihm zuvor General Hagl in Bayreuth erinnerte - "Befehl ist Befehl" - sodass er die Stadt nicht übergeben durfte. Darauf folgte der Angriff eines Jagdbombers auf einzelne Stadtteile und der Eremitage, gleichzeitig rückten die US-Panzer vor. Erst als sich gegen 15 Uhr General Hagl in Gefangenschaft begab, kapitulierte auch Kempfler.[10]

Abgeordneter

Im Jahr 1949 trat Kempfler in die CSU ein. Kempfler war von 1955 bis 1970 Vorsitzender der CSU des Kreisverbands Eggenfelden und ab 1956 Kreistagsabgeordneter im Landkreis Eggenfelden. Dem Deutschen Bundestag gehörte er von 1957 bis 1976 an. Er vertrat den Wahlkreis Pfarrkirchen (211 bzw. 217) in vier Wahlperioden im Parlament.

Am 18. Juni 1970 gab Kempfler, gemeinsam mit seinem Fraktionskollegen Linus Memmel und dem SPD-Abgeordneten Dr. Klaus-Peter Schulz, vor der Abstimmung über die 26. Änderung des Grundgesetzes eine Erklärung ab, dass er sich der Stimme enthalten müsse. Sie unterstütze zwar die künftige Zuständigkeit des Bundes für den Hochschulbau, lehnen aber die Herabsetzung des Wahlalters von 21 auf 18 Jahre ab. Zusätzlich kritisierten sie in der Erklärung die aus ihrer Sicht unsinnige Verquickung zweier Gegenstände, die ihrer Meinung nach keinen unmittelbaren Bezug zueinander hätten. Vielmehr bezweifelte er die geistige Reife der Jugendlichen und befürchtete schädliche Folgen für die Gemeinschaft. Die Herabsetzung des Wahlalters privilegiere die Unreife und sei kein Zugewinn für die demokratische Ordnung, so seine Argumente. 441 Abgeordnete stimmten der Grundgesetzänderung zu, sodass die Änderung des Grundgesetzes am 31. Juli 1970 in Kraft trat.[11]

 
Grabinschrift

Zwei Jahre später, am 9. Juni 1972, stimmte er ebenfalls gegen die Änderung des Wahlrechts (entgegen der Mehrheit der CDU/CSU-Fraktion) gemeinsam mit Memmel - und dem zwischenzeitlich zur Unionsfraktion übergetretenen Schulz -, die eine Herabsetzung des Volljährigkeitsalters auf 18 Jahre vorsah.

In den 1960er und 70er Jahren gehörte Kempfler der Versammlung der Westeuropäischen Union an. Von 1966 bis 1969 und 1974 bis 1977 leitete er dort den Geschäftsordnungsausschuss.

Sonstiges

Nach dem 2. Weltkrieg hatte Kempfler scheinbar noch Kontakt zu seinen "alten Kameraden" in Fürth. So setzte er sich als CSU-Bundestagsabgeordnerter schriftlich für Franz Jakob ein, den ehemaligen Oberbürgermeister der Stadt Fürth und Thorn/Polen. Kempfler forderte den SPD-Oberbürgermeister Hans Bornkessel auf, Jakob eine angemessene Rente aus der Stadtkasse zu zahlen, da Jakob sich in einer schwierigen finanziellen Situation befand und kaum Rente vom Staat erhielt - aufgrund seiner Parteiämter während des Nationalsozialismus. Auch der ehemalige Rechtsrat Schwiening sowie Gustav Schickedanz gaben sich als Fürsprecher Jakobs aus, so dass Bornkessel - entgegen eines Beschlusses des Stadtrates - Jakob bis zu seinem Tod jährlich mehrere kleine Geldbeträge zukommen ließ.[12]

Literatur

  • Gerdi Kempfler: Und neues Leben blüht aus den Ruinen. SüdOst Verlag Waldkirchen 2000, 224 S.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Rainer Trübsbach: Geschichte der Stadt Bayreuth. Druckhaus Bayreuth, Bayreuth 1993, S. 335.
  2. Dt. Bundestag (Hrsg.): Amtliches Handbuch des Dt. Bundestages, 3. Wahlperiode, Neue Darmstädter Verlagsanstalt, Darmstadt, 1958, S. 237
  3. Bernd Mayer: Kleine Bayreuther Stadtgeschichte. Friedrich Pustet, Regensburg 2010, S. 120
  4. Bernd Mayer: Eine Stadt wird entnazifiziert. Die Gauhauptstadt Bayreuth vor der Spruchkammer. Ellwanger, Bayreuth 2008, S. 105ff
  5. Passauer Neue Presse, Traueranzeige vom 6. Mai 2014
  6. Rainer Trübsbach: Geschichte der Stadt Bayreuth. Druckhaus Bayreuth, Bayreuth 1993, S. 335
  7. Hans Seidelstiftung, Nachlässe und Handakten. Homepage Stand 7. Dezember 2020, 11:49 Uhr online
  8. Helmut Paulus, Die Reichskristallnacht 1938 in Bayreuth, Hrsg. Geschichtswerkstatt Bayreuth, Bumerang-Verlag, 1998, S. 48
  9. 70 Jahre Kriegsende in Bayreuth - Eine Webreportage des Nordbay. Kuriers. Online abgerufen am 27. August 2018 | 19:28 Uhr - online
  10. 70 Jahre Kriegsende in Bayreuth - Eine Webreportage des Nordbay. Kuriers. Online abgerufen am 27. August 2018 | 19:40 Uhr - online
  11. Deutscher Bundestag - Internet
  12. Stadtarchiv Fürth, AGr. 4/70 b

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