Der Gänsberg (färdderisch: "Goonsberch") war ein Fürther Altstadtteil.

Stadtplan des Gänsbergviertels, ca. 1960
Der Goonsberch um 1900

Geschichte

 
Gänsberg im Winter, 1938
 
Luftbild des "alten" Gänsberg, der Parkplatz gegenüber der Kirche St. Michael ist der Bereich des zerstörten "Schulhof".

Der Gänsberg war neben dem St. Michael-Viertel der zweite Fürther Altstadtteil. Er war der jüngere der beiden Altstadtteile. Seine Bebauung begann nach dem Dreißigjährigen Krieg.

Im Zuge einer rigorosen Flächensanierung wurde er in den 1960er Jahren abgerissen und mit völlig anderer Raumaufteilung neu bebaut. Am Rand des Gänsbergviertels stand das zweite wichtige geschichtliche Gebäude, einer der Dreiherren von Fürth, das Geleitshaus. Es wurde erst 1968 auch im Zuge der "Flächensanierung" abgerissen.

Im Bereich des Gänsbergviertels war von 1617 bis zum Jahre 1938, als es dem Naziterror zum Opfer fiel, das Zentrum der Jüdischen Gemeinde von Fürth - der Schulhof. Es blieb eine große Sandwüstung übrig, die jahrzehntelang nur als Parkplatz genutzt wurde und erst im Zuge der "Flächensanierung" neu bebaut wurde. Seit 1986 erinnert nur noch ein Denkmal in der Geleitsgasse an diesen sehr traditionsreichen historischen Ort.

Beschreibung des Gänsbergviertels anhand eines Stadtspaziergangs im Jahr 1933 von Dr. Eduard Rühl, ausgehend von der Maxbrücke:
Beim Rückweg biegen wir etwas rechts aus und steigen diesmal die Bergstraße hinauf, die der Eingeborene "Gänsberg" nennt. Das Häuser- und Straßengewinkel, das sich längs dieser findet, in der wir vielleicht die älteste Durchgangsstraße sehen dürfen, ist von ganz anderer Art als etwa die Königstraße oder der Marktplatz. Hier eine gewisse Weite und Behäbigkeit, dort (am Gänsberg) ist alles eng und dürftig und bescheiden. Während wir drüben an Marktplatz - Königstraße einen ständigen Verschönerungsprozess beobachten können, vom Fachwerk- bis zum dekorativen Empiregiebel, scheint hier nach dem Wiederaufbau von 1634 Entwicklung und Zeit stehengeblieben zu sein. Wir stehen im ursprünglichsten Teile von Alt-Fürth. Und doch hat, und das ist noch nicht so lange her, dieser eine Stadtteil sein äußeres auch einmal verändert. Zahlreiche Häuser dieses Viertels sind nämlich verschiefert und zwar nicht nur auf der Wetterseite, sondern allseits. Dieser Wechsel kann erst nach Erbauung der Eisenbahn erfolgt sein, denn Schiefer gibt es bei uns nirgends; erst die Eisenbahn brachte die Möglichkeit, dieses Werkmaterial verhältnismäßig billig zu bekommen. Wenn nun durch diese Verschieferung das alte Fachwerk fast restlos zugedeckt wurde und Schiefer einer malerischen Wirkung nicht gerade entgegenkommt, so kann doch auch diesen Häusern, besonders wenn sie irgendwie zu einer Gruppe zusammengefasst sind, ein gewisser Reiz nicht abgesprochen werden. Schreiten wir nun zum Beweise links durch den Schulhof (Hof vor der Synagoge), zu dem der Spitzturm der Michaelskirche herübergrüßt. Schon stehen wir wieder in der Königstraße und jetzt fällt uns auf, das auch auf sie die Verschieferung übergegriffen hat (...)[1]

Bezeichnung und Erstreckung

"Gänsberg" ist der Flurname für den Uferberg in Erstreckung zwischen Königstraße und jüdischem Friedhof. Der Name leitet sich von den Gänsen ab und nicht - wie um 1700 herum erfunden - vom Gehen. Als eine der ersten Erwähnungen dieser bis heute geläufigen Bezeichnung ist bereits der März des Jahres 1449 zu nennen. Um 1700 versuchte man, den Namen durch die an die erfundene Definition angepasste Phantasiebezeichnung Gänger oder Gängenberg zu verdrängen.

"Flächensanierung"

 
Gedankenspiele zur Neubebauung
 
Stand der Abrissarbeiten um 1974

1958 wurde über den Gänsberg eine Bausperre verhängt, der 1962 die ersten Abrissaktivitäten folgten. Doch bis zur endgültigen Neubebauung, die erst mit der Einweihung der Stadthalle im Jahr 1982 als beendet betrachtet werden kann, dauerte es noch so lange, dass das Areal zwischenzeitlich unter dem Namen Scherzer-Wüste bekannt war - benannt nach dem damaligen Oberbürgermeister Kurt Scherzer.

  Die Neutralität dieses Artikels oder Abschnitts ist umstritten. Eine Begründung steht auf der Diskussionsseite. Hilf mit, ihn zu verbessern.


Sozialer Aspekt

Da bei der Flächensanierung die Bevölkerung umgesiedelt werden musste, zerbrach das soziale Gefüge der zentralen Innenstadt in weiten Teilen. Dies hatte für den näheren Umkreis des Gänsbergs enorme Folgen. So änderte sich z. B. die Struktur der Gastronomie in den folgenden Jahren drastisch und viele Geschäfte um den Gänsberg verschwanden aus dem Stadtbild.

Am Gänsberg wohnten die sozial schwächeren Bevölkerungsteile Fürths. Ein Problem, dessen man sich vorsätzlich mit der Flächensanierung ebenso auf einfachstem Wege entledigen wollte wie der tiefergehenden Auseinandersetzung mit dem Grundstück des ehemaligen jüdischen Schulhofes.

Wirtschaftlicher Aspekt

 
Neubebauung des Gänsbergs

Es darf trotz des so oft zitierten Raubbaues an den Gebäuden des Gänsbergs nicht verschwiegen werden, dass die Flächensanierung aus wirtschaftlicher Sicht ein voller Erfolg für die Stadt Fürth war. Zur damaligen Zeit stellte der Freistaat Bayern nur für den Neubau von Wohnraum Fördergelder zur Verfügung, nicht aber für die Sanierung von Altbauten. Auch das Denkmalschutzgesetz trat erst später in Kraft und die Denkmalschutzvereine in Fürth (wie z. B. der Altstadtverein) entstanden erst durch die radikale "Altstadtsanierung".

Literatur

Siehe auch

Weblinks

  • Die Abräumer: 20 Jahre nach Abschluss der Flächensanierung des Gänsbergviertels in Fürth - PDF-Datei

Einzelnachweise

  1. Dr. Eduard Rühl: Das Gesicht von Alt-Fürth. In: Fränkische Heimat, Sonderheft, 12. Jahrgang, Juni 1933, S. 192

Bilder