Stadtrecht
Dieser Artikel war Thema beim Fürther Höfefest vom 21. - 22. Juli 2018. Unter dem Titel "200 Jahre an einem Wochenende" bot die Veranstaltung Einblick in mehr als 50 Fürther Höfe, davon 20 als Themenhöfe mit einem geschichtlichen Thema. |
Mit der Erhebung einer Gemeinde zur Stadt werden ihr gleichzeitig die Stadtrechte verliehen. Diese unterscheiden sich je nach geltendem Rechtsbezirk und beschränken sich im Wesentlichen auf das Recht, die Bezeichnung Stadt zu führen. Die Stadterhebung vollzog sich in zwei Etappen:
- Zum Samstag, den 24. September 1808, zur Stadt Fürth, "Stadt Zweiter Klasse", mit Verwaltung durch königlich-bayerische Staatsbeamten.
- Zum Jahre 1818, zur Stadt Fürth, "Stadt Erster Klasse", mit eigener Stadtverwaltung mit zwei Bürgermeistern, einem Magistrat und einem Gemeindekollegium. Das Fürther Kleeblatt erhielt nun den Rang eines Stadtwappens.
Zu allgemeiner Thematik rund um das Stadtrecht sei auf den entsprechenden Artikel auf wikipedia.de verwiesen.
Vorgeschichte zur Stadterhebung
Bis in das späte 18. Jahrhundert war der Marktflecken Fürth unter der Verwaltung von drei Herren gestanden, der sog Dreiherrschaft. Die Verwaltung für die Ansbacher Untertanen geschah im Geleitshaus an der unteren Königstraße (seinerzeit hieß sie „Frankfurter Straße“). Für die Bamberger Untertanen in Fürth war das Dompropsteiliche Amtshaus zuständig, welches am Marktplatz, Ecke Gustavstraße (seinerzeit noch „Bauerngasse“) steht. Außerdem wohnten etliche Fürther Untertanen in Häusern, die Nürnberger Korporationen und Familien gehörten und an die sie somit den Zins zu zahlen hatten. Als Gemeindevorsteher gab es drei dompröpstische, drei Nürnberger und zwei Ansbachische Bürgermeister.
Als Fürth 1792 unter preußische Herrschaft geriet und Hardenberg die konkurrierenden Herrschaften Zug um Zug zurückdrängte, kam es erstmals zu einer einheitlichen Verwaltung in einem geschlossenen Territorium mit einer Landeshoheit. Nach 1796 gab es keine unterschiedlichen Gerichtsbarkeiten von grundherrschaftlichen Verbänden mehr. Stattdessen war eine flächenhafte Hoheit geschaffen worden. Die gemeindliche Verwaltung durch 8 Bürgermeister endete 1799. Die jährlichen Neuwahlen der Bürgermeister, zuletzt durchgeführt im Dezember 1798, setzte Ansbach durch Anweisung vom 1. Juni 1799 aus. Als Begründung wurde angeführt, das gemeindliche Rechnungswesen solle erst geordnet werden. Ab 1800 gab es neben der kgl. preußischen Polizeikommission eine Gemeindedeputation. Engagierte und sozial eingestellte Fürther Bürger kümmerten sich um den Feuerschutz bzw. Löschanstalten, um die Anlegung eines neuen gemeindlichen Friedhofs (an Stelle des überfüllten kirchlichen um die St. Michaelskirche). Sie gründen eine Privat-Armen-Anstalt und eine Aussteuerungsanstalt. Und Bürger stellten sich als Viertelmeister zur Verfügung, als der Ort in zunächst 8 Viertel eingeteilt wurde. Sie überwachten die neu hinzugekommenen und die wegziehenden Personen, wussten somit Bescheid über die Bewohner in ihrem Viertel. So kannten sie die Hausbesitzer und die Mietsbewohner, die ihre Abgaben an die Gemeindekasse zu leisten hatten. Dabei halfen sie mit, die nötigen Einnahmen zu vermehren, damit eine kommunale Administration auch finanziell verkraftet werden konnte.
Die neuen Gemeindevorsteher arbeiteten mit den staatlichen Beamten im neuen herrschaftlichen Gebäude, an Stelle des ehemaligen Geleitsamtes an der unteren Königstraße, zusammen. Die dort Tätigen wurden dann 1806 meist in bayerische Dienste übernommen.
Eine gerichtliche Bekanntmachung vom 7. November 1804 wurde erstmals vom Stadtgericht Fürth herausgegeben. Eine förmliche Genehmigung zur Führung dieses neuen Namens erteilte Ansbach aber nicht. Im Schriftverkehr der Aufsichtsbehörden war nach wie vor die Rede von Königlich Preußische Justiz-Kommission in Fürth. Trotzdem war dieser "eigenmächtige" Schritt der Fürther Justizbehörde wichtig für die Entwicklung zur Stadt. Es gab nun ein einheitliches Justizwesen und eine einheitliche Verwaltung mit einer Polizeibehörde und deren Leiter zeigten sich selbstbewusst.
Immer mehr wirkten sich nun die Kriegszüge Napoleons auch in Franken aus. Der Bayerische Kurfürst, der sich auf die Seite Napoleons gestellt hatte, war 1806 zum König erhoben worden. Am 15. Dezember 1805 hatte Preußen im Vertrag von Schönbrunn auf französischen Druck hin das Fürstentum Ansbach an Bayern abtreten müssen. Der Einzug der Franzosen in Fürth erfolgte am 24. Februar 1806 unter dem Oberbefehl des Generals Drouet. Fürth blieb bis Ende September besetzt. Die staatliche Gemeindepolitik in Bayern ab 1806 durch den Freiherrn von Montgelas erfolgte nach französischem Muster und blieb zentralistisch und selbstverwaltungsfeindlich ausgerichtet. Die bisherige Polizeikommission endete im Juli 1806. An ihre Stelle trat die Polizeidirektion. Daneben wurde ab 1806 ein provisorischer Verwaltungsrat für die gemeindlichen Angelegenheiten eingesetzt. Sein Lokal waren zwei Räume im Erdgeschoss des Amtshauses Gustavstraße 65 an der Ecke zum Marktplatz (Grüner Markt). Insgesamt gesehen ist die Stadtwerdung von Fürth in der Zeit von 1792 bis 1808 eine Zeit des Umbruchs und der kommunalen Entwicklung.[1]
Fürth wird Stadt
Bedingt durch die sehr schlechte wirtschaftliche Lage, fand es bei der Bevölkerung kaum Beachtung, dass Fürth zwei Jahre nach dem Übergang an Bayern endlich eine Stadt wurde. Zwar fehlten die für eine Stadt üblichen Mauern, aber längst hatte Fürth durch seine wirtschaftliche Stärke und die damit verbundene Bevölkerungszunahme die Funktion einer Stadt erreicht. Fürth wurde Stadt ohne feierliche Stadterhebung, nur durch das Edikt über das Gemeindewesen, das den Städten in Bayern eine Munizipal-(Stadt-)Verfassung gab.)[2] Durch eine Instruktion vom 17. Juli 1808 gab es ab Oktober neue General-Kreis-Kommissariate. Fürth wurde in den Pegnitz-Kreis eingegliedert und unterstand einem Generalkommissär (Graf Thürheim) in Nürnberg. Ab 1. Oktober 1808 gab es 15 so genannte Fluss-Kreise. Diese Einteilung wurde 1810 rückgängig gemacht. Die Kreisregierung des neu gebildeten Rezat-Kreises (die spätere Regierung von Mittelfranken) hatte nun ihren Sitz in Ansbach. Fürth war ihr unmittelbar zugeordnet. Im Organischen Edikt über die Bildung der Gemeinden vom 28. Juli 1808 wurden allgemeine Grundsätze zur Bildung der Gemeinden aufgestellt. Sie standen aber als Korporationen unter der Kuratel (Vormundschaft/weitgehenden Aufsicht) des Staates.
In der Instruktion (Verordnung) der Polizei-Direktionen in den Städten vom 24. September 1808 (Regierungsblatt 1808 S. 2510) wurde Fürth als Stadt genannt und so offiziell anerkannt. Fürth wurde den Städten zweiter Klasse zugeordnet. Die Einteilung der Städte in drei Klassen hatte nur Bedeutung für die Gehälter und die Anzahl der staatlichen Beamten. Städte der ersten Klasse waren die mit über 20.000 Einwohnern (München, Augsburg und Nürnberg). Der Leiter der Verwaltung erhielt dort den Titel eines Polizeidirektors. In den Städten der zweiten Klasse mit mehr als 10.000 Einwohnern leitete ein Polizeikommissär die Verwaltung. Dazu zählte Fürth mit 12.707 Einwohnern (später auf 12.310 berichtigt). Der Polizeidirektor bzw. der Polizeikommissär vertrat in den Städten zugleich die Stelle des Gemeindevorstehers. Er berief und dirigierte den Munizipalrat, dem die gemeindlichen Gegenstände zur Beratung vorzulegen waren. Den Posten des Polizeikommissärs in Fürth erhielt Johann Georg Eberhard Faber, angestellt ab 8. September 1808. Er leitete die Fürther Verwaltung bis 1818. Untere Gerichtsbehörde wurde das Stadtgericht Fürth. Als staatliche Finanzbehörde fungierte das Rentamt Fürth.
In Fürth dauerte es immerhin zwei Jahre bis der Munizipalrat zustande kam. Er hatte aber keinerlei Kompetenzen. Die Regierung der Stadt lag allein bei der königlichen Regierung, die ihren Sitz in Ansbach hatte. Aufgrund des Gemeindeedikts vom 24. September 1808 wählten 10 Wahlmänner am 6. Mai 1810 einen Munizipalrat aus fünf angesehene Bürgern:
- Johann Nikolaus Reichold, Prozessrat und Justizkommissär
- Friedrich Adam Billing, Kaufmann
- Georg Heinrich Lederer, Kupferschmied
- Jakob Maximilian Andreas Barthel, "Bürger" und Apotheker
- Johann Löhe, Kaufmann
Sie hatten nur beratende Funktion und mussten jeden Beratungsgegenstand genehmigen lassen.[3]
Nach dem Vertrag von Ried vom 8. Oktober 1813, wo der bayerische Fürst von Wrede mit Österreich ein Bündnis gegen Napoleon vereinbart hatte, erlitt Napoleons Armee in der Völkerschlacht von Leipzig vom 16. bis 19. Oktober 1813 eine Niederlage. Zudem siegten die österreichisch-bayerischen Truppen in der Schlacht von Hanau am 31. Oktober. Die restliche Armee Napoleons floh nach Frankreich, verfolgt von den verbündeten Armeen der Gegner. Außer der zur Nationalgarde zweiter Klasse ausgehobenen Mannschaft stellte Fürth 11 freiwillige Landhusaren und 97 freiwillige Jäger. Die Namen der beteiligten Fürther Soldaten wurden im Fürther Anzeiger vom 20. Dezember 1813 aufgeführt. Das französische Joch abgeschüttelt, so hieß es ab 2. November 1813 auch in Fürth. Nach dem Sieg über Napoleon versuchte der Wiener Kongress 1814/1815 eine neue Friedensordnung herzustellen. Sie brachte aber nicht die politischen Freiheiten, für die man in den Befreiungskriegen gekämpft hatte.
Die Ereignisse des Jahres 1818
Umso bedeutender war es, dass der bayerische König Max. I. Joseph eine Verfassung erließ, die für damalige Verhältnisse sehr fortschrittlich war. 1817 war Montgelas vom König entlassen worden und ab 1818 galt eine neue Verfassung, in der es dann nicht nur Vertretungen in München gab, sondern auch in den Städten eine bessere Bürgervertretung in Kollegien des Magistrats und der Gemeindebevollmächtigten. Im neuen Gemeindeedikt Verordnung, die künftige Verfassung und Verwaltung der Gemeinden im Königreiche betreffend vom 17. Mai 1818 in Verbindung mit der Verfassung vom 26. Mai 1818 wurde den Städten ein größerer Handlungsspielraum in der Verwaltung eingeräumt.
Für ihre Verkündigung in Fürth wurden neben den Beamten auch der Stadtpfarrer, der Stadtarzt, der Aktuar (Schreiber) und die Offizianten der Polizeikommission eingeladen. Dann wurde ihnen die Verfassung vorgelesen, auf die dann der Eid geleistet werden musste.[4]
Fürth war damit eine Stadt Erster Klasse und durfte nun auf Grund seiner Größe einen eigenen Magistrat und ein Kollegium von Gemeindebevollmächtigten wählen. Regierungsrat Bezold war von der Regierung des Rezatkreises in Ansbach als Kommissär bestellt worden, um die Wahlen in Fürth zu leiten. 1820 zeigten die Fürther ihre Dankbarkeit, indem sie ihn und den Regierungspräsidenten Graf von Drechsel zu Ehrenbürgern ernennen.
Der am 17. November eingesetzte Magistrat laut Bekanntmachung vom 14.11.1818 bestand aus zwei Bürgermeistern, zwei berufsmäßigen Rechtsräten und 12 bürgerlichen (ehrenamtlichen) Magistratsräten. Die 30 Gemeindebevollmächtigten (als zweite Kammer, zuständig für die städtischen Finanzen und die Wahl der Magistratsmitglieder) kamen aus der begüterten Bürgerschaft. Der Munizipalrat und das Polizeikommissariat unter Faber waren nun hinfällig und wurden aufgelöst.[5]
Die weitere Entwicklung der Stadtverwaltung
Erst im Jahr 1869 wurde mit der geänderten Gemeindeordnung die besondere Aufsicht und der Kuratel des Staates durch einen staatlichen Kommissär abgeschafft. Es wurde den Gemeinden ein weitgehendes Selbstverwaltungsrecht eingeräumt. Ab 1919, in der Weimarer Republik, gab es nur mehr den Stadtrat anstelle der bisherigen zwei Kammern (Magistrat mit 1. Bürgermeister an der Spitze, Kollegium der Gemeindebevollmächtigten, gewählt von den Bürgern, die das Stimmrecht besitzen). In der NS-Zeit ab 1933 war die Selbstverwaltung der Gemeinden abgeschafft. Nach dem Neuaufbau der Demokratie in Bayern nach 1945 bestimmte die bayerische Verfassung von 1946, dass die Demokratie von unten nach oben aufgebaut sein sollte. In der Gemeindeordnung von 1952 wurde festgelegt: Die Gemeinden bilden die Grundlage des Staates und des demokratischen Lebens.[6]
Nachtrag
Im Stadtarchiv Fürth gibt es noch eine Akte mit dem Titel Die Erhebung Fürths zur Stadt, Jahrhundertfeier (1905), Fach 230 Nr. 8. Sie enthält aber nur wenige Seiten, hat doch eine Feier 1905 nicht stattgefunden. Zu einem Gesuch der Stadt Fürth an die Regierung von Mittelfranken (liegt der Akte nicht bei!) teilte die Regierung am 25. März 1905 mit, dass es nach einem Bericht des Kammerassessors Freiherr von Seefried vom 30.9.1807 erst 1807 Vorarbeiten über die Organisation der Munizipal-Verfassung derStadt Fürth gegeben hat. Die Bildung eines Munizipalrates konnte ab 1808 erfolgen. Der von Ansbach beauftragte Freiherr von Seefried hatte 1807 festgestellt, dass Fürth noch zu keiner Stadt durch ein förmliches Privilegium erhoben ist, obwohl es schon alle städtischen Vorrechte hat.
Der Stadtmagistrat unter Vorsitz des 1. Bürgermeisters Theodor Kutzer fasste daraufhin am 30. März 1905 folgenden Beschluss: Da nicht genau feststeht, ob Fürth schon 1806 oder auch früher oder erst 1808 zur Stadt erhoben wurde, ist von einer Jahrhundertfeier aus diesem Anlasse abzusehen.[7]
Literatur
- Johann Gottfried Eger, Adreßbuch der Königlich Bayerischen Stadt Fürth, 1807
- Georg Tobias Christoph II. Fronmüller: Chronik der Stadt Fürth. A. Schmittner, 1887, S. 743.
- Wilhelm Funk: Zur Stadtentwicklung von Fürth. Königshof - Markt - Stadt. In: Fürther Heimatblätter, 1952/1, S.1 - 20
- Fürther Chronik 175 Jahre Stadt Fürth, ERBA Verlag Ingolstadt, 1983, 96 S.
- Peter Frank: 175 Jahre Stadt Fürth - Ein Grund zum Feiern?. In: Fürther Heimatblätter, 1984/1, S.1 - 9
- Peter Frank: 200 Jahre Stadt Fürth, Fürth 2009
- Barbara Ohm: 1818 - ein wichtiges Jahr für Fürth. die Ereignisse, ihre Ursachen und Auswirkungen. In: Fürther Geschichtsblätter, 2/2018, S.35 - 64
Siehe auch
- Gemeindeordnung
- Bürgermeister und Oberbürgermeister
- Markterhebung
- Rathaus
- Gedenktaler 200 Jahre Eigenständigkeit
Weblinks
- Stadtjubiläum 2018 "200 Jahre eigenständig" - offizielle Website
Einzelnachweise
- ↑ Peter Frank: 200 Jahre Stadt Fürth, Fürth 2009, S. 3 - 8
- ↑ Barbara Ohm: 1818 - ein wichtiges Jahr für Fürth. die Ereignisse, ihre Ursachen und Auswirkungen. In: Fürther Geschichtsblätter, 2/2018, S. 36
- ↑ Stadtarchiv Fürth, Fach 153, Nr. 2; Fach 129, Nr. 1
- ↑ nach Benno Hubensteiner: Bayerische Geschichte. Staat und Volk, Kunst und Kirche, München 1977, S. 300
- ↑ Peter Frank: 200 Jahre Stadt Fürth, Fürth 2009, S. 10
- ↑ Peter Frank: 200 Jahre Stadt Fürth, Fürth 2009, S. 11
- ↑ Peter Frank: 200 Jahre Stadt Fürth, Fürth 2009, S. 31
Bilder
Peter Frank: 200 Jahre städtische Selbstverwaltung ab 1818 (Kurzüberblick)