Müll und Umwelt e. V. Fürth

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Logo: Müll und Umwelt e. V.

Der Verein Müll und Umwelt e. V. Fürth gründete sich 1988. Zuvor griff der Arbeitskreis Recycling des Bund Naturschutzes bereits 1984 in Fürth die Müllproblematik auf und startete in Fürth und Nürnberg mit einer Aluminium-Sammlung. Vorsitzende des Vereins war die Grüne Stadträtin und Bund Naturschutz Aktivistin Waltraud Galaske. Weitere Mitstreiter im Verein waren: Helga Krause, Prof. Dr. Witzsch, Rotraut Grashey und Elisabeth Reichert. Nach eigenen Angaben konnte der Verein Müll und Umwelt e. V. durch seinen Einsatz verhindern, dass die Schwelbrennanlage 2001 zu einer Altholzverbrennungsanlage bzw. 2007 zu einer Klärschlamm-Behandlungsanlage umgewidmet wurde.

Zwischenzeitlich hat sich der Verein in den Jahren 2002 bzw. 2003 gegen das sog. "Cross-Border-Leasing" der Fürther Kläranlage ausgesprochen und 2006 gemeinsam mit dem Bund Naturschutz und dem Wasserbündnis Fürth gegen den Verkauf der Fürther Kläranlage erfolgreich eingesetzt.[1] 2008 feierte der Verein sein 20-jähriges Bestehen im ehem. DGB-Haus an der kleinen Fürther Freiheit, u.a. mit einer kleinen Rückschau.

Müllverschwelung in Fürth

Müll-Schwelbrennanlage im Mai 2018

In Bayern fand im Oktober 1984 der erste ökologische Müllkongress statt. Insbesondere galt es, den Kampf gegen neue Müllverbrennungsanlagen zu koordinieren. Den Höhepunkt erreichte diese Bewegung im Müllvolksbegehren 1990/91. Der Müll-Volksentscheid erhielt in Fürth 61 % Unterstützung, scheitert aber bayernweit.

Die ehem. Siemens-Tochterfirma KWU bot im Jahr 1985 der Fürther Stadtverwaltung eine "kostenlose" Versuchsanlage an, eine sog. Müllverschwelungsanlage. Im Jahr 1989 wurden für die Schwelbrennanlage (SBA) Entwicklungs- und Baukosten von ca. 170 Mio. DM errechnet, welche sich bis 1995 bis auf über 400 Mio. DM erhöhten. Zur Risikoabsicherung der Kosten gewann man als Partner den Zweckverband Abfallbeseitigung Rangau (ZAR), der bei einem Scheitern mit einer Risikokapitaleinlage mithaftete.

Gegen das Konzept der Müllverschwelung hielt der Bund Naturschutz gemeinsam mit dem Verein Müll und Umwelt e. v. ein alternatives Abfallkonzept vor, in der eine bessere Wertstofferfassung und Verwertung stattfinden sollte. Unterstützung bekam der Verein aus weiten Kreisen der Bevölkerung, die auch in mehrere Demonstrationen in Fürth sichtbar wurden. 1993 wurden während der Antragstellung zum Bau der Anlage 27.000 Einwendungen gegen die Schwelbrennanalge gegenüber der Stadt Fürth abgegeben. In einer neuntägigen Anhörung im Nürnberger Messezentrum wurde dann die Einwendungen angehört, bei der auch das alternative Müllkonzept als Gegenvorschlag vorgestellt wurde.

Die Regierung von Mittelfranken genehmigt jedoch die Schwelbrennanlage in Fürth. Der Baubeginn fand im September 1994 statt. Fünf betroffene Anwohner klagten daraufhin gegen den Baubescheid. Im Jahr 1995, noch während der Bauphase, sollte die Anlage und der Betrieb privatisiert werden und weiterer Müll aus Erlangen aufgenommen werden. Dagegen wurde in Fürth das erste Bürgerbegehren gestartet. Doch der Verkauf der Schwelbrennanlage an die Stromkonzern-Tochter UTM GmbH konnte nicht verhindert werden. Der auf den Inhalt "gegen Müllimport" reduzierte Bürgerentscheid am 12. Mai 1996 scheiterte knapp mit 49% zu 51% der gültigen Stimmen. Insgesamt gingen 22.687 Wahlberechtigte zum Bürgerentscheid, das entsprach einer Wahlbeteiligung von 28,24 Prozent.[2] Kern des Bürgerentscheides waren zwei Ziele: der Zweckverband Rangau darf nicht erweitert werden und die Anlage darf nur mit 50.000 Tonnen Restmüll pro Jahr betrieben werden, statt mit den geplanten 100.000 Tonnen.[3]

Nach der ersten Müllanlieferung in die Schwelbrennanlage im Probebetrieb 1997, gründete sich die Aktion "Bürger beobachten die Schwel-Brenn-Anlage". Bei der Schwelbrennanlage traten jedoch in der Folgezeit viele technische Probleme auf, z.B. Materialstau, Softwareausfall und Schwelgasfreisetzung nach einer sog. Bypassöffnung. Im Jahr 1998 wurde die Anlage bereits nachgerüstet und laut Eigentümer verbessert. Doch beim Probelauf im August 1998 kam es zum dramatischen Zwischenfall. Metallgeflechte im Müll führten zu einem Materialstau in der Anlage und zerstörten dabei eine Schweltrommeldichtung. In der Folge trat explosionsartig giftiges Schwelgas aus und verletzte dabei 73 Personen in der näheren Umgebung.

Aufgabe der Schwelbrennanlage

Nach genauer Abwägungen kündigte der Zweckverband Abfallbeseitigung Rangau 1999 alle Verträge zur Schwelbrennanlage. Siemens erklärte daraufhin das Projekt für gescheitert und beendete sein Engagement in Fürth. Die inzwischen zur Ruine gewordenen Anlage wurde von Siemens an den niederbayerischen Unternehmer Günther Karl zum "Ausschlachten" verkauft. Der Zweckverband löste sich in der Folge im Jahr 2000 auf. Die nun entstandenen Risiko-Kosten von 30 Mio. DM wurden auf die Partner des Zweckverbands aufgeteilt, wovon ca. 8,8 Mio DM allein für die Stadt Fürth fielen. Die Kamine der Schwelbrennanlage mussten dem Erweiterungsbau von Mercedes weichen.

Chronik des Vereins

  • 1988: Gründung des Vereins
  • 1989: Beitritt zur Bürgeraktion "Das bessere Müllkonzept"
  • 1990: Unterstützung des bayernweiten Müll-Volksentscheid
  • 1991: Der Volksentscheid erhält in in Fürth 61% Zustimmung, verliert aber insgesamt auf Landesebene
  • 1992: Mitwirkung und Protest gegen das Planfeststellungsverfahren der Schwelbrenn-Anlage (SBA)
  • 1993: 23.500 Einwendungen gegen die SBA, Organisation von Protesten und Demonstrationen, Anhörung im Planfeststellungsverfahren in der Nürnberger Messe
  • 1994: Aufstellung des Mahnmals gegem die SBA an der Mainstraße
  • 1995: Bürgerbegehren "Stopp Privatisierung und Müllimport nach Fürth" wird gestartet - die SBA wird trotzdem privatisiert
  • 1996: Der Bürgerentscheid reduzierte sich auf "gegen Erhöhung der Jahreskapazität auf 150.000 Tonnen" und scheitert knapp
  • 1997: Nach Klageabweisung im Genehmigungsverfahren wird erstmals die SBA beliefert, der Verein startet die Aktion "Bürger beobachten die SBA"
  • 1998: Explosion in der SBA führt zu neuen Protesten des Vereins
  • 2000: Feier zur Auflösung des Müllzweckverbandes
  • 2001: Erhöhung der Müllgebühr in Fürth u.a. wegen Abschreibung der SBA
  • 2003: Proteste des Vereins gegen geplante "Cross-Border-Leasing" Programme der Kommune
  • 2005: Müll und Umwelt unterstützt das Fürther Wasserbündnis
  • 2006: Bürgerbegehren gegen Kläranlagen-Privatisierung ist erfolgreich, ein Bio-Energie-Zentrum im Bereich der SBA durch die infra war im Gespräch
  • 2007: Es war eine Anlage zur Phosphatgewinnung aus Klärschlamm in der SBA im Gespräch
  • 2008: 20 Jahr-Feier
  • 2009: die Abrechnung der Kosten der SBA über die Müllgebühren sind abbezahlt
  • 2013: Kritik an der sinkenden Abfallvermeidung und -trennung
  • 2016: die Mobile Giftmüllsammlung ist immer wieder in der Diskussion, diese abzuschaffen
  • 2018: 30 Jahr-Feier
  • 2019: die SBA-Ruine war endgültig abgebaut
  • 2021: Proteste gegen die geplante Müllgebührenerhöhung ab 2022

Siehe auch

Lokalberichterstattung

  • Verena Pohl: Im Kampf gegen Abfallbeseitigung. In: Fürther Nachrichten vom 24. September 2008 - online
  • Johannes Alles: Der Tag, an dem die Giftwolke über Fürth zog. In: Fürther Nachrichten vom 28. August 2008 - online
  • Volker Dittmar: Ex-Müllofen wechselte Besitzer. In: Fürther Nachrichten vom 2. Februar 2009 - online
  • vnp: Weniger Abfall beim Einkaufen. In: Fürther Nachrichten vom 27. November 2023 (Druckausgabe)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Das Bessere Müllkonzept - Homepage, online abgerufen am 18. Dezember 2017 | 0:15 Uhr - online
  2. Martin Möller: Bürger geben grünes Licht für Müllanlage. In: Fürther Nachrichten vom 13. Mai 1996, S. 37 (Druckausgabe)
  3. fn: Weichen in der Müllpolitik werden gestellt. In: Fürther Nachrichten vom 11./12. Mai 1996, S. 93 (Druckausgabe)

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