Bachmann, von Blumenthal & Co.
Die Anfangsjahre - Gothaer Waggon
Mit dem Jahr 1916 begann die Industrialisierung der heutigen Hardhöhe durch ein produzierendes Gewerbeunternehmen, welches sein Hauptbetätigungsfeld ab 1898 im Eisenwaggon- und Lokomotivbau hatte. Im August des Jahres 1916 kaufte das thüringische Unternehmen “Gothaer Waggon- und Flugzeugfabrik” den neuen Standort auf der heutigen Hardhöhe - unter dem Namen "Bayerische Waggon- und Flugzeugwerke" - für die Fertigung von Eisenbahnwaggons sowie von Flugzeugen, wenn auch nur in kleiner Stückzahl. Durch die große Nachfrage des deutschen Heeres nach Kampfflugzeugen ab 1913 begann das Unternehmen die damals modernste “Waffengattung” als Verkaufsschlager für sich zu entdecken. Die Wahl auf Fürth fiel durch die gute Schienenanbindung und der Nähe zum Flugplatz Atzenhof, der 2. Fliegerstation des königlich-bayerischen Militärs. Die Stadt Fürth stellte das knapp 70 Hektar große Gelände zur Verfügung, auf dem in den Jahren 1919 bis 1920 Fertigungshallen und ein Kraftwerk entstanden. 1936 beabsichtigte die "Waggon", einen Flugplatz zu errichten und kaufte von der Stadt die entsprechenden Grundstücke auf. Zwei Jahre später wurde der im Weg stehende Bismarckturm abgerissen.
Viele Fürther kannten das Unternehmen unter dem Namen “die Waggon”, auch wenn hier später Flugzeuge das Bild dominierten. Der Name stammt vermutlich daher, dass die Bevölkerung den Firmennamen Gothaer Waggon abkürzte zu "Waggon". Eine weitere These beruht darauf, dass zu dieser Zeit sehr viele Güterwaggons zur Reparatur auf der Hardhöhe standen, so dass dieser optische Eindruck wesentlich zur Namensgebung beitrug.
Firmengeschichte Bachmann, von Blumenthal & Co. KG 1938 - 1945
Am 14. November 1938 kaufte die in Fürth neu gegründete Firma Bachmann, von Blumenthal & Co. KG (im Folgenden "BBF" genannt, für "Bachmann, Von Blumenthal Flugzeugbau") das Grundstück auf. Der Eigentümer Eduard Winter blieb in Berlin, Walther Bachmann (Walther-Bachmann-Flugzeugbau KG im mecklenburgischem Ribnitz, Flugplatz Pütnitz[1]) war in der Anfangszeit als Berater mit eingebunden, aber selbst kaum vor Ort. Wolf-Werner von Blumenthal wurde als Geschäftsführer eingesetzt und leitete des Unternehmens überwiegend in Fürth. Der Generalssohn Wolf-Werner von Blumenthal wuchs auf einem Jagdschloss in Pommern (Warcino - deutsch Varzin)[2] auf und hatte ursprünglich mit Fürth selbst wenig zu tun.
Eigens für die neue Firma wurden zahlreiche Gebäude und eine befestigte Startbahn angelegt, für deren Ausbau im Jahre 1938 auch der 1907 errichtete Bismarckturm abgerissen wurde. Nach dem Verkauf 1938 entwickelte sich die "Waggon" zu einem wichtigen Reparatur-Betrieb für Flugzeuge der Deutschen Luftwaffe (Produktionskennung hpq).
Das Hauptwerk von BBF befand sich auf der Hardhöhe. Zusätzlich existierten weitere Standorte in unmittelbarer Nähe. Ein Standort zur Herstellung von Ersatzteilen von Tragflächen befand sich westlich zum Burgfarrnbacher Bahnhof (Werk II). Eine weitere Werkstrecke war in der Schwabacher Straße 117/119 untergebracht – in einem ehemaligen jüdischen Betrieb, der unmittelbar nach der Pogromnacht 1938 aufgeben musste (Mechanische Gummibandweberei und Hosenträgerfabrik Gebr. Heymann).[3]
Ab 1940 entstand direkt neben dem Gelände der BBF ein vierstöckiger roter Klinkerbau, der vom Reichsluftfahrtministerium als zentrales Lager für verschiedene Flugzeug-Bauteile genutzt wurde (sog. Elbag-Lager = Luftfahrtbedarf Aktiengesellschaft). Dieses Gebäude steht heute noch und wird als Möbelhaus genutzt (Möbelhaus Flamme). Von hier versorgte man vermutlich neben dem eigenen Betrieb auch weitere Firmen und Flugplätze im fränkischen Ballungsraum.
Spätestens ab 1940 arbeitete die BBF sehr eng mit der Fa. Messerschmitt in Augsburg und Regensburg zusammen. Bachmann, von Blumenthal & Co. produzierte seine Flugzeugkomponenten bis 1945 in Fürth (Hardhöhe, Burgfarrnbach, Schwabacher Straße) und in Nürnberg. Zu dieser Zeit war die BBF hauptverantwortlich für die Reparatur der "Bf 110"[4], einem zweimotorigen schweren Langstreckenjagdflugzeug und Jagdbomber, dessen Tragflächen und Rumpf gänzlich aus Metall bestanden. Weitere Flugzeugtypen wurden ebenfalls in Fürth repariert, so der Typ Junkers "Ju 87"[5], der als "Stuka" bekannt wurde, sowie die Messerschmitt Me 262, den ersten einsatzfähigen Düsenjäger der Welt. Daneben spezialisierte man sich auf die Reparatur der Me 210[6], die ebenfalls ein Jagdflugzeug für Langstrecken war. Neben der Reparatur von Flugzeugen baute man auch zwischen 1941 und 1944 eine kleine Anzahl von Flugzeugen, immerhin 352 Stück, selbst.
Als einer der wenigen Rüstungsbetriebe in Fürth (neben Dynamit-Nobel in Stadeln) gehörte die BBF zu den bevorzugten Angriffszielen, die von alliierten Flugzeugen bombardiert wurde. Insgesamt 15 Luftangriffe auf die Stadt Fürth sind zu verzeichnen. Dabei wurde das Fürther Werk an der Würzburger Straße dreimal gezielt von amerikanischen Bombern angegriffen.[7]
Insbesondere am 25. Februar 1944 um 12:47 Uhr heulten die Luftschutzsirenen auf der Hardhöhe auf. Was die Fürther zu diesem Zeitpunkt noch nicht wussten war, dass der Industrieflughafen dieses Mal Hauptziel eines Angriffes von 161 B-24-Liberator-Bombern der US-Streitkräfte[8] werden sollte. Bei guter Sicht kamen um 14:15 Uhr die Bomberverbände in vier Wellen aus Richtung Burgfarrnbach nach Fürth, und warfen die tödliche Fracht aus knapp 6 km Höhe über den Flugplatz ab. Es hagelte 993 Sprengbomben zu je 250 kg, fast 6.000 Splitterbomben und 1.192 Flüssigkeitsbrandbomben zu je 50 kg.[9] Die Bilanz: Drei Hallen, das Kesselhaus und die Trafostation der Firma waren vollkommen zerstört. Montagehalle, Dreherei und Metallbau waren zu 20 Prozent, die Vormontage lediglich zu 10 Prozent beschädigt. Die Rollbahn war insbesondere im östlichen Teil von Bombenkratern übersät. Der Werkleiter und der Luftschutzleiter berichteten von einem 100-prozentigen Ausfall der Produktion, die erst nach ca. 2 bis 4 Wochen langsam wieder anlief. Weit schlimmer als der Schaden an Gebäuden und Material war der “Schaden” an Menschenleben.[9] Der Angriff vom 25. Februar 1944 forderte 139 Todesopfer und 122 Verletzte.[10] Die hohe Zahl an Toten und Verletzten lässt sich dadurch erklären, das die Werksmitarbeiter sich in falscher Sicherheit wähnten, da die erste Alarmierung kurz vor 13 Uhr erfolgte. Nachdem aber selbst nach einer Stunde immer noch keine Bomberverbände in Fürth zu sehen waren, gingen die Menschen - trotz Warnung - wieder aus den Luftschutzkellern heraus zur Arbeit. Kurze Zeit später waren die Bomberverbände jedoch über Fürth und warfen ihre tödliche Fracht ab. Für eine Flucht in die rettenden Luftschutzkeller war es für die meisten nun zu spät.[11] Aus heutiger Sicht ist aus den Akten des britischen "Ministry of Home Security" bekannt, dass man an diesem Tag die deutschen Nachtjäger direkt in den Werkshallen und auf den Flugplätzen nachhaltig treffen wollte. Die zwar schon in die Jahre gekommene Me 110 bildete 1944 immer noch das Rückgrat der deutschen Luftverbände. Deshalb bombadierte man zeitgleich auch die Flugzeugwerke in Braunschweig und Gotha.[10]
Der zweite Angriff erfolgte am 10. September gegen 12 Uhr mit 60 B 17 "Flying Fortress" Bombern und dauerte rund 90 Minuten. Neben Burgfarrnbach (hier war Werk II das Ziel) wurde wiederum die BBF angegriffen und schwer zerstört. Weitere Angriffe auf das Werk auf der Hardhöhe erfolgten am 26. November 1944 (gegen 24 Uhr) und der letzte Angriff folgte am 8. April 1945.[12] 89 "Liberator" zerstörten den Rest, der noch stehen geblieben war. Laut Zeitzeugen war das Areal danach "total zerstört". Schwer getroffen wurde auch die Siedlung im Süden der BBF, da der Angriff sehr weit im Süden lag. Es wurden 154,5 Tonnen Spreng- und 54 Tonnen Brandbomben abgeworfen. Die Reparatur der Maschinen fand zu diesem Zeitpunkt schon längst an anderen Orten statt.
Auf Grund der mehrmaligen Luftangriffe der Alliierten hatte ab 1944 auch die BBF Teile der Fertigungs- und Lagerstätten von den eigentlichen Produktionstätten weg verlagert. Hierzu wurden u. a die Bierkeller in der Innenstadt (Geismann- und Humbserkeller, oberer kleiner Bergbräukeller am Fritz-Mailaender-Weg als Werkluftschutzraum, ein Bereich des Grünerbräukellers), im Landkreis Fürth (u. a. in Zirndorf) und unter der Alten Veste (Deckname "Käthe") genutzt. Auch in die Nürnberger Kongresshalle wurden Teile der Produktion eingelagert. Ein weiteres Werk (Montagehalle) in der Nähe des Flugplatzes Unterschlauersbach war im Bau, wurde jedoch bis Kriegsende nicht mehr fertig. Auch wurden Teile der Produktion über den ehem. Flughafen Oettingen/Heuberg eingeflogen.[13]
BBF zum Kriegsende
Das Kriegsende kam am 19. April 1945 in Fürth mit der Kapitulation der Stadt Fürth. Wolf-Werner von Blumenthal führte über letzten Tage des Krieges ein Tagebuch, dass ausschnittsweise noch erhalten ist. Ein Auszug aus dem Tagebuch:
- Dienstag, den 17.4.45 - ... Gearbeitet wird seit Tagen in keinem Werk mehr, es sind nur noch wenige Leute, die vom Volkssturm zurückgestellt sind, in den Werken erschienen. Von unseren Aussenständen vom RLM und von anderen Firmen haben wir keine Gelder mehr hereinbekommen können, nur einige Schecks von Messerschmitt und vom Luftgau, die die Banken jedoch nicht mehr annehmen... Heute Dienstag hören wir bereits den näher rückenden Kanonendonner und wir wissen, dass die Dörfer in der Umgebung bereits besetzt sind, Fürth selbst wird von Norden her beschossen. Am Vormittag erreicht uns durch ein Boten die Nachricht, dass der Pöbel bereits tüchtig dabei ist, im Werk zu plündern. ... Vor der Fabrik Burgfarrnbach steht leider ein Geschütz der SS, das zu unserer Beruhigung im Laufe des Mittags abgezogen ist. Wir hoffen also, dass die Besetzung unseres Dorfes ohne Kampfhandlung erfolgen wird. Leider sehen wir uns darin getäuscht. Zurückgehende SS lagert sich im Laufe des Nachmittags ganz in der Nähe unseres Grundstückes und der Fabrik. Es kommt zu einem Infanteriegefecht. Die SS geht zurück und die ersten amerikanischen Soldaten erscheinen in einer erheblichen Wut ... Noch immer hören wir Schiessen von der Panzersperre, wo Hitlerjungen unter Führung eines Leutnants weiter kämpfen. Wir befürchten für Burgfarrnbach das Schlimmste. Nun kommen Panzer angerollt und halten direkt vor unserem Garten. .. Auf Lastwagen werden wir nun alle verladen und nach Langenzenn ins erste Auffanglager gebracht. Es ist gegen 9 Uhr abends und fast dunkel. Auf dem Hof einer Zieglerei finden wir bereits eine grössere Anzahl Militärgefangene vor....
- Mittwoch, den 18.4.45 - Früh morgens gegen 5 Uhr erscheint eine Anzahl von Kraftfahrzeugen. Wir müssen sämtlich auf die Lastwagen.... Trotz meines Protestes werden wir mitgenommen. Die Fahrt geht weit bis nach Würzburg und dort zum Militärsammellager, das voll von deutschen Soldaten ist.... Bei der Militärregierung spreche ich mit einem amerikanischem Major, dem ich den Brief (Schreiben der amerikanischen Handelskammer) zeige und um seine Hilfe bitte. Dieser Mann ist ausserordentlich ablehnend und bestimmt, dass wir zwar frei wären, aber in Würzburg zu bleiben haben, da sich niemand 6 km von seinem Ort entfernen darf.
- Donnerstag, den 19.4.45 - Durch die Amerikaner zurückgebracht zu werden entfällt leider. Auch mein Versuch, mit den leeren Lastwagen, die Gefangene bringen, wieder zurückzufahren, misslingt.... Gegen mittags 2 Uhr machen wir uns (zufuss) auf den Weg.... An diesem ersten Tag kommen wir vollkommen verdreckt, verstaubt und hungrig bis in die Nähe von Kitzingen....
- Freitag, den 20.4.45 - ... wir schaffen auch an diesem Tag rund 30 km. Wir erreichen die Oberförsterei, idyllisch im Steigerwald gelegen....
- Sonnabend, den 21.4.45 - An diesem Morgen machen wir uns um 7 Uhr auf den Weg und erreichen nach einem Marsch von fast 40 km ein Dorf in der Nähe von Emskirchen.....
- Sonntag, den 22.4.45 - ... Gegen Mittag erreichen wir Puschendorf, nun haben wir nur noch 9 km. Kurz vor Burgfarrnbach finden wir überall schwarze Besatzung und befürchten das Schlimmste. Gegen 2 Uhr erreichen wir Burgfarrnbach und sind glücklich, unser Haus zu sehen und finden alles so vor, wie wir es verlassen haben.....
- Montag, den 23.4.45 - ...Ich besichtige ... das Werk und stelle zunächst fest, dass der Mercedes von Dietrich gestohlen ist.... In der Fabrik selbst sieht es wüst aus. Alle Türen erbrochen, die Geräte und Werkzeuge durcheinander geworfen...
- Donnerstag, den 26.4.45 - Heute fahren wir zum ersten mal nach Fürth per Rad.... Auf unserem Flugplatz wird von Amerikanern mit Schleppern intensiv gearbeitet, der Flugplatz wird vergrössert und in Takt gebracht. Das Werk dürfen wir nicht betreten. Wir stellen aber fest, dass der Pöbel alles was nicht niet- und nagelfest ist ... geplündert hat.... In den Kellern der Bergbräu, wo ich die Segenthiner Möbel und meine Privatsachen, auch den Alkohol untergebracht hatte, sind Schwarze zusammen mit ausländischen Arbeitern eingebrochen, haben alles gestohlen, was sie gebrauchen konnten und die schönen alten Möbel zum allergrössten Teil sinnlos zerschlagen.... Wir machen unseren ersten Besuch beim Stadtkommandanten, Kapitän Cofer, einem sehr entgegenkommenden Mann, der uns sofort zusagte, ein besonderes Plakat zu geben, wonach das Eintreten in unsere Betriebe für jedermann, auch für Amerikaner verboten sei... Bei der Rückfahrt treffen wir den Ing. Randel, der uns mitteilt, dass in Zirndorf, unserer elektrischen Werkstatt, 12 Mann des Sekret Service eingetroffen sein sollen, die alles untersuchen und beschlagnahmen ... Es gibt in Fürth und Burgfarrnbach weder Strom noch Gas.
- Freitag, den 27.4.45 - 1. Besprechung mit unseren Abteilungsleitern in der Bäumenstrasse... Wir wollen einen Technischen Sonderdienst für Stadt und Industrie einrichten zur Wiederinbetriebnahme von Anlagen. Für uns keine Schwierigkeiten, da wir genügend Fachkräfte und auch Material besitzen. Sehr schwierig allerdings ist die Transportfrage... Ausserdem beabsichtigen wir in Burgfarrnbach die Reparatur für Landwirtschaftliche Maschinen einzurichten.
- Sonnabend, den 28.4.45 - Die ersten Leute erscheinen zu Aufräumarbeiten. Ein Teil der Fabrik ist mit Einquartierungen belegt...
- Montag, den 30.4.45 - ... Wir stellen den Antrag, dass die beiden uns verbliebenen Lastwagen ... zugelassen werden... Die Aufräumarbeiten im Werk II gehen weiter.
- Dienstag, den 1.5.45 - Mit 20 Mann ... treffen wir uns um 8 Uhr im Hauptwerk. Wir sehen, dass ungeheure Schäden vorliegen. Fast das gesamte Inventar ist gestohlen. Es befindet sich im Verwaltungsgebäude kein Stuhl, kein Schreibtisch, keine Wasserschüssel mehr. Selbst die Fensterrahmen sind fort. Nach Rücksprache mit Major Carsen, dem Kommandanten des Flugplatzes, sollen wir das Bürohaus, die Kantine und die Halle III instandsetzen. Auch das Werk selbst ist beschlagnahmt. Es ist von der amerikanischen Air Force belegt und wird auch bleiben.
- Mittwoch, den 2.5.45 - Die Instandsetzungsarbeiten im Hauptwerk gehen weiter.
- Freitag, den 4.5.45 - Die Besatzung vom Hauptwerk verlegt. Alle Arbeiten müssen sofort eingestellt werden.... Es heisst, es soll ein neuer Verband kommen. Mit dem können wir dann wieder alles von vorne anfangen.... In der Bäumenstrasse erscheint Kapitän Metler mit einem amerikanischen Soldaten Strauss, der perfekt deutsch spricht, da er erst 1939 aus Stuttgart ausgewandert ist. Er erklärt, dass er zur Wachtruppe gehört und dafür zu sorgen hat, dass insbesondere aus der Metallindustrie nichts entwendet wird... Seine Truppe ist aber im Augenblick noch zu schwach, dass er kaum genügend Posten hat, um die Brücken zu bewachen.
- Dienstag, den 8.5.45 - Heute beginnen wieder die Arbeiten im Hauptwerk.... Die Banken haben heute aufgemacht und zahlen von Guthaben kleinere Beträge aus, sofern es sich nicht um Angehörige der SS handelt.
- Mittwoch, den 9.5.45 - Wir legen die Kündigungen fest mit Ausnahme von 70 Angestellten, die besten und ältesten, die wir für die augenblicklichen Arbeiten und für die Erhaltung unserer Substanz brauchen. Alle anderen werden gekündigt.
- Montag, den 14.5.45 - Ich stelle fest, dass unsere Werkzeuge und Einrichtungen in den Kellern anfangen, durch die Nässe erheblich zu leiden. Wo aber hin damit. Sowohl im Hauptwerk als in Burgfarrnbach sitzen Amerikaner. Es bleibt nur die Schwabacherstrasse... Es ist endlich gelungen, das Oberfinanzpräsidium zu finden, man erinnert sich auch sehr wohl an das Versprechen, uns ein Akontozahlung auf unsere RLM-Forderung zu gewähren, aber im Augenblick ist dort gar nichts zu machen. Über die Regelung des Finanzproblems wissen die Herren nichts. Das gleiche trifft beim Arbeitsamt zu ...
- Dienstag, den 15.5.45 - An allen Aufträgen zur Regulierung der Gas- und Elektrizitätsleitungen arbeiten jetzt ca. 80 Mann. Die Lohnzahlung für dieses Leute wird allmählich unangenehm, da wir immer noch nicht wissen, wie wir die Leute bezahlen sollen ...
- Donnerstag, den 17.5.45 - Auf der Commerzbank haben wir noch ein Guthaben von 17.000,-- RM, das wir nun abheben können zu dringenden Lohnzahlungen.
- Freitag, den 18.5.45 - Ich verhandle über diese und jene Frage mit der Militärregierung und stelle ihnen den unhaltbaren Zustand vor, dass von ihnen eine Menge Befehle erlassen worden sind um uns zu schützen ... aber alle solchen Befehle sind vollkommen nutzlos, wenn von vorneherein sich kein Offizier und Truppenteil überhaupt nicht darum kümmert....Die Militärregierung muss nun selbst zugeben, dass sie machtlos ist. Den einzigen Rat den die Herren mir gegeben haben, ich müsse abwarten, bis die Truppen endgültig abgezogen seien und die Zivilregierung komme.
- Dienstag, den 22.5.45 - Sicher tut die Militärregierung von sich aus alles was nur möglich ist ... aber es zeigt sich leider nur immer wieder, dass ihre Macht nur eine sehr geringe ist. Jeder amerikanische Soldat tut was er will....
- Mittwoch, den 23.5.45 - ... In der Kongresshalle haben wir ein sehr wertvolles Lager von Material und Werkzeugen. Der Eintritt ist uns immer noch verwehrt. Seit 4 Wochen machen die Amerikaner dort Inventur, die längst beendet sein sollte. Heute wurde uns gesagt, es könnte noch gut 8 Wochen dauern ... vorher darf niemand hinein.
- Donnerstag, den 24.5.45 - Wir werden jetzt Büros und das gesamte Material, sofern wir seiner habhaft werden können, zur Schwabacherstrasse bringen, damit wir die Miete der anderen Räume sparen ...
- Dienstag, den 29.5.45 - Die amerikanische Armee beabsichtigt, unser Hauptwerk bis zu 70 % wieder zu erstellen.... Aufgebaut und vollkommen instandgesetzt werden sollen: Halle I, GfL-Gebäude, Halle III und einige kleine Nebenräume... Der Auftraggeber ist die amerikanische Armee direkt... Ganz zweifelsfrei ist geklärt, dass das Werk samt sämtlichen Inhalt von der amerikanischen Luftwaffe beschlagnahmt ist und wir auch keinerlei Maschinen und Material mehr herausnehmen dürfen.[14]
Hier enden die Tagebuchaufzeichnungen von Wolf-Werner von Blumenthal.
Nachkriegszeit
Nach der Einnahme Fürths durch amerikanische Truppen nutzte zunächst die US Airforce das Fluggelände. Es gibt Filmaufnahmen, die startende amerikanische Jagdflugzeuge auf der Startbahn der BBF zeigen. Gleich nach der Einnahme Fürths durch die U.S. Army sollen von hier aus Angriffe auf Nürnberg und vor allem nach Süddeutschland geflogen worden sein. Auch Zeitzeugen berichten von amerikanischen Flugzeugen mit "unter den Tragflächen hängenden Bomben".
Im Jahr 1949 erfolgte schließlich die Schaffung einer provisorischen Flugplatz-Verwaltung mit deutschem Personal, die den Betrieb am “Industrieflughafen Nürnberg-Fürth” im Folgejahr aufnahm. Der Flughafen diente in den kommenden fünf Jahren als Provisorium und leistete wichtige Dienste, besonders für den Warenverkehr. Die Landebahn wurde mittels Stahlplatten verstärkt und verlängert, um auch für die schwerer werdenden Flugzeuge auszureichen. Der internationale Flugbetrieb endete am 6. April 1955, als der neue Flughafen “Nürnberg-Kraftshof” seinen Betrieb aufnahm – dem heute noch bekannten Flughafen im Nürnberger Knoblauchsland. Damit endete schließlich auch das Kapitel des Luftverkehrs in Fürth.
Die Firma BBF wurde 1943 in die Geheimliste aufgenommen, und verlegte deshalb ihren Firmensitz Anfang 1944 nach Berlin. Nach dem Krieg existierte das Unternehmen weiter, der Fürther Betrieb stand jedoch auf der Demontageliste des Alliierten Kontrollrates.[15] 1949 wurden Eduard Winter und Wolf-Werner von Blumenthal entnazifiziert, beide waren keine Parteimitglieder und wurden so in die Gruppe 5 (Entlastete) eingeteilt. 1950 war der Firmensitz kurzfristig in Hamburg, im Frühjahr 1952 bekam er in Berlin die Gewerbezulassung, zwei Jahre später jedoch beschlossen die Gesellschafter die Auflösung. 1973 erlosch die Berliner Gewerbezulassung und am 14. März 1973 wurde sie aus dem Handelregister gelöscht.
Im November 1951 wurden mehrere tausend Quadratmeter des Firmengeländes von der Braunschweiger Firma Schmalbach gekauft, die dort einen Zweigbetrieb ihrer Blechfabrikation eröffnete. Die auf dem Gelände stehenden teilzerstörten Werkshallen wurden für diesen Zweck ausgebaut. Produziert wurden Konservendosen, bis zu 1 000 Stück in der Minute.[16]
Nachkriegsnutzung als Flughafen
Am 2. Januar 1950 eröffnete auf dem ehem. BBF-Flugplatz der "neue" Industrieflughafen. Im Verwaltungsgebäude empfing der amtierende Oberbürgermeister Hans Bornkessel die ersten Ehrengäste, die mit der zweimotorigen Dacota (DC-3) um 15:25 Uhr aus Düsseldorf gelandet waren. Der Flugbetrieb blieb auf der Hardhöhe bis zum 6. April 1955. Abends um 21:40 Uhr landete die letzte Maschine, eine skandinavische Chartermaschine mit Röntgenassistentinnen. Damit endet die vierzig Jahre alte Fürther Fluggeschichte.[17]
Das Gelände, auf dem sich einst der “Industrieflughafen” befand, wurde ab dem Jahr 1957 komplett überbaut. Heute erinnert kaum noch etwas vor Ort an den Flughafen, lediglich ein Gebäude aus dem Jahr 1940 ist erhalten. Dieses befindet sich in der Hardstraße und beherbergt das Möbelhaus "Flamme Möbel". Der verklinkerte Bau stand außerhalb des eigentlichen Geländes der "BBF", war extra bewacht und gehörte nicht zum eigentlichen Werk. Als sogenanntes "Elbag-Lager" (Luftfahrtbedarf Aktiengesellschaft, den Fürthern als "Reichslager" oder "Reichseigenes Lager" bekannt) unterstand es der Luftwaffe, denn hier lagerten die von der Luftwaffe bezahlten Ersatzteile. Nachdem ein Flugzeug im Elbag-Lager begutachtet war, wurde es mit den nötigen Ersatzteilen an die BBF zur Reparatur/Umrüstung übergeben. Auch Spuren der Flugplatzbahn (das Elbag-Lager hatte einen direkten Bahnanschluss mit eigenem Gleis, der zudem das Elbag-Lager mit den Hallen der BBF verband) und des alten Zaunes sind zurzeit dort noch zu sehen. Ebenfalls "erhalten" ist ein Stück der ehem. Start- und Landebahn als Grünstreifen zwischen Gauß- und Voltastraße.
Der Verein Untergrund Fürth e. V. zeigte in Kooperation mit dem Mobilen Kino Nürnberg e. V. am 16. & 17. April 2010 in den ehem. Luftschutzräumen im Keller des Möbelhauses Flamme den Quentin-Tarantino-Film "Inglourious Basterds" anlässlich einer Veranstaltungsreihe zum Kriegsende.
Literatur
- Roschmann, Winfried; Sponsel, Udo; Bernd Jesussek: Die Fürther Hardhöhe - Aufmarschfeld, Hardsiedlung, Industrieflughafen, Trabantenstadt, Städtebilder Verlag Fürth 1999, S. 21 - 25, 30 - 38 und 44 - 85
- Renate Trautwein; Oliver Wittmann: Lernt Fliegen ! In Fürth-Atzenhof, emwe Verlag Nürnberg 2011, S. 43 - 52
- Mayer Alexander: Zu Wasser, zu Lande und in der Luft. Sutton-Verlag, Erfurt 2010, S. 97 f.
Siehe auch
- Industrieflughafen
- Hardhöhe
- Flugplatzbahn
- GAMA Spielwarenfabrikation
- Flughafen Fürth-Nürnberg Atzenhof
- Wehlauer Straße
- Robert Wild
- Zwangsarbeiterlager Unterfürberg
- Zwangsarbeiterlager Würzburger Straße
- Junkers Flugzeugwerke
Einzelnachweise
- ↑ Wikipedia: Walther-Bachmann-Flugzeugbau, abgerufen 27.01.14 Wikipedia
- ↑ Anmerkung: Das Schloss in Varzin wurde durch Werner Ewald von Blumenthal am 7. Juni 1867 verkauft an den damaligen preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck. Varzin blieb bis 1945 im Besitz der Familie von Bismarck. Wikipedia
- ↑ Schwabacher Straße 117/119. In: Heinrich Habel: Denkmäler in Bayern - Stadt Fürth, Lipp, 1994, S. 374
- ↑ Messerschmitt Bf 110: Bayerische Flugzeugwerke AG/Messerschmidt AG ab 1938. In: Wikipedia, abgerufen 27. Januar 2014 Wikipedia
- ↑ Junkers Ju 87. In: Wikipedia, abgerufen 27. Januar 2014 Wikipedia
- ↑ Messerschmitt Me 210 - Bayerische Flugzeugwerke AG/Messerschmidt AG ab 1938. In: Wikipedia, abgerufen 27. Januar 2014 Wikipedia
- ↑ Winfried Roschmann - Udo Sponsel - Bernd Jesussek: Die Fürther Hardhöhe. Städtebilder Fotoarchiv & Verlag Fürth, 1999, S. 40
- ↑ Winfried Roschmann - Udo Sponsel - Bernd Jesussek: Die Fürther Hardhöhe. Städtebilder Fotoarchiv & Verlag Fürth, 1999, S. 39
- ↑ 9,0 9,1 Georg Wolfgang Schramm: Bombenhagel traf "Waggon". In: Nürnberger Nachrichten vom 25. Februar 1984
- ↑ 10,0 10,1 Winfried Roschmann - Udo Sponsel - Bernd Jesussek: Die Fürther Hardhöhe. Städtebilder Fotoarchiv & Verlag Fürth, 1999, S. 39
- ↑ Fürther Nachrichten vom 25. Februar 1964
- ↑ Winfried Roschmann, Persönlicher Brief vom 28. Dezember 1983, Zeitgeschichtliche Sammlung Stadtarchiv Fürth
- ↑ Geschichtsspuren.de - ehem. Flugplatz Oettingen/Heuberg, abgerufen 27.01.14 - online
- ↑ Wolf-Werner von Blumenthal, Tagebuchauszug von 17. April 1945 bis 29. Mai 1945
- ↑ Nürnberger Nachrichten, 18. Oktober 1947, S. 3
- ↑ Fürths großer Engpaß: die Grundstücks-Frage. In: Fürther Nachrichten vom 26. Januar 1952
- ↑ Bernd Jesussek: Die Fürther Hardhöhe, Städtebilder 1999, S. 51 ff.
Text
Unmittelbar nach Kriegsende 1945 sammelten die U.S. Streitkräfte nicht mehr benötigte Flugzeuge am Flugplatz von BBF. Es handelte sich um mehrere hundert ein- und zweimotorige Maschinen. Die beiden Videos zeigen den Abflug dieser Maschinen. Wahrscheinlich wurden sie in weiter westlich gelegenen Plätzen klassifiziert und verschrottet oder verkauft. Auf den Aufnahmen sind die zerstörten Gebäude von BBF und Häuser der Siedlervereinigung Hard zu sehen.
Bilder
Werksausweis Bachmann, von Blumenthal & Co. eines ehem. Soldaten, Familienname anonymisiert. Archiv: Kamran Salimi
Werksausweis Bachmann, von Blumenthal & Co. einer ehem. Mitarbeiterin, Familienname anonymisiert. Archiv: Kamran Salimi
Eintrag im Fürther Adressbuch 1931 der Bayer. Waggon- und Flugzeugwerke Schwabacher Straße 32 später Bachmann, von Blumenthal & Co.
Gleis der Flugplatzbahn in den 1930er Jahren bei der Zoppoter Straße
Idealisierte Ansicht der Gothaer Waggonbaufabrik in Richtung Hardhöhe, im Vordergrund die Bamberger Bahnlinie. Abb. aus DIXI-Fahrradkatalog, 1926
Firmenlogo Bachmann, von Blumenthal & Co.