Centaurenbrunnen

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Der Centaurenbrunnen am Bahnhofplatz im Sommer 2009
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Der Centaurenbrunnen ist ein Brunnen in der Fürther Innenstadt. Der 1890 eingeweihte Brunnen befindet sich inmitten der Bahnhofanlage und geht auf die Stiftung zweier jüdischer Bürger zurück. Der ursprünglich in der mittlerweile verschwundenen Parkanlage des Bahnhofplatzes, in Blumen eingefasst gelegene Monumentalbrunnen ist ein Denkmal für die erste deutsche Eisenbahn und zugleich für die Einrichtung der zentralen Wasserversorgung Fürths 1887. Ursprünglich war dieser Entwurf der Siegerentwurf eines Wettbewerbes für das geplante Denkmal zum 50-jährigen Jubiläum der ersten Fahrt der Ludwigseisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth am 7. Dezember 1885. Allerdings wurde der Entwurf des zweiten Siegers, Heinrich Schwabe, vorgezogen. Der Entwurf Schwabes ist aktuell in Nürnberg an der U-Bahnhaltestelle Bärenschanze zu sehen, als Denkmal der Ludwigsbahn.[1]


Beschreibung des Baudenkmals

Centaurenbrunnen, Schweifbecken aus Sandstein mit Felsen und großer allegorischer Bronzefigurengruppe, in naturalistisch-neubarocken Formen, von Rudolf Maison, Guss von Ferdinand von Miller, bez. 1890; in Platzmitte.

Stiftung und Einweihung

Der Centaurenbrunnen auf dem Bahnhofplatz zur Entstehungszeit

Zwei jüdische Bürger, Joseph Pfeifer Morgenstern und Dr. Wilhelm Königswarter, gaben mit ihren Stiftungen in Höhe von jeweils 6000 Mark „zur Errichtung eines monumentalen Brunnens auf einem öffentlichen Platz“ den letztlichen Anstoß für den Bau des Brunnens am „Platz vor dem Centralbahnhof“.

Gestaltet wurde der Brunnen vom Münchner Bildhauer Rudolf Maison. Zur Einweihung im Jahr 1890 hielt der Fürther Bürgermeister v. Langhans eine Festrede vor über 10.000 Fürther Bürgern und geladenen Gesandten der Stadt Nürnberg, dem Regierungspräsidenten und dem „Oberbauamt Nürnberg“. Anschließend fand im Rathaussaal ein Festessen statt und im Bergbräu- und Evora-Meyer-Keller gab es für die Bevölkerung Bierkonzerte bei freiem Eintritt.

Gestaltung und Symbolik

Centaurenbrunnen auf einer alten Postkarte

Ursprünglich wurde die Dampfkraft, die in der Technik der Industrialisierung Verwendung fand, von vielen als stark bedrohlich empfunden, und so war ihre Bändigung zur Nutzung in Lokomotiven ein Symbol für die Bezwingung der Naturkraft durch den Menschen.

Im Brunnen ist diese Überlegenheit des Menschen über die Naturgewalten durch einen Centaur dargestellt, der von einem Menschen gefesselt wird. Ein Centaur ist ein wildes Fabelwesen der griechischen Mythologie: halb Pferd, halb Mensch. So hat es vier Hufe, aber zugleich zwei Arme und einen Menschenkopf.

Unterhalb dieser Szene sind vier Fabelwesen als Wasserspeier gruppiert, womit die Einrichtung der zentralen Wasserversorgung Fürths seit 1887 gefeiert wurde.

Die Bronzefiguren im Zweiten Weltkrieg

1940 wurde vom Fürther Hochbauamt erstmals ein Verzeichnis über im Stadtgebiet befindliche Kunstobjekte aus "Nichteisenmetallen" angefertigt mit einer Stellungnahme des Oberbürgermeisters über Verbleib oder Zuführung zur "Metallspende des deutschen Volkes". Die zwei Figuren Zentauer und Triton werden dort unter Pos. 5 geführt mit dem Vermerk "abzulehnen". Ein Verbleib vor Ort war also gewünscht. Im Dezember 1940 sprach sich das Landesamt für Denkmalschutz für eine "unbedingte Erhaltung" der Figuren aus. Im Mai 1942 teilte das Reichspropagandaamt Franken in einem Schreiben mit, welche Denkmäler aus Bronze oder Kupfer wegen ihres besonderen geschichtlichen oder künstlerischen Wertes erhalten bleiben sollen. In Fürth kam der Zentaurenbrunnen in Frage. Weitere Überlegungen zur Verschrottung der Figuren erfolgten nicht mehr, so dass die Brunnenfiguren als einziges öffentliches Denkmal in Fürth die Metallspendeaktion überdauert haben.[2]

U-Bahn Bau

Während der Bauarbeiten der U-Bahnstation Hauptbahnhof musste der Centaurenbrunnen abgebaut werden. Im Anschluss wurde der Brunnen wieder wenige Meter nördlich seiner früheren Position aufgebaut.[3] Er ruht nun auf einer Säule im ersten U-Bahn-Geschoss, die mit einem Bronze-Maschen-Relief von Gerhard Maisch umhüllt ist.[4]

Zeitgenössisches Gedicht

Ein Gedicht zum Kunstbrunnen (verfasst bei der Eröffnung am 31. August 1890):

Sinnend saß Meister Maison in seinem Zimmer,
den Stift in der Hand aus sibirischem Grafit
und verfertigt im mittelfränkischen Kreis,
damit Gedanken zu zeichnen zur Bewerbung
der Ausschreibung eines Kunstbrunnens in Nürnberg.[5]

Aus Nah und Fern kamen Künstler, der Preis lockte,
Die Besten der Besten traten in Konkurrenz,
Ausgezeichnetes wurde geleistet, Denken,
Erfahrung, Genie, benützten Mythologie,
Kunst und Natur zur Verherrlichung im Bilde.

Groß erhabener Gedanke, die rohe Kraft
Zu beugen nach menschlichem Sinn für die Menschen,
im gefesselten Centau´r wurde er zur Tat;
die Zeichnung des Stiftes erhielt Formen in Ton,
dieser den Preis für fleißig Wirken und Schaffen.

Den starken Kämpfer, verwachsen mit dem Pferd,
bändigt Merkur, Gott des Handels und der Industrie;
des Meeres Sohn, ein Triton, verkündet der Welt
durch Muschelruf. Geschehen ist das Werk – hier seht!
Die wilde Urkraft, besiegt durch geist´ge Stärke.

Edler Bürger der Stadt sorgten bei Lebzeiten
für Mittel zum Bau eines Brunnens als Denkmal,
und unter des bay´rischen Prinzregenten Huld
erwarb mit seinen Beratern der Magistrat
dies Werk, dessen Symbol Fürth bereits groß gemacht.

Stehend auf granit´nen Felsenstücken, Wasser,
Floras Kinder zu Füßen, schaut es auf die Bahn,
welche trägt alle Gewerbe-Erzeugnisse
über Länder und Meere, fremden Menschen zu;
ehrend die Bewohner Fürths in ihrem Fleiße.

Sinnbildlich, Naturkräfte macht dienstbar der Mensch,
zeigt das Denkmal, inmitten herrlicher Bauten,
schön geordnet sind Park und Gartenanlagen,
geschaffen von kundiger Hand und gepflegt,
verratend die Größe und den Aufschwung der Stadt.

Harmonisch das Ganze, erhebt sich der Brunnen,
Seeungeheuer, vier der Zahl, spenden das Wasser,
aus den Felsen passend auf gewähltem Platz,
ist er würdig der Stadt – die durch Industrie und
Arbeit vorwärts schreitet im Dienst der Menschheit.[6]

J. V. W.

Literatur

  • Wilhelm Kleppmann: Der erste Fürther Kunstbrunnen und sein Schöpfer Rudolf Maison. In: Fürther Heimatblätter, 1959/3, S.39 - 51
  • Centaurenbrunnen. In: Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z. Ein Geschichtslexikon. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 90
  • Katja Schlegel: Zur Ikonographie der Eisenbahn : der Centaurenbrunnen in Fürth von Rudolf Maison. - Erlangen-Nürnberg, Univ., Magisterarbeit, 2002
  • Karin Geiger & Sabine Tausch (Hrsg.), Rudolf Maison (1854–1904) Regensburg – München – Berlin. Begleitband zur Ausstellung "Rudolf Maison - Bildhauer für König, Kaiser und andere 'kunstliebende Laien'" im Historischen Museum der Stadt Regensburg vom 18. September 2016 bis zum 2. April 2017. Regensburger Studien und Quellen zur Kunstgeschichte, Band 22. Regensburg 2016, S. 138-141 (siehe auch www.rudolf-maison.de)

Lokalberichterstattung

  • Claudia Ziob: Centaurenbrunnen ist jetzt komplett. In: Fürther Nachrichten vom 18. September 2024 (Druckausgabe) bzw. Hier fehlte doch was: 94-jähriger Fürther vermisste wichtigen Hinweis am Centaurenbrunnen In: nordbayern.de NN+ vom 18. September 2024 - online (Bezahlschranke)

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Michael Diefenbacher und Rudolf Endres: Stadtlexikon Nürnberg. W. Tümmelsverlag Nürnberg 1999, S. 655
  2. Stadtarchiv Fürth, Akte AGr. 3/37, Recherche Werner Gietl, Juli 2017
  3. H.S.: "Brunnen wird abgebaut". In: Fürther Nachrichten vom 4. September 1982
  4. Barbara Ohm: Durch Fürth geführt, Band 1 - Die Stadt zwischen den Flüssen. VKA Verlag Fürth, 1999, 2005, 1991, S. 100.
  5. Internationale Ausstellung von Arbeiten aus edlen Metallen und Legierungen in Nürnberg 1885.
  6. in einer Ausgabe der Fürther Chronik des Lehrers Friedrich Marx (herausgegeben als Gratis-Beigabe der Fürther Volks-Zeitung) im Verlag Franz Willmy, 1887

»Zeitverschiebung«

Hier kann per horizontaler Mauszeigerbewegung zwischen zwei deckungsgleich übereinandergelegten Fotos aus verschiedenen Epochen gewechselt werden:



  • Foto alt: historische Postkarte
  • Foto neu: Aufnahme von 2008 (Foto und Anpassung: Robert Söllner)

Bilder