Kaufmann Kohler

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Kaufmann Kohler, Dr. phil., (geb. 10. Mai 1843 in Fürth, gest. 28. Januar 1926 in New York), war jüdischer Theologe. Der aus einer orthodoxen Fürther Familie stammende Kaufmann Kohler wandte sich nach einer traditionellen rabbinischen Ausbildung zunehmend reformerischen Strömungen im Judentum zu [1].
Der ungewöhnliche Vorname geht auf den Großvater Jacob Kaufmann zurück, der sich 1812 den Vornamen "Kohler" gab [2].

Leben

Kaufmann Kohler war Sohn des Kleiderhändlers Moses Kaufmann (1810-1886) und der Babette Löwenmayer (1815- 1905) aus Sulzbürg, Oberpfalz, der Schwester des dortigen Rabbiners Mayer Löwenmayer [3]. Er wurde am 10. Mai 1843 in Fürth Königstraße 66 (ehemals) geboren.
Am 28. August 1870 heiratete Kaufmann Kohler Johanna Einhorn, die Tochter des David Einhorn, des Rabbiners von Temple Beth-El in New York.

Werdegang

Kaufmann Kohler besuchte in Fürth die Schule von Simon Bamberger am Jüdischen Waisenhaus bevor er mit zehn Jahren zu dem Talmudisten Eisle Michael Schüler nach Haßfurt, später nach Höchberg bei Würzburg, Mainz, Altona und Frankfurt ging. Mit dem Studium in München (1864) wurde er der Orthodoxie abtrünnig und immatrikulierte sich am 9. Mai 1865 in Berlin für das Studium der Orientalistik und vergleichenden Religionswissenschaften [4].

Zeitungskritik zu Kohler Kaufmann

1867 promovierte er in Erlangen [5]. Da diese Arbeit ein Bekenntnis zur radikalen Bibelkritik zu sein schien, wurde es dem jungen Theologen schwer, eine Rabbinerstelle zu finden. Seine Abkehr von der Orthodoxie brachte ihm eine vernichtende redaktionelle Anmerkung in der Zeitschrift Der Israelit, dem Zentralorgan der Orthodoxie, vom 12. Februar 1868 ein.
Darum war er ab 1868 wieder in Fürth ansässig. Er wurde Mitglied der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft (ZDMG 1869, Nr. 723) [6] und nahm 1869 an der Leipziger Reformsynode teil [7].

Kaufmann Kohler wanderte im August 1869 in die USA aus. Dort wurde er von dem Reformrabbiner David Einhorn aufgenommen, dessen Tochter er im Jahr darauf heiratete. Am 6. September 1869 wurde er Rabbiner der Beth-El Gemeinde in Detroit (1869 - 1879), danach in der Chicago Sinai Gemeinde (1871 - 1879) und schließlich seit 1879 am Temple Beth El, New York, wo er damit Nachfolger seines Schwiegervaters David Einhorn wurde. Diese Stelle bekleidete er bis 1903 als er Präsident des Hebrew Union College wurde.
Kaufmann Kohler nahm eine führende Rolle im amerikanischen Reformjudentum ein. So ist unter anderem die Pittsburgh Platform mit seinem Namen verbunden[8] [9].

Als Jungfernwerk jüdisch-liberaler Theologie gilt Kohlers Grundriss einer systematischen Theologie des Judentums auf geschichtlicher Grundlage, das 1910 in Leipzig erschien und 1918 in amerikanischen Fassung lautete: Jewish Theology, Systematically and Historically Considered [10]. Zu seiner Goldenen Hochzeit 1920 feierte ihn die Allgemeine Zeitung des Judentums als denjenigen, der "in dem bescheidenen Häuschen Königsstraße 66 im Jahre 1843 das Licht der Welt bereicherte" ... und der "heute als der gelehrteste amerikanische Rabbiner" gilt [11].

Kaufmann Kohler starb am 18. Januar 1826 in New York.

Werke

  • Die Bibel und die Todesstrafe. Eine Zeitfrage, Leipzig 1868
  • Das neue Wissen und der alte Glaube, 1874
  • The Wandering Jew (der ewige Jude) or the Path of Israel through History, 1878
  • Das Hohe Lied, übersetzt und kritisch neu bearbeitet, New York, 1878
  • Deutschland und die Juden. Der jüdische Cosmopolitismus, 1881
  • Der Sozialismus - Zeitgeist, 1881
  • Atheismus und Pessimismus: Die Modekrankheiten unserer Zeit, 1881
  • Das Reform-Judentum und die Würdigung des Weibes, 1886
  • Christianity Versus Judaism, 1888
  • Jesus of Nazareth from a Jewish Point of View, 1899
  • Die Nächstenliebe im Judentum, Judaica, Berlin 1912

Weblinks

  • "Dr. Kaufmann Kohler - Personal Reminiscences of My Life" in: Usury and the Jews: A Lecture, delivered under the Auspices of the Young men ... , Seite 2-12 - online
  • Artikel "Kaufmann Kohler" in BRITANNICA - online
  • Kaufmann Kohler (1843 - 1926) in American Jewish Archives
  • Die "Kaufmann Köhler papers", zwischen 1947 und 1969 den American Jewish Archives übergeben durch Lilly Köhler, der Tochter Kaufmann Kohlers - online
  • Gedenkstätte "Kaufmann Kohler" - online
  • Nachruf "Dr. Kaufmann Kohler, President Emeritus of Hebrew Union College" in: Jewish Telegraphic Agency vom 29. Januar 1926 - online
  • “A Higher and Purer Shape”: Kaufmann Kohler's Jewish Orientalism and the Construction of Religion in Nineteenth-Century America; Camebridge 2019 - online
  • "Online books" von Kaufmann Kohler - online
  • Rabbi Alex J. Goldman: "The Greatest Rabbis Hall of Fame", Seite 370 - online

Einzelnachweise

  1. siehe „bibelpedia“ online
  2. siehe zxc.wiki - online
  3. sämtliche genealogischen Daten nach "GENi" zu "Kaufmann Kohler" und Biographisches Portal der Rabbiner (BHR) zu "KOHLER, Kaufmann, Dr." – online
  4. siehe dazu: Biographisches Portal der Rabbiner (BHR) zu "KOHLER, Kaufmann, Dr." – online
  5. Dissertation: Der Segen Jacob’s (Genesis Cap. 49,1-28) mit besonderer Berücksichtigung der alten Versionen und des Midrasch kritisch-historisch untersucht und erklärt. Ein Beitrag zur Geschichte des hebräischen Alterthums wie zur Geschichte der Exegese, Erlangen 1867.
  6. Biographisches Portal der Rabbiner (BHR) zu "KOHLER, Kaufmann, Dr." – online
  7. Hanna Liss: Jüdische Bibelauslegung; 2020, Seite 327 - online
  8. "So he convened the rabbinical conference that passed the Pittsburgh Platform in 1885, a document that formulated the principles of the reform movement. From 1903 until his retirement, Kohler served as President of the Hebrew Union College in Cincinnati. He was editor of the Jewish Encyclopedia and founder of the American Jewish Historical Society and the Jewish Publication Society. siehe - online
  9. "The Pittsburgh Platform – Defining American Reform Judaism (1885)" in: American Jewish Archives online. "He is remembered as the “chief architect” of the 1885 Pittsburgh Platform, which set forth American Reform positions on such topics as the idea of God, the Jewish mission, and the need for Jews to be actively involved in social justice causes for the betterment of humankind. This famous platform is considered to be a landmark development in the history of American Judaism."
  10. Karl Erich Grözinger: "Jüdisches Denken. Theologie - Philosophie - Mystik", Band 5, 2019, Seite 428
  11. Allgemeine Zeitung des Judentums vom 17. September 1920

Siehe auch

Bilder