Hans Bornkessel: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 29. Januar 2024, 00:48 Uhr

Dr. Hans Bornkessel (geb. 26. April 1892 in München; gest. 15. September 1977 in Garmisch-Partenkirchen) war ein Jurist, SPD-Politiker und von 1946 bis 1964 der erste frei gewählte Oberbürgermeister Fürths nach dem Zweiten Weltkrieg.

Leben

Seine Eltern waren Johann (Kriminaloberinspektor) und Berta Bornkessel, geb. Diethmar. Die Schulzeit verbrachte Bornkesse in München und legte sein Abitur 1912 ab. Vor dem 1. Weltkrieg begann er mit dem Jurastudium an der Universität München und war Schüler von Karl von Amira, Kirsch, Dyroff und Lujo Brentano. Den 1. Weltkrieg verbrachte Bornkessel als freiwilliger im Wehrdienst und war Oberleutnant der Reserve. Nach dem 2. Weltkrieg nahm er sein Studium erneut auf und absolvierte 1919 sein Zeit als Referendar. Bornkessel heiratete am 28. Oktober 1919 in München Emma Bornkessel (10. November1887-), geb. Meyer, verw. Kotelhoff. Bereits 1920 legte er seine Promotion ab. 1921 legte er sein 2. Staatsexamen ab und begann 1922 als Rechtsassessour bzw. später als Bezirksamtmann in Berneck und Schwabach seine berufliche Laufbahn. Das Thema seiner Dissertation 1920 in Würzburg war: Der verantwortliche Redakteur und seine Haftung nach den §§ 20, 21 RPG vom 07. Mai 1874. Ein Beitrag zur Neugestaltung des Pressestrafrechts. 1927 trat er in die SPD ein und war er für kurze Zeit kommissarisch im Reichsversicherungsamt tätig, ehe er 1929 Rechtsrat in Fürth wurde, u.a. auch zuständig in den Fragen der Wohlfahrts- und Polizeifragen.

Am 1. Oktober 1920 wurde er berufsmäßiger Stadtrat in der Stadtverwaltung Fürth. Er übernahm das Wohlfahrts- und allgemeine Verwaltungsreferat (Wohnwesen, Gesundheitsamt, Vermittlungsamt). 1926 trat Bornkessel in die SPD ein.

Bornkessel als entschiedener Gegner der Nationalsozialisten wurde 1933 im Rahmen des Berufsbeamtengesetzes vom Dienst beurlaubt bzw. suspendiert und 1934 zwangsweise in den Ruhestand versetzt. Daraufhin versuchte Bornkessel sich als Jurist in der Privat-Wirtschaft "über Wasser" zu halten. Hierzu wechselte er den Wohnort nach Berlin. In Berlin übernahm er bei der Schweizerischen Lebensversicherungs- und Rentenanstalt aus Zürich die Aufgabe der Grundstücksverwaltung. Vom 9. November 1939 bis 19. Januar 1940 wurde er abermals von den Nationalsozialisten angegangen und verbrachte mehrere Wochen im Polizeigefängnis Berlin-Alexanderplatz in "Schutzhaft".

Am 20. Januar 1940 verschleppte man ihn von dort in das KZ Sachsenhausen, aus dem er am 27. August 1940 wieder entlassen wurde. In der Zeit von Dezember 1940 bis August 1945 arbeitete Bornkessel in Potsdam bei den Arado-Flugzeugwerken. Nach dem Einmarsch der sowjetischen Streitkräfte in Brandenburg wurde Bornkessel im August 1945 zunächst zum Landrat und stellv. Oberlandrat in Eberswalde/ Brandenburg ernannt. Sein Dienst endete aber bereits wieder im Dezember 1945.

Sein ehemaliger Amtskollege in Fürth und aktuell "notgedrungen" amtierender Oberbürgermeister Johann Schmidt erinnerte sich Ende 1945 in der Frage der Nachfolge an Bornkessel und konnte sich trotz einiger Bedenken durchsetzen, Bornkessel als seinen Nachfolger zu etablieren. Die Entscheidung für Bornkessel war nicht unumstritten, da Bornkessel zwar als hervorragender Verwaltungsjurist bekannt war, aber gleichzeitig die SPD ihm skeptisch gegenüber stand, da er doch den Ruf hatte "recht selbstherrlich und eigenwillig - auch gegen die Interessen der eigenen Partei - gehandelt zu haben. Nicht immer hatten sich seine Vorstellungen mit denen der Partei gedeckt". Womit niemand in Fürth gerechnet hatte war der Umstand, wie schwierig sich eine Übersiedlung aus der sowjetischen Besatzungszone in die amerikanische Zone gestalten würde. Trotz der Bemühungen der amerikanischen Militärregierung musste Bornkessel auf gepackten Koffern bis zum 25. Februar 1946 warten. An diesem Tag bekam Bornkessel die lang ersehnte Genehmigung und telegraphierte an die Stadt Fürth: "Ankomme Fuerth heute Mitternacht."

Am 19. März 1946 wurde er als Oberbürgermeister in Fürth eingesetzt, der neue Stadtrat wählte ihn einstimmig am 6. Juni 1946. Die formale Prüfung der Spruchkammer I im Stadtkreis Fürth kam am 20. März 1947 zu dem Ergebnis, dass Bornkessel im Sinne der Gesetzgebung der Entnazifizierung als nicht betroffen eingestuft wurde. Am 30. Juni 1948 durch Bornkessel durch den Stadtrat als Oberbürgermeister bestätigt. Er stellte sich am 30. Mai 1952 erstmals dem Votum der Bürgerschaft, die ihn auch am 23. März 1958 mit 98,2 % der Stimmen wiederwählte: Bis heute Rekord der Stadtgeschichte! Seine Amtszeit endete am 30. April 1964.

Causa Franz Jakob

Im Jahr 2018 fand ein ehrenamtlicher Mitarbeiter des Stadtarchivs eine Akte im Bestand, aus der hervorging, dass dem ehem. NS-Oberbürgermeister Franz Jakob nach dem 2. Weltkrieg eine freiwillige finanzielle Unterstützung durch seinen Amtsnachfolger Bornkessel gewährt wurde. Initial ging diese Zuwendung auf ein Bittschreiben Jakobs an den damaligen Oberbürgermeister Bornkessel im Jahr 1959 zurück. Hier bat Jakob um Milde, da er (Jakob) schließlich seine Schuld beglichen habe, aber jetzt unter sehr ärmlichen Verhältnissen lebe müsse. Bornkessel gab dieses Ansinnen in den nicht-öffentlichen Teil des Stadtrats weiter, der jedoch den Wunsch Jakobs versagte - mit dem Hinweis, dass man seine Taten während des Nationalsozialismus noch bestens in Erinnerung hätte. Weitere Fürsprecher Jakobs waren sein Stellvertreter während des NS-Regimes in Fürth - SS-Mitglied Fritz Kempfler, zu dem Zeitpunkt für die CSU Mitglied des Bundestages - sowie der ehem. Rechtsrat Schwiening und Gustav Schickedanz. Letzterer befürwortete eine finanzielle Zuwendung, wollte aber nicht als Fürsprecher in der Öffentlichkeit genannt werden. Bornkessel ließ, nach dem abschlägigen Beschluss des Stadtrates, aus den eigenen Verfügungsmitteln Jakob mindestens dreimal im Jahr Bargeld per Post zukommen, stets an Ostern, zur Kirchweih und an Weihnachten. Nach dem Ausscheiden Bornkessels aus dem Amt des Oberbürgermeisters setzte sein Nachfolger - Kurt Scherzer - diese Zahlungen fort, bis zum Tod Jakobs bzw. dessen Ehefrau.[1]

Bayerischer Senat

Bornkessel war vom 4. Dezember 1947 bis zum 31. Dezember 1967 für die Gruppe der Gemeinden und Gemeindeverbände Mitglied des Bayerischen Senats. Dabei war er in folgenden Ausschüssen und Funktionen tätig:

  • Wahlprüfungsausschuss (Senat) (1948): Mitglied 1948/1967
  • Wirtschaftsausschuss (Senat) (1948): Mitglied 1948/1958
  • Sonderausschuss Gemeindeordnung (Senat) (1950): Mitglied 1950/1952
  • Rechts- und Verfassungsausschuss (Senat) (1952): Mitglied 1952/1958
  • Sonderausschuss Staatsvereinfachung (Senat) (1956): Mitglied 1956/1958
  • Sonderausschuss Besoldungsgesetz (Senat) (1956): Mitglied 1956/1958?
  • Finanz- und Haushaltsausschuss (Senat) (27.06.1958): Mitglied 1958/1967
  • Hauptausschuss (Senat) (19.12.1958): Mitglied 1958/1967
  • Sonderausschuss Wohnungsbau (Senat) (16.12.1964): Mitglied 1964/1965
  • 19. Dezember 1958 - 31. Dezember 1967 Präsidium (Senat): 2.Vizepräsident

Weitere politische Ämter

Neben seiner Tätigkeit als Oberbürgermeister hatte Bornkessel auch eine Vielzahl von weiteren Ämtern. Diese waren im Einzlenen:

  • Mitglied im Bayerischen und Deutschen Städtetag
  • Vorstandsvorsitzender des Bayerischen Gemeinde-Unfallversicherungsverbands
  • Mitglied des Großkraftwerks Franken
  • Mitglied Bayerische Milchversorgungs-GmbH
  • 1948-1955 Mitglied des Rundfunkrats
  • 1955 stellv. Vorsitzender des Rundfunkrats
  • 1956-1960 Mitglied des Verwaltungsrats des Bayerischen Rundfunks
  • Gründer und Vorsitzender der Volkshochschulvereinigung Fürth
  • Mitglied im Kuratorium des Bayerischen Volkshochschulverbands
  • 25. April 1958 - 1967 Beirat der Akademie für Politische Bildung
  • Vorsitzender des Kreisverbandes Fürth des BRK
  • Beirat für die Zusatzversorgungskasse
  • Vorsitzender des Aufsichtsrates der Ludwigseisenbahn-Gesellschaft
  • 1. Vorsitzender des Verein Fürther Gesellschaft der Kunstfreunde

Ehrungen und Auszeichnungen

Porträt Hans Bornkessel

Sonstiges

Am 9. Dezember 1930 gründete Bornkessel den Verein "Fürther Nothilfe e. V." für die unter Hunger notleidende Bevölkerung. Der Verein betrieb eine Volksküche, die mit Unterstützung der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände regelmäßige Essensausgaben organisierte. Im Rahmen der sog. Gleichschaltung wurde der Verein während des Nationalsozialismus aufgelöst bzw. von der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) übernommen.

Veröffentlichungen

  • Der verantwortliche Redakteur und seine Haftung nach den §§ 20, 21 RPG. vom 7. Mai 1874. Ein Beitrag zur Neugestaltung des Preßstrafrechts. Universität Würzburg, Rechts- und staatswiss. Dissertation, 1920, 79 S. [In Maschinenschrift] [Auszug nicht gedruckt]
  • Organisation und Akquisition. Ein Beitrag zur Frage der bestmöglichen Gestaltung des Außendienstes von Lebensversicherungs-Unternehmungen. München: Vitalis-Verlag, 1937, 61 S.

Dies ist eine Liste von Medien rund um die Stadt Fürth, die von "Hans Bornkessel" erstellt wurden.

 UntertitelErscheinungsjahrAutorVerlagGenreAusfuehrungSeitenzahlISBNnr
Stadt Fürth (Buch)1962Adolf Schwammberger
Hans Bornkessel
Kurt Scherzer
U. A.
Bayerland Verlag e. V., MünchenStadtgeschichte
Wirtschaft und Technik (Lektüre)
Heft, DIN A450


Literatur

  • Bornkessel, Dr. Hans, Oberbürgermeister. In: Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z. Ein Geschichtslexikon. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 64 f.

Lokalberichterstattung

  • Johannes Alles: Wie das Fürther Rathaus einem NS-Verbrecher half - Akten belegen, dass die Oberbürgermeister Bornkessel und Scherzer ihrem Vorgänger Franz Jakob regelmäßig Geld schickten. In: Fürther Nachrichten vom 2. Februar 2019 (Druckausgabe) bzw. nordbayern.de vom 3. Februar 2019 - online
  • Manfred Mümmler: Ringen um Profil - Stadtführung gestaltet sich problematisch. In: Fürther Nachrichten vom 4./5. November 1995

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Stadtarchiv Fürth, AGr. 4/70 b - "Unterstützungen H-J"


Bilder