Berolzheimerianum: Unterschied zwischen den Versionen

Aus FürthWiki

(→‎Siehe auch: Ergänzung)
Keine Bearbeitungszusammenfassung
 
(3 dazwischenliegende Versionen von einem anderen Benutzer werden nicht angezeigt)
Zeile 19: Zeile 19:
Asymmetrischer Gruppenbau mit reich gegliederten Putzfassaden und Sandsteinsockel, im Süden dreigeschossiger Saalbau mit Satteldach, leicht geschweiften Giebeln und Zwerchhäusern, im Norden zweigeschossiger Eingangsbau mit Walmdach und Seitenrisalit mit Zwerchgiebel, Jugendstil-Formen, von [[Otto Holzer]] mit [[Alfred Ammon]] und [[Josef Zizler]], 1904–1906, 1950–1952 z. T. vereinfacht wiederhergestellt; Einfriedung, Sandsteinmauer mit Pfeilern im Winkel zwischen Saalbau und Eingangsbau sowie Toreinfahrt südlich des Saalbaus, gleichzeitig.
Asymmetrischer Gruppenbau mit reich gegliederten Putzfassaden und Sandsteinsockel, im Süden dreigeschossiger Saalbau mit Satteldach, leicht geschweiften Giebeln und Zwerchhäusern, im Norden zweigeschossiger Eingangsbau mit Walmdach und Seitenrisalit mit Zwerchgiebel, Jugendstil-Formen, von [[Otto Holzer]] mit [[Alfred Ammon]] und [[Josef Zizler]], 1904–1906, 1950–1952 z. T. vereinfacht wiederhergestellt; Einfriedung, Sandsteinmauer mit Pfeilern im Winkel zwischen Saalbau und Eingangsbau sowie Toreinfahrt südlich des Saalbaus, gleichzeitig.


Der Denkmalatlas von Heinrich Habel aus dem Jahr 1994 nannte das Gebäude an der Schwabacher Straße einen „malerisch gruppierten, reich gegliederten Jugendstil-Putzbau in Ecklage“. Eine alte Postkarte aus der Zeit, als das Haus während des I. Weltkrieges als Lazarett genutzt wurde, zeigt auf dem Dach ein Türmchen mit einer umlaufenden Kanzel.<ref>n. n.: „Berolzheimers Wunsch nach Bildung“. In: Fürther Nachrichten vom 6. Mai 2006</ref> Wann das Türmchen entfernt wurde, ist nicht bekannt. Im II. Weltkrieg war es noch vorhanden. Es gibt Schilderungen von dem Stadtoberinspektor Gottlieb Wunschel, der gegenüber im Stadtarchiv arbeitete (Die Amtsräume waren im Gebäude des alten Krankenhauses, Leitung des dortigen Museums durch Adolf Schwammberger, der Chef von Wunschel). Wunschel hat sich bei Fliegeralarme 1944/45 auf das Türmchen begeben und Ausschau gehalten nach anrückenden Flugzeugen. Diese flogen weiter nach Nürnberg, um dort ihre Bomben-Lasten abzuwerfen.<ref>In den Chronikbänden im Stadtarchiv sind die Wunschel-Aufzeichnungen vermerkt.</ref>
Der [[Denkmäler in Bayern - Stadt Fürth (Buch)|Denkmalatlas]] von [[Heinrich Habel]] aus dem Jahr 1994 nannte das Gebäude an der Schwabacher Straße einen „malerisch gruppierten, reich gegliederten Jugendstil-Putzbau in Ecklage“. Eine alte Postkarte aus der Zeit, als das Haus während des Ersten Weltkrieges als Lazarett genutzt wurde, zeigt auf dem Dach ein Türmchen mit einer umlaufenden Kanzel.<ref>n. n.: „Berolzheimers Wunsch nach Bildung“. In: Fürther Nachrichten vom 6. Mai 2006</ref> Wann das Türmchen entfernt wurde, ist nicht bekannt. Im Zweiten Weltkrieg war es noch vorhanden. Es gibt Schilderungen von dem Stadtoberinspektor [[Gottlieb Wunschel]], der gegenüber im [[Stadtarchiv]] arbeitete (Die Amtsräume waren im Gebäude des alten Krankenhauses, Leitung des dortigen Museums durch Adolf Schwammberger, der Chef von Wunschel). Wunschel hat sich bei Fliegeralarme 1944/45 auf das Türmchen begeben und Ausschau gehalten nach anrückenden Flugzeugen. Diese flogen weiter nach Nürnberg, um dort ihre Bomben-Lasten abzuwerfen.<ref>In den Chronikbänden im Stadtarchiv sind die Wunschel-Aufzeichnungen vermerkt.</ref>


== Fürther Volksbildungsverein ==
== Fürther Volksbildungsverein ==
Zeile 47: Zeile 47:
In einer Nische an der Ostfassade wurde am [[26. Mai]] [[1906]] ein Bronzestandbild des Prinzregenten Luitpold von Bayern enthüllt.<ref>Stadtarchiv Fürth, Zeitgeschichtliche Sammlung, Allgemeines, Denkmäler: Nordbayerische Zeitung, 27. Januar 1925: Denkmäler, Gedenksteine und Gedenktafeln in Fürth</ref> Das Denkmal wurde nach dem Entwurf des Bildhauers [https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_von_R%C3%BCmann Wilhelm von Rümann] geschaffen und zeigte den Prinzregenten Luitpold ''"in der Tracht des Hubertus-Ritterordens mit Hermelinmantel"''.<ref name="Luitpold">Stadtarchiv Fürth, AGr. 3/37, Denkmäler aus Nichteisenmetallen. Erfassung, Abbau, Einlagerung und Ablieferung, Meldebogen vom 6. August 1940</ref>
In einer Nische an der Ostfassade wurde am [[26. Mai]] [[1906]] ein Bronzestandbild des Prinzregenten Luitpold von Bayern enthüllt.<ref>Stadtarchiv Fürth, Zeitgeschichtliche Sammlung, Allgemeines, Denkmäler: Nordbayerische Zeitung, 27. Januar 1925: Denkmäler, Gedenksteine und Gedenktafeln in Fürth</ref> Das Denkmal wurde nach dem Entwurf des Bildhauers [https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_von_R%C3%BCmann Wilhelm von Rümann] geschaffen und zeigte den Prinzregenten Luitpold ''"in der Tracht des Hubertus-Ritterordens mit Hermelinmantel"''.<ref name="Luitpold">Stadtarchiv Fürth, AGr. 3/37, Denkmäler aus Nichteisenmetallen. Erfassung, Abbau, Einlagerung und Ablieferung, Meldebogen vom 6. August 1940</ref>


[[1940]] wurde vom Fürther Hochbauamt erstmals ein Verzeichnis über im Stadtgebiet befindliche Kunstobjekte aus „Nichteisenmetallen“ angefertigt mit einer Stellungnahme des Oberbürgermeisters über Verbleib oder Zuführung zur „[[Metallspende des deutschen Volkes]]“. Das Standbild wird dort unter Pos. 2 geführt mit dem Vermerk „Zuführung zu befürworten“. An einem Verbleib vor Ort war man also nicht interessiert, man befand: ''„An der Fassade des Volksbildungsheimes wirkt das unterlebensgroße Standbild kleinlich und findet bei seinem hochgelegenen Standpunkt kaum eine Beachtung“'', sprach aber von einem ''„an sich künstlerischen Wert“''.<ref name="Luitpold"/> Das Bayerische Landesamt für Denkmalspflege sah in seinem Gutachten vom November 1940 ''„keinen größeren künstlerischen Wert“'' und schloss sich dem Vorschlag der Stadt zur Entfernung an. Im Oktober 1941 wurde die Figur zusammen mit zwei anderen Bronzeobjekten zur Demontage freigegeben. Im Januar 1942 wurden die Bronzen dann an eine Münchener Metallverarbeitungsfirma versandt und dort höchstwahrscheinlich eingeschmolzen<ref>Stadtarchiv Fürth, Akte AGr. 3/37, Recherche Werner Gietl, Juli 2017</ref> - letzte Gewissheit über die vollzogene Einschmelzung gibt es jedoch nicht.
[[1940]] wurde vom Fürther Hochbauamt erstmals ein Verzeichnis über im Stadtgebiet befindliche Kunstobjekte aus „Nichteisenmetallen“ angefertigt mit einer Stellungnahme des Oberbürgermeisters über Verbleib oder Zuführung zur „[[Metallspende des deutschen Volkes]]“. Das Standbild wird dort unter Pos. 2 geführt mit dem Vermerk „Zuführung zu befürworten“. An einem Verbleib vor Ort war man also nicht interessiert, man befand: ''„An der Fassade des Volksbildungsheimes wirkt das unterlebensgroße Standbild kleinlich und findet bei seinem hochgelegenen Standpunkt kaum eine Beachtung“'', sprach aber von einem ''„an sich künstlerischen Wert“''.<ref name="Luitpold"/> Das Bayerische Landesamt für Denkmalspflege sah in seinem Gutachten vom November 1940 ''„keinen größeren künstlerischen Wert“'' und schloss sich dem Vorschlag der Stadt zur Entfernung an. Im Oktober 1941 wurde die Figur zusammen mit zwei anderen Bronzeobjekten zur Demontage freigegeben. Im Januar 1942 wurden die Bronzen dann an eine Münchener Metallverarbeitungsfirma versandt und dort höchstwahrscheinlich eingeschmolzen<ref>Stadtarchiv Fürth, Akte AGr. 3/37, Recherche Werner Gietl, Juli 2017</ref> - letzte Gewissheit über die vollzogene Einschmelzung gibt es jedoch nicht. Seit Ende Februar 2024 steht in der Nische eine Statue der Bühnenfiguren der Fürther Komiker [[Martin Rassau]] (Waltraud) und [[Volker Heißmann]] (Mariechen). Sie wurde vom Fürther Bildhauer André Jeschar gestaltet. Der Name des Prinzregenten ist allerdings weiter im Sockel unterhalb der Nische eingraviert.<ref>Julia Ruhnau: ''Waltraud und Mariechen als Statue verewigt''. In: Fürther Nachrichten vom 8. März 2024, S. 25</ref>


== Sonstiges ==
== Sonstiges ==
Im November [[1948]] kam es zu einem Vorfall, der in der örtlichen Presse großes Echo hervorrief. Eine gewisse Frau Oerter hatte sich im Berolzheimerianum ein Buch ausgeliehen, dass - wie sich zum Erstaunen der Buchausleiherin herausstellte - den [[Nationalsozialistische Deutsche ArbeiterparteiNationalsozialismus]] verherrlichte. Nachdem sie die beiden Angestellten des Berolzheimerianums auf diesen Umstand hingewiesen hatte, wurde sie „abgewimmelt“ und nach ihren Schilderungen beschimpft. Daraufhin wandte sich Frau Oerter an den befreundeten Stadtrat [[Konrad Grünbaum|Grünbaum]], der den Fall nun in den [[Stadtrat]] und an die örtliche Presse brachte. Gleichzeitig wendete sich [[Konrad Grünbaum|Grünbaum]] schriftlich an den [[Oberbürgermeister]] [[Hans Bornkessel|Bornkessel]] mit dem Sachverhalt. Diese Beschwerde wurde wiederum von Seiten der Angestellten des Berolzheimerianums als Affront empfunden, sodass sich die Emotionen hochschaukelten, wie der Presse und dem Schriftverkehr zu entnehmen ist. Mit einer Entschuldigung aller Beteiligten wurde der Fall schließlich nach mehreren Schreiben und Monaten aus der Welt geschafft.<ref>Stadtarchiv Fürth - AG 3/13 - Volksbücherei Band 1 - Schreiben von November 1948 bis 1949</ref>
Im November [[1948]] kam es zu einem Vorfall, der in der örtlichen Presse großes Echo hervorrief. Eine gewisse Frau Oerter hatte sich im Berolzheimerianum ein Buch ausgeliehen, dass - wie sich zum Erstaunen der Buchausleiherin herausstellte - den [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|Nationalsozialismus]] verherrlichte. Nachdem sie die beiden Angestellten des Berolzheimerianums auf diesen Umstand hingewiesen hatte, wurde sie „abgewimmelt“ und nach ihren Schilderungen beschimpft. Daraufhin wandte sich Frau Oerter an den befreundeten Stadtrat [[Konrad Grünbaum|Grünbaum]], der den Fall nun in den [[Stadtrat]] und an die örtliche Presse brachte. Gleichzeitig wendete sich [[Konrad Grünbaum|Grünbaum]] schriftlich an den [[Oberbürgermeister]] [[Hans Bornkessel|Bornkessel]] mit dem Sachverhalt. Diese Beschwerde wurde wiederum von Seiten der Angestellten des Berolzheimerianums als Affront empfunden, sodass sich die Emotionen hochschaukelten, wie der Presse und dem Schriftverkehr zu entnehmen ist. Mit einer Entschuldigung aller Beteiligten wurde der Fall schließlich nach mehreren Schreiben und Monaten aus der Welt geschafft.<ref>Stadtarchiv Fürth - AG 3/13 - Volksbücherei Band 1 - Schreiben von November 1948 bis 1949</ref>


== Comödie Fürth und Grüner Brauhaus ==
== Comödie Fürth und Grüner Brauhaus ==
Zeile 87: Zeile 87:
* [[Emil Berolzheimer]]
* [[Emil Berolzheimer]]
* [[Philip Berolzheimer]]
* [[Philip Berolzheimer]]
* [[Volksbücherei]]
* [[Fiorda]]
* [[Fiorda]]
* [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NS-Zeit]]
* [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NS-Zeit]]

Aktuelle Version vom 31. Oktober 2024, 10:43 Uhr

100%
Das Berolzheimerianum von Süd-Ost. Vereinfachter Wiederaufbau der Dachlandschaft nach Kriegsschaden (Turm und Dachgauben)
Die Karte wird geladen …

Das Berolzheimerianum wurde am 26. Mai 1906 um 10 Uhr im Beisein von Prinz Ludwig eingeweiht und geht auf eine Stiftung des Fabrikanten Heinrich Berolzheimer (zusammen mit seinen Söhnen Emil und Philip) über 223.000 Goldmark zurück. Zweck der Stiftung war die Schaffung eines Volksbildungsheimes, das kostenlos allen Fürthern zur Verfügung stehen sollte. Das Gebäude beherbergte auch die Volksbücherei. Während des Ersten Weltkriegs wurde im Saal des Berolzheimerianums ein Reservelazarett für verwundete Soldaten eingerichtet. Seit 22. September 1998 dient es - unter Hintanstellung des festgelegten Stiftungszwecks - der Comödie Fürth als Spielort und Restaurant.

Beschreibung des Baudenkmals

Asymmetrischer Gruppenbau mit reich gegliederten Putzfassaden und Sandsteinsockel, im Süden dreigeschossiger Saalbau mit Satteldach, leicht geschweiften Giebeln und Zwerchhäusern, im Norden zweigeschossiger Eingangsbau mit Walmdach und Seitenrisalit mit Zwerchgiebel, Jugendstil-Formen, von Otto Holzer mit Alfred Ammon und Josef Zizler, 1904–1906, 1950–1952 z. T. vereinfacht wiederhergestellt; Einfriedung, Sandsteinmauer mit Pfeilern im Winkel zwischen Saalbau und Eingangsbau sowie Toreinfahrt südlich des Saalbaus, gleichzeitig.

Der Denkmalatlas von Heinrich Habel aus dem Jahr 1994 nannte das Gebäude an der Schwabacher Straße einen „malerisch gruppierten, reich gegliederten Jugendstil-Putzbau in Ecklage“. Eine alte Postkarte aus der Zeit, als das Haus während des Ersten Weltkrieges als Lazarett genutzt wurde, zeigt auf dem Dach ein Türmchen mit einer umlaufenden Kanzel.[1] Wann das Türmchen entfernt wurde, ist nicht bekannt. Im Zweiten Weltkrieg war es noch vorhanden. Es gibt Schilderungen von dem Stadtoberinspektor Gottlieb Wunschel, der gegenüber im Stadtarchiv arbeitete (Die Amtsräume waren im Gebäude des alten Krankenhauses, Leitung des dortigen Museums durch Adolf Schwammberger, der Chef von Wunschel). Wunschel hat sich bei Fliegeralarme 1944/45 auf das Türmchen begeben und Ausschau gehalten nach anrückenden Flugzeugen. Diese flogen weiter nach Nürnberg, um dort ihre Bomben-Lasten abzuwerfen.[2]

Fürther Volksbildungsverein

Der Fürther Volksbildungsverein wurde 1904 von Heinrich Berolzheimer und seinen in New York lebenden Söhnen Emil und Philip Berolzheimer gegründet. Erklärtes Ziel war die Schaffung eines Volksbildungsheimes mit öffentlicher Bibliothek, Lesehalle und einem Veranstaltungsort mit Empore für Konzerte, Vorträge und Ausstellungen. Insgesamt stellten die Spender dafür 223.000 Mark zur Verfügung.

Volksbücherei während des Nationalsozialismus

Eine jüdische Stiftung während des Nationalsozialismus war im Sinne des NS-Regime undenkbar. Deshalb wurden bereits nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten alle Andenken an die jüdischen Stifter beseitigt: die Fassadeninschrift "Berolzheimerianum" weggemeißelt und eine Steinbüste von Heinrich Berolzheimer entfernt.[3] Das Berolzheimerianum wurde kurzerhand zum "Volksbildungszentrum" umgewidmet. Ab dem 1. April 1937 wurde das Volksbildungsheim samt Bibliothek durch die städtische Verwaltung vollständig übernommen, der Bildungsverein im Zuge der Gleichschaltung aufgelöst. Sowohl die Bücherei als auch der Vortragssaal wurden den NS-Vereinen und Gliederungen mit zur freien Nutzung zur Verfügung gestellt. Leiter der Einrichtung wurde der damalige Stadtarchivar Dr. Adolf Schwammberger.

Die Bibliothek hatte zum Stand 1. April 1937 ca. 20.000 Bücher im Bestand, allerdings wurde der Zustand der Bücher als sehr schlecht beschrieben. Lediglich 3.000 Bücher seien noch in einem relativ guten Zustand gewesen. Der Betrieb wurde durch einen "Volksbildungsverein" sicher gestellt, der durch seine finanziellen Mittel regelmäßig auch Neuanschaffungen tätigte.

Für die folgenden Jahren werden statistisch die Anzahl der Leser angegeben:

  • 1935/36 - 19.840 Bücherei-Nutzer
  • 1936/37 - 18.166 Bücherei-Nutzer
  • 1937/38 - 22.069 Bücherei-Nutzer

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach dem Zweiten Weltkrieg bleibt zunächst die Bücherei geschlossen. In einem Schreiben vom 1. August 1945 der Stadt Fürth an die Militärregierung wird nachgewiesen, dass alle Bücher, die die Natzipartei und ihre Lehren empfehlen, preisen oder verherrlichen, [sind] schon im April von den Bücherregalen entfernt und in einem besonderen Raum untergebracht wurden. Die militärischen Bücher sind noch nicht aus den Bücherregalen entfernt, sie werden aber nicht mehr ausgeliehen.[4]

Die Bücherei nimmt erst am 15. April 1946 wieder ihren Betrieb auf; erneut unter dem Namen des Stifters: Heinrich Berolzheimer bzw. unter dem Namen Berolzheimerianum.

Anschrift

Im Dezember 2016 wurde die Anschrift des Gebäudes durch einen Stadtratsbeschluss geändert. Die ursprüngliche Adresse Theresienstraße 1 wurde umgewidmet in Comödien-Platz 1.

Bronzestandbild

Ehemaliges Bronzestandbild um 1907

In einer Nische an der Ostfassade wurde am 26. Mai 1906 ein Bronzestandbild des Prinzregenten Luitpold von Bayern enthüllt.[5] Das Denkmal wurde nach dem Entwurf des Bildhauers Wilhelm von Rümann geschaffen und zeigte den Prinzregenten Luitpold "in der Tracht des Hubertus-Ritterordens mit Hermelinmantel".[6]

1940 wurde vom Fürther Hochbauamt erstmals ein Verzeichnis über im Stadtgebiet befindliche Kunstobjekte aus „Nichteisenmetallen“ angefertigt mit einer Stellungnahme des Oberbürgermeisters über Verbleib oder Zuführung zur „Metallspende des deutschen Volkes“. Das Standbild wird dort unter Pos. 2 geführt mit dem Vermerk „Zuführung zu befürworten“. An einem Verbleib vor Ort war man also nicht interessiert, man befand: „An der Fassade des Volksbildungsheimes wirkt das unterlebensgroße Standbild kleinlich und findet bei seinem hochgelegenen Standpunkt kaum eine Beachtung“, sprach aber von einem „an sich künstlerischen Wert“.[6] Das Bayerische Landesamt für Denkmalspflege sah in seinem Gutachten vom November 1940 „keinen größeren künstlerischen Wert“ und schloss sich dem Vorschlag der Stadt zur Entfernung an. Im Oktober 1941 wurde die Figur zusammen mit zwei anderen Bronzeobjekten zur Demontage freigegeben. Im Januar 1942 wurden die Bronzen dann an eine Münchener Metallverarbeitungsfirma versandt und dort höchstwahrscheinlich eingeschmolzen[7] - letzte Gewissheit über die vollzogene Einschmelzung gibt es jedoch nicht. Seit Ende Februar 2024 steht in der Nische eine Statue der Bühnenfiguren der Fürther Komiker Martin Rassau (Waltraud) und Volker Heißmann (Mariechen). Sie wurde vom Fürther Bildhauer André Jeschar gestaltet. Der Name des Prinzregenten ist allerdings weiter im Sockel unterhalb der Nische eingraviert.[8]

Sonstiges

Im November 1948 kam es zu einem Vorfall, der in der örtlichen Presse großes Echo hervorrief. Eine gewisse Frau Oerter hatte sich im Berolzheimerianum ein Buch ausgeliehen, dass - wie sich zum Erstaunen der Buchausleiherin herausstellte - den Nationalsozialismus verherrlichte. Nachdem sie die beiden Angestellten des Berolzheimerianums auf diesen Umstand hingewiesen hatte, wurde sie „abgewimmelt“ und nach ihren Schilderungen beschimpft. Daraufhin wandte sich Frau Oerter an den befreundeten Stadtrat Grünbaum, der den Fall nun in den Stadtrat und an die örtliche Presse brachte. Gleichzeitig wendete sich Grünbaum schriftlich an den Oberbürgermeister Bornkessel mit dem Sachverhalt. Diese Beschwerde wurde wiederum von Seiten der Angestellten des Berolzheimerianums als Affront empfunden, sodass sich die Emotionen hochschaukelten, wie der Presse und dem Schriftverkehr zu entnehmen ist. Mit einer Entschuldigung aller Beteiligten wurde der Fall schließlich nach mehreren Schreiben und Monaten aus der Welt geschafft.[9]

Comödie Fürth und Grüner Brauhaus

Martin Rassau und Volker Heißmann im großen Saal im 1. OG

Siehe Hauptartikel: Brauerei Grüner. Wiederbelebung der Marke
Die Betreiber der Comödie Fürth nutzten das Gebäude seit 1998 für Theaterveranstaltungen. Dazu wurden die Räume immer wieder umgebaut und mit moderner Technik ausgestattet, das Grüner Brauhaus als Gastronomie eingerichtet. Der Veranstaltungsraum mit Bühne befindet sich im ersten Stock, im zweiten Stock findet man weitere Sitzplätze. Im Jahr 2020 wurde unter Projektverwaltung der WBG, die im Auftrag der Heinrich Berolzheimer'schen Jubiläumsstiftung das Berolzheimerianum verwaltet, ein gläserner Aufzug eingebaut, der nun einen barrierefreien Zugang zu den Obergeschossen ermöglichte. Während der Corona-Pandemie 2020 und 2021 waren Comödie und Brauhaus meist geschlossen. Ab dem 28. April 2021 wurde deshalb im Brauhaus ein Corona-Schnelltestzentrum eingerichtet.[10]

Tourismus

Literatur

Aufsatz vom 12. Juni 1907
  • Das Berolzheimerianum (Volksbildungsheim) in Fuerth : Zur Eröffnung des Hauses am 26. Mai 1906, dem Festtage der 100jährigen Vereinigung der Stadt Fürth mit der Krone Bayern, erstatteter Bericht Fürth : Schröder, 1906. - 18 S., 11 Tafeln
  • Neue Bauten in Fürth. I Berolzheimerianum. In: Süddeutsche Bauzeitung, Nr. 37, 1906, S. 289 - 293
  • Das Berolzheimerianum (Volksbildungsheim) in Fürth. In: Deutsche Bauzeitung, 41. Jg., Nr. 47 vom 12. Juni 1907, S. 329 - 331 - siehe rechts
  • 25 Jahre Berolzheimerianum : 26. Bericht des Fürther Volksbildungsvereins für das Vereinsjahr 1931/32 Fürth i. Bay. : Schröder, 1932
  • Künstlerlexikon Thieme-Becker, Band 29, S. 170

Lokalberichterstattung

Nürnberg-Fürther Isr. Gemeindeblatt, 1.Mai 1928
  • Konzert im Berolzheimerianum. In: "Nürnberg-Fürther Isr. Gemeindeblatt", 1.Mai 1928
  • In der Comödie Fürth geht´s jetzt bequem nach oben. In: Fürth StadtZeitung, Nr. 18 vom 7. Oktober 2020, S. 6 – PDF-Datei
  • Birgit Heidingsfelder: Schnelltests statt Schnitzel. In: Fürther Nachrichten vom 26. April 2021 (Druckausgabe) bzw. Grüner Brauhaus wird zum Schnelltestzentrum. In: nordbayern.de vom 26. April 2021 - online
  • Claudia Ziob: Roboter Mariechen hilft im Service. In: Fürther Nachrichten vom 27. Dezember 2022 (Druckausgabe)
  • Julia Ruhnau: Waltraud und Mariechen als Statue verewigt. In: Fürther Nachrichten vom 8. März 2024 (Druckausgabe)

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. n. n.: „Berolzheimers Wunsch nach Bildung“. In: Fürther Nachrichten vom 6. Mai 2006
  2. In den Chronikbänden im Stadtarchiv sind die Wunschel-Aufzeichnungen vermerkt.
  3. Michael Berolzheimer Collection 1325-1942 - online-Digitalisat
  4. Stadtarchiv Fürth - AG 3/13 - Volksbücherei Band 1, Schreiben des Referat II vom 1. August 1945
  5. Stadtarchiv Fürth, Zeitgeschichtliche Sammlung, Allgemeines, Denkmäler: Nordbayerische Zeitung, 27. Januar 1925: Denkmäler, Gedenksteine und Gedenktafeln in Fürth
  6. 6,0 6,1 Stadtarchiv Fürth, AGr. 3/37, Denkmäler aus Nichteisenmetallen. Erfassung, Abbau, Einlagerung und Ablieferung, Meldebogen vom 6. August 1940
  7. Stadtarchiv Fürth, Akte AGr. 3/37, Recherche Werner Gietl, Juli 2017
  8. Julia Ruhnau: Waltraud und Mariechen als Statue verewigt. In: Fürther Nachrichten vom 8. März 2024, S. 25
  9. Stadtarchiv Fürth - AG 3/13 - Volksbücherei Band 1 - Schreiben von November 1948 bis 1949
  10. Grüner Brauhaus wird zum Schnelltestzentrum. In: nordbayern.de vom 26. April 2021 - online

»Zeitverschiebung«

Hier kann per horizontaler Mauszeigerbewegung zwischen zwei deckungsgleich übereinandergelegten Fotos aus verschiedenen Epochen gewechselt werden:



  • Foto alt: historische Aufnahme von 1907
  • Foto neu: Aufnahme von 2017 (Foto und Anpassung: Robert Söllner)

Bilder

Videos

Höfefest 2018 Dieser Artikel war Thema beim Fürther Höfefest vom 21. - 22. Juli 2018. Unter dem Titel "200 Jahre an einem Wochenende" bot die Veranstaltung Einblick in mehr als 50 Fürther Höfe, davon 20 als Themenhöfe mit einem geschichtlichen Thema.