Lokale und Wirtschaften Überblick: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 14. Juli 2016, 10:21 Uhr

Traditionsgaststätte "Zum Stadtwappen"

Geschichte der Wirtshäuser in Fürth. Als ältestes bekanntes Wirtshaus in Fürth gilt das Rote Roß (erstmalige Erwähnung 1476).

Blütezeit

alter Hinweispfeil auf eine Straßenverkaufstheke

Es entspricht dem Charakter des Durchgangsortes Fürth ebenso wie der geselligen Veranlagung seiner Einwohner, dass viele Wirtshäuser entstanden.

Jakob Feßlein (1604) nennt 35 Wein- und Bierwirte. Die Gestalt des Wirtes wurde als typisch für Fürth empfunden.

Erhard Andreas Saueracker zitiert in seinem Buch "Versuch einer Chronologisch-Diplomatisch-Statistischen Geschichte des Hofmarks Fürth und seiner zwölf einverleibten Ortschaften": "In Fürth / Giebts nichts als Juden und Wirth; / Und wer nicht gesehen hat, einen Juden und Wirth, / Der ist nicht gewesen in Fürth"[1]. Auch folgender Spruch deutet darauf hin, dass der Wirt zu den häufigen Erscheinungen in Fürth gehört: "In Färth - oder wou / hat a Wärt - oder wer / sei Fraa (Frau) - oder wen / derschlong (erschlagen) - oder wos".

1775 werden von den vorhandenen Gasthöfen folgende als "vorzüglich" ausgezeichnet: "Brandenburgisches Haus", "Prinz von Preußen", "Gasthof zum Bitterholz", "zur goldnen Krone", "zum Kreuz", "zu den Schwanen", und das "rothe Roß".[2]

1804 zählte man in Fürth 168 Gasthäuser, 1819 bestanden nur mehr 70 Gasthäuser, darunter zwei erstklassige (Brandenburger Hof und Kronprinz von Preußen).

1879 nennt das Adressbuch 2 Hotels (Kütt und Zur Eisenbahn), 17 Gastwirte, die Fremde beherbergten, 4 Weinwirte, 10 Cafes und 176 Bierwirte.

1905 zählte man in Fürth 2 Hotels (Kütt und National), 1 Gasthof (das Schwarze Kreuz), 4 Weinwirtschaften, 14 Cafes und 397 Bierwirtschaften. 1919 gab es 3 Hotels und 375 Gaststätten. 1930 gab es 314, 1967 waren es 348 Gaststätten. Die Gastwirtsinnung wurde 1886 gegründet.[3]

Niedergang

Noch im 19. Jahrhundert haben die Unterschichten ihren Alkoholbedarf hauptsächlich in Kneipen gedeckt. Die Ausgabe an Haushalte erfolgte aus den Kneipen in Tonkrügen. Erst um die vorletzte Jahrhundertwende nahm das Trinken außerhalb der Kneipe erhebliche Ausmaße an. War das Flaschenbier bis dato ein peripheres Geschäft, so hatte es sich bis 1900 schon soweit ausgeweitet, dass die Pfandflasche eingeführt werden musste, um Betriebsverluste durch einbehaltene Flaschen einzudämmen. Schon 1960 wurden nur noch 40 Prozent des Brauereiausstoßes in Gastronomiegebinden ausgeliefert, 1984 waren es nur noch 30 Prozent. Der Pro-Kopf-Verbrauch stieg dagegen im selben Zeitraum um 50 Prozent.[4]

Derzeit sinkt der Anteil der Bevölkerung im trinkfreudigen Alter (25 - 65 Jahre). Abgesehen davon stieg und steigt die sogenannte "Heimbindung" durch Fernseher und Internet, immer billigere Alkoholika, bessere Wohnsituation, massenhafte Verbreitung des modernen Kühlschranks und das Aufkommen von Getränkemärkten. Vergleicht man den Einkaufspreis des Flaschenbiers/hl, so liegt (bzw. lag) er für den Wirt wesentlich höher als der Verkaufspreis desselben Biers im Getränkegroßmarkt eines Einkaufszentrums. Dahinter liegt (bzw. lag) die Annahme der Großbetriebe, dass im privaten Bierkonsum noch ein expansionsfähiger Bereich vorzufinden ist. Neuerdings werden als Gründe des "Kneipensterbens" der allgemeine Rückgang des Bierkonsums, ein geändertes soziales Verhalten der Jüngeren und der Nichtraucherschutz angenommen. Somit besteht für die Konsumenten zunehmend weniger Veranlassung, eine Gastwirtschaft aufzusuchen.[5]

In Hamburg, einem Schwerpunkt der Kneipenkultur in Deutschland, machten innerhalb 10 Jahre (2001 bis 2011) fast 50 Prozent aller Kneipen dicht.[6] Fachzeitschriften warnten schon in den 1980er Jahren: "Wenn es einem Wirt nicht gelingt, der Entertainer für seine Gäste zu werden, wenn das Ambiente seines Lokals, der Inhalt der Speisenkarte, das Flair seiner Gästestruktur nicht stimmen, ist er ... schnell weg vom Fenster! Das wichtigste; den persönlichen Flair des eigenen Betriebs ausbauen, damit sich hier Leute treffen, die sich verstehen, die sich in der Atmospähre des Wirts wohl fühlen".[7]

Der Niedergang ging nicht nur in Fürth einher mit dem Kinosterben der 1960er Jahre - Folgen des technischen Fortschritts und eines einsetzenden gesellschaftlichen Wandels. Auch wenn die Zahl der Gasthäuser noch immer hoch war, litten jedoch bereits Qualität und Standorttreue der Wirte. Nachfolgende Generationen konnten sich mit der klassischen Stammtischatmosphäre und der "Bierseligkeit" zunehmend nicht mehr identifizieren und wandten sich eher Cafés und Diskotheken zu. Ein weiterer Aspekt, welcher immer mehr Wirte zur Aufgabe zwang und zwingt, sind die oftmals bis heute bestehenden Pachtverträge mit den beliefernden Brauereien und deren strikter Bindung auf vielen Gastwirtschaften mit z. T. unerfüllbaren bis absurden Klauseln was Abnahmemengen, Renovierungsauflagen, usw. betrifft.

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Situation heute

Einige wenige Gaststätten haben bis heute überlebt oder wurden wiederbelebt, jedoch werden die Umsätze eher mit dem Verkauf von Speisen und weniger mit den Getränken erzielt. Die typische Eckkneipe und der dazugehörige Kneipengänger sterben aus - der Abwärtstrend hält weiter an. Nicht wenige Wirtsstuben wurden in den letzten Jahren zu Wohnraum umgebaut; meist blieb dabei von der ursprünglichen Einrichtung und Raumaufteilung nichts erhalten.

Zur Wohnung umfunktionierte Eckkneipe


Authentische Gastwirtschaften in Fürth (Auswahl)

Traditionsgastwirtschaften mit neuem Namen (Auswahl)

Beispiele für geschlossene Gastwirtschaften

Literatur

  • Michel Hofmann: Quellen zur älteren Fürther Sippen-, Häuser- und Wirtschaftsgeschichte. In: Alt Fürth. Fürther Heimatblätter, 1937/1, S. 16 - 19; 1937/3, S. 32; 1937/4, S. 45 - 48; 1938/1-2, S. 14 - 17; 1938/3, S. 35 - 36
  • Wirtshäuser. In: Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z. Ein Geschichtslexikon. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 395 - 399
  • Franz Dröge, Thomas Krämer-Badoni: Die Kneipe. Zur Soziologie einer Kulturform oder „Zwei Halbe auf mich!“. Frankfurt 1987. ISBN 3-518-11380-1.
  • Konditoreien und Gastwirtschaften. In: Fürth zu Beginn des Industriezeitalters, Geschichtsverein Fürth, 1989.
  • Alexander Mayer: Die Kneipe als Kulturgut. In: Altstadtbläddla, Altstadtverein St. Michael Fürth, Sonderausgabe, 1995 - im Internet
  • Manfred Niepelt: Fürther Hochzeitwirte. In: Fürther Heimatblätter, 1995/4, S. 116 - 124
  • Thomas Olivier: Zapfhahn bleibt zu. Das große Kneipensterben. In: Fürther Nachrichten vom 24. August 1996. Wochen-Magazin, S. 1.
  • Georg Wedemeyer: Kneipe & politische Kultur. Centaurus-Verlagsgesellschaft, Pfaffenweiler 1990, ISBN 3-89085-420-6, ISSN 0937-664X.

Lokalberichterstattung

  • Horst M. Auer: Mit den Wirtshäusern stirbt die Dorfkultur. In: Nürnberger Nachrichten vom 14. März 2012 - online abrufbar

Siehe auch

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Erhard Andreas Saueracker: Versuch einer Chronologisch-Diplomatisch-Statistischen Geschichte des Hofmarks Fürth und seiner zwölf einverleibten Ortschaften. Erster Theil. Nürnberg und Leipzig, bey Georg Friederich Casimir Schad, in Commißion. 1786. S. 50. - online abrufbar
  2. "Handbuch für Kaufleute: für die Jahre 1785 und 1786. Erster Theil." Leipzig, 1786, S. 119. - - online-Digitalisat
  3. Wirtshäuser. In: Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z. Ein Geschichtslexikon. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 395 - 396
  4. Franz Dröge, Thomas Krämer-Badoni: Die Kneipe. Zur Soziologie einer Kulturform oder „Zwei Halbe auf mich!“. Frankfurt 1987. ISBN 3-518-11380-1, S. 160 f.
  5. Franz Dröge, Thomas Krämer-Badoni: Die Kneipe. Zur Soziologie einer Kulturform oder „Zwei Halbe auf mich!“. Frankfurt 1987. ISBN 3-518-11380-1, S. 161 ff.
  6. Martina Goy: Zahl der Gaststätten um 48 Prozent gesunken. In: Die Welt vom 9. April 2012 - online abrufbar.
  7. J. H. Bürger: Brauwirtschaft auf Krisenkurs - Bier besser verkaufen. In: Gastgewerbetechnik, 5. Jg., Nr. 2/März 1984, S. 21 f.