Opfer des Nationalsozialismus: Unterschied zwischen den Versionen
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* Ausstellung des [[Infoladen Benario]] im Kulturforum Schlachthof am 12. April 2013, Daten und Texte Siegfried Imholz | * Ausstellung des [[Infoladen Benario]] im Kulturforum Schlachthof am 12. April 2013, Daten und Texte Siegfried Imholz | ||
* Antifaschistische Linke und Siegfried Imholz: [[Widerstand gegen den Nationalismus in Fürth (Broschüre)|Widerstand gegen den Nationalismus in Fürth]], Eigenverlag Fürth, 2014 | |||
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Version vom 19. April 2017, 00:09 Uhr
Zwölf Jahre "Tausendjähriges Reich" hinterließen in Fürth irreversible Schäden, die bis heute weit über die unbeschreibliche Auslöschung zahlloser Leben, die Vernichtung zahlloser Existenzen und Zerstörungen historischer Bausubstanz und anderer Kulturschätze hinausgehen.
Opfer des NS-Terrors
Vor allem die Verfolgung von Personen jüdischen Glaubens und linker Überzeugungen hat die Kulturszene, aber auch die intellektuelle Oberschicht der Stadt in ihrer Gesamtheit tiefgreifend zerstört. Viele fielen der Gewalt der Nationalsozialisten unmittelbar zum Opfer: Der Kunstmaler Julius Graumann starb ebenso im KZ wie Volkswirt Rudolf Benario und Antifaschist Ernst Goldmann. Vor dem "Dritten Reich" landesweit bekannte Persönlichkeiten wie Jakob Wassermann, der in den 1920er Jahren in einem Atemzug mit Thomas Mann genannt wurde, blieben auch nach 1945 bis heute weitestgehend unbekannt und fristen ein Schattendasein als "Insidertipp". Vom einstigen Starverteidiger Max Bernstein sind heute nicht einmal mehr Fotografien überliefert, weil sein Nachlass den Nationalsozialisten zu brisant war, obwohl er lange vor 1933 starb.
Wissenschaftler wie der Metallurg und spätere Cambridge-Professor Robert W. Cahn, der Politikprofessor Joseph Dunner, der erste Direktor des neuen Fürther Klinikums Jakob Frank oder Albert Uffenheimer, ebenfalls Arzt, und die Schriftstellerin Ruth Weiss setzten ihre Karriere nach der Emigration im Ausland fort. Allein aus der Familie des späteren US-Außenministers Henry Kissinger wurden 13 Mitglieder von den Nationalsozialisten ermordet.
Weitere Opfer bzw. verfolgte Fürther und Fürtherinnen der NSDAP:
- Grete Ballin - Sekretärin der Israelitischen Kultusgemeinde Fürth bis 1943, verschollen in Auswitz 1944
- Rudolf Benario - Mitglied der KPD, ermordert im KZ Dachau
- Josef Blöth - Mitglied der KPD, mehrfach verhaftet
- Hans Blöth - Mitglied der KPD, mehrfach verhaftet, starb bei einem Bombenangriff auf Fürth
- Michael Blöth - Mitglied der KPD, 1934 ermordet durch die Gestapo
- Johann Frenzel - Miglglied der KVJD (Komm. Jugendverband), ermordet Januar 1942 im Rahmen eines Euthanasieprogramms
- Hilde Gerber - Mitglied der KVJD (Komm. Jugendverband), mehrfach verhaftet
- Ernst Goldmann - Mitglied der KPD, ermordet im KZ Dachau
- Julius Graumann - Kunstmaler, ermordert im KZ Auschwitz
- Fritz Gräßler - Metallpolier und SPD-Mitglied, wegen illegaler Parteitätigkeiten 1934 ein Monat in Haft
- Konrad Grünbaum - Mitglied der SPD, wegen Aufbau einer Widerstandsgruppe zu 3 Jahren Haft verurteilt mit anschließender Schutzhaft in Dachau
- Isaak Hallemann - Leiter des Jüd. Waisenhauses, deportiert, 1942 verschollen
- Anton Hausladen - Mitglied der KPD und mehrfach verhaftet, verstarb 1949 an den Folgen der Inhaftierung
- Georg Hausladen - Mitglied der KPD, mehrfach verhaftet
- Kunigunde Hausladen - Mitglied der KPD, mehrfach verhaftet
- Walter Herz - Jüd. Widerstandskämpfer, ermordet in Hartheim
- Julius Hirsch - Jüdischer National-Fußballspieler der SpVgg, ermordert im KZ Auschwitz-Birkenau 1943
- Christian Hofmann - Mitglied der KPD, ermordet in Dachau
- Fritz Hopf - Mitglied der KPD, kam 1945 aus dem Exil wieder zurück, nachdem er mehrfach inhaftiert wurde
- Dr. Hermann Kronheimer - Jüd. Arzt, ermordert im KZ Auschwitz mit Ehefrau Josefine und den Kindern Lina & Paul Peter
- Frida Langer, geb. Berneis - Jüdische Aktivistin, begann 1942 Selbstmord kurz vor der Deportation ins KZ Izbica/Lublin
- Arnodt Leonhardt - Betriebsrat und KPD-Mitglied, Verhaftung und Verschleppung in das KZ Dachau
- Gustav Löwensohn - Jüd. Verleger, Deportation 1943 ins KZ Auschwitz, 1945 für tot erklärt
- Robert Löwensohn - Jüd. Verleger, Deportation 1942 ins KZ Auschwitz, 1945 an Erschöpfung auf einem der Todesmärsche gestorben
- Walburga Müller - Mitglied der SPD und wegen Hochverrat verurteilt
- Fritz Örter - Mitglied der SPD, Tod durch eine Lungenentzündung nach einem Verhör mit der SA
- Michael Platzer - Mitglied der KPD, 1944 ermordet in Dachau
- Hedwig Regnart - Mitglied der KPD, Inhaftierung wegen "kommunistischer Tätigkeit"
- Mary Rosenberg - Jüd. Buchhändlerin , Auswanderung 1939 nach New York
- Dr. Albert Rosenfelder - Mitglied der KPD, ermordet in Dachau
- Leo Rosenthal - Jüd. Geschäftsmann, Internierung, Zwangsarbeit und Zwangsenteignung
- Hans Rupprecht - Mitglied der SPD, Schutzhaft im KZ Dachau 1933-1934, 1939
- Karl Sahlmann - Hopfenhändler, Selbstmord nach der Pogromnacht
- Robert Schopflocher - Schriftsteller, Flucht vor der NS-Regierung 1937 nach Argentinien
- Hans Segitz - SPD-Stadtrat, mehrfach verhaftet und inhaftiert im KZ Dachau
- Isaak Stamm - Jüd. Kaufmann und Bankier, 1942 Entziehung der Deportation durch Suizid
- Meta Stoll - Jüd. Gaststättenbetreiberin bis 1938, 1942 deportiert und ermordet in Izbica
- Babette Zuckermantel - Mitglied der KPD, mehrfach verhaftet
Eine vollständige Liste aller jüdischen Opfer des Nationalsozialisums findet sich auf der Internetseite "Jüdische Fürther", erstellt von Gisela Naomi: Homepage Jüdische Fürther/Memorbuch - Opfer der Shoah (Link).
Die Stadtgemeinschaft, z. B. durch ihre Stiftungen, tragende und prägende Familien wurde wie die Sahlmanns ausgelöscht oder emigrierten wie die Berolzheimers. Auf beiden Wegen verschwanden sie fast vollständig aus der Gegenwart und Zukunft der Stadt, viele schafften es nicht einmal in die Geschichtsbücher.
Nicht zuletzt deshalb bleibt auch wirtschaftlich viel Kontinuität zwischen Drittem Reich und BRD: Viele NS-Günstlinge werden ab 1945 inhaftiert, in den als "Persilscheinfabriken" verspotteten Gerichtsverfahren als "Mitläufer" eingestuft, konnten sie jedoch weitestgehend unbestraft weiterarbeiten - meistens unverändert mit vormals jüdischem Besitz: Mal weil die Eigentumsübergabe in juristischem Graubereich stattfand, mal weil ganze Familien in KZs ausgelöscht wurden, viele die das Unheil kommen sahen wie der Hopfenhändler und Großkaufmann Karl Sahlmann Suizid begingen oder aus dem Exil nicht zurückkehrten und folglich keine Ansprüche mehr geltend machen konnten oder wollten.
Literatur
- Lothar Berthold, Peter Krauss, Andy Reum, Josh Reuter (Redaktion): „Kristallnacht“ in Fürth In: Sondernummer der Fürther Freiheit, Fürth: (Ehemals Wissenschaftlich-Publizistischer Verlag) heute: „Städtebilderverlag Fürth“, Postfach 1212, 90702 Fürth V.i.S.d.P.: Andy Reum, Erlanger Str. 71, 8510 Fürth - im Internet
- Rainer Hambrecht: Der Aufstieg der NSDAP in Mittel- und Oberfranken, Nürnberg, 1976
- Bernd Höffken: Schicksale jüdischer Ärzte aus Nürnberg nach 1933. Metropol Verlag Berlin, 2013
- Manfred Mümmler: Fürth in nationalsozialistischer Zeit. Das Alltagsleben 1933 - 1945. Universität Bayreuth, Dissertation, 1994, IV, 355 S.
- Manfred Mümmler: Fürth 1933 - 1945. Emskirchen: Verlag Maria Mümmler, 1995, 224 S., ISBN 3-926477-13-X
- Heinrich Strauß: Fürth in der Weltwirtschaftskrise und nationalsozialistischen Machtergreifung - Studien zur politischen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung einer deutschen Industriestadt 1928 - 1933, Nürnberger Werkstücke zur Stadt- und Landesgeschichte - Schriftenreihe des Stadtarchivs Nürnberg Band 29, Nürnberg
- Renate Trautwein: Marie Venediger, in: FrauenLeben in Fürth, Spurensammlung und Wegweiser, Nürnberg 2003, Seite 64 - 66
- Ausstellung des Infoladen Benario im Kulturforum Schlachthof am 12. April 2013, Daten und Texte Siegfried Imholz
- Antifaschistische Linke und Siegfried Imholz: Widerstand gegen den Nationalismus in Fürth, Eigenverlag Fürth, 2014
Siehe auch
- Holocaust-Denkmal
- Fürther Opfer der Shoah
- Orte der Verfolgung und des Gedenkens
- Straßenbenennungen im Nationalsozialismus
- Zweiter Weltkrieg
- NSDAP
- SPD
- KPD
- Infoladen Benario
Weblinks
- Presseausschnitte (Fürther Nachrichten, NN, Plärrer) und Archivalienkopien (Staatsarchiv München) zu Veranstaltungsverboten der NSDAP 1925/26, der Schoa in Fürth, dem von Alfred Nathan gestifteten König-Ludwig-Brunnen, den hebräischen Druckereien und Akten der Israelitischen Kultusgemeinde. In: Nr. 2 Jüdisches Leben und Antisemitismus in Fürth. Bestandsgruppe F - Findliste F 14 Dokumentationsgut zum jüdischen Leben in Nürnberg und Franken. Erstellt und geschrieben: Gerhard Jochem, Nürnberg, August 1999 - StAN
- Ekkehard Hübschmann: Arbeitsgemeinschaft fränkisch-jüdische Geschichte - im Internet
- Wikipedia: Flucht und Vertreibung von Juden aus Fürth - Wikipedia