Michaelis-Kirchweih: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 5. September 2017, 18:09 Uhr

Die Sankt-Michaelis-Kirchweih, im Fürther Sprachgebrauch Fürther Kärwa oder noch kürzer einfach nur Kärwa genannt, ist eine Straßen- und Wirtshauskirchweih.

Nächtlicher Blick auf die Michaeliskärwa 2007


Überblick

Die Sankt-Michaelis-Kirchweih ist die größte Straßenkirchweih Bayerns und Süddeutschlands, zugleich auch eines der ältesten und größten Volksfeste in Franken.

Die Fürther Kärwa findet in der Innenstadt, auf der Fürther Freiheit und der Königstraße (Bundesstraße 8) statt; letztere wird für die Dauer der Veranstaltung gesperrt.

Die Michaelis-Kirchweih ist eine "echte" Kirchweih, sie findet zur Erinnerung der Weihe der Kirche St. Michael statt. Alljährlich beginnt sie am Namenstag des Erzengels Michael (29. September) oder am darauffolgenden Samstag und dauert (mit Ausnahme des Jubiläumsjahres 2007) stets 12 Tage. Höhepunkt ist der am zweiten Kirchweihsonntag stattfindende Erntedankfestzug mit 3.000 Mitwirkenden und 100.000 Zuschauern. Insgesamt besuchen jährlich circa 800.000 Besucher die Kirchweih, wobei die Schausteller zuletzt jährlich ein Rekordgeschäft vermeldeten.

Im Jubiläumsjahr 2007 begann sie genau am Samstag, den 29. September (Michaelstag) und endete am Sonntag den 14. Oktober 2007. Zur Jubiläums-Kärwa 2007 kamen etwa 1,7 Millionen Besucher.

Geschichte

Anfänge

Über die Ursprünge der Kirchweih existieren keine Urkunden. Da jedoch die namensgebende Michaelskirche um 1100 errichtet wurde, wird davon ausgegangen, dass das Fest auch erstmals zu dieser Zeit stattfand und somit seit nunmehr über 900 Jahren durchgeführt wird. Für das Jahr 1536 wird erstmals urkundlich die Feier der Kirchweihe von St. Michael erwähnt.

Ursprünglich waren die Buden am Grünen Markt und in der Gustavstraße im Umkreis der Kirche St. Michael. Bereits in einer Beschreibung der Kirchweih aus dem Jahr 1794 ist von der "Königin aller Kirchweihen des Fränkischen Kreises" die Rede.[1] 1797 wurde der Grüne Markt zu eng und die preußische Regierung erließ die Aufforderung, die Buden zwischen Obstmarkt und Königsplatz zu errichten. Mit dieser Regelung verknüpft war die Anorndung, dass die Kirchweih erst am Montag beginnen und den folgenden Sonntag pausieren sollte. Die Bevölkerung war darüber aber derart aufgebracht, dass die Regierung bereits am 7. September diesen Teil der neuen Kirchweihordnung wieder zurücknahm und die beiden Kirchweihsonntage wieder erlaubte.[2]

Erst mit der Verlagerung an diese verkehrsreiche Strecke wurde die Kärwa zusehends erfolgreicher.

Wandel im 19. Jahrhundert

1798 wurde die sog. Aussteuerungsanstalt gegründet und 1799 fand daraufhin erstmals die Ziehung der Heiratskasse statt. Diese Verlosung entwickelte sich zu einem der Höhepunkte der Kirchweih und fand bis 1942 statt[3] (während die Kirchweih selbst ab 1939 wegen Beginn des Zweiten Weltkrieges nicht mehr abgehalten wurde).

Wegen des immensen Betriebs verlagerte man 1901 die Kärwa per Stadtratsbeschluss mit knappster Mehrheit auf den Schießanger. Diese Variante bewährte sich allerdings nicht und man kehrte bereits im folgenden Jahr mit breiter Ratsmehrheit zum alten Platz zurück.

Nach 1945

Bericht über die erste Kirchweih nach dem Krieg. NN, Ausgabe 1, 11. Oktober 1945
Fürther Kirchweih, Postkarte aus den 1950er Jahren

Von 1945 - 1950 wurde die Kirchweih wegen Sperrung der Königstraße in bescheidenem Umfang auf dem Schießanger abgehalten. Während der Oberbürgermeister die Kärwa traditionell am ersten Kirchweihsonntag um 11 Uhr im Geismannsaal eröffnete, schuf man mit der Verlegung des Brauereifestzuges auf den 2. Kärwasonntag einen zweiten Höhepunkt: der Erntedankzug entstand.

Der Kärwabaum wurde früher auf dem Lilienplatz aufgestellt, seit der Eliminierung des Gänsbergs steht er vor dem Stadttheater.

Entgegen der Tradition wird die Kirchweih heute bereits am Samstag auf dem Theatervorplatz eröffnet. Die einst Samstagabend stattfindende Kirchweihvorfeier in der Michaeliskirche findet nunmehr Freitagabend um 19 Uhr statt.

Kirchweihbaum

Kirchweihbaum am Stadttheater 2015
Fürther Originale

Traditionell stand am Stadttheater ein hölzerner Mast, geschmückt mit Zunftzeichen, Fürther Originalen und Gasthäusern des historischen Fürths. Bei den dargestellten Früther Originalen handelt es sich um Dienstmann Schlee, Bernhard Gnad, Doris Kraus, Magdalena Augustin, Fritzla und Andreas Schmalz. Die abgebildeten Gebäude sind die ehemaligen Gasthäuser Zum roten Roß, Zum Lindwurm, Zum blauen Schlüssel und Grüner Baum

2014 durfte der bestehende Mast nicht mehr an seinen angestammten Platz aufgestellt werden, da ein Statiker Risse im 28 Jahre alten Baumstamm fand und somit keinen Sicherheitsnachweis mehr erteilte. Es wäre zu befürchten, dass bei starkem Wind der angebrachte Schmuck das Biegemoment des Mastes überschreitet. Seit 2015 schafft deswegen nun ein Stahlmast Abhilfe.[4]

Damit die Kirchweih 2014 nicht gänzlich ohne Baum auskommen musste, wurde der Atzenhofer Kärwabaum als Ersatz herbeigeschafft. Dieser wurde aus Transport- und Sicherheitsgründen zusätzlich noch auf 13 Meter heruntergeschnitten. Wegen dieser kurzfristigen Notlösung der Kärwabaumproblematik machten viele Fürther ihrem Unmut Luft und degradierten den Baum zur „Kripplfichtn“. Postwendend rächten einige Atzenhofer die Schmach und nagelten, als Darth Vader nebst Stormtrooper verkleidet, ein Schild mit der Aufschrift „Wer unsere Fichte nicht ehrt, ist die Kärwa nicht wert. Grüße aus Atzenhof“ an ihren Baum.[5] Die Guerilla-Aktion stellten die Atzenhofer auf YouTube online, bereits einen Tag später befand sich ein zweites Schild darüber, welches das erste wiederum revidierte.

Kirchweih-Orgel

Kirchweihorgel, 2016

Die historische Kirchweih-Orgel befindet sich im Eigentum der Schaustellerfamilie Drliczek. Die Familie Drliczek ist eine alteingesessenes Schaustellerfamilie, die bereits seit 1832 als Schausteller tätig sind. Aktuell betreiben sie das Riesenrad Orion 2 an der Fürther Kirchweih. Neben dem Riesenrad stellt die Fam. Drliczek jährlich die historische Kirchweih-Orgel mit auf. Die Konzertnoten-Orgel (Modell 34 von Ruth & Sohn) wurde anlässlich der Weltausstellung in Brüssel 1909/10 gebaut und befindet sich seit den 1920er Jahren im Besitz der Schaustellerfamilie. Gekauft hatte die Orgel Robert Michel, dessen Initalien in der Mitte sind, Großvater der heutigen Familie. Mitte der 1970er Jahre musste der Wagen, in dem die Orgel sich befindet, vollständig erneuert werden. Dabei wurde die Orgel von der letzten noch vorhandenen Jahrmarkt-Orgel-Firma H. Voigt in Frankfurt/ Main generalüberholt. Seitdem begleitet die Orgel die Familie auf sämtiche Jahrmärkte bundesweit. Die Orgel hat 54 Tonstufen mit 96 Pfeifen. Weiterhin enthält die Orgel eine Violine, ein Piano, ein Glockenspiel, eine Okarina-Flöte sowie zwei Trommeln, davon eine mit Becken.

Riesenrad

Riesenrad, 2013

Das Riesenrad "Orion 2" ist eines der Wahrzeichen der Fürther Kirchweih. Das Riesenrad ist im Besitz der Fürther Schaustellerfamilie Drliczek, die seit 1832 als Schausteller tätig sind. Das Riesenrad hat 18 Gondeln für je vier Personen und folgende technische Datem:

  • Gesamthöhe: 32 m
  • Gesamtgewicht: ca. 65 Tonnen
  • Antrieb: 2 x 11,5 kW Elektromotor, Stromanschluss 50 kW
  • Bremsen: Scheibenbremsen mit pneumatischer Unterstützung
  • Beleuchtung: ca. 4.200 Brennstellen in LED und HQI-Technik


Die Kärwa in Zahlen

Die Veranstaltungsfläche der Fürther Michaelis-Kirchweih beträgt ca. 42.000 m2, wobei die Frontlänge ca. 2,6 km beträgt. In der Regel sind ca. 270 Schausteller auf der Kirchweih, die sich wie folgt aufteilen:

  • ca. 90 Händler
  • ca. 50 Imbissbetriebe
  • ca. 30 Süßwaren- und Eisbetriebe
  • ca. 20 Ausschankbetriebe
  • ca. 20 Wurf- und Spielgeschäfte
  • ca. 20 Kinderfahrgeschäfte
  • ca. 10 Schießbuden
  • ca. 7 große Fahrgeschäfte
  • ca. 5 Vollgastronomiebetriebe
  • der Rest teilt sich auf in Verlosungsstände, Heringsbratereien, Autoscooter, Belustigungsgeschäfte, Fisch- und Ochsenbratereien und Reitbahnen.

Kirchweihsprüche

  • Am erschtn Sunntooch kumma die Nämbercher, am Zweitn die Bauern.
  • A jeder echte Färdder mou amol am Tooch aaf sei Kärwa gäih.
  • Wou treff mer'n uns ? Ba der Uhr aaf der Freiheit ?. (Anm.: Standuhr mit Sparkassenwerbung am östlichen Ende der Fürther Freiheit)
  • Ich mo nu zum billichn Jakob, neie Sockn kaafn.
  • Fräiher is däi Kärwa bis zum Obstmarkt nunder ganga, und in der Adenaueranloch woarn die Heringsbrooder, obber su wäis heitzutooch is, is a ganz schäi.
  • Schau nä, der wäscht immer nu denselm Fuchtzger wäi vor zwanzg Joahr, der mo doch amol hie wärn. (Anm.: Reinigungsmittelverkäufer in der Moststraße)
  • Aaf der Färdder Kärwa siechst Leit, däi siechst sunst des ganz Joahr net.
  • Etz mäiss mer amol widder die Oma bsuung, damits a Kärwageld rausrückn dout.
  • Mou etz däi (oder der) dou mitn Auto durchfoahrn ? (Anm.: bezieht sich auf Anwohner oder Dienstleister mit Sonderrecht zum Durchfahren der Kirchweih)

Zeitzeugenberichte

Kirchweihprospekt 1957

Zur Kärwa Ende der 1950er Jahre:

„Die Kärwa wor für uns Boum immer wos Bsonders, scho desweng wall die Mutter dou immer des Kinderzimmer an su an Schausteller vermiet hot. Des wor a Süßwarenhändler aus Bayreuth, und mir worn dann in dera Zeit mit Kokosmakrona und Negerküß gout versorcht. Vo die Karussells hot uns am bestn des „Teufelsrad“ gfallen. Des wor a große Scheibn mit an klaan Kegel in der Mittn, dou hast di draufstelln mäin und dann hot däi zum dreha ogfangt. Däi wou weiter am Rand gstandn sin, hots dann ziemli schnell runterghaut, blous däi in der Mittn ham sie länger haltn kenna. Und wenn die Zeit abgloffn is und dou worn noch welche aaf derer Scheibn, dann hot der Schausteller an Medizinball an aaner langa Schnur hin und her pendeln lassen und hot alle runtergschmissn. Schäi wor a der „Rotor“, des wor a großer Holzzylinder, dou hast di an die Wänd hiestelln mäin und dann hat si der Zylinder im Kreis rum dreht und wenn er schnell gnouch wor hot er si aafgstellt. Dou bist von der Rotation an die Wänd drückt worn und hast di wäi in aaner Waschmaschina dreht. Und die „Krinoline“, däis heit blouß nu aafm Oktoberfest gibt, wor a aaf der Färdder Kärwa. Des wor a su a Wellenkarussell wo ma im Kreis rumgfahrn is. Dou hot si dann des Dach abgsenkt und vo unten is Luft naufblasn worn, dou ham die Madli immer quiekst. Und dann hots dou nu däi große Schiffschaukel mit Überschlag gebn, dou hams der deine Fäiß festbundn damitst net rausfläigst. Und dou ham mir gschaukelt aaf Teifel kum raus bis uns dermaßen schlecht worn is. Dann sinn mer in Stadtpark noh und ham uns aaf a Bänk hiegleecht – aber gspeit ham mir net, dafür wor mer viel zu stolz. Ich wor ja a bei die Schützn, und amool sinn mer noch an Turnier mit unsere Luftgwehr aaf die Kärwa und ham gfroocht ob mir an der Schießbudn mit unsere Gwehre schäißn därffn. Dou hot die Fraa in dera Budn gsacht „fraali“, aber wie mir dann gschossn ham, hats net blouß däi Röhrla zerfetzt, sondern a glei die Halter wo däi draufgsteckt worn. Unsre Gwehre worn ja vill stärker. Und wäi däi Fraa des gmerkt hot, hots blouß nu gschrieeha „aufhärn, aufhärn“. Bei die Heringsbroder druntn an der Pengertz hots uns net su gfalln, dou wors masstns kalt und nebli. Ja su wor des damals - a schena Zeit.“[6]

Sonstiges

Im Herbst 1986 sorgte der amtierende Oberbürgermeister Uwe Lichtenberg kurz vor der Eröffnung der Kärwa für einen Eklat. Er verweigerte zur Eröffnung der Kärwa das "Anzapf-Ritual", sprich das Anstechen des ersten Bierfasses vor dem Stadttheater. Lichtenberg begründet dies damit, dass ihm auf der Stadelner Kärwa einige Tage zuvor beim Anstich des ersten Fasses "alles um die Ohren geflogen" ist, und er nun "Bammel" vor der neuen Blamage habe. Nach einem Aufschrei in der Bevölkerung holte Lichtenberg eilends medienwirksam den Bieranstich im Schwarzen Kreuz nach. Die Fürther Nachrichten berichteten "...der Reihe nach jagt er jetzt aber fünfmal kleckerfrei den Zapfhahn ins Spundloch. Drei der Fässer sind übrigens mit Wasser gefüllt, sicher ist sicher."[7]

Literatur / Medien

  • Manfred Mümmler: Kirchweihbräuche in Franken. In: Fürther Heimatblätter, 1981/3, S. 67 - 70
  • Manfred Niepelt: Der Kirchweihbaum. In: Fürther Heimatblätter, 1988/3, S. 69 - 77
  • Kirchweihprogramm 2007: Michaelis-Kirchweih im 1000. Jubiläumsjahr der Stadt Fürth - PDF-Datei
  • Die Fürther Kirchweih – Begegnung mit einer Königin. Fernsehreportage der Redaktion point, Otto-Seeling-Promenade 2-4, 90762 Fürth, Oktober 2007
  • Mit den Graubergers unterwegs. Fernsehreportage der Redaktion point, Otto-Seeling-Promenade 2-4, 90762 Fürth, September 2008

Siehe auch

Weblinks

  • Fürther Kirchweih 2008 (Fürther Nachrichten) - im Internet
  • Susanne Rieger: Schnappschüsse von der Michaelis-Kirchweih in Fürth, 2008 - PDF-Datei
  • "Die Förther Kerwa 1813. Oder: Der verregnete zweite Fürther Kirchweih-Sonntag: Ein Gespräch zwischen einen Nürnberger und Gostenhöfer nach Nürnberger Mundart ; Nebst einigen Gedanken in einem Lied, unter dem Titel: Die Welt ist ein Schauspielhaus" Fürth, 1813 - zum online-Digitalisat

Einzelnachweise

  1. Fronmüllerchronik, 1887, S. 188
  2. Fronmüllerchronik, 1871, S. 172
  3. Heiratskasse als Kärwaattraktion
  4. Kärwabaum bringt Fürther auf die Palme; Artikel auf Nordbayern.de, Abgerufen 15.10.14 18:05 Uhr[1]
  5. Verkrüppelter Kärwabaum in Fürth: Atzenhof ätzt zurück; Artikel auf Nordbayern.de, Abgerufen 15.10.14 18:05 Uhr[2]
  6. Zeitzeugenbericht, Archiv FürthWiki e. V., Aktennr. '20'
  7. Matthias Boll: Fünf Spundlöcher in der Mitte von nirgendwo. In: Fürther Nachrichten vom 16. Oktober 2011 online abrufbar

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