Leyher Landgraben

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Verlauf des Leyher Landgrabens um 1840 (im oberen Teil der Karte)

Der Leyher Landgraben oder einfach nur Landgraben war ein von Nürnberg kommendes Fließgewässer.


Verlauf

(Bearbeiteter) Grundriss von 1819, auf dem unten der Landgraben zu sehen ist

Ausgehend vom Nürnberger Dutzendteich verlief der Landgraben durch die Nürnberger Südstadt (Landgrabenstraße), querte Schweinau, St. Leonhard, Sündersbühl, Gaismannshof sowie Leyh und erreichte südlich der Kreuzung Höfener Straße/Waldstraße Fürther Gebiet. Hier verlief der Landgraben weiter in nordwestlicher Richtung und unterquerte auf Höhe des Gartenbauvereins Fürth 1897 die damalige Oststraße. Mit Bau der Artillerie- und Infanteriekaserne wurde der Graben ab 1890 weiter verrohrt und führte zum Großteil unterirdisch durch die Südstadt. Südlich des Alten Krankenhauses kreuzte er die Schwabacher Straße und bildete am Abhang der Marienstraße das auf alten Karten verzeichnete „Landgrabental“ (teilweiser Verlauf der heutigen Theresienstraße). An der Denglerstraße mündete der Landgraben schließlich in die Rednitz. Unweit der Einmündung wurde 1818 für die Fürther ein Badehaus im sogenannten Landgrabengarten errichtet.

Geschichte

Erhaltener Grabenrest bei Leyh, Zustand 2006
Die Bau-Ausrichtung der Kießling-Villa im Südstadtpark orientierte sich am Verlauf des Landgrabens

Friedrich Marx erwähnt diesen Graben bereits im Jahr 1770 als „Landgraben“. Am 15. Juli 1770 führte er soviel Hochwasser, dass er bei Leyh austrat und sich einen anderen Lauf suchte, nämlich den Weinweg (Rudolf-Breitscheid-Straße) entlang hinunter zur Pegnitz.[1] In seiner zweiten, verbesserten Chronik der Stadt Fürth von 1887 nennt Georg Tobias Christoph Fronmüller in einem Zitat den 22. Juli als den Hochwassertag: „...hatten wir wieder sehr großwaßer da dan der Landtgraben wieder aus getreten in weinweg Viele Aecker mit gedrait Verderbt auch Bey den Bettelhüttlein einen großen Rieß gethan, auf der andern seite in Häffnerweg oberhalb den Fallmeister (heute steht hier der Bahnhof) mehr als 25 Morgen Feld unter waßer gesetzt mit Hirsch und Korn.“[2]

1841 änderte der Landgraben nach plötzlichem Tauwetter seinen Lauf, überschwemmte die Königstraße und ergoss sich abermals in die Pegnitz.[3] Auch im Juni 1845 verließ der Landgraben sein Bett und wälzte sich durch die Stadt.[4]

Durch die rasche Entwicklung der Städte Nürnberg und Fürth im 19. Jahrhundert wurde der Graben bereits frühzeitig überbaut und verrohrt. In Nürnberg erfolgte dies vor allem durch die Ausdehnung der Südstadt, dem Bau des Ludwigskanals und des Schlachthofs. In Fürth war die Erbauung der Kasernen seit 1890, die Erweiterung der Südstadt sowie Innenstadt und der Bau des ersten Gaswerks im Jahr 1857 für das Verschwinden des Landgrabens maßgebend. 1860 erhielt ein Weg südlich der Maxstraße die Benennung Am Landgraben, dieser wurde um 1880 in Theresienstraße umbenannt. 1897 verlangte Georg Kißkalt im Rahmen des Bauprojektes Kißkaltsche Häuser, dass der dort „noch offene Landgraben“ von der Stadt kanalisiert werde, was dann auch geschah.[5]
Teile des Grabens waren bis Anfang der 1980er Jahre im Bereich des heutigen Waldackerwegs erhalten.

Gartenlokal und Badehaus am Landgraben

Grundriss von 1789, auf dem unten der Landgraben zu sehen ist und mit der Nr. 51 der „Landgraben Garten“ samt Gebäude eingezeichnet ist.

Landgrabengarten an der heutigen Theaterstraße

Werbeannonce für eine Faschingsveranstaltung im Lokal „im Landgraben“, Februar 1840
Werbeannonce füe eine Veranstaltung im Lokal „im Landgraben“, Juli 1844
Werbeannonce für die Badeanstalt, 1843
Werbeannonce für die Badeanstalt, 1844

Bereits auf dem Grundriß des Hofmarkt Fürth von 1789 ist ein „Landgraben Garten“ samt einem Gebäude eingezeichnet (später Haus-Nr. 496, heutige Lage: an der nördlichen Seite des Mariensteigs unterhalb der Pfisterstraße 38 bzw. an der Badstraße). In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts hat es dort laut Adressbücher ein Gartenlokal gegeben.

Badehaus

Der Besitzer der Gartenwirtschaft, Sixtus Birkel, hat 1818 ein Badehaus mit sechs Badezimmern erbauen lassen.[6][7]

Sowohl für die Wirtschaft wie auch für die Badeanstalt findet man v. a. in der 1840er Jahren zahlreiche Werbeanzeigen in den damaligen Zeitungen. Zunächst von Bechert, dann von Diez/Dietz.

Werbeannonce für eine Tanzveranstaltung im Lokal „im Landgraben“, Juli 1845


Frühere Adressangaben, Besitzer und Wirte

  • 1807: „Im Landgraben“ Haus-Nr. 496; Birkel, Georg; Bierwirth und Gärtner[8]
  • 1819: „Am Landgraben“ Haus-Nr. 496; Birkel, Sixtus; Wirth und Gärtner; Gartenwirthschaft[9]
  • 1836: „Theatergasse“ Haus-Nr. 236 (I. Bezirk); Bechert, Apollonia; Wirths-Witwe[10]
  • 1846: „Theatergasse“ Haus-Nr. 236 (I. Bezirk); Diez, Apollonie; Wirthsfrau[11]
  • 1847/1848: Johann Michael Siebenkäs (Wirt; auch Siebenkäß)[12]

Grünanlage am Landgraben auf Höhe der Schwabacher Straße

Bis 1888 existierte am Landgraben im Bereich zwischen der Amalienstraße und der Theresienstraße eine Grünanlage.

Um 1840 ließ der Mühlenbesitzer Christof Förster „einen Platz am Landgraben“ herrichten und dem Magistrat am 10. November des Jahres mitteilen, „dass dieser Platz nun mit Akazien bepflanzt werden könne“. Am 25. November übergab Baurat Georg Cappeller einen Übersichtsplan des Geländes und erklärte sich bereit, die Ausführung der Arbeiten um 100 Gulden zusammen mit dem Magistratsrat Meyer zu übernehmen. Nach den Beschlüssen in den gemeindlichen Kollegien erhielt Cappeller dann knapp ein Jahr später den Auftrag zur Herstellung der Anlage. Dies zog sich schließlich noch bis 1843 hin. Lt. Cappeller umfasste die Anlage eine Fläche von etwa 2 Morgen und lag südlich und westlich des Hospitals. Sie nahm in einem schmalen Streifen zwischen der Schwabacher Straße und dem Landgraben (etwa bei der Einmündung der heutigen Amalienstraße) ihren Anfang und zog sich bis gegen die heutige Theresienstraße hin, wo sie gegenüber dem Krankenhaus eine dreieckige Fläche bildete, ungefähr in der Gegend, wo heute das Berolzheimerianum steht. Im Mai 1865 beauftragte der Magistratsrat und Verschönerungskommissär Johann Wilhelm Engelhardt einen Tagelöhner zur Beaufsichtigung der Anlage[13] (zu diesem Zeitpunkt dürfte die Anlage jedoch schon von der Bahnstrecke Nürnberg-Würzburg durchschnitten worden sein!). Im Januar 1888 schließlich erwähnt Bürgermeister Langhans in einer Sitzung der Verschönerungskommission, „dass die Anlage an der Schwabacher Straße durch die dort gebildeten Bauquartiere untergehe“. Im März 1888 beschloss der Magistrat deshalb die Entfernung der Reste der einstigen Gartenanlage (Bäume und Sträucher), der Landgraben wurde im Zuge dieser Arbeiten verrohrt.[13]

Baustellenunglück 1886

Bei den Verlegungsarbeiten des Landgrabens, der mittels eines Kanals unter der Schwabacher- und Holzstraße in die Rednitz eingeleitet wird, wurden um 7 Uhr morgens durch Einsturz eines Schachtes vier Arbeiter verschüttet, wovon Einer unbeschädigt davonkam, ein Zweiter wurde im Laufe des Vormittags gerettet ins Krankenhaus gebracht, der auch davonkommt. Die beiden Uebrigen konnten trotz angestrengter Arbeit erst am Nachmittag todt heraufbefördert werden. Besonders verdient um die Rettung des einen Verunglückten haben sich gemacht Maurermeister Joh. Leonh. Weber, Zimmermann J. Leonh. Herzog und Taglöhner Joh. Agatz. [...].[14]

Die beiden tödlich verunglückten Arbeiter waren der 20-jährige Maurer Johann Georg Teichmann aus Dettendorf und der 50-jährige Tagelöhner Georg Giessacker aus Aufseß.[15]

Zeitzeugenberichte

Blick über Wald- und Höfener Str. An der Einmündung rechts der angesprochene „Spielplatz“ bzw. Lagerplatz für Militärgerät

Wir Kinder hatten früher einen wilden Spielplatz beim Bächla, also dem Landgraben. Nach den letzten Häusern an der Höfener Straße hat das Bächla die Straße gekreuzt, und ungefähr da wo heute die Gartenkolonie Volkswohl ist war unsere Räubergegend. Wir nannten die Ecke „Juden-Spielplatz“, und wenn einer gesagt hat „gehn mer zum Judas“ ist allen klar gewesen was gemeint war. Dort haben die Amerikaner nach dem Krieg deutsches Militärgerät aus der Umgebung zusammengesammelt. Da waren auch Trümmer von den Flak-Stellungen dabei, z. B. Scheinwerfer und einiges mehr. Das hat uns Kinder natürlich brennend interessiert. Mit den runden Abdeckungen von den Flak-Scheinwerfen sind wir auf dem Bächla surfen gegangen, das hatte damals viel Wasser. Und dann sind links und rechts vom Bächla die Gärten der Volkswohl angelegt worden. Wir hatten später dort auch einen Garten und im Boden war lauter Abfall. Kleider, Bleche, Dosen, usw., meine Frau hat sogar mal eine Autostoßstange aus dem Boden gezogen. Wir haben alles mit der Hand umgegraben und sauber gemacht, anderen war das egal, die haben einfach nicht so tief gegraben. Das Bächla ist dann irgendwann ausgetrocknet, das muss mit dem Bau des Frankenschnellwegs auf der Trasse des alten Ludwigskanals zu tun gehabt haben, da wurde das Grundwasser abgesenkt. [16]

Situation heute

Dauerhaft wasserführender Durchlass des Landgrabens an der Ringbahntrasse in Nürnberg-Leyh, April 2023

In Nürnberg ist die Landgrabenstraße nach dem ehemaligen Gewässer benannt. Am Bahndamm der Nürnberger Ringbahntrasse bei Leyh ist der Grabendurchlass erhalten und führt ständig Wasser, welches jedoch kurz nach Austritt aus dem Bahndamm in die Kanalisation der Burgbernheimer Straße abgeleitet wird. Ansonsten ist der weitere Verlauf in Fürth nur noch durch einige Geländemarken nachzuvollziehen.

Diese sind:

- gekrümmter Verlauf des Waldackerwegs samt Fußweg zur Höfener Straße

- Standort der sog. Kießling-Villa im Südstadtpark (Gebäude steht parallel am ehemaligen Verlauf)

- rückwärtige Grundstücksgrenzen von Schwabacher Straße 97 - 109

- Verlauf der Theresienstraße zwischen Ottostraße und Pfisterstraße

- gekrümmte Grundstücksgrenzen an der Theresienstraße in alten Katasterplänen

- Treppenanlage vor Pfisterstraße 33 u. 35 (Häuser stehen im Landgrabental)

- Auslaufbauwerk in die Rednitz an der Denglerstraße

Literatur

Siehe auch

Weblinks

  • Historischer Verlauf des Landgrabens mittels BayernAtlas

Einzelnachweise

  1. Fürth in Vergangenheit u. Gegenwart, Franz Willmy Verlag, Fürth, 1887, S. 283
  2. Fronmüllerchronik, 1887, S. 166
  3. Fronmüllerchronik, 1887, S. 266
  4. „Fürther Tagblatt“ vom 27. Juni 1845
  5. Denkschrift Georg Kißkalt vom 15. Juni 1897 für den Stadtmagistrat Fürth.
  6. J. G. Eger: „Taschen- und Address-Handbuch von Fürth im Königreiche Baiern...“, 1819, S. 254
  7. Fronmüllerchronik, 1887
  8. Adressbuch von 1807
  9. Adressbuch von 1819
  10. Adressbuch von 1836
  11. Adressbuch von 1846
  12. Fürther Tagblatt“ vom 6. Februar 1847 und 12. April 1848
  13. 13,0 13,1 Rupert Dietlmeier: Aus der Geschichte der Fürther Grünanlagen. In: Alt Fürth. Fürther Heimatblätter, 1938/5 - 6, S. 65
  14. Fronmüllerchronik, Eintrag 1886
  15. Kirchenbücher St. Michael, Bestattungen 1883–1889, S. 239, 240; im Sterberegister ist – abweichend zur Fronmüller-Chronik – jeweils als Todesdatum der 1. Juni 1886 vermerkt
  16. Zeitzeugenbericht, Archiv FürthWiki, Aktennr. '27'

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