Königstraße 36; Königstraße 38
Sandstein-Volutengiebel mit Firstpalmette (Nr. 36), 18. Jahrhundert und Giebelwand mit Holz-Erker (Nr. 38), bez. 1904; an Neubau des Doppelhauses wiederverwendet. In der Königstraße 38 befand sich die älteste Apotheke Fürths, die bereits 1660 - 1703 erwähnt wird. Die Apotheke wurde durch den jüdischen Arzt Dr. Löw eingerichtet. 1720 wurde die Apotheke erneut eröffnet und bestand dann ca. 250 Jahre unter diesem Namen. Das Fürth untypische Chörlein wurde erst 1904 angebracht. Die Anwesen wurden im Juni 2014 aus der Denkmalliste gestrichen, da nur wenige Bauteile historisch sind.
Löwen-Apotheke
Am 15. Juli 1974 schloss die seit 1720 bestehende Löwen-Apotheke an der Unteren Königstraße für immer. Im Rahmen der Altstadtsanierung und der Abwanderung der Bewohner aus dem Altstadtgebiet wurde der Apotheke endgültig die Existenzgrundlage entzogen. Die Fürther Nachrichten berichten am 13. Juli 1974, dass "mit schwerem Herzen die derzeitige Inhaberin Else Schauwecker dicht machen muss. Die Pächterfrage sei kritisch geworden. Niemand hat mehr Interesse, die Apotheke zu pachten. Der derzeitige Pächter Jörg-Dieter Sarawara, der seit drei Jahren sein Apothekenglück versuchte, hat den Vertrag aus Rentabilitätsgründen nicht mehr verlängert. Er wandert in die Fränkische Schweiz ab."[1]
Das alles geschah vor dem Hintergrund eines "langsamen Ausblutens der Altstadt", so die Fürther Nachrichten. Dem ehemaligen Wohngebiet des Gänsberg, für das die Löwen-Apotheke früher "erstes Haus am Platze war", sind durch die Flächensanierung ca. 6.000 Menschen abgewandert, ganz zu schweigen von den niedergelassenen Ärzten, die dort ebenfalls ihre Praxen geschlossen hatten. Obwohl die aktuelle Inhaberin Else Schauwecker es gern gesehen hätte, dass es weiterhin eine Löwen-Apotheke gibt, fällt das Haus nunmehr der Sanierungsplanung in den "Rachen": das Anwesen wurde an das Bauunternehmen und Sanierungsfirma "Neue Heimat Bayern" 1974 verkauft.[2]
Dabei ist die Geschichte der Löwen-Apotheke ein Stück Alt-Fürther Geschichte. 1660 wird erstmals urkundlich die Gründung der Apotheke durch einen Arzt namens Dr. Löw in der Unteren Königstraße genannt, die einen Löwen im Schild trug und die bis etwa 1703 bestand. Allerdings ist nicht abschließend geklärt, ob sich die Namensgebung durch den Begründer der Apotheke ergab, oder ob der Name durch das Relief über dem Eingang (Löwe mit Palmwedel) entstand. Zwischen 1720 und 1728 erfolgt die Wiederöffnung der Löwen-Apotheke. Als Gründer wird laut Dr. Schwammbergers Fürth-Lexikon Christian Georg Kühnlein angegeben. Die Löwen-Apotheke war somit, abgesehen von der 1714 gegründeten Mohren-Apotheke, eine der ältesten Apotheken der Stadt Fürth, die im Jahre 1814 noch ganze fünf Apotheken in ihren Mauern beherbergte.
1941 übernahm die heutige Inhaberin Else Schauwecker die Löwen-Apotheke von der Familie Fleischhauer, welche die historische Apotheke über fünf Generationen im Besitz hatte. Das endgültige Aus kam am 15. Juli 1974, es folgte ein Leerstand für weitere vier Jahre[3].
Abriss und Wiederaufbau
Im Rahmen der Altstadtsanierung war zunächst der vollständige Abriss aller historischen Gebäude am Gänsberg geplant, so auch der Abriss aller Gebäude in der Unteren Königstraße incl. der ehem. Löwen-Apotheke. Nach vielen Diskussionen im Stadtrat, aber auch in der Bevölkerung und der Öffentlichkeit gab es Mitte der 1970er Jahre ein erstes Umdenken in Bezug auf die Flächensanierung. Letzteres war auch durch die Stärkung des Denkmalschutzes nicht ganz unfreiwillig entstanden. Der ursprüngliche Plan des Architekten von Branca aus den 1960er Jahren, alle Gebäude durch neue Gebäude zu ersetzen, wurde durch die Stadt fallen gelassen. Von Seiten der Stadt war man nun bemüht die Altstadt verträglicher im Sinne des Denkmalschutzes zu gestalten. Hierzu wurde die Untere Königstraße als Modellprojekt herangezogen. Der Erhalt der Häuser erschien aber auf Grund diverser Untersuchungen und Gutachten für wenig aussichtsreich. Stattdessen wurden in der Unteren Königstraße die Fassaden einiger Häuser strukturiert abgetragen und im Anschluss wieder neu aufgebaut, so auch die Fassade der ehem. Löwen-Apotheke.
Zunächst wurde der erst 1904 entstande Holzerker entfernt und restauriert, danach erfolgte der Abriss des Gebäudes. Mit den Originalsteinen der ehemaligen Fassade wurde ab dem 1. Obergeschoss die rekonstruierte Fassade an den ab 1978 errichteten Neubau angefügt, so dass der Eindruck des ehemaligen Gebäudes wieder hergestellt wurde. Das alte Haus war ursprünglich ein Fachwerkgebäude, dessen faul gewordene Holzteile später verputzt worden sind. Von den Zierfassadenornamenten klassizistischer Art wurden nach den Angaben des Architekten Josef Reimann, der für den Bauträger "Neue Heimat" die Baumaßnahmen federführend durchführte, Gipsabdrücke angefertigt. Die Gipsabdrücke dienten als Muster für die neu angefertigten Ornamente. Auch das durch Putzfugen vorgetäuschte Sandsteinmauerwerk – die Erdgeschossfassade – ist genau wie das Original wiedererstanden. Im Erdgeschoss werden die alten Fensterläden wieder angebracht, auch eine der beiden Holztüren wurde beim Abbruch gesichert und 1978 wieder angebracht.[4] Allerdings ist während der Einlagerung der Originalteile der Fassade das Löwen-Wappen gestohlen worden, so der Bauherr. Es musste durch eine Kopie ersetzt werden[5] .
Auf Grund der Tatsache, dass lediglich Teile der ursprünglichen Fassade des ehemaligen Gebäudes erhalten geblieben sind, wurde im Juni 2014 dem Gebäude Königstraße 36/38 durch das Landesamt für Denkmalschutz die Denkmaleigenschaft entzogen.
Literatur
- Gisela Naomi Blume: Mikwen in Fürth - "Die Kellerquellenbäder der Israelitinnen". In: Fürther Geschichtsblätter, 2/2011, S.45 - 46
Lokalberichterstattung
- fn: Schöne Vielfalt bei Neubauten. In: Fürther Nachrichten vom 21. Juli 1979
- fn: Eine neue Schauseite. In: Fürther Nachrichen vom 10. August 1978
- fn: Die Fassaden bleiben. In: Fürther Nachrichten vom 14. Januar 1978
- fn: Neues Face-lifting - Die Neue Heimat plant auf den Anwesen Königstraße 36/38 Wohnhäuser ein Face-lifting. In: Fürther Nachrichten vom 9. August 1977
- fn: Königstraße: ein liebevoller Wiederaufbau. In: Fürther Nachrichten vom 18. Oktober 1976
- fn: Altes Fassadenbild bleibt. In: Fürther Nachrichten vom 17. Juni 1976
Siehe auch
- Fürther Jubiläumsmeile - Tafel Nr. 4
- Flächensanierung
- Verschwundene Dinge
Weblinks
- Homepage des Rechtsfolgers "Neue Heimat" - WSB Bayern [online abrufbar]
Einzelnachweise
- ↑ fn: Alte Apotheke schließt. In: Fürther Nachrichten vom 13. Juli 1974
- ↑ fn: Alte Apotheke schließt. In: Fürther Nachrichten vom 13. Juli 1974
- ↑ fn: Alte Apotheke schließt. In: Fürther Nachrichten vom 13. Juli 1974
- ↑ fn: Original-Erker hängt am Neubau. In: Fürther Nachrichten vom 8. Mai 1979
- ↑ fn: Original-Erker hängt am Neubau. In: Fürther Nachrichten vom 8. Mai 1979
Bilder
Anwesen Königstraße 34 Gaststätte Zum Wilden Mann, Königstraße 36 und Königstraße 38 im Dez. 2019
Anwesen Königstraße 36-38 im Dez. 2019
Die ehem. Löwenapotheke - Tafel der Fürther Jubiläumsmeile, 2007
Blick durch die Königstraße zum Grünen Markt, November 2001
Blick vom Paisleyplatz (ehemals) auf die Rückseite der Häuser Königstraße 40 - 38 - 36 - 34 im Dezember 1979. Das Gebäude Königstraße 40 war eines der wenigen Häuser, die den Kahlschlag der Flächensanierung in den 1970igern Jahren überlebt hat.
Detail aus der Urkundenrückseite Johann Christoff Fleischhauer, bzw. Nicolaus Christoph Fleischauer