Fraveliershof
Der "Fraveliershof" (Beim Liershof 1 - 3) ist ein Anwesen aus dem 17. Jahrhundert am Gänsberg. Die Namensgeberin war Frau Catharina van Lierd, eine angesehene Fürtherin ihrer Zeit, die durch ihre Mildtätigkeit aus ihrem christlichen Glauben heraus bekannt wurde. Mit der Bezeichnung des Anwesens wird bis heute noch an sie gedacht. Der Name "Fraveliershof" ist die mundartliche Zusammenziehung von "Frau-van-Lierd-Hof". Heute ist das Anwesen "Fraveliershof" Wohnhaus und Gasthaus. Der Fraveliershof ist eines der wenigen Häuser, das die Flächensanierung des Gänsbergs überstanden hat und vom Abriss verschont wurde.
Geschichte
Das Anwesen wird erstmals 1621 erwähnt. Der Kaufmann Paul Lersch (1635 - 1681) errichtete auf dem Grundstück ein Wohnhaus, das ab 1685 die Braugerechtigkeit übertragen bekam.[1] Die Witwe Lerschs, Katharina Lersch (1636 - 1710), heiratete erneut 1686 Johann David van Lierd (1651 - 1716), ein Kaufmann aus niederländischer Abstammung.
1723 wird der Bierbrauer Georg Lederer als Eigentümer eines von Steinen ganz neu aufgebauten Bräuhauses samt Nagelschmiedhäuslein, Garten und Stadl erwähnt, was laut Heinrich Habel offensichtlich auf den Bau des späteren 17. Jahrhunderts abzielt aufgrund der Bauweise des Giebelhaustypes.
1816 kommt es, nach dem Tode des damaligen Brauhausbesitzers Johann Michael Hoffmann und auf Antrag des Vormundes der minderjährigen Kinder, zu einer Versteigerung der Immobilien (mit den damaligen Haus-Nummern 494 a und 494 b). Zu den zwei Anwesen gehörten laut Versteigerungsbekanntmachung ein Wohnhaus mit zwei Gärten und einem massiven Brauhaus, eine Brandweinbrennerei, Waschhaus, Scheune, Stallungen sowie ein weiteres Wohnhaus samt Scheune und Garten.[2]
Im Adressbuch von 1819 wird dann Johann Wolfgang Siebenkäs als Eigentümer und "Bierbräuereybesitzer" aufgeführt.
Ab 1840/41 wird das Anwesen vom Brauhausbesitzer Christoph Steinberger bewohnt, der in der Nachbarschaft an der Theaterstraße eine Brauerei errichten ließ, die jedoch 1868 durch die Fabrikanten Weigmann und Streng übernommen wurde, um dann anschließend pleite zu gehen. Der Hofcharakter entstand durch die frühere Umgrenzung durch die Häuser Lilienstraße 1, 3, 5 und 7. „Die Fraveliershof-Besitztümer waren mit Mauern umgeben und hatten gleiche Eingangstore zu den Höfen, von denen aber nur der Torbogen am Lilienplatz vollständig bis zur gegenwärtigen Zeit erhalten blieb.“[3]
Beschreibung des Baudenkmals
Beim Liershof 1; 3
- Objekt
- Ehemaliges Bräuhaus „Frau van Lierds-Hof“
- Baujahr
- 1679
- Bauherr
- Paul Lersch
- Geokoordinate
- 49° 28' 40.18" N, 10° 59' 9.45" E, 49° 28' 40.55" N, 10° 59' 8.10" E
Zweigeschossiger Sandsteinquaderbau mit Satteldach, profilierten Sohlbänken, Korbbogenportal, kugelbesetztem Nordgiebel, südlichem Fachwerkgiebel, Fachwerk-Aufzugsgiebel an der östlichen Traufseite und westlichen erdgeschossigem Anbau, 1679; westlich anschließend Rundbogenportal aus Sandsteinquadern mit Zieraufsatz, gleichzeitig, als Verbindung zu Anwesen Beim Liershof 3
Beim Liershof 3; 3 a
- Objekt
- Doppelwohnhaus
- Geokoordinate
- 49° 28' 40.18" N, 10° 59' 9.45" E, 49° 28' 40.55" N, 10° 59' 8.10" E
Zweigeschossiger Traufseitbau mit Satteldach, hofseitig stark erneuerte Lauben-Anbauten; Osthälfte (Nr. 3) Fachwerkbau mit Aufzugsdächlein am Ost- und nördlichem Zwerchhausgiebel, 17./18. Jahrhundert; Westteil (Nr. 3 a) Sandsteinquaderbau mit Voluten am Giebelansatz, im Kern 17./18. Jahrhundert, wohl später in Sandstein erneuert.
Adressbezeichnungen
Vor 1792 gab es für das Objekt keine Hausnummerierung. Erst ab 1792 erhielten die Gebäude die Hausnummern 494 und 493. Ab 1819 wurden die Gebäude zur besseren Unterscheidung auch "Beim Liershof" und "Im Liershof" benannt.
1827 erfolgte die Einteilung der Gebäude nach Bezirken. Der Liershof wird umbenannt in Liliengasse, Hausnummer 494 wird zu I/224 und Hausnummer 493 wird die Nummer I/222. Erst 1860 erfolgt die Einteilung nach den Straßen, so wird jetzt die Hausnummer 224 zu Lilienstraße 10, während die Hausnummer 222 zur Lilienstraße 11 umbenannt wird. Lilienstraße und Liliengasse werden häufig synonym verwendet.
Ab 1890 erfolgt erneut eine Neunummerierung der Häuser in Fürth. Jetzt wird aus der Lilienstraße 10 die Nummer 1, und aus der Lilienstraße 11 die Lilienstraße 3. Erst seit der Flächensanierung in den 1970er und 1980er Jahren bekommen die Häuser ihre heutige Nummerierung: Beim Liershof 1 und Beim Liershof 3.[4]
Chronlogie der Eigentümer
In der Wunschelchronik sind die verschiedenen Eigentümer der Gebäude Beim Liershof 1 und 3 aufgelistet. Die Quellenangaben ohne bzw. mit einem Stern (*) beziehen sich auf im Stadtarchiv bzw. online vorhandene Adressbücher, die Quellenangaben mit zwei Sternen (**) beziehen sich ausschließlich auf die Wunschelchronik im Stadtarchiv. Evtl. vorhandene Lücken zwischen den Jahreszahlen ergeben sich aufgrund mangelnder Informationen über den genauen Eigentümerübergang.
Beim Liershof 1
- 1679: Lersch, Paul **
- 1685: Lersch´s Erben (Witwe und „Tochtersmann Conrad Beier“)**
- 1700: Frau von Lierd **
- 1723: Georg Lederer (Bierbrauer) **
- 1752: Hoffmann, Heinrich Salomon **
- 1797 - 1816: Hoffmann, Johann Michael */**[5]
- 1816 - 1819: Johann Wolfgang Siebenkäs */**
- 1819: Gruber, Georg (Branntweinbrenner)
- 1840: Siebenkäs, Barbara (Witwe) **
- 1841 - 1867: Christoph Steinberger (Brauhausbesitzer)
- 1867: Steinberger, Friederike (Brauerwitwe)
- 1868 - 1872: Weigmann und Streng (Fabrikanten) **
- 1873: Rudel, Georg (Schreinermeister) **
- 1879: Kübler, Felicitas (Trödlersfrau)
- 1891 - 1896: Kübler, Felicitas und Kübler, Johannes (Bäckerei u. Trödler)
- 1899: Holzmann, Johann (Charcutier)
- 1900 - 1905: Holzmann, Anna Franziska (Metzgermeisterswitwe) **
- 1907 - 1921: Holzmann, Wilhelm (Metzgermeister)
- 1926: Holzmann, Friedrich (Metzger)
- 1931 - 1935: Holzmann, Friedrich (Metzger) *
- 1951 - 1956: Holzmann, Wilhelm (Metzgermeister)
- 1961: Hirschmann, Lotte
Beim Liershof 3
- 1799 - 1850: Großer, Heinrich (Uhrmacher) **
- 1859 - 1901: Meyer, Johann Heinrich (Metallschlägermeister) */**
- 1903 - 1906: Meyer, Kunigunda Rosalie (Metallschlägerwitwe)
- 1909: Meier, Rosalie (Metallschläger-W.)
- 1910: Heigl, Elise (geb. Meyer) (Anm.: Klingt unlogisch) **
- 1911: Meyer, Johann (Metallschläger)
- 1913: Meyer Johann Adam (Metallschlägereiinhaber) *
- 1921 - 1926: Heigl, Elise, geb. Meyer
- 1930 - 1935: Fick, Konrad (Bäckermeister) **
- 1951 - 1961: Fick, Anna (Witwe)
Ansässige Betriebe
In beiden Gebäuden waren von Anfang auch gewerbliche Betriebe untergebracht. Auch hier bieten die Wunschelchronik und diverse Adressbücher eine Auskunft über den Inhaber bzw. der Art des Gewerbes. Die Quellenangaben ohne bzw. mit einem Stern (*) beziehen sich auf im Stadtarchiv bzw. online vorhandene Adressbücher, die Quellenangaben mit zwei Sternen (**) beziehen sich ausschließlich auf die Wunschelchronik im Stadtarchiv. Evtl. vorhandene Lücken zwischen den Jahreszahlen ergeben sich aufgrund mangelnder Informationen über den genauen Eigentümerübergang.
Beim Liershof 1
- Nach der Erbauung: Tabakfabrik
- 1685: Brauerei **
- 1723: Brauerei Lederer **
- 1816: Brauerei Hoffmann[6]
- 1819: evtl. Brandweinbrennerei Gruber
- 1850: Brauerei Steinberger
- 1854* - 1859: Brauerei Steinberger, Spiegelglasfabrik/-handlung Schweitzer *
- 1879: Trödelwaren Kübler
- 1886 - 1896: Trödelwaren Kübler, Bäckerei Schmerler
- 1899: Metzgerei Holzmann, Bäckerei Schmerler
- 1901 - 1911: Metzgerei Holzmann, Bäckerei Hösch
- 1913: Metzgerei Holzmann; Bäckerei Hösch; Spezereigeschäft Muzenhardt *
- 1921: Metzgerei Holzmann, Zigarrengeschäft Muzenhardt
- 1926: Metzgerei Holzmann, Zigarrengeschäft Bader
- 1931: Metzgerei Holzmann, Zigarrengeschäft Bader, Metalldrückerei Berthold *
- 1935: Metzgerei Holzmann, Tabakwaren Bader, Milchhandel Popp
- 1951 - 1956: Metzgerei Holzmann, Tabakwarenhandlung Prechtel
- 1961: Metzgerei Hirschmann
Beim Liershof 3
- 1799 - 1819: Uhrmacherei Großer
- 1850: evtl. Uhrmacherei
- 1854 - 1867: Metallschlägerei Meyer *
- 1863: Bäckerei **
- 1873 – 1884: Metallschlägerei Meyer **
- 1886: Metallschlägerei Meyer, Bäckerei
- 1891: Metallschlägerei Meyer, Bäckerei Borch, Vernickelungsanst. Wunder
- 1893 - 1896: Metallschlägerei Meyer, Bäckerei Borch
- 1899 - 1901: Metallschlägerei Meyer, Bäckerei Schmidt
- 1903 - 1905: Metallschlägerei Meyer
- 1907: Metallschlägerei Meyer, Bäckerei Eskofier, Schreinerei
- 1909: Metallschlägerei Meyer, Bäckerei Zöllner, Schreinerei
- 1911: Metallschlägerei Meyer, Bäckerei Zöllner, Möbelschreinerei Büttner
- 1913: Metallschlägerei Meyer, Bäckerei Zöllner *
- 1921: Bäckerei Fick, Metallschlägerei Kübler (?)
- 1926 –1931*: Bäckerei Fick, Wäscherei Blaufelder *
- 1935 -1961: Bäckerei Fick
Siehe auch
- Stadt New York (Gaststätte)
- Blaue Grotte (Gaststätte)
- Lilienplatz
- Lilienplatz (Gaststätte)
- Flächensanierung
- Brauereien
- Catharina van Lierd
- Johann David van Lierd
Literatur
- Beim Liershof. In: Heinrich Habel: Denkmäler in Bayern - Stadt Fürth, Lipp, 1994, S. 54 ff.
Bilder
Der Fraveliershof
Der Fraveliershof von der Theaterstraße aus gesehen.
Der Fraveliershof 1998 von der Lilienstraße aus gesehen; Gemälde vom Burgfarrnbacher Maler Erwin Kaltenbacher
Rückseite des Fraveliershofs: Links Lilienstraße (ehemals) 3, rechts Lilienstraße (ehemals) 1 (heute: Beim Liershof 1 und 3a/3b) im März 1980. Gleiches Motiv siehe Aquarell von Hans Schmitz in der Bildergalerie.
Blick nach Westen im Vordergrund die Gebäude der Brauerei Grüner in der Gartenstraße mit den Fabrikschloten, 1976
Innenhof im Fraveliershof während der Gänsbergsanierung, Blick nach Westen in die Katharinenstraße. In der Bildmitte Katharinenstraße 7, 1976
Ansichtskarte vom Fraveliershof (Hintergebäude); Kohlezeichnung von Peter Bina, 1953
Grundriss des Hofmarkt Fürth. Gezeichnet von: Elias Oehme. Aus: Erhard Andreas Saueracker: Versuch einer Chronologisch-Diplomatisch-Statistischen Geschichte des Hofmarks Fürth. Nürnberg und Leipzig 1789
Eingang zum Fraveliershof
Im Fraveliershof; Rückgebäude, damalige Adresse: Lilienstraße 5
Einzelnachweise
- ↑ "Bestgegründete Ausführung der seit Jahrhunderten zwischen dem Hochstift und der Domprobstei Bamberg...", 1785, 3. Band, 2 Teil, S. 39 f.
- ↑ "Intelligenzblatt des Rezat-Kreises", 1816, S. 834 - online
- ↑ Nordbayerische Zeitung, Juli 1923
- ↑ Wunschelchronik, 1940
- ↑ "Intelligenzblatt des Rezat-Kreises", 1816, S. 834 - online
- ↑ "Intelligenzblatt des Rezat-Kreises", 1816, S. 834 - online