Industrieflughafen Fürth

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Flugzeug und Abfertigungsbaracke am Industrieflughafen, um 1953

Von 1920 - 1933 fand die zivile Luftfahrt im Großraum vom Flugplatz Fürth-Nürnberg (später Nürnberg-Fürth) in Fürth-Atzenhof aus statt. Von 1933 an wurde diese Funktion durch den Flughafen Nürnberg-Marienberg übernommen.

Im Jahr 1950 kehrte der internationale Flugverkehr noch einmal nach Fürth zurück. Wegen der totalen Zerstörung des Nürnberger Flughafens am Marienberg und dessen geographischer Lage am Rand der Stadt, die den Flughafen inzwischen erreicht hatte, beschloss man den Bau des neuen Flughafens "Nürnberg-Kraftshof". Für die Überbrückungszeit suchte man nach einem geeigneten Gelände, um den Flugverkehr möglichst schnell wieder aufnehmen zu können. Fündig wurde man im Fürther Westen, wo sich auf dem Gelände der heutigen Hardhöhe der Werksflugplatz der Firma "Bachmann, von Blumenthal & Co." mit der nötigen Infrastruktur und einer befestigten Landebahn befand.


Bis 1945

Lage der Startbahn und der wichtigsten Gebäude (Orange = Gotha, Grün = Elbag-Lager, Gelb = BBF)

Bereits während des Ersten Weltkriegs suchte die "Gothaer Waggon- und Flugzeugfabrik" nach einem neuen Standort für die Fertigung von Flugzeugen. Die Stadt Fürth stellte ein Gelände auf der heutigen Hardhöhe zur Verfügung, auf dem in den Jahren 1919 bis 1920 - neben Fertigungshallen - auch eine Beton-Startbahn entstand. Viele ältere Fürther kennen das Unternehmen heute noch ausschließlich als die Waggon, auch wenn hier hauptsächlich Flugzeuge produziert wurden.

Später erfolgte die Umbenennung des Betriebs in "Bachmann, von Blumenthal & Co. KG". Der Produktion von Flugzeugteilen und ganzen Flugzeugen tat dies allerdings keinen Abbruch. Unklar ist, ob und welche Typen ganz in Fürth gefertigt wurden. Es existiert eine Fotografie mit Mitarbeitern vor einem Schulflugzeug Gotha Go 145, welches mit der Nr. 150 geschmückt ist.

In den 1930er Jahren entwickelte sich die "Waggon" jedenfalls zu einem wichtigen Reparatur-Betrieb für die Flugzeuge der Deutschen Luftwaffe. "Bachmann & Blumenthal" produzierte bis 1945 Teile unter anderem für die Junkers Ju 87, die als "Stuka" bekannt wurde, die Messerschmitt Bf 110, ein schweres Jagdflugzeug und Jagdbomber, sowie für die Messerschmitt Me 262, dem ersten einsatzfähigen Düsenjäger der Welt.

Die Umrüstung, Reparatur und z. T. auch die Teile-Fertigung der Bf 110 fanden in Fürth statt. So wurden z. B. die ersten Null-Muster (Vorserie) der finalen Serie Bf110G (Nachtjäger mit Radar) in Fürth aus älteren Maschinen der F-Serie umgerüstet.

In dieser Zeit bekam die Fabrik einen Werksflugplatz mit einer Startbahn. Deshalb mussten 1938 auf Anweisung des Reichsluftfahrtministeriums der Bismarckturm und die Gartenwirtschaft abgerissen werden. 1941 wurde die Start- und Landepiste erneuert. Russische Kriegsgefangene errichteten sie aus Beton in einer Länge von 1.200 m und einer Breite von 52,5 m.[1]

Als Rüstungsbetrieb gehörte die "Waggon" zu den Zielen, die von alliierten Flugzeugen bombardiert wurden, und so kam es im Kriegsverlauf zu einigen Schäden. Übrig blieben nur das Verwaltungsgebäude, Teile der Produktionsstätten und von einer Werfthalle die Umfassungsmauern.

Nutzung nach dem Zweiten Weltkrieg

Flugbetrieb am Industrieflughafen, im Hintergrund die Hardsiedlung, um 1953

Nach der Einnahme Fürths durch amerikanische Truppen nutzte zunächst die 9. US Air Force das Fluggelände als Airfield R-30.

Vier Gruppen der 9. Air Force waren nachweislich hier stationiert:

  • 362d Fighter Group, 30. April - 3. Mai 1945 , ausgerüstet mit P47 "Thunderbolts"
  • 425th Night Fighter Squadron, 2. Mai - 5. Juli 1945 mit P61 "Black Widows"
  • 371st Fighter Group, 5. Mai - 16. August 1945 mit P47 "Thunderbolts"
  • 142nd Fighter Group mit P47 "Thunderbolts"

In der direkten Nachkriegszeit stand nach Aussage von Zeitzeugen die Hardhöhe "voll mit fabrikneuen US-Jagdflugzeugen, die nicht mehr gebraucht und z. T. vor Ort verschrottet wurden". Vermutlich handelte es sich dabei um Lockheed P38 "Lightning"s, für die es nach Kriegsende in der US Air Force keine Verwendung mehr gab.

Im Jahr 1949 schließlich erfolgte die Schaffung einer provisorischen Flugplatz-Verwaltung mit deutschem Personal, die den Betrieb am "Industrieflughafen Nürnberg-Fürth" im Folgejahr aufnahm. Der Flughafen diente in den kommenden fünf Jahren als Provisorium und leistete wichtige Dienste, besonders für den Warenverkehr. Die Landebahn wurde mittels Stahlplatten verstärkt und um 160 m verlängert, um auch für die schwerer werdenden Flugzeuge auszureichen. In einem Wohnhaus an der Flugplatz-Einfahrt wurden die Verwaltung, die Funkstelle, die Wetterberatung, der Zoll und die übrigen Dienstleistungen untergebracht. Am 2. Januar 1950 landete das erste Linienflugzeug, eine Douglas DC3 (max. 27 Passagiere) der holländischen Fluggesellschaft KLM, und eröffnete die Strecke Amsterdam - Düsseldorf - Nürnberg - München.[2]

Im Juli 1953 betrug nach Angaben von Conrad Prautzsch - Geschäftsführer der Nordbayerischen Flughafengesellschaft - die durchschnittliche Frachtleistung des Flughafens 37.000 kg An-, 30.000 kg Ab- und 16.000 kg Durchgangsfracht im Monat. Der monatliche Postverkehr lag bei 1.200 kg An-, 300 kg Ab- und 600 kg Durchgangsfracht. Pro Woche landeten 24 Maschinen und brachten im Monat 1.800 Passagiere, während 1.100 abflogen und 400 im Durchgangsverkehr landeten.[3]

Der internationale Flugbetrieb endete am 6. April 1955, als der neue Flughafen "Nürnberg-Kraftshof" am darauf folgenden Tag seinen Betrieb aufnahm. Damit endete schließlich auch das Kapitel des Luftverkehrs in Fürth. Danach wurde das Gelände noch gemeinschaftlich bis 1957 (belegt 17.6.57 Start einer Spalinger S26 des Fliegerclubs Nürnberg) von den Nürnberger und Fürther Segelfliegern genutzt, bevor diese nach einigen "Wanderjahren" 1958/62 jeweils eigene Gelände in Seckendorf und am Hetzleser Berg bezogen.

Spalinger S26 des Fliegerclubs Nürnberg auf dem Industrieflughafen 1957

Das Gelände, auf dem sich der "Industrieflughafen" (Adresse: Würzburger Straße 121) einst befand, wurde ab dem Jahr 1957 komplett überbaut. Heute erinnert kaum noch etwas an den Flughafen, lediglich ein mächtiges verklinkertes Betongebäude, das heute die Firma "Flamme Möbel" beherbergt, ist aus dieser Zeit übrig geblieben. Und ein Stück der ehemaligen Start- und Landebahn ist als Grünstreifen zwischen Gauss- und Voltastraße erhalten geblieben. Dort befindet sich auch das Jugendhaus Hardhöhe.

Wissenswertes

  • Es gab im Lauf der zivilen Nutzung auf dem Flughafen nur einen einzigen Unfall. Ein Frachtflugzeug vom Typ Vickers Viking überrollte das Ende der Landebahn (etwa da wo heute das Jugendzentrum Hardhöhe steht) und das Fahrwerk brach zusammen. Dabei kam der Pilot aber nicht zu Schaden - nur seine Ladung: ein Schwein brach sich ein Bein und die anderen Schweine mussten auf dem Gelände eingefangen werden, sie konnten sich aus dem Flugzeug befreien.
  • Der Flughafen wurde im 2. Weltkrieg bombardiert - es gibt bis heute noch Bombenfunde.
  • Ein Flug von Fürth nach München kostete damals 39 DM.

Zeitzeugenberichte

  • "Wir haben den Flugplatz öfters an den Wochenenden mit unserer Mutter besucht. Es gab dort ein kleines Restaurant und die Tische und Stühle standen so nah am Rollfeld, dass beim Beidrehen der gelandeten Flugzeuge regelmäßig die Sonnenschirme wegflogen. Die Bedienungen sind dann gerannt und haben die Schirme wieder aufgestellt, das war für uns Kinder immer ein Spaß."[4]

Sonstiges

Dem Ausbau des Flughafens musste 1938 auf Geheiß des Reichsluftfahrtministeriums auch der Bismarckturm weichen, da dieser störend in der Einflugschneise lag.

Literatur

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Barbara Ohm: Durch Fürth geführt, Band 2 - Die Stadt jenseits der Flüsse. VKA Verlag Fürth, 1999, 2005, S. 40.
  2. Heinz H. Starke: Der Nürnberger Flugverkehr. In: "Nürnberger Forschungen, Band 17", 1972, S. 226 f)
  3. Fürth in den Fünfzigern (Buchreihe), Fürth 1953, S. 31
  4. Zeitzeugenbericht, Archiv FürthWiki, Aktennr. '11'

Bilder