Treu Fürth wurde 1918 als Verein zur Wahrung der Interessen der Stadt Fürth gegründet.

Logo Treu Fürth e. V.

Geschichte

Der ein oder andere wird sich sicher fragen, woher der Name "Treu Fürth" kommt, manch einer mag ihn gar schon einmal gehört haben. Begeben wir uns auf eine Zeitreise ins Jahr 1922, dem unbestrittenen Höhepunkt der Geschichte von "Treu Fürth"...

Der jahrhundertealte Streit zwischen den verfeindeten Nachbarstädten Fürth und Nürnberg erreicht in diesem Jahr einen seltsamen Höhepunkt: Die Fürther Administration verhandelt offen mit Nürnbergs Oberbürgermeister Dr. Luppe über eine Einverleibung nach Nürnberg!

Seit dem Bau der ersten deutschen Eisenbahn im Jahr 1835 kommen derartige Gedanken immer wieder auf, ermöglichte die moderne Verkehrstechnik doch schon recht schnell, von Fürth aus die Kunst- und Bildungsanstalten Nürnbergs zu nutzen. Auch geographisch wuchsen die Städte einander entgegen. Auf Nürnberger Seite hat man vor allem die Vorteile durch den Besitz des Handelsortes am Zusammenfluss von Pegnitz und Rednitz im Blick - jedoch verhindern die Mit-Grundherren Bamberg und Ansbach einen Anschluss Fürths an Nürnberg.

Anders ist die Situation jetzt, Anfang der 1920er Jahre: Fürths unabhängiger Stadtrat liebäugelt offen mit den Plänen des Nürnberger Oberbürgermeisters. Zusammen mit Fürths 70.000 Einwohnern könnte Nürnberg (mit damals 361.000 Einwohnern) München einholen und dessen Sonderstellung in Frage stellen. Separatistische Franken sehen mit einem Leuchten in den Augen die Gelegenheit, der bayerischen Landeshauptstadt einen fränkischen Gegenpol entgegenzusetzen. Selbst der Fürther Oberbürgermeister Dr. Wild gab seinen anfänglichen Widerstand rasch auf. Was in Fürth zu heftigen Diskussionen führte interessierte in der ehemalig freien Reichsstadt in arroganter Manier fast keinen. Man möchte die ungeliebte "Westvorstadt" am liebsten still und heimlich schlucken, von ihr profitieren und sie mundtot à la Südstadt vegetieren lassen. Und die Mehrheit der Fürther einschließlich ihrer Stadtverwaltung war klar dafür! - Fürth war in großer Gefahr!

Da schlug die Stunde des bereits im Jahr 1918 gegründeten "Verein(s) zur Wahrung der Interessen der Stadt Fürth" kurz "Treu Fürth" unter ihren Wortführern, dem Pfarrer und Stadtrat Paul Fronmüller, dem Vorsitzenden der israelitischen Realschulen in Fürth Isaak Löw Weiskopf sowie Babette Bauer:

 
Postkarte zum Thema Zusammenschluss Fürth und Nürnberg um 1920

Volksbegehren gegen den Zusammenschluss Fürth und Nürnberg

In einem extra für diesen Zweck mit diversen Fürther Verbänden, wie z. B. dem Grund- und Hausbesitzerverein oder den Innungen, gebildeten Gremium namens "Arbeitsausschuss zur Erhaltung der Selbstständigkeit der Stadt" setzte man sich gegen den Zusammenschluss der beiden Städte ein. Mit einer nie dagewesenen Agitation ficht der "Erzengel von St. Michael" genannte Fronmüller gegen die Eingemeindung; es gab keinen Einhalt vor kuriosen Behauptungen und drastischen Kampagnen. Der Verein "Treu Fürth" erlebte einen ungeahnten Zulauf, im Januar 1922 war sogar jeder zehnte Fürther Mitglied! Jedes Mittel war Fronmüller recht, "die Selbstständigkeit von Fürth [...] ein so hohes Gut, dass er sich nicht entschließen könne, es irgendwie aufzugeben" zu verteidigen. Am 22. Januar 1922, dem Tag der Abstimmung ließ "Treu Fürth" in den Stadtfarben dekorierte Pferdegespanne und Lastwagen durch die Stadt fahren. Mit der Parole: "Wir sind Fürther und wir bleiben Fürther!"

Mit 65 % Mehrheit schmetterte die Fürther Bevölkerung die Pläne der Stadtregierungen ab. Ein Verdienst von "Treu Fürth".

Nach dem Volksbegehren 1922

 
Zeitungsanzeige von Treu Fürth gegen die sog. "Eingemeindung Fürths nach Nürnberg" vom 21. Januar 1922

Bei den Gemeindewahlen am 15. Juni 1919 gelang es dem Verein, durch eine bürgerliche Einheitsliste ("Selbständigkeit") ihre Wortführer in den Stadtrat zu bekommen (2 Sitze von 41 Stadträten). Die Einheitsliste verfolgte eine sehr bürgerliche Politik im Sinne des gewerblichen Mittelstandes, bedingt durch ihre Mitgliederstruktur - jedoch frei von jeder Parteipolitik.

Zumindest im 20-köpfigen Ausschuss, der den engeren Vorstand aus seinen eigenen Reihen wählte, waren fast ausschließlich Selbständige, Angestellte oder Beamte.[1] Im Vorstand und Ausschuss wie in den Vorstandschaften des Innungsausschusses und des Haus- und Grundbesitzervereins fand man zum Teil stets die gleichen Personen: Stadtrat und Pfarrer Paul Fronmüller, Kaufmann Isaak Löw Weiskopf, Stadtrat und Metzger Adam Schildknecht, Stadträtin Babette Bauer, Bäckermeister Ebersberger, Schneidermeister Hans Fuß, Fabrikant Wirth, Bezirksoberlehrer Meerwald, Bäckermeister und Stadtrat Helmreich und Baumeister Egelseer.

Programmatisch war Treu Fürth im Gegensatz zu manch anderen Parteien nicht antisemitisch, stand aber in starker Opposition zur SPD in Fürth, insbesondere in der Fragestellung der Eingemeindung Fürths nach Nürnberg. Durch die Weltwirtschaftskrise 1929 - 1932 stiegen in Fürth die Kosten der Wohlfahrtsfürsorge auf mehr als 5 Mio. Reichsmark, was der Verein "Treu Fürth" als "Fluch der Parteienwirtschaft" anprangerte.[2]

Wie der Verein der Haus- und Grundstücksbesitzer und die Wirtschaftspartei forderten sie immer wieder zu strikten Sparmaßnahmen der Stadt Fürth auf, z. B. durch den Verkauf der städtischen Regiebetriebe (z. B. Verkehrs- und Strombetriebe, Krankenhaus). Weiterhin forderte "Treu Fürth" eine "produktive Gestaltung der Erwerbslosenfürsorge" (heute würde man vom Arbeitslosengeld bzw. Sozialhilfe sprechen) und insbesondere eine Einschränkung der Arbeitslosen- und Wohlfahrtsunterstützung, ohne jedoch die Unterstützung der wirklich Bedürftigen in Frage zu stellen. Hierzu vertrat Treu Fürth folgende Meinung: "Sie (die Arbeitslosen) müssten unter allen Umständen auch leben können und bekommen, was sie unbedingt (!) benötigen. Dies gelte vor allem für die "verschämten Armen", die gerne arbeiten würden, nicht aber für die "unverschämten Armen", die zu stolz sind, eine Arbeit anzunehmen, die ihnen nicht gefällt oder deren Entlohnung nicht hoch genug ist, und die deshalb lieber den leichteren, aber "unehrenhaften Weg der Unterstützung" gingen."[3]

Mitte 1933 wurde der Verein Treu Fürth im Rahmen der sog. NS-Gleichschaltung aufgelöst, obwohl führende Treu-Fürth-Anhänger, wie z. B. der Stadtrat und Pfarrer Paul Fronmüller, durchaus offen mit dem NS-Regime symphatisierten. Nach dem 2. Weltkrieg gründete sich der Verein Treu Fürth erneut, dieses Mal unter dem Namen "Kommunalpolitischer Verein Treu Fürth - Fürther Block e.V." 1952 gelang ihnen wieder der Einzug ins Stadtparlament mit 15,6 %. 1972 schieden sie aus dem Stadtrat aus, einzelne Mitglieder wechselten zur FDP. In der Folge löste sich der Verein endgültig auf.

Literatur

  • Eingemeindung. In: Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z. Ein Geschichtslexikon. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 104 - 106
  • Treu Fürth. In: Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z. Ein Geschichtslexikon. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 362
  • Schnittger, Herbert: Die Eingemeindungsverhandlungen zwischen Nürnberg und Fürth von 1900 bis 1933, Diss. Erlangen 1952
  • Heinrich Strauß, Fürth in der Weltwirtschaftskrise und nationalsozialistischen Machtergreifung, Schriftenreihe des Stadtarchives Nürnberg, Band 29, 1980, S. 262 ff.

Siehe auch

Lokalberichterstattung

  • Das Volk sagte nein - Ein Bürgerentscheid rettet 1922 die Selbständigkeit Fürths, Stadtrat hatte die Vereinigung schon beschlossen. Fürther Nachrichten vom 15. Februar 1995, S. 43
  • Sturmlauf gegen die Einheitsgemeinde. Vor genau 90 Jahren wurde die Verschmelzung von Nürnberg und Fürth verhindert. Artikel in den Nürnberger Nachrichten vom 23. Januar 2012 NN

Einzelnachweise

  1. Nordbayerische Zeitung vom 09. April 1929 und 04. April 1930
  2. Nordbayerische Zeitung vom 25. Mai 1932
  3. Fürther Anzeiger vom 28. Juli 1930 und Nordbayerische Zeitung vom 25. März 1931 und 21. März 1932