Kristallpalast

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Der ehem. Kristallpalast vor dem Brand bzw. Abriss, ca. 1970
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Objekt
Geschäftshaus
Baujahr
1899
Bauherr
Saalbauverein Fürth
Geokoordinate
49° 28' 35.10" N, 10° 59' 1.01" E
Abbruchjahr
1971

Der Kristallpalast war ein Kino mit einer kleinen Bühne in der Fürther Innenstadt (Pfisterstraße 3). Seit dem Umbau 1952 befand sich der Eingang zum Kristall-Palast in der Blumenstraße 43. 1971 brannte das Gebäude fast vollständig ab. Nach dem Brand wurden die Ruine zugunsten eines Wohnungsneubaus abgebrochen.

Kinowerbung aus den 1920er Jahren für den Kristallpalast

Entstehung

 
Großer Saal

Das Gebäude in der Pfisterstraße wurde 1898/99 von Fritz Walter für den sozialdemokratischen "Saalbauverein Fürth a. V.", 28 weiteren gewerkschaftlichen Organisationen, der Gesellschaft "Die Franken", dem Arbeitergesangsverein "Unter uns" sowie dem Arbeiter-Turn- und dem Radfahrerverein erbaut. Die Schankwirtschaft hieß in der Bevölkerung schlichtweg Saalbau und galt nach der Eröffnung am 7. August 1899 als Sitz der Fürther Gewerkschaften sowie als Versammlungs- und Vergnügungsort für Musik- und Theaterveranstaltungen. Weiterhin waren die Räumlichkeiten auch Sitz der Gewerkschaftsbibliothek und dienten als Zentralherberge. Zuvor wurden die Grundstücke Pfisterstraße 3 - 7 für den Neubau erworben. An dem Bau beteiligte sich die Brauerei Evora, weshalb die Säle häufig auch Evora-Saal genannt wurden.[1]

Bereits nach kurzem meldete das Betreiberunternehmen am 12. Dezember 1901 Konkurs an. Es folgte im Dezember 1902 die Zwangsversteigerung an die Brauerei Evora und Mayer in der Erlanger Straße.

Ab 1905 hieß auch das dazugehörige Restaurant "Evora-Saal".[2]

Gebäudebeschreibung 1901

Im EG Restaurant ("geräumig, hoch und sehr geschmackvoll hergerichtet"; dort eine Wandtafel mit der Inschrift "Volk der Arbeit sei willkommen, hier in deinem eigenen Heim!"), drei Gesellschaftszimmer, ein großes Gesangszimmer, ein Requisitenraum, Garderobe und kleiner Saal mit Theaterbühne. Im 1. OG großer, eher quadratisch angelegter großer Saal für rd. 3.000 Personen mit dreiseitiger Galerie und Bühne sowie drei Vereinszimmer. Im. 2. OG großes Vereinslokal, Wirtswohnung und sechs Wohnräume für das Personal. Im 3. OG sieben Fremdenzimmer mit 24 Betten. Im Souterrain Restaurantküche (mit Aufzügen zur Bewirtschaftung in allen Geschossen), Wurstküche, Spülküche, Wein- und Bierkeller sowie Niederdruck-Dampfheizungsanlage.[1]

Kino-Eröffnung

Das Kino wurde am 28. Februar 1921 (also in den Zeiten der Inflation während der Weimarer Republik) als Kristall-Palast für Varieté und Filmveranstaltungen mit 675 Sitzplätzen eröffnet. Geplant waren 807 Sitzplätze, diese wurden jedoch von Seiten der Genehmigungsbehörden nicht erlaubt.

Daneben existierten bereits die Kinos Weltspiegel (Blumenstraße 2), Park-Lichtspiele (Nürnberger Straße 12)[3] und die Kammer-Lichtspiele (Schwabacher Straße 36).

Betrieb

In den warmen Sommermonaten war das Kino häufig geschlossen, die Hauptsaison bildeten im wesentlichen Herbst und Winter. Die Kinosaison begann meist nach der Kirchweih, da man während der Kirchweih dem "Bauerntheater" kaum Paroli bieten konnte. Während der Filmvorführungen gab es immer wieder Pausen, um z. B. die Filmspulen zu wechseln. In den Pausen wurde an einem Buffet Essen und Bier angeboten. Ein Antrag der Betreiber auf Raucherlaubnis im Gebäude während der Vorstellung bzw. Pausen wurde im Februar 1922 vom Stadtrat abgelehnt.[4] Ein erneuter Versuch 1927, neben dem Buffet Bier, Schokolade und eben auch Zigaretten anzubieten, scheiterte ebenfalls.

Zur Eröffnung im November 1921 wurden zwei Filme angezeigt: Das große Radiumgeheimnis und Der Graf von Cagliostro. Die Filmdauer belief sich auf ca. 2 ½ Stunden und wurde durch ein eigenes Hausorchester begleitet. Im Erdgeschoss befand sich eine weitere Gaststätte, das "Platzl". Hier war eine Kleinkunstbühne untergebracht, in der ebenfalls regelmäßige Veranstaltungen angeboten wurden.

 
Kinoanzeige für NS-Propagandafilm, Februar 1933

Anfang 1931 schloss der Kristall-Palast, da verschiedene Umbauten notwendig waren. Unter anderem wurde die Kino-Technik ausgetauscht, da inzwischen der Stummfilm durch den Tonfilm abgelöst worden war. Wenn man als Kino weiterhin existieren wollte, so musste man mit dieser technischen Entwicklung Schritt halten. Der Kristall-Palast öffnete nach einer langen Umbauphase wieder am 16. September 1931 seine Tore. Die Presse hielt an diesem Tag fest:

Schon der Parterreraum macht einen sehr gediegenen Eindruck auf den Besucher durch seine schöne Bemalung. Der Theaterraum selbst wurde ebenfalls frisch getüncht und tadellos und stilvoll bemalt. Die Bühnendekoration weist ebenfalls eine sehr schöne Malerei auf, wie überhaupt die ganzen Arbeiten mustergültig durchgeführt wurden. Dem Gebot der Zeit folgend, wird im Kristall-Palast wohl hauptsächlich Tonfilm gezeigt. Damit aber die Wiedergabe von Wort und Musik eine ganz hervorragende wird, hat die neue Leitung des Kristall-Palastes nicht nur die neue Lichtton-Apparatur einbauen lassen, die Gewähr für eine hervorragende Wiedergabe des Tones bietet, sondern auch im Theaterraum wurden einige Veränderungen vorgenommen, damit die Akustik gehoben und bis aufs Höchstmaß verfeinert wird. Und fragt man sich, wer all die Schneid aufbringt, bei der heutigen Zeit ein solches Unternehmen zu beginnen, dann erfährt man, dass die Leitung des Kristall-Palastes künftig in den Händen des Direktors Ziegler vom Alhambra-Palast in Nürnberg ist.[5]

1933 wechselte erneut der Besitzer. Bereits im Februar 1933 zeigte man im Kristall-Palast den neuesten Hitler-Tonfilm "Blutendes Deutschland" - der erste NS-Propagandafilm in Spielfilmlänge mit Adolf Hitler und Joseph Goebbels. Spätestens ab 1935 durften Menschen jüdischen Glaubens nicht mehr ins Kino. Bis zum Kriegsende bestand der Kristall-Palast, schloss dann aber erneut seine Türen.

Nachkriegsentwicklung und Schließung

1948 nahm der Kristallpalast erneut seinen Betrieb als Kino auf, jedoch unter einem neuen Namen: Non-Stop-Schau. Diesen Namen behielt das Kino lediglich bis August 1952. Durch den neuen Besitzer, den Gebrüdern Schuldenzucker, wurde der alte Name wieder eingeführt. Die Gebrüder renovierten das Gebäude und statteten es mit einer neuen Technik aus. Durch den Umbau hatten inzwischen 750 Personen einen Platz im Kino. Doch statt der 750 kamen zu den Vorführungen max. 300 Personen. 1956 wurde ein Großteil der Plätze gesperrt, da wegen der schlechten Ertragslage dringende Reparaturarbeiten nicht durchgeführt werden konnten. Dies lag im allgemeinen Trend der deutschen Kinoentwicklung, der in den 1960er Jahren zum großen Kinosterben führte. Die Gründe waren hier vor allem in der beginnenden Motorisierung der Bevölkerung und dem damit einhergehenden größeren Freizeitangebot zu suchen. Zusätzlich hielt der Fernseher in immer mehr Wohnungen Einzug, sodass der Kinobesuch eher die Ausnahme wurde - statt wie bisher die Regel. Am 18. Oktober 1962 beendete der Kristallpalast seine Kino-Ära. Im Anschluss versuchte der Kristall-Palast als Veranstaltungsort für Konzerte (Beatclub) und Tanzveranstaltungen über die Runden zu kommen.

Bereits 1949 gab es in dem Gebäude auch eine Bar: die "Colibri-Bar"[6]

1971 brannte das Anwesen Pfisterstraße 3 vollständig ab, weshalb nur noch ein Abbruch des Gebäudes vorgenommen werden konnte. Seit dieser Zeit befinden sich hier nun Wohnhäuser.[7]

Literatur

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Anke Hoffsten: Das Volkshaus der Arbeiterbewegung in Deutschland – Gemeinschaftsbauten zwischen Alltag und Utopie. Böhlau Verlag, Köln, 2017, S. 397
  2. Fürth 1901-1910, Käppner-Chronik, Teil 2. Hrsg: Bernd Jesussek, 2003, S. 26
  3. Anmerkung: Nicht zu verwechseln mit dem namensgleichen späteren Park-Lichtspielen im Park-Hotel in der Rudolf-Breitscheid-Straße
  4. Georg Paul Rieß - Chronik der Stadt Fürth, 8. Februar 1922
  5. Fürther Tageblatt, 16. September 1931
  6. Wegweiser Nürnberg-Fürth (Buch), 1949, S. 138
  7. Denkmäler in Bayern, Stadt Fürth, Heinrich Habel, Karl M. Lipp Verlag 1994, S. 330

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