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Weniger erfreulich als die von Thomas Goppel als Minister für Wissenschaft, Forschung und Kunst bei der Eröffnung des Stadtmuseums am 9. Februar 2007 bekanntgegebene und im August 2007 durchgeführte Verleihung des Titels Wissenschaftsstadt waren allerdings die von Thomas Goppel befürworteten allgemeinen Studiengebühren, die vom Kabinett 2005 beschlossen, vom Landtag 2006 verabschiedet und zum Sommersemester 2007 eingeführt wurden, da sie die meisten Studierenden aus Fürth finanziell belasteten und die Studienaussichten der in Fürth eine allgemeine oder fachgebundene Hochschulreife anstrebenden Schülerinnen und Schüler trübten. Rechtlich waren die allgemeinen Studiengebühren in Höhe von 300 bis 500 Euro an Universitäten und Kunsthochschulen sowie in Höhe von 100 bis 500 Euro an Fachhochschulen vorgesehen, betrugen jedoch faktisch an allen Hochschulen eher 400 bis 500 Euro je Semester, da der rechtlich mögliche Rahmen meist im oberen Bereich genutzt wurde. Wie bisher musste zusätzlich der Semesterbeitrag für das Studentenwerk und den Allgemeinen Studentenausschuss (AStA) in Höhe von 35 bis 45 Euro je Semester bezahlt werden. Ausgenommen von Studiengebühren waren lediglich Studierende, die Kinder unter 18 Jahren erzogen oder für unter 18-jährige Kinder Unterhalt leisteten. Daneben konnten die bayerischen Hochschulen 10 % der Studierenden aufgrund besonderer Leistungen von der Zahlung der Studiengebühren befreien.977 Bildungspolitisch waren Studiengebühren an staatlichen Hochschulen in Westdeutschland zwar kein Novum,978 standen aber in deutlichem Widerspruch zu den Bildungsreformen seit Mitte der 1960er Jahre und der seit der PISA-Studie 2000 in Bayern verfolgten Aufwertung und besseren Vermittlung höherer schulischer und beruflicher Qualifikationsabschlüsse. Darüber hinaus führten sie zu erheblichen Protesten der Studierenden, zur Ablösung CDU-geführter Landesregierungen bei Wahlen sowie

977Vgl.

den Artikel Studiengebühren in Deutschland, in: www.wikipedia.de, hier: Ausdruck vom 07.07.2021. 978Vgl. ebd.: In Deutschland war die einst vom Alliierten Kontrollrat geforderte Lernmittel- und Studiengebührenfreiheit lediglich in der sowjetischen Besatzungszone komplett umgesetzt worden, während in Westdeutschland einschließlich West-Berlin neben einem Semesterbeitrag für das Studentenwerk und den Allgemeinen Studentenausschuss (AStA) auch „Hörergelder“ erhoben wurden, denen erst die massiven Studentenproteste in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre bis 1970 ein Ende setzten. Das im Zuge der Bildungsreformen unter Federführung der sozialliberalen Koalition vom Bund verabschiedete erste Hochschulrahmengesetz vom 26. Januar 1976 sah dann keine Reglungen zu Studiengebühren mehr vor. Vielmehr sollten Lehre und Forschung ausschließlich über Finanzmittel der Länder oder Drittmittel finanziert werden. Als von den unionsgeführten Landesregierungen in Baden-Württemberg 1997 für Langzeitstudierende, die die Regelstudienzeit um vier Semester überschritten hatten, und in Bayern 1999 für ein Zweitstudium Studiengebühren eingeführt wurden, reagierte die nach der Bundestagswahl vom 27. September 1998 gebildete Koalition aus SPD und Bündnis‘90/Die Grünen darauf mit der 6. Novelle des Hochschulrahmengesetzes vom 8 August 2002, bei der § 27 HRG durch einen vierten Absatz ergänzt wurde, der ein Studium bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss und ein Studium in einem zeitlich folgenden Studiengang, der zu einem weiteren berufsqualifizierenden Abschluss führte, für studiengebührenfrei erklärte. Diese Regelung betrachteten die unionsgeführten Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt als unzulässigen Eingriff des Bundes in die Kulturhoheit der Länder und riefen das Bundesverfassungsgericht an, das die Regelung in einer Entscheidung vom 26. Januar 2005 für verfassungswidrig erklärte, da sie in die Gesetzgebungskompetenz der Bundesländer eingreife. Daraufhin wurden mit Gesetzgebungsverfahren in den unionsgeführten Bundesländern zum Wintersemester 2006/2007 in Niedersachsen und in Nordrhein-Westfalen, zum Sommersemester 2007 in Baden-Württemberg, in Bayern und in Hamburg und zum Wintersemester 2007/2008 in Hessen und im Saarland allgemeine Studiengebühren eingeführt.

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