Eduard Putz: Unterschied zwischen den Versionen

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== Literatur ==
== Literatur ==
* Clemens Vollnhals: Evangelische Kirche und Entnazifizierung 1945 - 1949. München 1989, S. 268 f.


== Einzelnachweis ==
== Einzelnachweis ==

Version vom 28. November 2016, 23:20 Uhr

Eduard Putz (geb. 9. Januar 1907 in Altenschönbach bei Wiesentheid; gest. 22. September 1990 in Erlangen) war von Beruf Pfarrer an der St. Michaelskirche. Putz war seit 1927 Mitglied (Mitgliedsnummer: 60.049) der NSDAP und der SA. Von 1935 bis 1939 war er Pfarrer an der St. Michaelskirche, von 1947 bis 1954 hatte er die Pfarrstelle für das Evangelische Dekanat in Fürth inne.

Leben und Wirken

Putz kam als zweites von insgesamt fünf Kindern auf die Welt. Sein Vater Gottfried Putz war ebenfalls Pfarrer, sowie einige seiner Vorfahren. Der allgemein bekannteste Theologe in seiner Familie dürfte der Großvater und Pate Eduard Rupprecht (2. März 1837 - 2. Juli 1907) gewesen sein, dessen Maxime die Bekämpfung des Glaubenszweifels und Skepsis in vielen Publikationen war. Eduard Putz wäre aus heutiger Sicht bekannter als sein Großvater - zumindest in den innerkirchlichen Kreisen - jedoch blieb er bis zu seinem Tod 1990 eher im Hintergrund.

Seine Kindheit verbrachte Putz in Kalbensteinberg, einem mittelfränkischen Ort bei Gunzenhausen. Er besuchte zunächst sechs Jahre lang das Progymnasium in Windsbach, eher er zum Alten Gymnasium nach Regensburg wechselte. Nach drei Jahren in Regensburg absolvierte er das Abitur und entschied sich zum Studium der Theologie an der Universität Erlangen. Die "Erlanger" lutherische Ausrichtung seines Studiums begleitete ihn in den ersten vier Semestern, bei der er vorwiegend den Professoren Althaus, Elert, Strathmann, Preuß und Procksch Beachtung schenkte. Während dieser Zeit trat Putz 1925 auch der Burschenschaft Bubenruthia bei, einer eher wertkonservativen aber dennoch liberalen Burschenschaft die sich während des Nationalsozialismus sogar gegen das NS-Regime gestellt hatte und nach 1945 sich von jeglichem Radikalismus distanziert - gleichzeitig aber bis 1968 noch das „Keuschheitsprinzip“ in der Burschenschaft verankert hatte und sogar 1995 noch unter Federführung des ehem. Bundesbauminister Dieter Haack (SPD) ein homosexuelles Mitglied aus ihren Reihen ausschloss. Putz blieb bis zu seinem Tod ein lebenslang der Burschenschaft treu verbunden.

Nach dem Studium in Erlangen wechselte Putz nach Tübingen. Dort verbrachte er weitere zwei Semester unter den Professoren Schlatter, Heim, Schumann und Fezer. Insbesondere Schlatter und Heim standen für ein hohes Maß an biblisch begründeterer Theologie uns sollten Putz in seinem künftigen Denken und Verhalten maßgeblich beeinflussen. Dies zeichnete sich vor allem in einer streng biblisch orientierten und kirchlich ausgerichteten Denkweise aus. In der gleichen Zeit wurde Putz 1927 Mitglied der NSDAP und war Mitbegründer des NS-Studentenbundes in Erlangen und Tübingen.

Nach Tübingen wechselte Putz erneut nach Erlangen ehe er 1929 nach bestandenem Examen für zwei weitere Jahre nach München in das Predigerseminar wechselte.

1933 - 1945

Von 1931 bis 1933 war er als Vikar in der Münchner Stadtrandsiedlung Obersendling-Thalkirchen beschäftigt, ehe er 1933 als theologischer Hilfsreferent in die Kirchenregierung der Landeskirchenrat nach München berufen wurde. Diese Berufung war insofern ungewöhnlich, da Putz bisher beruflich kaum Erfahrung sammeln und keine eigene Pfarrstelle aufweisen konnte. Die Besetzung erfolgte durch den Bischof Hans Meiser (1881 - 1956) am 13. Juni 1933, also nur zwei Tage nach der öffentlichen Amtseinführung Meisers in der Lorenzkirche in Nürnberg - unter starker Beteiligung von Vertretern des Staates sowie der NSDAP. Die SA kam auf eigene Initiative um Spalier zu stehen. Meiser war nach der Machtergreifung 1933 bemüht, die Eigenständigkeit der evangelischen Kirche in Bayern aufrecht zu erhalten. Unter anderem versuchte er dies durch zahlreiche Kompromisse, die er als Bischof mit dem NS-Regime schloss. Die Überzeugung für das Arrangement war, dass nach Meinung Meisers eine nationalsozialistische Weltanschauung mit deutschchristlicher Theologie und Glaubensgrundlagen der evangelischen Kirche vereinbar sein. Die Einsicht, dass die Eigenständigkeit trotz Kompromissen unter dem NS-Regime nicht zu realisieren war kam bereits ein Jahr später, als Meiser am 11. Oktober 1934 erstmal verhaftet wurde und die Landeskirche im Sinne des NS-Regime zunehmend gleichgeschaltet wurde. Die Wahl auf Putz im Juni 1934 erfolgte demzufolge bewusst durch Meiser, da Eduard Putz bereits seit April 1927 Mitglied der NSDAP war. Damit gehörte Putz zu den sog. "Alten Kämpfern" der NSDAP, also zu dem Personenkreis der bereits vor der Machtergreifung der Partei beigetreten waren und deren Mitgliedsnummer unter 100.000 lag[1]. Meisers Intention in der Nominierung Putz war offensichtlich. Er beabsichtigte offensichtlich einen aus seiner Sicht völlig loyalen Theologen als Verbindungsmann in die NS-Bewegung zu installieren, um so mit der politisch herrschenden Partei verbunden zu sein - und gleichzeitig "seine" Landeskirche autark zu halten. Ob Putz sich dieser Rolle bewusst war ist aktuell nicht bekannt, ebenfalls nicht, ob Putz diese Rolle gleichzeitig in beide Richtungen ausübte.

Putz selbst hatte nach seinem Eintritt in die NSDAP im April 1927 nicht nur die Absicht nominell ein Mitglied der Partei zu sein, sondern war auch bestrebt den Nationalsozialismus aktiv in die Studentenschaft hineinzutragen. Putz gründete somit 1927/28 jeweils den NS-Studentenbund in Erlangen und Tübingen und war 1928 Hochschulgruppenführer an der Universität Erlangen. Putz hatte somit bereits als Student intensiv Werbung für die NS-Bewegung gemacht und führte dies auch während seiner Zeit als Vikar im Predigerseminar fort. So rühmte er sich gegenüber einem Kollegen 1934 damit, dass er "seit dem Jahre 1929 [...] durch [...] Vorträge [...] eine große Zahl von Kollegen veranlasst (habe sic!), [...] aktive Nationalsozialisten zu werden."[2] Welche Hoffnung Putz an die neue politische Bewegung verband wird durch eine Festrede in der Erlangen Burschenschaft Bubenruthia deutlich, die er später auf anderen Veranstaltungen mehrfach wiederholte:

"Heute, 1933, ist das Sehnen der Urburschenschaft erfüllt. Die nationalsozialistische Bewegung hat nämlich dort angeknüpft, wo 1817 die Urburschenschaft erwacht war. Die nationalsozialistische Idee ist deshalb die wahrhaftige und berechtigte Erbin der altburschenschaftlichen Bewegung. Es bedeutet für unser altburschenschaftlichen Fahnen ... eine unerhörte geschichtliche Rechtfertigung und eine Reinigung vor einer nunmehr vierzehnjährigen Schmach, wenn Adolf Hitler die schwarz-rot-goldenen Revolutionsfahnen von 1918 verbrannt hat. Wir müssen ihm für die Ehrenrettung unserer Fahnen aufs tiefste danken."[3]

In einem weiteren Vortrag 1931 auf der Zusammenkunft der bay. Pfarrschaft nannte Putz, dass der Nationalsozialisums als letzte Rettung Deutschlands vor dem Bolschewismus zu verstehen sei, und jeglicher Kapitalismus, Marxismus, Internationalismus, Liberalismus, Rationalismus und Pazifismus aus seiner und der Sicht des Nationalsozialisums zu verurteilen sei. In diesen würde lediglich der "große Abfall" der Gesellschaft verkörpert und nicht zuletzt sei das neuzeitliche Judentum verantwortlich für die diese Entwicklungen[4]. Auch wenn Putz durchaus Gefahren im Nationalsozialismus sah (Rassenmythos und heldischen Lichtglauben), so überwog bei ihm die Überzeugung, dass man den nationalsozialistischem Staat mit der Ordnung des Christentums unterbauen kann, und sich somit eine positive Zukunft einstellen kann.

Bekennende Kirche

Die Bekennende Kirche, zu dessen Gründern auch Eduard Putz gehörte, entstand im Mai 1934 als einzige im Selbstverständnis nach rechtmäßige Kirche im Deutschen Reich. Damit wiedersetzten sich evangelische Christen gegen den Versuch der Gleichschaltung von Lehre und Organisation der Deutschen Evangelischen Kirche in der Zeit des Nationalsozialismus. Als Manifest bzw. als Theologische Grundlage wurde auf der Bekenntnissynode vom 29. bis 31. Mai 1934 in Wuppertal-Barmen die sog. "Barmer Theologische Erklärung" festgelegt, die insgesamt sechs Thesen vertrat. Einer der Mit-Autoren dieser Erklärung war nach heutigem Kenntnisstand Eduard Putz.

Nach anfänglichen Zuwächsen der Bekennenden Kirche wurde ab 1937 die Organisation ebenfalls zunehmend verfolgt, hielt aber an ihrer eigenen Organisation fest. "Dennoch war sie entgegen der Selbstdarstellung vieler ihrer Mitglieder nach 1945 keine Opposition zum Nationalsozialismus als solchem"[5], auch wenn sie vom Alliierten Kontrollrat nach 1945 als "aktive antifaschistische Widerstandsbewegung" anerkannt wurde.

Widerstandskämpfer vs. Doppelagent

Die Rolle Putz während des Nationalsozialismus wirft viele Fragen auf. Zunächst tritt er sehr frühzeitig - nämlich 1927 in die NSDAP und SA ein - und vertritt aktiv und offensiv das nationalsozialistische Gedankengut. Auch während seiner Zeit als Theologe ist er stets darauf bedacht, dass seine aktive Zugehörigkeit zur Partei bekannt ist. So trägt er offen ab 1934 stets sein Goldendes Parteiabzeichen als sog. "Alter Kämpfer" und wird zum Beispiel im Prozess gegen Martin Niemöller im Februar 1937 als "Renommier-Nazi ... mit dem goldenen Parteiabzeichen am Lutherrock" bezeichnet[6]. Gleichzeitig ist Putz enger Vertrauter des Landesbischof Meiser und in der Gründung der Bekennenden Kirche von Anfang an involviert, ja Inhaltich maßgeblich beteiligt - und in der Folge einer der größter Werber dieser Kirche in und um Bayern. Die Bekennende Kirche war zwar dafür bekannt, dass sie per se nicht im Widerspruch zum Nationalsozialismus stand, gleichzeitig widersetzte sich sich immer wieder gegen die Gleichschaltung durch den Staat und waren damit stets Ziel von Verfolgungen und Repressionen durch das NS-Regime. Auch Putz bekam zunehmend Schwierigkeiten durch das NS-Regime. Er selbst erklärte hierzu: "In der Partei war wachsende Hetze gegen mich, da ich gegen Bibelhetze, gegen Einmischung der Partei in Religion, gegen Gaupropaganda (besonders über das Alte Testament) auftrat. Ich wurde sogar als "Verräter" und "Schandfleck" im ganzen Gau beschimpft, u.a. vom Gauleiter und Frankenführer Julius Streicher."[7] Nach eigenen Angaben traute sich aber niemand gegen Putz vorzugehen, da er als Träger des Goldenen Parteiabzeichens unter einem gewissen Schutz stand. Diese Aussagen müssen aber zumindest unter dem Licht betrachtet werden, dass sie vor einer Spruchkammer im Rahmen der Entnazifizierung erfolgten - und der Tatsache - dass nach dem Krieg natürlich jeder sich stets als Widerstandkämpfer wahrgenommen hat bzw. nach dem Krieg will keiner Nazi gewesen sein. Vor der Spruchkammer im Rahmen des Entnazifierziungsprozesses äußerte sich Putz zu seiner Mitgliedschaft wie folgt:

"Schon 1934 habe ich den Austritt gewünscht. Aber damals und später hat die Kirche, die Kirchenleitung der Bekennende Kirche selbst gewünscht, dass ich nicht freiwillig austreten solle, sondern die Wahrheit sagen, tapfer predigen und Christus bezeugen soll, und mich nur hinauswerfen lassen soll. Auch war ich mit der Kirchenleitung der Überzeugung, dass es für Deutschland notwendig wäre, dass auch in der NSDAP möglichst lange versucht werden müsse, die biblische Wahrheit und das Wort Gottes zu bezeugen. Deswegen bin ich nicht ausgetreten."[8]

Zeit in Fürth

Eduard Putz wurde 1935 nach Fürth als Pfarrer versetzt. Zuvor sollte er eine Pfarrstelle in Ansbach bekommen, diese wurde ihm aber nach staatlicher Intervention verweigert, da man Konflikte mit seinem dortigen Amtskollegen befürchtete[9]. Während seiner Zeit in Fürth stand er nach eignen Aussagen unter Beobachtung durch das NS-Regime und wurde auf Schritt und Tritt verfolgt. Zudem wurde Putz aus dem Landeskirchenamt als Referent entfernt und ihm wurde ein Redeverbot auferlegt, an das er sich allerdings nach eigenen Aussagen nicht hielt. Im Dezember 1939 wurde Putz zur Wehrmacht eingezogen. Dort arbeitete er als Divisionspfarrer an verschiedenen Fronten bis 1945. Er kam in amerikanische Kriegsgefangenschaft und war in einem Gefangenenlager in Böhmen interniert. Bei der Übergabe des Lagers von den US-Kräften zur Sowjetarmee gelang ihm die Flucht. Als katholischer Kaplan verkleidet gelang er zu Fuß bis nach Bayern[10].

In Fürth angekommen musste er sich der Spruchkammer zur Entnazifizierung stellen. In seinem Verfahren am 25. September 1946 in Fürth wurde er in die Gruppe 5, als Entlasteter eingestuft. Hierzu hatte Putz viele Entlastungschreiben erhalten, u.a. auch von hochrangigen Kirchenvertretern wie Martin Niemöller sowie der Göttinger und spätere Bonner Systematiker Hans Joachim Iwand. Die Anklageschrift hatte noch das Ziel Putz als Hauptschuldigen (Gruppe 1) zu überführen, was formal auf Grund des Gesetzes zur Befreiung von Nationalismus und Militarismus in Bayern vom 5. März 1946 nicht zutreffend gewesen wäre. Formal hätte bestenfalls eine Anklage als Belasteter (Gruppe 2) bzw. Minderbelasteter (Gruppe 3) möglich sein können. Vor dem Hintergrund, dass die ersten Spruchkammern von Laienrichtern geführt wurden, ein verständlicher Fehler - evtl. auch die die Einstufung in die Gruppe 5 als Entlasteter.

Nach dem Freispruch konnte Eduard Putz wieder in Fürth seine Tätigkeit als Theologe aufnehmen. Er übernahm zunächst wieder die Stelle an der St. Michaelskirche ehe er von 1947 bis 1954 die erste Pfarrstelle in Fürth inne hatte. Anfang 1954 wechselte Putz nach Erlangen-Neustadt und wurde Dekan des Kirchenbezirks Erlangen. Eine Stelle im Oberkirchenrat im Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland in Hannover hatte Putz zuvor abgelehnt, da er seine Parteimitgliedschaft in der NSDAP nicht als Belastung für das Amt und die Kirche sehen wollte. Im November 1972 ging Putz in den Ruhestand.

Auszeichnungen

Am 21. März 1934 erhielt Eduard Putz das "Goldene Parteiabzeichen der NSDAP" verliehen.

Literatur

  • Clemens Vollnhals: Evangelische Kirche und Entnazifizierung 1945 - 1949. München 1989, S. 268 f.

Einzelnachweis

  1. Anmerkung: Putz hatte die Mitgliedsnummer 60.049. Laut Parteistatistik gab es im Mai 1935 lediglich 22.282 Träger dieses dritthöchsten Partei-Ordens
  2. Ev.-luth. Landeskirchenrat München. Schreiben von Putz an Pfarrer Friedrich Möbus vom 20. August 1934
  3. Bubenreuther - Zeitung 15 Jahrgang Nr. 2 - Juli / August 1933, S. 28 f.
  4. Korrespondenzblatt für evangelisch-lutherischen Geistlichen in Bayern, Nr. 18 und 19/ 1933
  5. Wikipedia: Bekennende Kirche. Online abgerufen am 28.11.16 | 22.03 Uhr
  6. Hans Prolingheuer: Der Prozess gegen Martin Niemöller vor 70 Jahren. Nach dem Bericht Matthes Zeiglers, des Kirchenreferenten im Amt Rosenberg. Online verfügbar: Kirchengeschichten im NS Zieglerbericht
  7. Clemens Vollnhals: Evangelische Kirche und Entnazifizierung 1945 - 1949. München 1989, S. 268 f.
  8. Landeskirchliches Archiv Nürnberg, Personalakte: Erklärung über meine Zugehörigkeit und Beziehungen zur NSDAP
  9. Landeskirchliches Archiv Nürnberg, Personalakte: Erklärung über meine Zugehörigkeit und Beziehungen zur NSDAP
  10. Landeskirchliches Archiv Nürnberg, Personalakte: Erklärung über meine Zugehörigkeit und Beziehungen zur NSDAP

Siehe auch