Fürther Freiheit

Aus FürthWiki
Die Karte wird geladen …
100%
Blick über die Fürther Freiheit, Mai 2019

Die Fürther Freiheit ist ein zentraler Markt- und Veranstaltungsplatz in der Fürther Innenstadt.


Geschichte

Schreiben zur Benennung des Platzes 1933
Die künftige Fürther Freiheit, hier noch mit Bahnhof (1935)

Der heute sichtbare Platz entstand erst im Januar 1938. Bis dahin stand auf dem heutigen Platz der ehem. Ludwigsbahnhof, der im Jahr 1922 seinen Betrieb einstellte. Bis zum Abriss war u. a. im ehem. Bahnhof das Möbelhaus Scherer untergebracht.

Durch die Nationalsozialisten erhielt der östliche Teil vor dem noch bestehenden Ludwigsbahnhof den Namen "Schlageterplatz". Die Benennung nach Albert Leo Schlageter, dem Freikorpskämpfer und sog. "Ersten Soldat des Dritten Reichs", erfolgte durch den kommissarischen 1. Bürgermeister Franz Jakob (NSDAP) am 22. März 1933. Anlass der Platz-Benennung war die Machtübernahme der NSDAP am 21. März 1933, die in Potsdam mit einem Festakt in der Garnisonskirche feierlich ihren Höhepunkt erreichte.[1] Analog dazu zelebrierte die NSDAP in Fürth mit einer zentralen Kundgebung vor dem Rathaus dieses Ereignis. Vor den militärischen Verbänden und einer riesigen Menschenmenge verkündete Jakob "aufgrund Artikel 17 der Bayerischen Gemeindeordnung" mit sofortiger Wirkung, dass der Platz bei der Wartehalle an der Bahnhofstraße "Schlageterplatz" heißen soll.[2] Gleichzeitig wurde auch die Friedrich-Ebert-Straße in Julius-Streicher-Straße, die Königswarterstraße in Adolf-Hitler-Straße und der Stresemannplatz in Horst-Wessel-Platz umbenannt. Eine Beteiligung der gewählten Volksvertreter - dem Stadtrat - war im Sinne des NS-Regimes nicht notwendig.[3] Nach dem Abriss des Ludwigsbahnhofs 1938 wurde die Fläche des Platzes erweitert. Es entstand an dessen Stelle der größte Platz in der Stadt.

Der ursprüngliche Schlageterplatz 1933-38

Unmittelbar nach dem Krieg erhielt der Platz im Mai 1945 im Rahmen der "Entnazifizierung" zunächst den ehemaligen Namen des gegenüberliegenden Englischen Gartens: Hindenburgplatz.[3] Allerdings war auch Hindenburg nach dem Zweiten Weltkrieg politisch in Misskredit geraten, so dass die Anlage erneut im April 1946 umbenannt wurde in den heutigen Namen „Fürther Freiheit“.[3]

»Zeitverschiebung«

Hier kann per horizontaler Mauszeigerbewegung zwischen zwei deckungsgleich übereinandergelegten Fotos aus verschiedenen Epochen gewechselt werden:



  • Foto alt: historische Postkarte
  • Foto neu: Aufnahme von 2008 (Foto und Anpassung: Robert Söllner)

Nutzung während der NS-Zeit

Aufmarschplatz des NS-Regimes 1942

Der Ludwigsbahnhof wurde durch die NSDAP abgebrochen, da es nach Auffassung des NS-Regimes keinen ausreichenden Aufmarschplatz in Fürth gab. Zunächst versuchte man ab 1933, die ehem. Englische Anlage als Aufmarschplatz zu nutzen, diese erschien aber nicht für diesen Zweck geeignet zu sein. Demzufolge erfolgte der Abriss des ehem. Ludwigsbahnhofs 1938, sodass ein großer und "geeigneter" Platz mitten in Fürth entstand für entsprechende Aufmärsche der NSDAP.

Afrikakorps um 1941 in Fürth

Traurige "Berühmtheit" erlangte der Schlageterplatz, inzwischen nach dem militanten NS-Aktivisten der ersten Stunde Albert Leo Schlageter benannt, in der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938. Der Stadtchronist Paul Rieß berichtet in seinem Tagebuch: "Vergangene Nacht sind fast sämtliche hiesige Juden durch SA-Leute aus ihren Betten geholt und am Schlageterplatz aufgestellt worden [...] Auch die 42 Kinder aus dem Waisenhaus mußten wie alle anderen Juden - manche nur spärlich bekleidet - fast fünf Stunden lang in der Novemberkälte ausharren."[4]

1940 wurde lediglich ein Eingang zu einem Luftschutzkeller auf dem Schlageterplatz geschaffen, der durch einen unterirdischen Gang mit dem benachbarten Gebäude verbunden war.[5] Unterhalb des Gebäudes Adolf-Hitler-Straße 10 (ehem. Königswarterstraße 10 - heute Fürther Freiheit 10) wurde ein Luftschutzraum für die Zivilbevölkerung angelegt. Aufgrund der Eingangssituation spekulieren noch heute viele Fürther, dass sich der Luftschutzraum unterhalb des Platzes befand, was allerdings nicht stimmt. Der Zugang mit Gasschleuse wurde trümmersicher mit einigem Abstand zum Gebäude auf der Freiheit gebaut, was den separat erscheinenden Eingang auf dem Platz erklärt.

Eingang zum Luftschutzraum unterhalb des Gebäudes Adolf-Hitler-Straße 10

Das Gebäude Adolf-Hitler-Straße 10 war seit 1926 im Eigentum von Gustav Schickedanz, der die Fertigstellung des Schutzraumes am 15. April 1940 den hiesigen Behörden meldete. Im September 1942 wird der Schutzraum in den städtischen Akten mit 30 Liege- und 395 Sitzplätzen ausgewiesen. Der Luftschutzkeller litt vom ersten Tag an massiven Feuchtigkeitsproblemen. Am 18. September 1941 wurde Schickedanz durch die Stadt aufgefordert, entsprechende Maßnahmen zur Trockenlegung des Luftschutzkellers vorzunehmen, da durch die Nässe die technischen Einrichtungen und das Inventar der Anlage massiv litt. Nach mehreren vergeblichen Versuchen, das Problem in den Griff zu bekommen, erhielt der kommissarisch eingesetzte Bürgermeister Karl Häupler am 3. August 1943 ein Schreiben der Adjutantur des Polizeipräsidiums von Nürnberg, in dem ein Besichtigungstermin am Vortag wie folgt beschrieben wurde: "Was ich dort sehen musste, war nicht nur unerfreulich, sondern unverantwortlich. Nach Lage der Sache muß dort schon monatelang nicht mehr nachgesehen worden sein. Die Strohsäcke sind zum Teil durch den nassen Niederschlag verfault, Schimmel bezw. Pilz hat sich gebildet, Notbeleuchtungsständer, die nur sehr spärlich vorhanden waren, sind abgerostet, die Belüftungsanlagen sind vollständig eingerostet, sodass nicht einmal die Handbedienung mehr möglich ist. Auch sonst lag allerhand Zeug herum, das nicht in einen öffentlichen Luftschutzraum gehört."[5] Auch spätere Versuche, den Luftschutzraum trocken zu bekommen, schlugen fehl bzw. halfen nur für kurze Zeit. Die Luftschutzanlage wurde dennoch durch die Zivilbevölkerung genutzt, vor allem gegen Kriegsende. Zeitzeugen zufolge waren gegen Ende des Krieges mindestens 4.000 Schutzsuchende in dem Keller.[6] Nach dem Krieg schien man den Grund für die Feuchtigkeit gefunden zu haben. Vermutlich war die Ursache der in unmittelbarer Nachbarschaft liegende Löschwasserteich, der an einigen Stellen offensichtlich undicht war.

Der Schlageterplatz aus der Luft, gut zu erkennen der Löschwasserteich.

Nach dem Krieg gab es noch einige Versuche, zumindest den Eingangsbereich auf der Freiheit einer weiteren Nutzung zukommen zu lassen. So versuchte der Zeitungsvertrieb Bavaria im Juni 1946, den Eingangsbereich als Annahmestelle zu nutzen. Zuvor hatten bereits Zeitschriften- und Gemüsehändler versucht, den Bereich zu nutzen; da am nächsten Tag aber die Ware modrig roch, wurden diese Bemühungen meist nach kurzer Zeit wieder beendet. 1947 wurde der Eingangsbereich zum Luftschutzbunker abgerissen.[5]

Nutzung und Veranstaltungen

Bis zum Jahr 2012 diente der Platz dem Wochenmarkt und am westlichen Ende als Parkplatz, zur Michaeliskärwa stehen hier die größten Fahrgeschäfte. Darüber hinaus bietet die Fürther Freiheit alljährlich dem Weihnachtsmarkt, dem New Orleans Festival und div. anderen Veranstaltungen Platz. In der Geismannhalle fand 2006 und 2007 die Neuauflage des Poculatorfestes statt.

Geographische Eingrenzung

Die Fürther Freiheit erstreckt sich in folgenden Grenzen:

Wichtige Gebäude und Baudenkmäler

Literatur

  • Gerd Walther: Beiderseits der Ludwigsbahn. Von der Fürther Freiheit bis zur Stadtgrenze; Nobelboulevards und Fabrikviertel. Fürth: Städtebilder-Verlag, 1989, 127 S., ISBN 3-927347-17-5
  • Horst Schäfer: Fürther Freiheit. Ein fotografischer Spaziergang. Mit einem Vorwort von Helmut Haberkamm und einem Nachwort von Barbara Ohm. Cadolzburg: Ars Vivendi, 1999, 119 S., ISBN 3-89716-084-6
  • Renate Trautwein: Heiße Fürther Geschichten. emwe Verlag Nürnberg 2008, S. 153 ff.

Lokalberichterstattung

  • Thomas Scherer: Fürther Marktleute lieben ihre Freiheit. In: Fürther Nachrichten vom 4. November 2009 - online abrufbar
  • Hans von Draminski: Faschingsbegeisterung hat stark nachgelassen. In: Fürther Nachrichten vom 16. Februar 2010 - online abrufbar
  • Birgit Heidingsfelder: Familie Kleinlein nimmt Abschied vom Markt. In: Nürnberger Nachrichten vom 31. März 2010 - online abrufbar
  • Volker Dittmar: Begehrte Freiheit - Zentraler Platz wird von Veranstaltern belagert. In: Fürther Nachrichten vom 3. Mai 2010 - online abrufbar
  • Volker Dittmar: Freizeitflair verdrängt die Blechlawine - Kreative Protestaktion gegen das Diktat des Großparkplatzes auf der Freiheit. In: Fürther Nachrichten vom 19. September 2017 - online abrufbar
  • Claudia Ziob: Verblüffender Vorstoß: Wird die Freiheit neu gestaltet? In: Fürther Nachrichten vom 20. Juni 2018 (Druckausgabe) bzw. Verblüffender Vorstoß für die Fürther Freiheit. In: nordbayern.de - online abrufbar
  • Volker Dittmar: Fürther Freiheit legt Grauschleier ab. In: Fürther Nachrichten vom 15. März 2019 (Druckausgabe)
  • Birgit Heidingsfelder: Grüne Oase in der Pflasterwüste. In: Fürther Nachrichten vom 6. Juni 2019 (Druckausgabe)
  • Birgit Heidingsfelder: Kurz vor der Kärwa: Stadt hübscht die Freiheit auf. In: Fürther Nachrichten vom 6. September 2019 (Druckausgabe) bzw. Kurz vor der Kärwa: Fürth hübscht die Freiheit auf. In: nordbayern.de vom 6. September 2019 - online abrufbar
  • Birgit Heidingsfelder: Autos können wieder wenden. In: Fürther Nachrichten vom 13. September 2019 (Druckausgabe) bzw. Fürther Freiheit: Autos können wieder wenden. In: nordbayern.de vom 13. September 2019 - online abrufbar
  • hbi/ja: Setzen Sie sich doch! In: Fürther Nachrichten vom 15. Oktober 2019 (Druckausgabe) bzw. Birgit Heidingsfelder: Fürther Freiheit: Setzen Sie sich doch! In: nordbayern.de vom 16. Oktober 2019 - online abrufbar

Siehe auch

Weblinks

  • fürther-freiheit.info, die unabhängige Plattform für engagierte BürgerInnen - im Internet

Einzelnachweise

  1. Tag von Postdam (Wikipedia) - online abgerufen am 14. August 2014 | 23.58 Uhr
  2. Paul Rieß Chronik 1933 - Zeitungsbericht, Seite 42
  3. 3,0 3,1 3,2 Stadtratsakte Straßenbenennungen, 4. Band, Stadtarchiv Fürth (6/202), Recherche Peter Frank (Fürth), September 2007
  4. Paul Rieß: Chronikband 1938, Der Pogrom zu Fürth
  5. 5,0 5,1 5,2 Renate Trautwein: Heiße Fürther Geschichten. emwe Verlag Nürnberg 2008, S. 153 ff.
  6. Renate Trautwein: Heiße Fürther Geschichten. emwe Verlag Nürnberg 2008, S. 154

Bilder