Amtsgericht
Das Amtsgericht Fürth besteht unter dieser Bezeichnung seit 1879, doch seine Anfänge gehen bereits ins Jahr 1797 zurück. Die erste Sitzung des Schöffengerichts im heutigen Gebäude am Hallplatz fand am 13. Juni 1900 statt.
Im Gebäudekomplex an der Bäumenstraße war bis zum Umzug in die Südstadt 1961 auch das Finanzamt untergebracht.
Beschreibung des Baudenkmals
Bäumenstraße 32
- Objekt
- Amtsgericht Fürth
- Baujahr
- 1898
- Baustil
- Neubarock
- Architekt
- Andreas Roth
- Geokoordinate
- 49° 28' 28.65" N, 10° 59' 29.12" E
Fast vierflügeliger, um einen Innenhof gruppierter Gebäudekomplex, dreigeschossiger Walmdachbau auf hohem Sockelgeschoss mit Sandsteinfassaden, rustiziertem Erdgeschoss, Lisenengliederung und zwei Mittelrisaliten mit Dreiecksgiebeln, in neubarocken Formen, von Landbauamtsassessor Andreas Roth, 1898 - 1900; Hofmauer, Sandstein, gleichzeitig; Teil des Ensembles Alexanderstraße/Hallplatz.
Hallstraße 1
Südteil des Amtsgerichtes, siehe Bäumenstraße 32 / Hallstraße 1; Teil des Ensembles Alexanderstraße/Hallplatz.
Geschichte
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Aufgrund der langjährigen Dreiherrschaft durch die Dompropstei Bamberg, die Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach und die Reichsstadt Nürnberg waren die Gerichtsverhältnisse im Marktflecken Fürth bis zum Ende des 18. Jahrhunderts mehr als verworren. Die hohe Gerichtsbarkeit, also den Blutbann und das peinliche Gericht, beanspruchte der Markgraf von Ansbach, der sie durch das Geleitsamt Fürth wahrnehmen ließ. Die Fraisch, also die Blutgerichtsbarkeit, wurde jedoch auch durch das bambergische Centamt Herzogenaurach für die bambergischen Untertanen beansprucht und war zudem durch die Reichsstadt Nürnberg bestritten. Die niedere Gerichtsbarkeit, einschließlich der bürgerlichen Rechtstreitigkeiten, teilten sich das bambergische Dompropsteiamt Fürth, das markgräfliche Geleitsamt Fürth, das reichsstädtische Landalmosenamt Nürnberg sowie 7 weitere Gerichte Nürnberger Grundherren. Immer wurden die Untertanen nur vor das Gericht der eigenen Grundherrschaft gezogen. Die Judenschaft regelte ihre internen Streitigkeiten selbst.
In der preußischen Zeit von 1792 - 1806 räumten die Hardenberg'schen Reformen mit diesen Zuständen gründlich auf. Die Ausübung der Gerichtshoheit wurde der Interimistischen Justizkommission Fürth übertragen. Dieser standen die alleinigen Gerichtsbefugnisse der untersten Instanz im gesamten Marktflecken Fürth und im Landbezirk des ehemaligen Dompropsteiamts Fürth zu. Der 1. Juli 1797, zu dem Hardenberg die Verwaltung neu ordnete, darf als Geburtsstunde des heutigen Amtsgerichts Fürth gelten. 1798 zog die Justizkommission in den 2. Stock des eben fertiggestellten Geleitshauses in der Königstraße 42.
Im Jahre 1804 nahm die Justizkommission Fürth im Zuge der allgemeinen Angleichung die Amtsbezeichnung Kgl. preußisches Stadtgericht Fürth an, obwohl Fürth damals noch nicht zur Stadt erhoben war.
Als das preußische Fürstentum Ansbach 1806 an Bayern fiel, wurde 1808 das Stadtgericht Fürth als Untergericht bestätigt, seine Zuständigkeiten jedoch auf die Bereiche des reinen Stadtbezirks begrenzt. Dies bedeutete
- erste Instanz in Zivilrechtssachen
- untersuchende Behörde in peinlichen Prozessen.
Im Jahr 1818, dem Jahr der Erhebung Fürths zur Stadt 1. Klasse, erfolgte die Umbenennung in Kreis- und Stadtgericht Fürth. Jedoch blieb die Zuständigkeit, im Gegensatz zu anderen Städten 1. Klasse, ausdrücklich auf den Stadtbezirk beschränkt, so dass in den nächsten Jahrzehnten die Bedeutung des Fürther Gerichts gering blieb. Mehrmals wurde sogar die Auflösung des Gerichts befürchtet. Erst 1855 war diese Gefahr durch die Gleichstellung der Kreis- und Stadtgerichte 1. und 2. Klasse beseitigt. Am 1. Oktober 1857 erfolgte die Umwandlung des bisherigen Kreis- und Stadtgerichts in das Bezirksgericht Fürth. Ihm eingegliedert war jetzt neu ein Einzelrichteramt und es wurden auch neue Zuständigkeiten übertragen. Bedingt durch eine Reform der bayerischen Gerichtsorganisationen nahmen in Fürth am 1. Juli 1862 zwei neue Gerichtsbehörden der untersten Instanz ihre Tätigkeit auf:
- das Stadtgericht Fürth, zuständig für den Stadtbereich
- das Landgericht Fürth, neu entstanden und zuständig für 18 Gemeindebezirke, die die Gerichtssprengel der alten Landgerichte Cadolzburg, Erlangen und Nürnberg abgeben mussten.
Da der bayerische Landtag eine Vereinigung der Stadt- und Langerichte mit gleichem Gerichtssitz als wünschenswert erachtet hatte, wurde auch in Fürth am 1. Oktober 1876 das Stadt- und Landgericht Fürth gebildet. Durch die Eingliederung ins deutsche Kaiserreich und die 1877 neu geschaffene Reichs-Gerichtsverfassung erfolgte schließlich 1879 die Umbenennung des Stadt- und Landgerichts in Amtsgericht Fürth. Das Bezirksgericht, als dessen 2. Instanz, erhielt die Bezeichnung Landgericht. Der Gerichtssprengel des Amtsgerichts blieb unverändert. Neu war jedoch die Einrichtung eines Schöffengerichts. Im Laufe der Jahre und bedingt durch die rasch ansteigende Zahl der Rechtsfälle wuchs die Zahl der Planstellen immer mehr an. Die Raumverhältnisse im Gerichtsgebäude wurden immer unzulänglicher.
Ein Vorschlag des Landbauamts Nürnberg von 1876, den ganzen Komplex zu verkaufen und einen Neubau eines Gerichtsgebäudes an anderer Stelle zu errichten, wurde vom Staatsministerium der Justiz noch verworfen. Weitere dringende Eingaben an die höchsten Regierungsstellen in München führten jedoch dazu, dass am 2. Juni 1892 in Fürth eine Kommission zusammentreten konnte, um das Bauprogramm für den Neubau eines Amtsgerichtsgebäudes zu Fürth[1] zu entwerfen. Dabei wurde der damaligen Bedeutung von Fürth Rechnung getragen und der Bau mit Großzügigkeit und Weitsicht geplant.
Trotzdem kam es wieder zu Verzögerungen, diesmal vor allem wegen fehlender Geldmittel. Zudem wurde beschlossen, auf dem gewählten Bauplatz am Hallplatz zugleich auch das Kgl. Rentamt (Finanzamt) anzusiedeln, das bis dahin im ehemaligen dompropsteilichen Amtshaus am Grünen Markt untergebracht war und ebenfalls erweitert werden musste. Am 3. Mai 1898 wurde mit dem Abbruch des alten Hauptzollamtes am Hallplatz begonnen, am 4. Juni 1898 erfolgte der erste Spatenstich. Durch ungünstige Witterung behindert nahmen die Bauarbeiten zwei Jahre in Anspruch. Die offizielle Übergabe des Amtsgerichts- und des Rentamtsgebäudes erfolgte am 30. Mai 1900.
Als das Amtsgericht im Jahr 1900 sein neues Gebäude bezog, waren im dort 8 Richter und 24 sonstige Beamte tätig.
Am 1. März 1931 wurde das Amtsgericht Cadolzburg aufgelöst und sein Bezirk dem Amtsgericht Fürth zugeteilt, das dadurch den ersten größeren Zuwachs seit seiner Gründung erhielt. Am 1. April 1935 wurde das Amtsgericht Fürth Reichsbehörde. Bis 1945 kamen Zug um Zug auch die Geschäfte des Amtsgerichts Markt Erlbach hinzu.
Nach dem 2. Weltkrieg musste auch die Justiz in ganz Deutschland wieder von vorne anfangen. Das Amtsgericht Fürth öffnete zwar schon am 9. Juli 1945 wieder, allerdings musste es ab dem 1. August 1945 auch das Amtsgericht Nürnberg und Teile des Landgerichts Nürnberg-Fürth aufnehmen, deren eigentlicher Sitz, der Nürnberger Justizpalast, beschlagnahmt worden war. Erst ab Mai 1946 konnten die Nürnberger Gerichte Zug um Zug zurückverlegt werden. Die letzten Abteilungen des Amtsgerichts Nürnberg verließen Fürth erst im Jahre 1950.
1953 wurde über eine Gesamtinstandsetzung der Amtsräume nachgedacht, die Auswechslung des längst überalterten Mobiliars und ein Einbau einer Zentralheizungsanlage waren dringlich geboten. Zugleich gab es einen Vorstoß auf Erweiterung der Amtsräume. Alle Pläne wurden jedoch verworfen und so gab es erst einmal lediglich Modernisierungsmaßnahmen und Ausgliederungen einzelner Abteilungen. Mittelfristig war vorgesehen, dass das Amtsgericht den vom Finanzamt benützten Gebäudeteil übernehmen sollte, sobald ein Neubau für das Finanzamt errichtet war.
Mit Wirkung vom 1. Januar 1957 wurde das Amtsgericht Fürth für eine Reihe von Rechtsgebieten zum Zentralgericht für die nördlich und westlich benachbarten Amtsgerichtsbezirke Erlangen, Neustadt/Aisch, Scheinfeld und Windsheim bestimmt. Damit wurde die Bedeutung des Gerichtssitzes Fürth für das nordwestliche Mittelfranken besonders unterstrichen. So wurde auch die verbliebene Zweigstelle des Amtsgerichts Markt Erlbach am 1. Juli 1959 endgültig aufgehoben und die Geschäfte wurden vom Amtsgericht Fürth wahrgenommen.
In mehreren Bauabschnitten hatte inzwischen der Umbau des alten Amtsgerichtsgebäudes begonnen und am 28. März 1961 übernahm die Justizverwaltung auch offiziell die Räume des bisherigen Finanzamtsblocks. Im November 1962 waren auch dort die Instandsetzungsarbeiten abgeschlossen, so dass auch die ausgelagerten Abteilungen ins Amtsgerichtsgebäude zurückkehren konnten.
Literatur
- Georg Tobias Christoph II. Fronmüller: Chronik der Stadt Fürth. A. Schmittner, Eßmann, Fürth, 1985, S. 224.
- Dr. Wilhelm Kraft: Der gerichtliche Zweikampf unter besonderer Berücksichtigung des Kampf- und Kolbengerichts in Fürth. In: Fürther Heimatblätter, 1940/1-2, S.1 - 28
- Dr. Michael Hofmann: Kultur- und rechtsgeschichtliche Bilder aus dem ältesten Fürther Gerichtsbuch. In: Fürther Heimatblätter, 1941/1, S.1 - 15
- Dr. Ludwig Bertholdt: Bilder aus der Zeit des Rechtsstreits um die Fürther Bierausfuhr im 18. Jahrhundert. In: Fürther Heimatblätter, 1941/1, S.25 - 37
- Rudolf Brunner: Geschichtliche Entwicklung und Art der Gerichtsbarkeit des Fürther Gerichts. In: Fürther Heimatblätter, 1951/1, S.2 - 16
- Rudolf Memmert: Das Amtsgericht Fürth, seine Geschichte und Amtsgebäude in der preußischen und bayerischen Zeit. In: Fürther Heimatblätter, 1963/1-2, S.1 - 68
- Robert Herbst: Die Wiederaufrichtung der Justiz in Fürth durch die Amerikaner. April - August 1945. In: Fürther Heimatblätter, 1970/1, S.1 - 14
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Rudolf Memmert: Das Amtsgericht Fürth, seine Geschichte und Amtsgebäude in der preußischen und bayerischen Zeit. In: Fürther Heimatblätter, 1963/1-2, Beilage 11, S.46