Die Sankt-Michaelis-Kirchweih, im Fürther Sprachgebrauch Fürther Kärwa oder noch kürzer einfach nur Kärwa genannt, ist eine Straßen- und Wirtshauskirchweih. Sie wurde am 4. Januar 2018 in das bayerische und am 11. Dezember 2018 in das deutsche Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen.

Nächtlicher Blick auf die Michaelis-Kirchweih 2007


Überblick

Die Sankt-Michaelis-Kirchweih ist die größte Straßenkirchweih Bayerns und Süddeutschlands, zugleich auch eines der ältesten und größten Volksfeste in Franken. Die Aufnahme in die bayerische Landesliste des immateriellen Kulturerbes erfolgte im Jahr 2018. Die Verbindung aus Straßenkirchweih, Volksfest und Jahrmarkt mit 100 Händlern gilt als etwas Einzigartiges - vor allem in dieser Größenordnung und an diesem Schauplatz. Während die meisten Feste dieser Art auf Plätzen oder auf der grünen Wiese gefeiert werden, kommen die Fürther und ihre Gäste mitten im Zentrum zusammen.[1]

Die Fürther Kärwa findet in der Innenstadt, insbesondere auf der Fürther Freiheit und der Königstraße, Teil der (Bundesstraße 8) statt; letztere wird für die Dauer der Veranstaltung gesperrt.

Die Michaelis-Kirchweih ist eine "echte" Kirchweih, sie findet zur Erinnerung der Weihe der Kirche St. Michael statt. Alljährlich beginnt sie am Namenstag des Erzengels Michael (29. September) oder am darauffolgenden Samstag und dauert (mit Ausnahme des Jubiläumsjahres 2007) stets 12 Tage. Höhepunkt ist der am zweiten Kirchweihsonntag stattfindende Erntedankfestzug mit 3.000 Mitwirkenden und 100.000 Zuschauern. Insgesamt besuchen jährlich circa 800.000 Besucher die Kirchweih, wobei die Schausteller zuletzt jährlich ein Rekordgeschäft vermeldeten.

Im Jubiläumsjahr 2007 begann sie genau am Samstag, den 29. September (Michaelstag) und endete am Sonntag den 14. Oktober 2007. Zur Jubiläums-Kärwa 2007 kamen etwa 1,7 Millionen Besucher.

Geschichte

Anfänge

Über die Ursprünge der Kirchweih existieren keine Urkunden. Da jedoch die namensgebende Michaelskirche um 1100 errichtet wurde, wird davon ausgegangen, dass das Fest auch erstmals zu dieser Zeit stattfand und somit seit nunmehr über 900 Jahren durchgeführt wird. Für das Jahr 1536 wird erstmals urkundlich die Feier der Kirchweihe von St. Michael erwähnt.

Ursprünglich waren die Buden am Grünen Markt und in der Gustavstraße im Umkreis der Kirche St. Michael. Bereits in einer Beschreibung der Kirchweih aus dem Jahr 1794 ist von der "Königin aller Kirchweihen des Fränkischen Kreises" die Rede.[2]

Der namhafte Erlanger Professor Johann Christian Fick hebt in seinen Beschreibungen der Erlanger Umgebung im Jahr 1812 die weit und breit bekannte Fürther Kirchweih hervor, mahnt aber auch zur Vorsicht: „Bei diesen vielen Fremden finden sich von allen Gegenden liederliche Dirnen ein, ausser denen, die vielleicht in Fürth einheimisch sind. Gegen diese kann man den Jüngling nicht genug warnen, weil meistens schmerzhafte und Gesundheit zerstöhrende Folgen die Sünde hart bestrafen.”[3]

Der Kirchweihschutz

Schon in den Anfängen der Michaelis-Kirchweih war es wichtig, Maße, Münzen und Gewichte zu prüfen. Dies war die Aufgabe der Herrscher über das Territorium und gleichzeitig eine Machtdemonstration. Im Fürth der Dreiherrschaft fiel diese Aufgabe immer, auch nachdem die Kirche St. Michael evangelisch geworden war, den Vertretern der Bamberger Dompröpste zu. Sie eröffneten die Kirchweih mit dem sogenannten Plantanz und riefen dann den speziellen Kirchweihfrieden aus. Danach zogen immer sechs Bamberger Soldaten durch alle Wirtshäuser, um dies zu verkünden und durchzusetzen. Üblicherweise erhielt jeder Soldat dabei in jedem Gasthaus eine Maß Bier. Ab dem späteren 17. Jahrhundert besuchten sie auch das Brandenburger Haus, das der Markgraf von Ansbach für sich beanspruchte.

Deshalb wurden dort bewaffnete Landsknechte postiert, die den Bamberger Soldaten, mal mehr, mal weniger friedlich, den Zutritt verwehrten. Die Ansbacher achteten darauf, dass die reine Zahl der Soldaten keine Missverständnisse bezüglich der Machtverhältnisse aufkommen ließ. Rückten die Bamberger zu siebt an, standen ihnen zwischen 24 und 40 Ansbacher gegenüber. Wiederholt kam es zu handfesten Auseinandersetzungen. 1704 war der Tanz um den Kirchweihbaum gerade beendet, so der Bericht des Schreibers nach Bamberg, als Ansbacher Knechte aus Cadolzburg anrückten und die Mannschaft „mit größtem Ungestüm" schlugen und den Amtmann samt Schreiber wie „Furien anfielen". Noch drastischer verlief es 1712, als im Wirtshaus Kern (Brandenburger Haus) der Bamberger Vertreter an der „Haußthür verprügelt" wurde. Der Protest blieb wie immer folgenlos. Weitere sechs Jahre später wurden die Bamberger Soldaten sogar „nach an ihnen ausgeübten Blessionen und Schlägen" verhaftet. Es folgten weitere „Betrohung" und andere „spizbübischen Dinge", so der Bericht nach Bamberg.
Besonders gewalttätig war die Auseinandersetzung um das Brandenburger Haus zur Kirchweih 1723. Nachdem den Bambergern der Zutritt verwehrt worden war, drückten diese ihren Protest „mit Losbrennung des Gewöhrs" aus. Am nächsten Tag verschärfte sich der Konflikt, hatten die Bamberger doch beim Visitieren erneut Gewehrsalven abgegeben. Der Vorwurf des Ansbacher Geleitsmanns lautete, dass auf das Geleitshaus geschossen und sogar eine Kugel in einem Zimmer gefunden worden sei. Dagegen verwahrte sich der Bamberger, es könne sich höchstens um ein Versehen gehandelt haben, seien doch die Ansbacher 40 Mann gewesen und man selbst nur zu siebt. Dem angeblich von der Kugel Getroffenen sei lediglich der Strumpf versengt worden. Er habe am nächsten Tag auch ohne Wunden seine Aufgaben erfüllen können. Zugleich klagten die Bamberger darüber, dass die Schuhmacher ihre Stände vor dem Geleitshaus aufgeschlagen hätten, was es bis dahin nie gegeben hätte. Doch auch die Ansbacher waren unzufrieden, habe die Schießerei der Bamberger die Bewohner Fürths des Nachts in Unruhe, Schrecken und besorgliche Lebens- und Feuers-Gefahr" gebracht. Eine weitere Steigerung erlebte der Konflikt 1773. Als die Soldaten aus Forchheim die übliche Patrouille durchführten, wurden sie von Ansbacher Soldaten verfolgt und schließlich mit üblen Worten überfallen: „Marsch da, euch gehört keine Patrouille, schlagt sie tot, die katholischen Racker, Spitzbuben, Halunken." Der Bericht meldet weiter, dass vier Soldaten und der Korporal „sämtlich auf das gräulichste mißhandelt" wurden, letzter sogar mit drei Säbelhieben verwundet wurde.
So setze sich das Ganze fort, auch wenn die Schriften aus Fürth nach Bamberg ansonsten betonten, dass die Kirchweih friedlich gewesen sei. Damit war diese elementarer Bestandteil der Auseinandersetzungen der Herren über Fürth. Eine Lösung des Konflikts gab es nicht. Weder gerichtlich noch durch faktische Ausübung der Macht konnte sich eine Partei durchsetzen. Erst mit dem Verkauf des Markgraftums Ansbach an das Königreich Preußen 1791/92 erledigte sich der Konflikt. Die militärische Macht Preußen erübrigte jeden Widerspruch der Dompröpste von Bamberg.[4]

Die preußische Kirchweihordnung

Die Preußen verschärften den Kirchweihschutz. So durfte der Kirchweihbaum nicht mehr aus Büchenbach geholt werden, sondern es sollte die längste Tanne, die im Wald zu haben ist, ausgegraben werden. Deren Wipfel durfte auch nicht mehr mit einem Seidentuch geschmückt werden, da dies als Zeichen des Bamberger Kirchweihschutzes galt. 1797 wurde der Grüne Markt zu eng und die preußische Regierung erließ die Aufforderung, die Buden zwischen Obstmarkt und Königsplatz zu errichten. Empfohlen wurde die Aufstellung von Ständen durch alle Künstler, Innungen und Zünfte aus Fürth, damit die Fremden die daselbst verfertigt werdenden Waaren [sic] besser übersehen können. Die Ansbacher Verwaltung setzte auch eine Sperrstunde fest und legte diese auf Mitternacht. Mit dieser Regelung verknüpft war die Anordnung, dass die Kirchweih erst am Montag beginnen und den folgenden Sonntag pausieren sollte. Die Bevölkerung war darüber aber derart aufgebracht, dass die Regierung bereits am 7. September diesen Teil der neuen Kirchweihordnung wieder zurücknahm und die beiden Kirchweihsonntage wieder erlaubte.[5] In einem höflichen Schreiben an die Kriegs- und Domänenkammer in Ansbach hatte die Fürther Bürgerschaft ihre Bedenken geäußert und insbesondere darauf verwiesen, dass der Umsatz der Zünfte und Handwerker am Kirchweih-Sonntag größer sei als an allen anderen Tagen zusammen. Mit über 50 Unterschriften hatten sich die Fürther Handwerker beteiligt. Während einige der Anordnungen wieder zurückgenommen wurden und auch der Sonntag als Festtag erhalten blieb, wurde an der Sperrstunden nicht gerüttelt. Und schon drei Jahre später, im Jahr 1800, setzte Ansbach weitere Änderungen wieder in Kraft, insbesondere die Verlagerung des Jahrmarktes vom Grünen Markt auf die Königstraße bis vor die Armenschule am heutigen Obstmarkt. Diese Anordnung wurde lange geheim gehalten und man rechnete mit Widerstand der Händler. Der Ansbacher Polizeikommissar vermeldete kurze Zeit später jedoch, dass sich zwar zuerst die Kaufleute gegen die Verlegung gesträubt hatten, dann aber von der Zweckmäßigkeit dieser Maßnahmen überzeugt wurden.

Mit der Verlagerung an diese verkehrsreiche Strecke wurde die Kärwa zusehends erfolgreicher. Die Anzahl der Schausteller und Buden hatte sich sofort auf 325 erhöht und damit im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt. Die Fürther Kirchweih hatte sich damit auf Druck der Ansbacher Verwaltung erheblich ausgebreitet und zum Wohlstand der lokalen Handwerker, Kaufleute und Händler beigetragen.[6]

Wandel im 19. Jahrhundert

 
Werbung für ein "Großes Carrousel", September 1839

1798 wurde die sog. Aussteuerungsanstalt gegründet und 1799 fand daraufhin erstmals die Ziehung der Heiratskasse statt. Diese Verlosung entwickelte sich zu einem der Höhepunkte der Kirchweih und fand bis 1942 statt[7] (während die Kirchweih selbst ab 1939 wegen Beginn des Zweiten Weltkrieges nicht mehr abgehalten wurde).

Wegen des immensen Betriebs verlagerte man 1901 die Kärwa per Stadtratsbeschluss mit knappster Mehrheit auf den Schießanger. Diese Variante bewährte sich allerdings nicht und man kehrte bereits im folgenden Jahr mit breiter Ratsmehrheit zum alten Platz zurück.

Die Kirchweih nach 1945

 
Erste Kärwa nach dem 2. Weltkrieg wieder erlaubt, 1945
 
Michaelis-Kirchweih am Schießplatz
 
Bericht über die erste Kirchweih nach dem Krieg. NN, Ausgabe 1, 11. Oktober 1945
 
Kirchweihzeitung 1949 mit Slogan "Wieder im Herzen der Stadt

Von 1945 - 1948 wurde die Kirchweih wegen Sperrung der Königstraße in bescheidenem Umfang auf dem Schießanger und dem Schießplatz abgehalten. Noch 1948 feierte man zwei Wochen lang die „althistorische Kirchweih“ auf dem Schießanger. Es gab ein Festzelt, betrieben Emil Most und Hans Riedel, Möbel-Böhm in der Angerstraße veranstaltete nach zehn Jahren Unterbrechung wieder eine Kirchweih-Möbelschau. Ein Geschirrmarkt bot „altvertraut“ seine Töpfe und Geschirr an und ein Kettenkarussell wirbelte Jung und Alt durch die Lüfte. Dies bewährte sich jedoch nicht allzu sehr. 1949 nahm die Stadt Fürth die Planung, Vorbereitung und Durchführung wieder in die Hand. Ein Kirchweihausschuss wurde gebildet. Die verkehrspolizeilichen Bedenken konnten überwunden werden. Auch die Militärregierung gab ihr Einverständnis. Stadtoberinspektor Konrad Fiedler vom Markt- und Messeamt wurde beauftragt, die Bewerber um einen Platz zu sichten. Es war ein hartes Geschäft, aus der Vielzahl an Fahr- und Belustigungsgeschäften (weit über 100) und Verkaufsgeschäften (über 400) eine Auswahl zu treffen. Etwa 45 Gesuche für Fahr- und Schaugeschäfte und ein großer Teil der Verkaufsgeschäfte konnten berücksichtigt werden. Die Kärwa 1949 fand nun wieder wie einst im Stadtzentrum statt, von der Fürther Freiheit bis zum Dreikönigsplatz. Statt Dünnbier und Schwarzbrot gab es wieder Karpfen, Gänse und Vollbier. Auch der „Glückshafen“ des Johannis-Zweigvereins tauchte nach zehn Jahren wieder auf. Die Eröffnungsfeier konnte am 2. Oktober im Geismannsaal begangen werden.[8]

Während der Oberbürgermeister die Kärwa traditionell am ersten Kirchweihsonntag um 11 Uhr im Geismannsaal eröffnete, schuf man mit der Verlegung des Brauereifestzuges auf den 2. Kärwasonntag einen zweiten Höhepunkt: der Erntedankzug entstand.

Entgegen der Tradition wird die Kirchweih heute bereits am Samstag auf dem Theatervorplatz eröffnet. Die einst Samstagabend stattfindende Kirchweihvorfeier in der Michaeliskirche findet nunmehr Freitagabend um 19 Uhr statt.

Corona-Krise 2020

2020 wurde erstmals in der Nachkriegsgeschichte die traditionelle Michaeliskirchweih aufgrund der COVID-19-Pandemie von der Stadt Fürth abgesagt. Stattdessen wurde an vier Plätzen in der Innenstadt ein sog. "Herbstvergnügen" abgehalten.

Der Kärwabaum wurde früher auf dem Lilienplatz aufgestellt, seit der Eliminierung des Gänsbergs steht er vor dem Stadttheater.

Kulturerbe

Anfang 2018 wurde die Michaelis-Kirchweih in das Bayerische Verzeichnis des immateriellen Weltkulturerbes der Menschheit aufgenommen. In der Folge hat die Bayerische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, Professor Marion Kiechle, im Mai 2018 nach der Sichtung und Auswertung durch alle Fachexperten der Freistaat Bayern Fürths traditionellstes und größtes Fest zur Aufnahme in das Bundesverzeichnis vorgeschlagen. Der Bayerische Ministerrat hat dies auf Grundlage der fachlichen Empfehlung des Expertengremiums entschieden. Zuvor waren alle 21 im Freistaat eingereichten Antragsunterlagen gesichtet und im Hinblick auf die Erfüllung der Kriterien des Unesco-Übereinkommens zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes bewertet worden.[9] Nur vier Vorschläge pro Bundesland konnten der Kultusministerrunde vorgeschlagen werden, so dass die Kirchweih nach Berücksichtigung aller einheitlichen und festen Verfahrensvorgaben den Vorzug vor 17 anderen Anträgen erhielt.[10]

Am 11. Dezember 2018 wurde die Fürther Kirchweih zusätzlich in das Bundesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen.[11]

Kirchweihbaum

 
Kirchweihbaum am Stadttheater 2015
 
Fürther Originale

Traditionell stand am Stadttheater ein hölzerner Mast, geschmückt mit Zunftzeichen, Fürther Originalen und Gasthäusern des historischen Fürths. Bei den dargestellten Früther Originalen handelt es sich um Dienstmann Schlee, Bernhard Gnad, Doris Kraus, Magdalena Augustin, Fritzla und Andreas Schmalz. Die abgebildeten Gebäude sind die ehemaligen Gasthäuser Zum roten Roß, Zum Lindwurm, Zum blauen Schlüssel und Grüner Baum

2014 durfte der bestehende Mast nicht mehr an seinen angestammten Platz aufgestellt werden, da ein Statiker Risse im 28 Jahre alten Baumstamm fand und somit keinen Sicherheitsnachweis mehr erteilte. Es wäre zu befürchten, dass bei starkem Wind der angebrachte Schmuck das Biegemoment des Mastes überschreitet. Seit 2015 schafft deswegen nun ein Stahlmast Abhilfe.[12]

Damit die Kirchweih 2014 nicht gänzlich ohne Baum auskommen musste, wurde der Atzenhofer Kärwabaum als Ersatz herbeigeschafft. Dieser wurde aus Transport- und Sicherheitsgründen zusätzlich noch auf 13 Meter heruntergeschnitten. Wegen dieser kurzfristigen Notlösung der Kärwabaumproblematik machten viele Fürther ihrem Unmut Luft und degradierten den Baum zur „Kripplfichtn“. Postwendend rächten einige Atzenhofer die Schmach und nagelten, als Darth Vader nebst Stormtrooper verkleidet, ein Schild mit der Aufschrift „Wer unsere Fichte nicht ehrt, ist die Kärwa nicht wert. Grüße aus Atzenhof“ an ihren Baum.[13] Die Guerilla-Aktion stellten die Atzenhofer auf YouTube online, bereits einen Tag später befand sich ein zweites Schild darüber, welches das erste wiederum revidierte.

Kirchweih-Orgel

 
Kirchweihorgel, 2016

Die historische Kirchweih-Orgel befindet sich im Eigentum der Schaustellerfamilie Drliczek. Die Familie Drliczek ist eine alteingesessenes Schaustellerfamilie, die bereits seit 1832 als Schausteller tätig sind. Aktuell betreiben sie das Riesenrad Orion 2 an der Fürther Kirchweih. Neben dem Riesenrad stellt die Fam. Drliczek jährlich die historische Kirchweih-Orgel mit auf. Die Konzertnoten-Orgel (Modell 34 von Ruth & Sohn) wurde anlässlich der Weltausstellung in Brüssel 1909/10 gebaut und befindet sich seit den 1920er Jahren im Besitz der Schaustellerfamilie. Gekauft hatte die Orgel Robert Michel, dessen Initalien in der Mitte sind, Großvater der heutigen Familie. Mitte der 1970er Jahre musste der Wagen, in dem die Orgel sich befindet, vollständig erneuert werden. Dabei wurde die Orgel von der letzten noch vorhandenen Jahrmarkt-Orgel-Firma H. Voigt in Frankfurt/ Main generalüberholt. Seitdem begleitet die Orgel die Familie auf sämtiche Jahrmärkte bundesweit. Die Orgel hat 54 Tonstufen mit 96 Pfeifen. Weiterhin enthält die Orgel eine Violine, ein Piano, ein Glockenspiel, eine Okarina-Flöte sowie zwei Trommeln, davon eine mit Becken.

Riesenrad

 
Riesenrad, 2013

Das Riesenrad "Orion 2" ist eines der Wahrzeichen der Fürther Kirchweih. Das Riesenrad ist im Besitz der Fürther Schaustellerfamilie Drliczek, die seit 1832 als Schausteller tätig sind. Das Riesenrad hat 18 Gondeln für je vier Personen und folgende technische Daten:

  • Gesamthöhe: 32 m
  • Gesamtgewicht: ca. 65 Tonnen
  • Antrieb: 2 x 11,5 kW Elektromotor, Stromanschluss 50 kW
  • Bremsen: Scheibenbremsen mit pneumatischer Unterstützung
  • Beleuchtung: ca. 4.200 Brennstellen in LED und HQI-Technik


Die Kärwa in Zahlen

Die Veranstaltungsfläche der Fürther Michaelis-Kirchweih beträgt ca. 42.000 m2, wobei die Frontlänge ca. 2,6 km beträgt. In der Regel sind ca. 270 Schausteller auf der Kirchweih, die sich wie folgt aufteilen:

  • ca. 90 Händler
  • ca. 50 Imbissbetriebe
  • ca. 30 Süßwaren- und Eisbetriebe
  • ca. 20 Ausschankbetriebe
  • ca. 20 Wurf- und Spielgeschäfte
  • ca. 20 Kinderfahrgeschäfte
  • ca. 10 Schießbuden
  • ca. 7 große Fahrgeschäfte
  • ca. 5 Vollgastronomiebetriebe
  • der Rest teilt sich auf in Verlosungsstände, Heringsbratereien, Autoscooter, Belustigungsgeschäfte, Fisch- und Ochsenbratereien und Reitbahnen.

Kirchweihsprüche

  • Am erschtn Sunntooch kumma die Nämbercher, am Zweitn die Bauern.
  • A jeder echte Färdder mou amol am Tooch aaf sei Kärwa gäih.
  • Wou treff mer'n uns? Ba der Uhr aaf der Freiheit?. (Anm.: Standuhr mit Sparkassenwerbung am östlichen Ende der Fürther Freiheit)
  • Ich mo nu zum billichn Jakob, neie Sockn kaafn.
  • Fräiher is däi Kärwa bis zum Obstmarkt nunder ganga, und in der Adenaueranloch woarn die Heringsbrooder, obber su wäis heitzutooch is, is a ganz schäi.
  • Schau nä, der wäscht immer nu denselm Fuchtzger wäi vor zwanzg Joahr, der mo doch amol hie wärn. (Anm.: Reinigungsmittelverkäufer in der Moststraße)
  • Aaf der Färdder Kärwa siechst Leit, däi siechst sunst des ganz Joahr net.
  • Etz mäiss mer amol widder die Oma bsuung, damits a Kärwageld rausrückn dout.
  • Mou etz däi (oder der) dou mitn Auto durchfoahrn? (Anm.: bezieht sich auf Anwohner oder Dienstleister mit Sonderrecht zum Durchfahren der Kirchweih)

Zeitzeugenberichte

 
Kirchweihprospekt 1957

Zur Kärwa Ende der 1950er Jahre:

„Die Kärwa wor für uns Boum immer wos Bsonders, scho desweng wall die Mutter dou immer des Kinderzimmer an su an Schausteller vermiet hot. Des wor a Süßwarenhändler aus Bayreuth, und mir worn dann in dera Zeit mit Kokosmakrona und Negerküß gout versorcht. Vo die Karussells hot uns am bestn des „Teufelsrad“ gfallen. Des wor a große Scheibn mit an klaan Kegel in der Mittn, dou hast di draufstelln mäin und dann hot däi zum dreha ogfangt. Däi wou weiter am Rand gstandn sin, hots dann ziemli schnell runterghaut, blous däi in der Mittn ham sie länger haltn kenna. Und wenn die Zeit abgloffn is und dou worn noch welche aaf derer Scheibn, dann hot der Schausteller an Medizinball an aaner langa Schnur hin und her pendeln lassen und hot alle runtergschmissn. Schäi wor a der „Rotor“, des wor a großer Holzzylinder, dou hast di an die Wänd hiestelln mäin und dann hat si der Zylinder im Kreis rum dreht und wenn er schnell gnouch wor hot er si aafgstellt. Dou bist von der Rotation an die Wänd drückt worn und hast di wäi in aaner Waschmaschina dreht. Und die „Krinoline“, däis heit blouß nu aafm Oktoberfest gibt, wor a aaf der Färdder Kärwa. Des wor a su a Wellenkarussell wo ma im Kreis rumgfahrn is. Dou hot si dann des Dach abgsenkt und vo unten is Luft naufblasn worn, dou ham die Madli immer quiekst. Und dann hots dou nu däi große Schiffschaukel mit Überschlag gebn, dou hams der deine Fäiß festbundn damitst net rausfläigst. Und dou ham mir gschaukelt aaf Teifel kum raus bis uns dermaßen schlecht worn is. Dann sinn mer in Stadtpark noh und ham uns aaf a Bänk hiegleecht – aber gspeit ham mir net, dafür wor mer viel zu stolz. Ich wor ja a bei die Schützn, und amool sinn mer noch an Turnier mit unsere Luftgwehr aaf die Kärwa und ham gfroocht ob mir an der Schießbudn mit unsere Gwehre schäißn därffn. Dou hot die Fraa in dera Budn gsacht „fraali“, aber wie mir dann gschossn ham, hats net blouß däi Röhrla zerfetzt, sondern a glei die Halter wo däi draufgsteckt worn. Unsre Gwehre worn ja vill stärker. Und wäi däi Fraa des gmerkt hot, hots blouß nu gschrieeha „aufhärn, aufhärn“. Bei die Heringsbroder druntn an der Pengertz hots uns net su gfalln, dou wors masstns kalt und nebli. Ja su wor des damals - a schena Zeit.“[14]

Maskottchen Betzila

 
Das neue Kärwa Maskottchen "Betzila", Sept. 2018

Im September 2018 wurde erstmals das neue Maskottchen Betzi der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Idee dazu hatte ein sechsköpfiges Werbeteam zur Fürther Kirchweih, hier insbesondere der Schausteller Joachim Ulrich. Gegenüber der örtlichen Presse verriet er, dass er die Idee dazu schon länger gehabt hätte, da es "zu einem Familienfest einfach auch ein Maskottchen" braucht. Der Name "Betzi" sei eine Anspielung auf das fränkische Wort für Schaf: Betzn. Ulrich ist der Meinung, dass die Namensgebung insofern sogar gut passt, da eine fränkische Kärwa-Tradition schließlich der Betzentanz sei, also einer traditionellen Art des Tanzens um den Kirchweihbaum. Entworfen hat das Kostüm die Kostümbildnerin Kathrin Brockmüller, die ihre Werkstatt in der Lessingstraße hat. Das Ergebnis, nach vier Wochen Arbeit, sei ein Schaf im Dirndl mit goldener Krone. Die Krone ist eine Anspielung darauf, dass die Michaeliskirchweih schließlich die Königin der fränkischen Kirchweihen darstellt.

In den ersten Kommentaren des Zeitungsartikels in der Onlineausgabe wurde überwiegend Kritik an dem Maskottchen laut, da bei dem Brauchtum des Betzntanz stets ein männlicher Bock verwendet wird, und kein weibliches Schaf. Zusätzlich wurde neben der Farbgestaltung des Dirndl überwiegend das Dirndl an sich kritisiert, da es nach Meinung der Zeitungsleser eher "bayrisch" anmutet - und nicht "fränkisch".[15] Auch die Namensgleichheit zu einem bereits rechtlich geschützten Maskottchen "Betzi" des Fußballvereins 1. FCK stellte juristisch ein Problem dar. Das Problem lies sich nur dadurch lösen, dass das Fürther Maskottchen einen anderen Namen erhielt, worauf der 1. FCK laut Aussagen der Fürther Schausteller bestanden. Somit wurde aus dem ursprünglich geplanten "Betzi" die fränkisch verniedlichende Form "Betzila" als Lösung des Problems am 1. Kirchweihtag präsentiert. Weiterhin mussten sich die Schausteller darauf verpflichten, die Bezeichnung ausschließlich im Zusammenhang mit der Kirchweih zu verwenden.[16]

Sonstiges

Im Herbst 1986 sorgte der amtierende Oberbürgermeister Uwe Lichtenberg kurz vor der Eröffnung der Kärwa für einen Eklat. Er verweigerte zur Eröffnung der Kärwa das "Anzapf-Ritual", sprich das Anstechen des ersten Bierfasses vor dem Stadttheater. Lichtenberg begründete dies damit, dass ihm auf der Stadelner Kärwa einige Tage zuvor beim Anstich des ersten Fasses "alles um die Ohren geflogen" sei, und er nun "Bammel" vor der neuen Blamage habe. Nach einem Aufschrei in der Bevölkerung holte Lichtenberg eilends medienwirksam den Bieranstich im Schwarzen Kreuz nach. Die Fürther Nachrichten berichteten "...der Reihe nach jagt er jetzt aber fünfmal kleckerfrei den Zapfhahn ins Spundloch. Drei der Fässer sind übrigens mit Wasser gefüllt, sicher ist sicher."[17]

 
Ministerpräsident Söder beim Erntedankfestzug 2019

Beim Bauernsonntag am 6. Oktober 2019 nahm erstmals ein bayerischer Ministerpräsident am Festzug zur Fürther Michaeliskirchweih teil. Ministerpräsident Markus Söder fuhr mit dem Oberbürgermeister Dr. Thomas Jung gemeinsam in einer Kutsche von der Südstadt bis zur Ehrentribüne am Rathaus mit. Anschließend blieb Markus Söder noch bis kurz vor Ende des Erntedankfestzuges.

Kirchweih-Postkarten

... und natürlich gibt es jede Menge Postkarten von der Kärwa, einerseits als Werbung - andererseits um alle Lieben neidisch zu machen, dass sie das Spektakel gerade nicht miterleben. Die Kartenmotive sind auf einer eigenen Seite gesammelt:
Kirchweih-Postkarten.

Tourismus

  • Warum die Nürnberger nicht nach Fürth durften und andere Kirchweihgeschichten, Stadtspaziergang der Tourist-Information

Literatur / Medien

  • Manfred Mümmler: Kirchweihbräuche in Franken. In: Fürther Heimatblätter, 1981/3, S. 67 - 70
  • Manfred Niepelt: Der Kirchweihbaum. In: Fürther Heimatblätter, 1988/3, S. 69 - 77
  • Kirchweihprogramm 2007: Michaelis-Kirchweih im 1000. Jubiläumsjahr der Stadt Fürth - PDF-Datei
  • Die Fürther Kirchweih – Begegnung mit einer Königin. Fernsehreportage der Redaktion point, Oktober 2007
  • Mit den Graubergers unterwegs. Fernsehreportage der Redaktion point, September 2008

Lokalberichterstattung

  • Johannes Alles: Betzi ist da: Fürth bekommt ein Kärwa-Maskottchen. In: Fürther Nachrichten vom 4. September 2018 - online abrufbar
  • Johannes Alles: Eine XXL-Kirchweih voller Knalleffekte. In: Fürther Nachrichten vom 25. September 2018 (Druckausgabe)
  • Johannes Alles: Die Kärwa ist jetzt deutsches Kulturerbe. In: Fürther Nachrichten vom 12. Dezember 2018 (Druckausgabe) bzw. Kulturerbe: Fürths Kärwa spielt jetzt in der Bundesliga. In: nordbayern.de vom 11. Dezember 2018 - online abrufbar
  • Martin Schramm: Schläge und Schüsse: Der Kampf um die Kärwa. In: Michaelis-Kirchweih Fürth 2019 - Verlagssonderveröffentlichung der Fürther Nachrichten vom 27. September 2019
  • Martin Schramm: Was die Preußen mit der Kärwa machten. In: Bauernsonntag 2019 - Verlagssonderveröffentlichung der Fürther Nachrichten vom 3. Oktober 2019 (Druckausgabe)
  • Johannes Alles: Der lange Weg zur Öko-Kärwa. In: Fürther Nachrichten vom 8. Oktober 2019 (Druckausgabe) bzw. Für nachhaltige Michaelis-Kirchweih: Grüne präsentieren Ideen. In: nordbayern.de vom 8. Oktober 2019 - online abrufbar
  • Wolfgang Händel: Grüne Welle schwappt Richtung Kärwa. In: Fürther Nachrichten vom 6. November 2019 (Druckausgabe) bzw. Michaelis-Kirchweih: Darum könnte das Feuerwerk 2020 ausfallen. In: nordbayern.de vom 7. November 2019 - online abrufbar
  • Wolfgang Händel: Fürther Kärwa geht auf Öko-Kurs. In: Fürther Nachrichten vom 5. Februar 2020 (Druckausgabe) bzw. nordbayern.de - online abrufbar
  • Birgit Heidingsfelder: Neue Pläne: Freizeitpark statt Fürther Kärwa? In: Fürther Nachrichten vom 15. Juni 2020 - online abrufbar
  • Johannes Alles: "Stich ins Fürther Herz": Die Michaelis Kärwa fällt aus. In: Fürther Nachrichten vom 17. Juni 2020 - online abrufbar

Siehe auch

Weblinks

  • Michaelis-Kirchweih Fürth - im Internet
  • Geschichte der Kirchweih - Stadt Fürth
  • Kärwazeitung.de
  • Fürther Kirchweih - Franken-Wiki
  • Michaelis-Kirchweih in Fürth - Wikipedia
  • Susanne Rieger: Schnappschüsse von der Michaelis-Kirchweih in Fürth, 2008 - PDF-Datei
  • "Die Förther Kerwa 1813. Oder: Der verregnete zweite Fürther Kirchweih-Sonntag: Ein Gespräch zwischen einen Nürnberger und Gostenhöfer nach Nürnberger Mundart ; Nebst einigen Gedanken in einem Lied, unter dem Titel: Die Welt ist ein Schauspielhaus" Fürth, 1813 - zum online-Digitalisat

Einzelnachweise

  1. Drei Traditionen, die das fränkische Leben prägen; Nürnberger Nachrichten, Druckausgabe vom 05.01.2018, Seite 11; siehe auch ähnlichen Artikel online abrufbar
  2. Fronmüllerchronik, 1887, S. 188
  3. Johann Christian Fick: "Historisch-topographisch-statistische Beschreibung von Erlangen und dessen Gegend : mit Anweisungen und Regeln für Studirende; nebst einem Anhang, die neueste Organisation der Universität und die Schilderung ihres Zustandes enthaltend." Erlangen 1812, S. 129/130 - Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek
  4. Martin Schramm: Verlagssonderveröffentlichung Michaelis-Kirchweih Fürth 2019. In: Fürther Nachrichten vom 27. September 2019, S. 4 (Druckausgabe)
  5. Fronmüllerchronik, 1871, S. 172
  6. Martin Schramm: Was die Preußen mit der Kärwa machten. In: Bauernsonntag 2019 - Verlagssonderveröffentlichung der Fürther Nachrichten vom 3. Oktober 2019
  7. Heiratskasse als Kärwaattraktion
  8. Recherche Peter Frank (Fürth), April 2019
  9. Pressemitteilung der Stadt Fürth - Immaterielles Kulturerbe: Michaelis-Kirchweih nun auch auf bundesweiter Lister- Wichtige Hürde genommen - PM 167/18 vom 7. Mai 2018
  10. Schreiben von Prof. Dr. Kiechle vom Bay. Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst vom 10. April 2018
  11. Johannes Alles: Die Kärwa ist jetzt deutsches Kulturerbe. In: Fürther Nachrichten vom 12. Dezember 2018 (Druckausgabe) bzw. Kulturerbe: Fürths Kärwa spielt jetzt in der Bundesliga. In: nordbayern.de vom 11. Dezember 2018
  12. Kärwabaum bringt Fürther auf die Palme; Artikel auf Nordbayern.de, Abgerufen 15.10.14 18:05 Uhr[1]
  13. Verkrüppelter Kärwabaum in Fürth: Atzenhof ätzt zurück; Artikel auf Nordbayern.de, Abgerufen 15.10.14 18:05 Uhr[2]
  14. Zeitzeugenbericht, Archiv FürthWiki, Aktennr. '20'
  15. Johannes Alles: Betzi ist da: Fürth bekommt ein Kärwa-Maskottchen. In: Fürther Nachrichten vom 4. September 2018, S. 25
  16. Johannes Alles: Schafstaufe in Fürth: Betzi wird zu Kärwa-Betzila. In: Fürther Nachrichten vom 29. September 2018 - online abrufbar
  17. Matthias Boll: Fünf Spundlöcher in der Mitte von nirgendwo. In: Fürther Nachrichten vom 16. Oktober 2011 online abrufbar

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