Frank A. Harris

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Frank A. Harris (geb. 7. Dezember 1922 in Fürth; gest. 21. Februar 2017) kam ursprünglich unter den Namen Franz Siegmund Heß in Fürth auf die Welt. Er wurde als zweites Kind der Familie Jacob und Martha Heß geboren, seine ältere Schwester heißt Bella Heß. Der erste Beleg für die Familie Hess ist der Vorfahre mit Namensnennung Eisig (=Isaak), der am 21. Februar 1758 in Fürth verstarb und auf dem alten jüdischen Friedhof beerdigt ist. Frank Harris stellt die siebte Generation der Familie Hess in Fürth dar.

Infolge der Emigration in die USA 1940 änderte Harris seinen Namen von Franz Heß in Frank Harris. Harris ist seit über 30 Jahren zum zweiten Mal verheiratet mit Beri Harris. Aus der Ehe stammt sein Sohn mit inzwischen zwei Enkelkindern. Beri Harris hat aus erster Ehe eine Tochter und einen Sohn mit insgesamt drei Enkelkindern.

Leben und Ausbildung

Martha Harris kam aus einer wohlhabenden Familie aus Nürnberg, während der Vater Jacob aus einer alteingesessenen Fürther Familie stammte, die eher aus bescheidenen Verhältnissen kam. Jacob Heß war bereits in seinen frühen Kindheitsjahren gezwungen, für den Unterhalt der Familie und Geschwister (eine Schwester und einen jüngeren Bruder) mit auf zukommen und konnte deshalb u. a. seine Schulausbildung nicht beenden.

Am 1. Weltkrieg nahm der Vater Jacob Heß als Soldat teil und erhielt einige Auszeichnungen für seine Tapferkeit im Feld. Deshalb, wie so viele anderen Juden in Deutschland, nahm Heß die Warnungen über den Nationalsozialismus nicht sonderlich ernst und blieb in Deutschland, selbst als die ersten gesetzlichen Regelungen gegen jüdische Einwohner erlassen wurden, die Restriktionen gegen die jüdische Bevölkerung bereits im Alltag spürbar wurden und die Flucht der jüdischen Einwohner teilweise schon eingesetzt hatte. Jacob Heß hatte sich vom Lehrling bis zum Teilhaber eines Spielwarengeschäfts hochgearbeitet, so dass er diesen Erfolg nicht ohne weiteres aufgeben wollte und deshalb zunächst alle Warnungen über das NS-Regime weitestgehend ignorierte.

Der Sohn Franz Heß, später Frank Harris, kam 1922 in Fürth auf die Welt. Die Freude über eine erneute Schwangerschaft hielt sich in der Familie Heß zunächst in Grenzen. Die Mutter Martha kommentierte die vermeintliche Schwangerschaft mit folgenden Worten: "So ein Blödsinn! Da denken die Leut´, ich hab´ nichts Besseres zu tun!". Franz ging in Fürth zur Volksschule, anschließend besuchte er bis 1936 die Realschule. Nachdem die Misshandlungen der jüdischen Schüler durch Lehrer und Mitschüler stetig zunahmen und allgemeinbildende Schulen jüdische Schüler nicht mehr ausbilden durften, musste Franz Heß die Schule wechseln. Es folgte 1936 der Wechsel zur jüdischen Realschule in der Blumenstraße 31.

Verfolgung während der NS-Zeit

Franz Heß war im November 1938 Zeuge der Reichspogromnacht in Fürth. In der Nacht vom 9. auf 10. November 1938 klopften SA-Männer an die Wohnungstür. Dem Vater Jacob Heß waren diese SA-Männer bestens bekannt, denn einer von ihnen war sein Waffenbruder aus dem 1. Weltkrieg, während der zweite SA-Mann ein Feinkosthändler und Kollege war, dessen Geschäft vor allem durch das jüdische Klientel groß geworden war. Nichts desto trotz wurde die Familie aus ihrer Wohnung unter Schreien und Brüllen herausgezerrt, erst zum jüdischen Schulhof, dann zum Berolzheimerianum getrieben, bis sie schließlich auf der Fürther Freiheit in der klirrend kalten Nacht über Stunden stillstehend bis zum Morgengrauen ausharren mussten. Die Frauen und Kinder unter 16 Jahren durften bereits eher gehen, während die meisten Männer die Nacht durchhalten mussten und im Anschluss teilweise inhaftiert wurden, so auch Jacob Heß. Aus dem Justizgebäude in Nürnberg wurde Jacob Heß in das Konzentrationslager Dachau verschleppt und dort mehrfach misshandelt. Die Ehefrau Martha Heß wurde in der Zwischenzeit zur Gestapo vorgeladen. Dabei wurde sie unmissverständlich vor die Wahl gestellt, das Geschäft und das Auto für eine Gebühr von 20 RM zu verkaufen, alternativ würde man ihren Mann in Dachau töten. Martha Heß stimmte unter diesem Druck zu, so dass Jacob Heß am 15. Dezember 1938 - nach einem Monat Haft - als gebrochener Mann aus Dachau wieder heim kam. Nach diesen Erfahrungen stand für die Familie Heß fest, dass sie das Land so schnell wie möglich verlassen müssen. Zunächst schickten die Eltern die beiden Kinder per Kindertransport am 9. März 1939 nach Holland. Von dort aus ging es einige Zeit später mit dem Schiff nach Dover/England. Die Eltern waren inzwischen in London angekommen, so dass die Familie in London wieder vereint war. Jacob Heß hatte in West Bronwich in Stafforshire einen Arbeitskollegen und Freund, bei dem sie zunächst unterkamen und etwas Geld durch den Verkauf von Spielwaren verdienen konnten.

Nach dem Einfall der deutschen Wehrmacht in Polen am 1. September 1939 geriet die Familie Heß erneut in den Fokus der Verfolgung. Die britische Regierung inhaftierte alle männlichen deutschen Flüchtlinge, unabhängig ihrer Religionszugehörigkeit und ihres Aufenthaltstatus. Sie zählten nicht länger als Flüchtlinge, sondern als Deutsche und somit automatisch auch als Nationalsozialisten und ggf. als Feinde oder Spione des Deutschen Reichs. Martha Heß gelang schließlich die Freilassung Jacobs und Franz, jedoch erst als sie eine Kostenübernahme der Schiffsüberfahrt nach Amerika durch eine dort lebende Tante vorlegen konnte. Die Fahrt über den Atlantik wurde durch britische Zerstörer eskortiert, da man von deutschen U-Booten Angriffe befürchtete. Am 2. Oktober 1940 erreichte der britische Konvoi New York City. In New York angekommen trafen sie den Sohn des damaligen Nürnberger Rabbiners Dr. Heilbronn, Erik Heilbronn, der sie in der jüdischen Gemeinde einführte und dort mit Wohnung und Geld für das Erste weiterhalf.

Dienst in der U.S. Army

In den folgenden Jahren ging Franz Heß - inzwischen Frank Harris - auf das Gymnasium (High School) und absolvierte anschließend eine Lehre im Hotel-Management. Als der Vater Jacob Heß 1942 verstarb, wurde Frank Harris mit knapp 20 Jahren das Familienoberhaupt. Trotz einer Freistellung vom Kriegsdienst schloss sich Harris der U.S. Army an und absolvierte seine Grundausbildung im Fort Bragg, N. C.

Nach der Ausbildung kam er mit dem Schiff nach Nordafrika. Hier war er zunächst in Casablanca stationiert. Von dort aus ging es weiter nach Italien bis in den Norden nach Livorno in der Nähe von Pisa. Hier setzten die Truppen erneut mit dem Schiff über und erreichten am 24. Dezember 1944 Arles in der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur in Südfrankreich. Von dort aus kämpften sich die Truppen mit Frank Harris Richtung Süddeutschland vor, bis sie schließlich im April 1945 die Gemeinde Markt Heidenheim - südlich von Gunzenhausen - erreichten. Der Kommandant der Truppe wusste von Harris und seinem Geburtsort, so dass er ihm einen Fahrer und einen Jeep mit folgenden Worten überließ: "I´ll let you go, but don´t do anything you would regret for the rest of your life."[1]

In Fürth angekommen, wurde Harris von amerikanischen Wachposten vor der Stadt aufgehalten. Auf die Frage, ob die Stadt schon eingenommen sei, antwortete der Wachtposten, dass die Kampfhandlungen noch anhalten. Harris wollte nach eigenen Angaben die persönliche Genugtuung haben als erster Alliierter Soldat in Fürth gewesen zu sein, so dass sich Harris hinter die Kampflinien schlich. Der Fahrer des Jeeps teilte Harris Begeisterung jedoch nicht und drehte schnell wieder ab mit den Worten: "Let´s get the hell out of here! You might have a reason you want to get in there, but I don´t."[2]

Neuanfang in der USA

Nach dem Krieg arbeitete Harris als Koch im Midtown N.Y.C. Hotel. Es folgt eine Anstellung im bekannten Hotel Waldorf Astoria. Harris besuchte verschiedene Abendschulen und erlangte weitere Schulabschlüsse für den Hotel- und Gaststättenbereich. 1963 wurde er als Geschäftsführer einer Elektronikfirma-Cafeteria in Long Island eingestellt. 1967 wechselte er zur Geschäftsführung der öffentlichen Schulküchen im Bundesstaat Connecticut. Harris engagierte sich für die Verbesserung der Schulverköstigung und konnte 1973 einen ersten Erfolg verbuchen, in dem er die erste Zentralküche für Schulen im Bundesstaat Connecticut und gesamten Nordosten der USA in Betrieb nehmen konnte.

Harris gelang es, in der Folge immer mehr Beachtung für das Thema der Schulspeisung in den öffentlichen wie politischen Kreisen zu erzielen. Er legte an verschiedenen öffentlichen Schulen Schulspeisungsprogramme unter dem Aspekt einer kindgerechten Ernährungsphysiologie auf, die den Kindern kostenlos zur Verfügung stehen sollte. Mit seinem Engagement verschaffte sich Harris landesweite Anerkennungen und Auszeichnungen. Hierzu zählt der 1990 verliehene "Thomas P. O`Hearn Award", die höchste nationale Auszeichnung im Bereich der Schulspeisung. Weitere Ehrungen folgten, so wurde Harris 1991 zum Ehrenbürger der Stadt Norwalk ernannt (ca. 100 km nördlich von New York), 1998 zum Direktor des Jahres für den Bereich Nordost USA gewählt und am 21. Februar 2002 wurde zu Ehren Harris am U.S. Capitol die amerikanische Flagge gehisst. Als Frank A. Harris am 14. Januar 2006 mit 84 Jahren in den Ruhestand ging, erklärte Norwalks Oberbürgermeister diesen Tag zum „Frank A. Harris-Tag“. Sein größtes berufliches Ziel aber blieb die kostenlose Essenausgabe an allen Schulen in den Vereinigten Staaten, an dem der Pensionist weiter arbeitete.

Harris' Beziehung zu Fürth

Nach der Flucht aus Fürth und Deutschland fasste Harris für sich den festen Vorsatz, nie wieder nach Fürth zukommen. 1977 begann Harris, auf Veranlassung von Lee Daniel-Fichtelberger (einem langjährigem Freund aus Fürth), den Kontakt mit Überlebenden des Holocaust aus der Region Fürth/Nürnberg wieder aufzunehmen. Ihm waren noch zwei weitere jüdische Überlebende aus Fürth bekannt, so dass er damit anfing, die Kontakte von Freunden und Verwandten zu sammeln. Mit der Zeit wuchs die Kontaktliste, so dass im Juli 1978 unter dem Namen "Grand Reunion" bei der Familie Gossinger in New York das erste Treffen der Überlebenden des Holocaust aus Fürth/Nürnberg stattfand. Zum ersten Treffen kamen über 200 Personen aus der ganzen Welt. Harris wird später sagen, dass das erste Treffen nach 30 - 40 Jahren nach der Flucht aus Deutschland das emotionalste Treffen von allen war. Der Erfolg des ersten Treffens inspirierte Harris zu einem jährlich erscheinenden "Nürnberg-Fürth Newsletter", der über 1.200 Menschen über fünf Generationen auf allen fünf Kontinenten erreichte. Für sein Engagement wurde Harris am 2. November 2005 im Rahmen eines feierlichen Benefiz-Konzerts (Blue Card) am Museum für das Jüdische Erbe in New York City geehrt.

1997 bricht Harris mit seinem Vorsatz, Fürth nie wieder zu besuchen. Anlässlich der Einweihung des Shoah-Denkmals auf dem neuen jüdischen Friedhof besucht Harris erstmalig Fürth nach über 50 Jahren wieder. 16 Jahre später kommt Harris erneut nach Fürth, mit seiner Frau Beri. Der inzwischen 91-jährige Harris erhält von der Stadt Fürth das Goldene Kleeblatt. Harris kommentierte diesen Besuch gegenüber der Presse mit folgendem Satz: „Dieser Besuch wird mir helfen, ein Kapitel in meinem Leben zu schließen, das ich immer versucht habe zu vergessen“. Gleichzeitig sagte Harris aber auch: "I do not believe that our roots still rest in Germany. Those, who were not killed were driven out - scattered around the globe. Personally I can never return to my birth country with the excuse to let bygone be bygone. Surley young Germans cannot be made responsible for the crimes committed by their parents and grandparents. But as long as I am alive - so are Germans of my generation responsible for the crimes of the Nazi regime."

Auszeichnungen

Lokalberichterstattung

  • Johannes Alles: Unermüdlicher Kampf gegen das Vergessen. In: Fürther Nachrichten vom 25. Februar 2017 (Druckausgabe) bzw. In: nordbayern.de vom 25. Februar 2017 - online
  • BmPA Stadt Fürth: Goldenes Kleeblatt für Frank A. Harris. Stadt Fürth, 7. August 2013 - online
  • Hanni Kinadeter: Ein Stück Heimat in der Fremde. In: Fürther Nachrichten vom 19. Juli 2013 - online
  • Hanni Kinadeter: Die verlorene Heimat. In: Fürther Nachrichten vom 17. Juli 2013 - online
  • Johannes Alles: Im Dienst der Überlebenden. In: Fürther Nachichten vom 6. Dezember 2012 - online
  • Hendrik Bebber: Im Spiegel der verlorenen Jahre. In: Fürther Nachrichten vom 2. August 2008 - online
  • FN: Ein Spazierstock als Souvenir im Gepäck. In: Fürther Nachrichten vom 1. April 2006 - online
  • Nachruf in: Stadtzeitung Fürth vom 15. März 2017, S. 2 -

Weblinks

  • Biographie Frank A. Harris - in englischer Sprache - auf Rijo-Research.de Homepage
  • Biographie Frank A. Harris - in englischer Sprache - auf Haiti Holocaust Survivors online

Einzelnachweise

  • Übersetzung aus der Biographie Frank A. Harris - in englischer Sprache - auf Rijo-Research.de Homepage
  • Biographie Frank A. Harris - in englischer Sprache - auf Haiti Holocaust Survivors online
  1. Übersetzung: Ich lasse Dich gehen, aber tue nichts, was Du den Rest deines Lebens bereuen wirst!"
  2. Übersetzung: Lass uns aus dieser Hölle raus gehen! Du magst einen Grund haben warum Du hier rein willst, ich aber nicht!


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