Sühnekreuze

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In Fürth sind drei steinerne Sühnekreuze bekannt. Eines steht an der Würzburger Straße, das zweite in Poppenreuth am nach ihm benannten Kreuzsteinweg und das dritte steht in Stadeln in der heutigen Theodor-Heuss-Straße (Steinkreuz).

Das Sühnekreuz an der Würzburger Straße

Allgemein zur Geschichte[Bearbeiten]

Sühnekreuze waren eine Art der Bestrafung für einen Totschlag auf der Grundlage des alten deutschen Volksrechts. Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen stammen sie überwiegend aus der Zeit zwischen den Jahren 1300 und 1532. Der Totschläger wurde dazu verurteilt, an der Stelle der Bluttat, ein Sühnekreuz zu errichten. Dies war dann möglich, wenn sich Täter und Opferfamilie ohne richterliches Verfahren auf eine solche private Sühnung einigen konnten und dafür auf Blutrache verzichteten. Damit waren weitere Regelungen verknüpft wie z.B. die Entrichtung eines Geldbetrages an die Opferfamilie, Messen für das Seelenheil des Getöteten zu stiften, für die Beerdigung aufzukommen, durch Wallfahrten "außer Landes" (= ins "E-Lend") zu gehen und damit zu büßen, sowie als sichtbares Zeichen ein Sühnekreuz aufzustellen. Mit der Einführung der Halsgerichtsordnung[1][2] von 1532 unter Kaiser Karl V. wurde damit die mittelalterliche Rechtsordnung aufgehoben. Das Strafrecht wurde ein "öffentliches" Recht und somit war auch die Privatsühne nicht mehr möglich.

Für die Fürther Sühnekreuze in der Würzburger Straße und in Poppenreuth gibt es drei Sagen, die sich um die Aufstellung und die damit verknüpften Taten drehen.

Sühnekreuz am Kieselbühl[Bearbeiten]

Die Sage des Freiherrn von Stein[Bearbeiten]

Hierbei handelt es sich um die am meisten verbreitete Sage, auch wenn es keine Belege für die Existenz eines "Freiherrn von Stein" in der Fürther Geschichte gibt.

Das Sühnekreuz am Kieselbühl

Dereinst - so sagt man - sei der Freiherr von Stein mit seinem Knecht die Straße entlang geritten. Der Herr, der voran geritten war, trug bei sich einen schönen Batzen Gold, Silber und wertvolle Edelsteine. Sein Knecht wusste davon und fasste schließlich den Entschluss, sich diese Kostbarkeiten anzueignen. Mit gezogenem Schwert griff er den Freiherrn an, tötete ihn, leerte ihm die Taschen und ritt mit der Beute davon.

Bauern sollen den Freiherrn von Stein schließlich am Straßenrand gefunden haben. Zur Erinnerung und Mahnung an diese Untat errichteten sie das Steinkreuz am Kieselbühl.

Der gestohlene Becher[Bearbeiten]

In der Wasserburg in Burgfarrnbach, dem Vorgängerbau des heutigen Schloss zu Burgfarrnbach, führte dereinst ein Wolf von Wolfsthal ein fröhliches Leben und lud sich, sooft er Lust hatte, Gäste ein, um mit ihnen bei Wein und Gesellschaft zu feiern. Eines Abends - nach einer solch lustigen Feier - bemerkte der Freiherr das Fehlen eines wertvollen, goldenen Bechers. Da er keinen seiner hochangesehenen Gäste als Täter verdächtigen konnte, er aber sehr wohl einen Diener hatte, auf den er seit längerem bereits ein Augenmerk gelegt hatte, bezichtigte er diesen des Diebstahls. Der Diener jedoch beteuerte seine Unschuld.

Am folgenden Tag ritt der Herr Wolf von Wolfsthal nach Fürth und befahl seinem Diener, mit ihm zu reiten. Unterwegs - am Kieselbühl - stieg der Herr vom Pferd und befahl seinem Diener, es ihm gleich zu tun. Anschließend packte er den Knecht und drängte ihn zuzugeben, dass er den Becher gestohlen habe. Wieder blieb dieser dabei, unschuldig zu sein, auch, als ihm der Herr mit dem Tode drohte. Diese Standhaftigkeit jedoch brachte den Herrn so in Rage, dass er sein Schwert zog und den Diener um sein Leben brachte.

Als der Herr Wolf von Wolfsthal schließlich wieder nach Hause zurückgekehrt war, trat ihm seine Gemahlin an der Pforte entgegen und hielt den vermissten Becher in der Hand. Ein Gast habe ihn - vom vielen Wein angetrieben - schalkhaft in einer Truhe versteckt.

Nun musste der Herr einsehen, dass sein Diener tatsächlich unschuldig gewesen war. Es reute ihn seine jähzornige Tat, doch der Diener war tot. So errichtete der Wolf von Wolfsthal aus Sühne - an der Stelle am Kieselbühl, da er den unschuldigen Diener getötet hatte - ein Steinkreuz.

Die verschwundenen Knöpfe[Bearbeiten]

Auch die dritte Sage dreht sich um einen Wolf von Wolfsthal und ein tatsächlich belegbares Verbrechen. Am 19. April des Jahres 1598 begab sich folgender Vorfall:

Wolf Balthasar von Wolfsthal hatte seinen Diener Heinrich Heydt vor einiger Zeit im Unfrieden entlassen und jener hatte eine Stellung bei einem anderen Herren - dem Grafen Solms - angenommen. Als der Herr Wolf von Wolfsthal eines Tages sein Staatskleid anlegen wollte, bemerkte er das Fehlen der wertvollen silbernen Knöpfe. Sogleich war ihm klar, die könne nur der im Zorn entlassene Heydt gestohlen haben. Vor Wut schäumend schwor er diesem - in Abwesenheit freilich - er werde dafür sorgen, dass er nie mehr die Finger nach fremdem Gut ausstrecken werde, sollte er ihm noch einmal unter die Augen treten.

Eines schicksalhaften Tages hatte der von seinem Herrn nach Prag gesandte Heinrich Heydt seinen Weg durch Burgfarrnbach gemacht und Wolf Balthasar von Wolfsthal davon Kunde erlangt. Er setzte Heydt nach und holte ihn schließlich am Kieselbühl ein. Dort schoss er seinem ehemaligen Diener in den Unterleib und verletzte ihn weiterhin am Kopf. Diesen Wunden schließlich erlag Heinrich Heydt am Folgetag in Fürth.

Wolf Balthasar von Wolfsthal erhielt im Anschluss an seine Tat vom markgräflichen Gericht zu Cadolzburg eine Geldstrafe auferlegt. Weiterhin verurteilte man ihn zu mehreren Jahren Kriegsdienst gegen die Türken, die ihm später jedoch erlassen wurden. Als Zeichen seiner Sühne musste er an der Stelle - an der er den Mord begangen hatte - ein steinernes Sühnekreuz errichten.

Sühnekreuz in Poppenreuth[Bearbeiten]

Der Kreuzstein in Poppenreuth

Neben dem Sühnekreuz ist ein sogenannter "Totenraststein" zu sehen. Als die Särge oft über weite Strecken aus den umliegenden Gemeinden nach Poppenreuth getragen wurden, konnten sie an dieser Stelle, zum Verschnaufen der Träger, mit einem Gebet abgestellt werden bis es danach wieder weiter ging.


Auch um dieses Sühnekreuz ranken sich drei Geschichten. Besonders die erste Geschichte erscheint jedoch wenig glaubhaft, denn über eine Hinrichtung an jener Stelle zu der angenommenen Zeit gibt es keinerlei Belege.

Die Hinrichtung der Rädelsführer[Bearbeiten]

Im Jahre 1525 taten sich Bauern aus Tennenlohe, Höfles, Almoshof und Poppenreuth zusammen, um für ihre Freiheit und Unabhängigkeit vom Nürnberger Rat einzutreten. Bald forderte man die Abschaffung des Zehnten sowie das Recht, das Wild der umliegenden Wälder selbst jagen zu dürfen und auch die Äcker nicht mehr für die Patrizier der benachbarten Stadt bestellen zu müssen.

Ein vom Nürnberger Rat gesandter Geistlicher mischte sich unvorsichtigerweise in eine der Bauern-Debatten ein und wurde niedergeschrieen und sogleich lebensgefährlich verprügelt. Daraufhin schickten die Nürnberger Kriegsknechte nach Poppenreuth mit dem Auftrag, die Rädelsführer zu ergreifen. Dreizehn Bauern wurden sie habhaft und alle dreizehn sollen - laut dieser Legende - am "runden Stein" (Ruhstein) bei Poppenreuth hingerichtet worden sein.

In Gedenken an diese tapferen Bauern, die für ihre Sache ihr Leben lassen mussten, wurde später das Steinkreuz errichtet - die Sage vom Blutgericht im Bauernkrieg.

Der ungeduldige Gotteslästerer[Bearbeiten]

Dereinst soll ein fleißiger Bauer aus Poppenreuth gemeinsam mit seinem Knecht Heu auf sein Fuhrwerk geladen haben. Der Himmel über ihnen zog sich mehr und mehr zu, und so trieb er seinen Knecht zur Eile an, damit das Heu noch trocken eingefahren werden konnte. Doch alle Plackerei half nichts, noch ehe der Wagen zur Hälfte beladen war, prasselte heftiger Regen - begleitet von Blitz und Donner - hernieder.

Wütend über die vergebliche Mühe erhob der Bauer seine Heugabel drohend gen Himmel und schimpfte und schändete, dass der Herr im Himmel nicht hatte warten können, bis er sein Heu in die Scheune hätte bringen können. Solle ihn doch gleich der Blitz erschlagen, hörte der Knecht noch zetern, als es einen heftigen Knall tat. Just in diesem Augenblick war ein Blitz aus den Wolken gefahren und hatte den gotteslästerlichen Bauern niedergerissen.

An dieser Stelle, an der der Frevler von der Strafe Gottes getroffen wurde, errichtete man zur Erinnerung und eindringlichen Mahnung ein Steinkreuz.

Das verschmähte Abendmahl[Bearbeiten]

Im Anschluss an ein christliches Abendmahl in der Kirche durchfuhr ein böser Gedanke eine Magd aus Poppenreuth. Sie wollte - von Schalk und Übermut getrieben - den Herrn lästern. Darum spuckte sie die empfangene Hostie vor der Kirchentüre auf den Boden aus.

Am nächsten Morgen aber fand man ihren Leichnam auf einem Acker liegen. An jener Stelle, an der die Strafe Gottes für ihre Freveltat sie ereilt hatte, errichtete man ein Steinkreuz zu mahnendem Gedenken [3].

Weitere Entstehungsgeschichten[Bearbeiten]

Es gibt noch weitere Theorien - unabhängig von den oben genannten Sagen - zur Entstehung des Poppenreuther Steinkreuzes. So könnte es sich um ein Gedenkkreuz handeln, das zur Andacht an die im 30jährigen Krieg gefallenen Soldaten erinnern sollte.

Eine weitere Geschichte ähnelt der Sage der hingerichteten Bauern, denn im Jahr 1552 soll Markgraf Albrecht Alcibiades in dieser Gegend 13 Bauern ermorden haben lassen. Ebenfalls angelehnt an diese Sage ist die Geschichte, dass der vom Rat entsandte Geistliche, ein Pfarrer Vogel aus Eltersdorf, selbst an dieser Stelle den Tod fand. Dies ist jedoch widerlegt, denn der Pfarrer wurde 1527 in Nürnberg enthauptet.

Schließlich kommt auch ein "privates" Verbrechen noch in Betracht. Vielleicht handelt es sich auch hier - wie bei den Geschichten des Kieselbühler Kreuzes um ein Sühnekreuz für einen Mord.

Sühnekreuz in Stadeln[Bearbeiten]

In der Lohbauerschen Land-Chronik zu Stadeln findet sich dazu folgender Eintrag:

Links am Verbindungsweg zwischen hier und Kronach befindet sich ein Kreuzstein, der an einen auf dieser Stelle verübten Mord erinnert. Ebenso stand ein solcher vor dem Hause Nr. 7 dahier, der im Jahre 1883 zum Straßenbau verwendet wurde.[4]

Von diesem Steinkreuz ist die Vorgeschichte bekannt: Im Jahre 1506 gibt es immer wieder Streitigkeiten zwischen einem gewissen Conz Hofler und seinem Schwager (Mann seiner Schwester) Sebald Ulrich. Dabei kommt es zu Verletzungen und Brandstiftungen. Am 18. Oktober 1506 erschlägt Conz Hofler nach einem heftigen Streit seinen Schwager an einer Straßenecke in Stadeln. Zur Sühne dieses Verbrechens muss Conz an der Stelle des Totschlags ein Steinkreuz aufstellen lassen.

Literatur[Bearbeiten]

Siehe auch[Bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten]

  • Flurdenkmale in Franken - Franken-Wiki
  • Fotos und Informationen zum Ensemble "Steinkreuz und Ruhstein" hier, hier und hier

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Halsgerichtsordnung
  2. siehe Constitutio Criminalis Carolina oder Halsgerichtsordnung
  3. Diese Version erinnert an die Überlieferung vom Poppenreuther Hostienfrevel, der sich im Jahr des Herrn 1567 - MDLXVII in Poppenreuth ereignete.
    Siehe: Gründlicher wahrhaffter Bericht / was sich am Tag Kunigundis den 3. Martii / zwischen etlichen Dienstmägden aufm Feldt / nit weyt von dem Dorff Poppenreuth / ein kleine Meyl wegs von der Statt Nüremberg gelegen / für ein wunderliche erschröckliche Geschicht / verloffen unnd zugetragen / mit angehengter warnung und vermanung / das sich menigklich vor der gleichen leichtfertigkeit und verachtung Gottes Worts und der heyligen Sacramenten / fleyßig hüten wolle. - Gedruckt zu Nürmberg / durch Valentin Geyßler. M.D.LXII
    und: Andreas Würfel, Diptycha ecclesiarum in oppidis et pagis Norimbergensibus, Nürnberg 1759, Seite 498 - online
  4. Land-Chronik, Fürth 1892, S. 357

Bilder[Bearbeiten]