Spiegelfabriken: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Spiegelherstellung''' und Verarbeitung war und ist noch heute ein sehr wichtiges Gewerbe in Fürth.  
Die '''Spiegelherstellung''' und -verarbeitung war und ist noch heute ein sehr wichtiges Gewerbe in Fürth.
Fürth war die '''Stadt der Spiegel'''.


In Volksmund werden die ''Fürther'' manchmal heute noch "''Glasschleifer''" genannt.
Im Volksmund werden die Fürther deshalb manchmal heute noch "''Glasschleifer''" genannt.
Auch das "[[Glasscherbenviertel]]", in dem vor allem die Arbeiter der [[Hofspiegelfabrik N. Wiederer & Co.]] wohnten, erinnert noch an die Bedeutung der Spiegelherstellung in Fürth.


Seit [[2007]] steht ein neun Meter hohe ''Spiegel-Säule'' in der [[Konrad-Adenauer-Anlage]] in Erinnerung an die traditionreiche Fürther Spiegelindustrie.  
Seit [[2007]] steht ein neun Meter hohe [[Spiegelsäule]] in der [[Konrad-Adenauer-Anlage]] in Erinnerung an die traditionsreiche Fürther Spiegelindustrie.


== Bekannte Fürther Spiegel- und Glas-Fabriken ==
==Ursprünge==
Die erste Nachricht über die "Spiegelmacherei in Fürth" dürfte wohl folgendes Gedicht von [[Jakob Feßlein]], Meistersänger von Dinkelsbühl, aus dem Jahre [[1604]] sein:


* [[Flabeg]]
''"Auch hat´s der Spiegelmacher zween, Dieselben kann ich nicht umgehen, Die seyn fleißig in ihren Sachen, Und thun schon Fewerspiegel machen."''<ref>Aus: Bruno Schönlank: Die Fürther Quecksilber-Spiegelbelegen und ihre Arbeiter. Wirtschaftsgeschichtliche Untersuchungen. 1887. S. 154 - [http://library.fes.de/cgi-bin/nz_mktiff.pl?year=1887&pdfs=1887_0145x1887_0146x1887_0147x1887_0148x1887_0149x1887_0150x1887_0151x1887_0152x1887_0153x1887_0154x1887_0155x1887_0156x1887_0157x1887_0158x1887_0159x1887_0160x1887_0161x1887_0162x1887_0163x1887_0164 online-Digitalisat]</ref>
 
== Die Anfänge ==
Der Anfang der eigentlichen Spiegelmanufaktur liegt aber im 18. und 19. Jahrhundert.
Während im 18. Jahrhundert noch Nürnberg Mittelpunkt des Tafel- und Spiegelglashandels sowie Spiegelgeschäftes war, übernahmen an der Wende zum 19. Jahrhundert Fürther Kaufleute diese Position.<ref>Michael Müller: ''Die Marktredwitzer Glashütte der Firma Seligman Bendit & Söhne'', S. 12 - [http://www.fuerther-freiheit.info/wp-content/uploads/2012/10/2012-10-03_glashuette-seligman-bendit.pdf zur pdf-Datei]</ref>
 
Eine recht frühe Beschreibung einer Spiegelfabrik in Fürth stammt von Leopold Krug aus dem Jahr [[1796]] und bezieht sich auf das Jahr [[1791]]: Hier wird z. B. beschrieben, dass die "Waaren dieser Spiegelfabrik kursiren alle unter Nürnbergscher Firma, obgleich in Nürnberg gar keine dergleichen Fabrik ist" und dass ein "Spiegel muß durch 12 Werkstätte gehn, ehe er fertig wird..."<ref name="Krug">Leopold Krug: ''"Topographisch-Statistisch-Geographisches Wörterbuch der sämmtlichen preußischen Staaten oder Beschreibung aller Provinzen, Kreise, Distrikte, Städte, Aemter, Flecken, Dörfer, Vorwerke, Flüsse, Seen, Berge ... in den preußischen Staaten"'' Halle, 1796, S. 250 - [http://ub-goobi-pr2.ub.uni-greifswald.de/viewer/image/PPN82553206X/256/ online-Digitalisat der Universität Greifswald]</ref><ref>Johann Michael Füssel: ''"Unser Tagbuch: oder, Erfahrungen und Bemerkungen eines Hofmeisters und seiner Zöglinge auf einer Reise durch einen grossen Theil des Fränkischen Kreises nach Carlsbad und durch Bayern und Passau nach Linz"'', Band 3, Palm, 1791, S. 18 - [https://books.google.de/books?hl=de&id=JnI2AAAAMAAJ&q=Fürth#v=snippet&q=F%C3%BCrth&f=false online-Digitalisat]</ref>
 
1844 wurde die Situation in Fürth wie folgt beschrieben:
:'' [...] sechs Spiegelfabrikanten, welche theils selbst Glashütten im bayrischen Walde besitzen und dort die Gläser blasen lassen, theils dieselben aus den Hütten von [...] roh beziehen und sie aus ihren Schleifmühlen schleifen und poliren. Diese Schleifmühlen sind in der Nähe von Nürnberg und Fürth, [...], zwei davon in der Stadt Fürth belegen, und werden von den beiden Flüssen Pegnitz und Regnitz, [...], betrieben. [...]. Fünf Schleifer, 7 Polirer und 15 Facettirer sind auf den Mühlen in der Stadt, acht- bis neunhundert Arbeiter auf den auswärtigen, den Fürther Fabrikanten zugehörigen Schleifwerken, beschäftigt. Aber außer den von Fürther Fabrikanten geblasenen, geschliffenen und polirten Gläsern kommen noch jährlich für circa 450,000 Thlr. kleinere Spiegelgläser [...] von den Fabriken des bayrischen Waldes nach Fürth, und werden daselbst noch belegt. Das Belegen steht dort einem eigenen Gewerbe zu, das 42 Meister zählt.''<ref>"Amtlicher Bericht über die Allgemeine Deutsche Gewerbe-Ausstellung zu Berlin im Jahre 1844", Berlin 1846, S. 70 - [http://opacplus.bsb-muenchen.de/title/BV035662222/ft/bsb10476737?page=74 online-Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek]</ref>
 
Im frühen Zeitalter der '''Spiegelindustrie''' waren zahlreiche Gewerbe an der '''Spiegelherstellung''' oder '''Spiegelmanufaktur''' beteiligt: Vor allem natürlich [[Spiegelglasfabriken]], [[Spiegelfabriken]] und [[Spiegelschreiner]]; aber auch noch viele andere.
 
Folgende Aufzählung aus dem Jahr [[1857]] zeigt, wie viele und  welche anderen Handwerkszweige noch bei der Spiegelherstellung beteiligt waren:
:''Spiegelglasfabriken (7), Spiegelbeleg- und Facettierfabrik (1), Spiegelbeleger und Facettierer (35), Schreinerwerkstätten, wovon jedoch nur ein Teil auf Spiegeleinfassung arbeitet (212), Vergolder (14), Feld- und Taschenspiegelfabrikanten (2), Feld- und Taschenspiegelmacher (27), Papierfärber (18), Goldpapiermacher (18), Lahnbortenmacher (13), Spiegelroller (13), Spiegelglas-Großhandlungen (12), Spiegelglashandlungen (20).
:''Dazu 5 Werkstätten, welche Spiegel mit Metallfassung liefern, circa 40 – 50 Familien, welche sich mit dem Überziehen der Schubladen- und Feldspiegel befassen, sowie zahlreiche Versandhandlungen.<ref>J. K. Beeg: ''Die Fürther Spiegelmanufaktur.'' In: Jahresbericht der Königlichen Gewerb- und Handelsschule zu Fürth in Mittelfranken, 1856/57, S. 15 - [http://www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bsb10340265-2 online-Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek]</ref>
 
Alleine mit dem Belegen und Einfassen/Rahmen der Spiegel waren im Jahre 1857 über 1400 Personen beschäftigt. Dazu kamen noch Händler, auswärtig Beschäftigte (z. B. in den Schleifwerken) usw.<ref>J. K. Beeg: ''Die Fürther Spiegelmanufaktur.'' In: Jahresbericht der Königlichen Gewerb- und Handelsschule zu Fürth in Mittelfranken, 1856/57, S. 20 - [http://www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bsb10340265-2 online-Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek]</ref> <br>
 
Die Spiegelherstellung im 18. und frühen 19. Jahrhundert erfolgte zunächst meist nicht in Fabriken im herkömmlichen Sinn, sondern in Heimarbeit, die folgendermaßen organisiert war: Der "Spiegelfabrikant" war ein Unternehmer, der die rohen Gläser bei z. B. böhmischen Glashütten kaufte, sie von den Schleifmühlen in der Umgebung schleifen und polieren ließ und sie dann zu den Arbeitern nach Hause lieferte. Dort wurden die Gläser von der ganzen Familie mit dem Quecksilber und der Zinnfolie belegt.<ref name="Journal">''Ueber die Silberspiegelfabrication.'' In: Polytechnisches Journal 1860, Band 157, Nr. L. (S. 205 – 212) - [http://dingler.culture.hu-berlin.de/article/pj157/ar157050 zum online-Digitalisat]</ref>
Die nötigen Zinnfolien wurden u. a. von der Fürther Firma [[Spiegelglas- und Zinnfolienfabrik D. Morgenstern|Morgenstern]] geliefert und für das anschließende Rahmen "gab es in Fürth
das eigenständige Berufsbild des [[Spiegelschreiner]]s".<ref>Gilbert Krapf: ''Spiegelglas für Fürth.'' In: Fürther Geschichtsblätter, Nr. 1/2006, S. 5 - [http://geschichtsverein-fuerth.de/index.php?option=com_docman&task=doc_download&gid=30 zur pdf-Datei]</ref>
Erst nach und nach haben die Glasfabrikanten eigene Belegen und damit Spiegelfabriken i. e. S. etabliert. 1886 gab es dann bereits 26 fabrikmäßig organisierte Belegen.<ref>Philipp Berlin: ''Die Bayerische Spiegelglasindustrie.'', 1909, S. 31 [https://ia601307.us.archive.org/5/items/diebayerischespi00berl/diebayerischespi00berl.pdf zum online-Digitalisat]</ref>
Während zu Beginn der Spiegelindustrie jeder Beleger also noch selbstständig war und seine Spiegel stückweise selbst abrechnete (was zu einem einigermaßen guten Verdienst führte), kam es nach und nach zu einem Konzentrationsprozess: In Großbetrieben arbeitete der Belegmeister nicht mehr selbst als Beleger, sondern als Aufseher mit recht gutem Verdienst. Der einfache Beleger erhielt - trotz der Gesundheitsgefahren - nur noch einen schlechten Wochenlohn.<ref>Philipp Berlin: ''Die Bayerische Spiegelglasindustrie.'', 1909, S. 111 [https://ia601307.us.archive.org/5/items/diebayerischespi00berl/diebayerischespi00berl.pdf zum online-Digitalisat]</ref>
 
== Blütezeit ==
Die Blütezeit der Spiegelherstellung war im ausgehenden 19. Jahrhundert. Im Adressbuch von 1891 wurden ganze 78 Spiegel- oder Spiegelnebenprodukte herstellende Firmen gelistet. "Im Adressbuch von 1895 werden [...] außerdem etwa 40 Rahmenhersteller sowie zehn Firmen, die sich mit dem Belegen der Gläser befasst haben [...]", genannt.<ref>Gilbert Krapf: ''Spiegelglas für Fürth.'' In: Fürther Geschichtsblätter, Nr. 1/2006, S. 3 - [http://geschichtsverein-fuerth.de/index.php?option=com_docman&task=doc_download&gid=30 zur pdf-Datei]</ref>
 
Die größte Spiegelfabrik in Fürth war lange Zeit die [[Hofspiegelfabrik N. Wiederer & Co.]]. Sie entwickelte sich aus einem kleinen Betrieb zu einer Weltfirma. In der Fürther Südstadt konnte sich die Fabrik ungehindert ausbreiten und hatte zudem ab [[1898]] auch einen eigenen Gleisanschluss zum Güterbahnhof.
 
Etliche Firmen expandierten: Im Jahre [[1872]] erbaute z. B. der Glasunternehmer [[Winkler & Sohn|Winkler]] in Windischeschenbach eine eigene Glashütte. "[[1893]] verlegte die Firma auch ihre Silberspiegelfabrik dorthin, beließ aber den Firmensitz in Fürth. 1882 errichteten [[Krailsheimer und Miederer]] aus Fürth eine Glasfabrik in Mitterteich."<ref>Gilbert Krapf: ''Spiegelglas für Fürth.'' In: Fürther Geschichtsblätter, Nr. 1/2006, S. 8 - [http://geschichtsverein-fuerth.de/index.php?option=com_docman&task=doc_download&gid=30 zur pdf-Datei]</ref> 1887 errichtete die Firma [[Seligman Bendit & Söhne]] eine Glashütte in Marktredwitz.
 
Für die Firma Büchenbacher ist im Bayerischen Hauptstaatsarchiv nachweisbar, dass sie etwa 70 Spiegel zur Ausstattung von Schloss Linderhof beigetragen hat.<ref> Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Abt. III, Geheimes Hausarchiv</ref>
 
"Im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts aufkommende technisch-innovatorische, wettbewerbliche und politische Veränderungen brachten dann Verwerfungen
für die überkommenen Geschäftsmodelle. Diese führten zu einem schleichenden Niedergang der Branche in Bayern und damit in Fürth."<ref>Michael Müller: ''Die Marktredwitzer Glashütte der Firma Seligman Bendit & Söhne'' - [http://www.fuerther-freiheit.info/wp-content/uploads/2012/10/2012-10-03_glashuette-seligman-bendit.pdf zur pdf-Datei]</ref><ref>Gilbert Krapf: ''Spiegelglas für Fürth - die bayerisch-böhmische Spiegelglasindustrie und ihre Beziehung zur Stadt Fürth''. Vortrag vom 20. November 2016 im Stadtmuseum Fürth -  [http://www.stadtmuseum-fuerth.de/desktopdefault.aspx/tabid-698/1186_read-21388/ Beitrag in der Reihe Geschichte(n) im Stadtmuseum]</ref>
 
==Herstellung der Spiegel==
* Ursprünglich wurden "Quecksilberspiegel" hergestellt: Dafür übergoss man eine auf dem Belegtisch ausgebreitete dünne Zinnfolie mit [[Quecksilber]], verstreicht dieses vorsichtig "zuerst mit einem Hasenfuß, dann mit einer Rolle von Flanell"<ref>J. K. Beeg: ''Die Fürther Spiegelmanufaktur.'' In: Jahresbericht der Königlichen Gewerb- und Handelsschule zu Fürth in Mittelfranken, 1856/57 - [http://www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bsb10340265-2 zum Online-Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek]</ref>  und legte darauf die Glasplatte. Aus den beiden Metallen entstand eine stabile und fest haftende Quecksilberlegierung, ein Amalgam. Überschüssiges Quecksilber floss nach den Seiten hin über Rinnen ab, wurde aufgefangen und wiederverwendet. Allerdings ist Quecksilber hochgiftig und führte bei den Arbeitern und Arbeiterinnen zu häufigen Erkrankungen und einer hohen Sterblichkeit. So schrieb das Polytechnische Journal bereits [[1860]]: ''"Wenn man die bejammernswürdigen Gestalten der zahlreichen Arbeiter und ihrer Familien in Fürth und der Umgegend von Nürnberg gesehen hat, die ihre Gesundheit durch das gewöhnliche Belegverfahren der Spiegelgläser mit Quecksilber eingebüßt haben und die einem frühen Tode oder hülflosen Alter entgegensiechen, so wird man von Mitleiden ergriffen."''<ref name="Journal"></ref>  Daher kam es bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zu immer mehr Einschränkungen und schließlich zur völligen Aufgabe der Quecksilber-Methode.
* In der Zwischenzeit hatte der deutsche Chemiker Justus von Liebig eine neue Methode der Spiegelherstellung entdeckt: Er fand heraus, dass sich beim Vermischen von Aldehyd und Silbernitrat eine Silberschicht an der Glaswand abscheidet. So konnten in der Folgezeit "Silberspiegel" hergestellt werden.
 
==Belegen==
Im Jahre [[1791]] gab es 22 Glasbeleger.<ref name="Krug"></ref><ref>Johann Michael Füssel: ''"Unser Tagbuch: oder, Erfahrungen und Bemerkungen eines Hofmeisters und seiner Zöglinge auf einer Reise durch einen grossen Theil des Fränkischen Kreises nach Carlsbad und durch Bayern und Passau nach Linz"'', Band 3, Palm, 1791, S. 16 - [https://books.google.de/books?hl=de&id=JnI2AAAAMAAJ&q=Fürth#v=snippet&q=F%C3%BCrth&f=false online-Digitalisat]</ref>
 
Im Adressbuch von 1819 werden als Beleger aufgezählt: Georg Adam Rößler (Markgrafengasse 336), Johann Michael Körber (Markgrafengasse 339), Salomon Ludwig Fick (Haus Nr. 393).
 
[[1857]] gab es in Fürth 38 Belegen, also Firmen, die das Quecksilberamalgam auf die Glasplatten aufbrachten. In diesen Firmen gab es insgesamt ca. 110 Belegtische und 220 Arbeiter.<ref>J. K. Beeg: ''Die Fürther Spiegelmanufaktur.'' In: Jahresbericht der Königlichen Gewerb- und Handelsschule zu Fürth in Mittelfranken, 1856/57, S. 18 - [http://www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bsb10340265-2 online-Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek]</ref>
12 dieser Belegen gehörten Fürther Glasfabrikanten und zwar: J. Bach, Bendit und Söhne, Berlin und Ehrmann, M. J. Büchenbacher, Fleischmann, A. Frankenthal, [[L. H. Gostorffers Erben]], L. Heilbronn, J. Offenbacher, J. Lehmann, K. Weinschenk, J. G. L. Winkler,
 
Weitere Belegen:
*  Spiegelbelege-Anstalt [[Capelle & Gaetschenberger]] (ab 4. März [[1873]] Silberspiegelfabrikant [[Otto Huschke]])
 
==Bekannte Fürther Spiegel- und Spiegelglas-Fabrikanten und -Fabriken (Auswahl)==
[[Datei:Simon Baer.JPG|mini|right|Rechnung der Firma Simon Baer, 1903]]
[[Datei:Haas.JPG|mini|right|Rechnung der Firma L. Haas, 1903]]
[[Datei:Katalog Deutsche Glas- und Spiegelfabriken A.G..jpg|mini|right|Katalog der Deutschen Glas- und Spiegelfabriken A.G., um 1920]]
[[Datei:Vereinigte Spiegelfabriken.JPG|mini|right|Historische Werbemarke der Vereinigten Spiegelfabriken]]
[[Datei:Vereinigte Spiegelfabriken 2.JPG|mini|right|Historische Werbemarke der Vereinigten Spiegelfabriken]]
Im [[Adressbuch von 1807]] sind als Spiegelfabrikanten aufgezählt:
* Johann Heckel, In der Schrotgaße Haus Nr. 58
* [[Peter Conrad Zwinger]], In der Bauerngaße/Langes Haus Nr. 141a
* [[Daniel Winter]], Auf dem Koppenhof Haus Nr. 167
* Marx Basch, Hinter der Armen- und Waisenschule Haus Nr. 395
* Conrad Schaller, In der Alexanderstraße Haus-Nr. 534
 
Im [[Adressbuch von 1819]] sind als Spiegelfabrikanten aufgezählt:
* Erhard Hund, Schrotgasse 57
* Heinrich Strobel, Auf der Helmplatte Haus Nr. 161
* [[Daniel Winter]], Auf dem Koppenhof Haus Nr. 167 und 168
* Johann Georg Riegel, Gemeinde-Bevollmächtigter, Am Helmplattengäßlein Haus Nr. 170
* Johann Konrad Floth, Altneugasse Haus Nr. 413
* Johann Friedrich Langs Witwe, Altneugasse Haus Nr. 414
* Konrad Schaller, Magistratsrat
 
1828<ref>"Adreßbuch der Kaufleute & Fabrikanten von ganz Deutschland...", 1828 - [https://books.google.de/books?id=SGNnAAAAcAAJ&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false online]</ref> und 1832<ref> Philipp Jakob Karrer: "Ausführliche historische Geographie für Kaufleute, Manufakturisten...", Band 2, 1832, S. 288 [https://books.google.de/books?id=goA7AAAAcAAJ&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false online]</ref> werden als Spiegelfabrikanten aufgezählt:
* [[Johann Georg Gayersberger]]
* [[Johann Paul Gries]]
* [[Johann Friedrich Schaller]]
* [[Volkert u. Faber]]
* [[L. H. Gostorffers Erben|Lämmlein Hirsch Gostorfer Erben]]
 
Weitere:
* [[Aktiengesellschaft für Glas-, Spiegel- und Zinnfolienfabrikation]]
* [[Ammersdörfer und Haas]] (gegr. am 3. Feb. [[1885]] in der Königstraße)
* [[Simon Baer]]: um 1900, Schwabacher Str. 41, mit eigenen Fabriken in Hartmannshof und Schmidtmühlen
* [[Spiegelglashandlung und Spiegelglasfabrik W. Bechmann]] (vorm. [[Spiegelglasfabriken Bechmann-Kupfer]], vorm. [[Wolf Bechmann|Spiegelfabrik Bechmann]] und [[Kupfer und Söhne]])
* [[Becker & Geignetter]], Spiegel- & Spiegelglasfabrik
* [[Carl Behringer]] (in der damaligen [[Marienstraße]] Nr. 13a)
* [[Seligman Bendit & Söhne]]
* [[W. F. Besold]]
* Spiegel- und Spiegelglas Bettmann & Rosenhaupt, Maxstraße 22, um 1910
* [[H. Biedermann]], Inh. Ernst Lehmann
* [[Samuel Binswanger]]
* [[Bloch & Arnstein]]
* Leopold und [[Sigmund Büchenbacher]]<ref>Siehe auch Kauf der Glasschleife im [[wikipedia:Hammerwerk Deuerling|Hammerwerk Deuerling]], Gemeinde Deuerling/Opf. im Jahr 1880</ref>
[[Datei:Büchenbacher 1896.png|mini|rechts|Werbeanzeige von Sigmund Büchenbacher, 1896]]
* [[Deutsche Glas- und Spiegelfabriken AG]]: Gründung 1918, Flößaustr. 12 u. 16 (mit angeschlossener Möbelfabrik), Sägewerk an der [[Karolinenstraße]], Vorstand Gustav Schoen, Liquidation 1927
* [[Deutsche Glas- und Spiegelfabriken Siegmund Morgenthau]] (Nürnberger Str. 38)
* [[Deutsche Tafelglas AG]] [[DETAG]] (vorm. [[Tafel-, Salin- und Spiegelglasfabriken AG]])
* [[CENTROSOLAR GLAS]]
* [[Spiegel- und Spiegelglas-Fabrik Gutmann & Clussmann]]
* [[FLABEG]]
* [[L. Haas]]
* [[Johann Heerdegen]]
* [[Hemmersbach]]
* [[J. W. Höfler]]
* [[Georg Hönning]]
* [[Johann Stephan Knoll]], Handspiegelfabrikant
* [[Krailsheimer und Miederer]]
* [[Glas- & Spiegelmanufaktur Kraus & Zech|Glas- & Spiegelmanufaktur Fürth Kraus & Zech]], Actien-Gesellschaft für Glas-, Spiegel- & Zinnfolien-Fabrikation
* [[Friedrich Lang]]
* [[Johann Paulus Lang]]
* [[MEKRA Lang]]
* [[Spiegelfabrik J. L. Lehmann]] - Baugruppenmodel "Spiegelfabrik"
* [[D. Linz Spiegel- und Spiegelglas-Manufaktur]]
* [[Johann Michael Marx]], Werbeannoncen in versch. Zeitungen von ca. 1818 bis 1846
* [[Ferdinand Marx]], später [[Siegfried Marx]], um 1900
* Spiegelmanufaktur [[Wilhelm Moestel]], gegründet 1876
* [[Spiegelglas- und Zinnfolienfabrik D. Morgenstern]], gegründet 1854
* Chr. Scheidig
* Hermann Schoen Spiegel- und Spiegelglasmanufaktur, gegründet [[1869]]
* [[C. Schwarz]]
* [[Geo Eugen Schwarz & Co.]]
* [[Sommerich & Offenstadt]]
* G. B. Stahl, Spiegelglas- und Rahmen-Fabrik, um 1900
* [[Gebr. Steinhardt’s Söhne]]
* [[Uvex]]
* [[Uvex]]
* [[MEKRA-Lang]]
* [[Vereinigte Bayerische Spiegel- und Tafelglaswerke]] (vorm. Schrenk & Co. AG): Gründung 1906, Konkurs 1931
* [[Vereinigte Spiegelfabriken]] (vorm. Gustav Arendts, L. Haas u. M. Kunreuther): Jakobinenstr. 5 - 7
* [[Weiß & Reich]]
* Spiegel- und Spiegelglas Fabriken Wetzlar & Neu
* [[Hofspiegelfabrik N. Wiederer & Co.]]
* [[Chr. Winkler & Sohn]]
* [[Spiegelfabrik Winkler & Kütt|Winkler & Kütt]]
* [[Johann Karl Zäh]]
* [[Spiegelglashandlung und Spiegelglasfabrik W. Bechmann]]
 
==Literatur==
* Georg Kilian: ''Einiges über Glas und Tafelglas''. In: [[Fürther Heimatblätter]], 1961/4, S. 167 - 176
* Bernhard Müller: ''Aus der Geschichte der bayerischen Glasindustrie''. In: Fürther Heimatblätter, 1961/4, S. 177 - 182
* ''„Ordnung und Articul denen Glaßer Meistern in dem Marckh-Flecken u. Ambt Fürth ertheilt den 3. Februar Anno 1727“''. In: Fürther Heimatblätter, 1961/4, S. 183 - 187
* ''Spiegel''. In: [[Adolf Schwammberger]]: ''[[Fürth von A bis Z]]. Ein Geschichtslexikon''. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 342
* Gilbert Krapf: ''Spiegelglas für Fürth''. In: [[Fürther Geschichtsblätter]], 1/2006, S. 2 - 25
* Michael Müller: ''Seligman Bendit & Söhne. Spiegelglas- und Fensterglas-Fabriken''. In: Fürther Geschichtsblätter, 2/2006, S. 51 - 75  und 3/2006, S. 91 - 112
 
==Lokalberichterstattung==
* Claudia Ziob: ''Wieder verliert Fürth eine Traditionsfirma''. In: [[Fürther Nachrichten]] vom 11. Juli 2012 - [http://www.nordbayern.de/region/fuerth/wieder-verliert-furth-eine-traditionsfirma-1.2197996 online]
* Peter Kunz: ''Fürth als Spinne im Spiegelnetzwerk''. In: [[Fürther Nachrichten]] vom 28. November 2016 (Druckausgabe) bzw. in nordbayern.de - [http://www.nordbayern.de/region/fuerth/furth-als-spinne-im-spiegelnetzwerk-1.5649078 online]
 
==Siehe auch==
* [[Quecksilber]]
* [[Spiegelfabrikant]]
* [[Spiegelglasfabriken]]
* [[Spiegelschreiner]]
* [[Spiegelfabrik Baugruppe]]
 
==Einzelnachweise==
<references />
 
==Weblinks==
* o.N.: ''Ueber die Silberspiegelfabrication.'' In: Polytechnisches Journal 1860, Band 157, Nr. L. (S. 205 – 212) - [http://dingler.culture.hu-berlin.de/article/pj157/ar157050 zum online-Digitalisat]
* Gilbert Krapf: ''Spiegelglas für Fürth. Glashütten, Schleif- und Polierwerke im 18. und 19. Jahrhundert'' In: Fürther Geschichtsblätter, Nr. 1/2006 - [http://geschichtsverein-fuerth.de/index.php?option=com_docman&task=doc_download&gid=30 zur pdf-Datei]
* Michael Müller: ''Die Marktredwitzer Glashütte der Firma Seligman Bendit & Söhne'' - [http://www.fuerther-freiheit.info/wp-content/uploads/2012/10/2012-10-03_glashuette-seligman-bendit.pdf zur pdf-Datei]
* J. K. Beeg: ''Die Fürther Spiegelmanufaktur.'' In: Jahresbericht der Königlichen Gewerb- und Handelsschule zu Fürth in Mittelfranken, 1856/57 - [http://www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bsb10340265-2 zum Online-Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek] (genaueste Beschreibung der Spiegelglas- und Spiegelherstellung)
 
== Bilder ==
{{Bilder dieses Unternehmens}}


[[Kategorie:Wirtschaft]]
[[Kategorie:Unternehmen]]
[[Kategorie:Wirtschaftsgeschichte]]
[[Kategorie:Unternehmen (ehemals)]]
[[Kategorie:Spiegelfabriken]]
[[Kategorie:Geschichte]]

Aktuelle Version vom 22. April 2024, 14:11 Uhr

Mit Spiegeln beladenes Pferdegespann

Die Spiegelherstellung und -verarbeitung war und ist noch heute ein sehr wichtiges Gewerbe in Fürth. Fürth war die Stadt der Spiegel.

Im Volksmund werden die Fürther deshalb manchmal heute noch "Glasschleifer" genannt. Auch das "Glasscherbenviertel", in dem vor allem die Arbeiter der Hofspiegelfabrik N. Wiederer & Co. wohnten, erinnert noch an die Bedeutung der Spiegelherstellung in Fürth.

Seit 2007 steht ein neun Meter hohe Spiegelsäule in der Konrad-Adenauer-Anlage in Erinnerung an die traditionsreiche Fürther Spiegelindustrie.

Ursprünge

Die erste Nachricht über die "Spiegelmacherei in Fürth" dürfte wohl folgendes Gedicht von Jakob Feßlein, Meistersänger von Dinkelsbühl, aus dem Jahre 1604 sein:

"Auch hat´s der Spiegelmacher zween, Dieselben kann ich nicht umgehen, Die seyn fleißig in ihren Sachen, Und thun schon Fewerspiegel machen."[1]

Die Anfänge

Der Anfang der eigentlichen Spiegelmanufaktur liegt aber im 18. und 19. Jahrhundert. Während im 18. Jahrhundert noch Nürnberg Mittelpunkt des Tafel- und Spiegelglashandels sowie Spiegelgeschäftes war, übernahmen an der Wende zum 19. Jahrhundert Fürther Kaufleute diese Position.[2]

Eine recht frühe Beschreibung einer Spiegelfabrik in Fürth stammt von Leopold Krug aus dem Jahr 1796 und bezieht sich auf das Jahr 1791: Hier wird z. B. beschrieben, dass die "Waaren dieser Spiegelfabrik kursiren alle unter Nürnbergscher Firma, obgleich in Nürnberg gar keine dergleichen Fabrik ist" und dass ein "Spiegel muß durch 12 Werkstätte gehn, ehe er fertig wird..."[3][4]

1844 wurde die Situation in Fürth wie folgt beschrieben:

[...] sechs Spiegelfabrikanten, welche theils selbst Glashütten im bayrischen Walde besitzen und dort die Gläser blasen lassen, theils dieselben aus den Hütten von [...] roh beziehen und sie aus ihren Schleifmühlen schleifen und poliren. Diese Schleifmühlen sind in der Nähe von Nürnberg und Fürth, [...], zwei davon in der Stadt Fürth belegen, und werden von den beiden Flüssen Pegnitz und Regnitz, [...], betrieben. [...]. Fünf Schleifer, 7 Polirer und 15 Facettirer sind auf den Mühlen in der Stadt, acht- bis neunhundert Arbeiter auf den auswärtigen, den Fürther Fabrikanten zugehörigen Schleifwerken, beschäftigt. Aber außer den von Fürther Fabrikanten geblasenen, geschliffenen und polirten Gläsern kommen noch jährlich für circa 450,000 Thlr. kleinere Spiegelgläser [...] von den Fabriken des bayrischen Waldes nach Fürth, und werden daselbst noch belegt. Das Belegen steht dort einem eigenen Gewerbe zu, das 42 Meister zählt.[5]

Im frühen Zeitalter der Spiegelindustrie waren zahlreiche Gewerbe an der Spiegelherstellung oder Spiegelmanufaktur beteiligt: Vor allem natürlich Spiegelglasfabriken, Spiegelfabriken und Spiegelschreiner; aber auch noch viele andere.

Folgende Aufzählung aus dem Jahr 1857 zeigt, wie viele und welche anderen Handwerkszweige noch bei der Spiegelherstellung beteiligt waren:

Spiegelglasfabriken (7), Spiegelbeleg- und Facettierfabrik (1), Spiegelbeleger und Facettierer (35), Schreinerwerkstätten, wovon jedoch nur ein Teil auf Spiegeleinfassung arbeitet (212), Vergolder (14), Feld- und Taschenspiegelfabrikanten (2), Feld- und Taschenspiegelmacher (27), Papierfärber (18), Goldpapiermacher (18), Lahnbortenmacher (13), Spiegelroller (13), Spiegelglas-Großhandlungen (12), Spiegelglashandlungen (20).
Dazu 5 Werkstätten, welche Spiegel mit Metallfassung liefern, circa 40 – 50 Familien, welche sich mit dem Überziehen der Schubladen- und Feldspiegel befassen, sowie zahlreiche Versandhandlungen.[6]

Alleine mit dem Belegen und Einfassen/Rahmen der Spiegel waren im Jahre 1857 über 1400 Personen beschäftigt. Dazu kamen noch Händler, auswärtig Beschäftigte (z. B. in den Schleifwerken) usw.[7]

Die Spiegelherstellung im 18. und frühen 19. Jahrhundert erfolgte zunächst meist nicht in Fabriken im herkömmlichen Sinn, sondern in Heimarbeit, die folgendermaßen organisiert war: Der "Spiegelfabrikant" war ein Unternehmer, der die rohen Gläser bei z. B. böhmischen Glashütten kaufte, sie von den Schleifmühlen in der Umgebung schleifen und polieren ließ und sie dann zu den Arbeitern nach Hause lieferte. Dort wurden die Gläser von der ganzen Familie mit dem Quecksilber und der Zinnfolie belegt.[8] Die nötigen Zinnfolien wurden u. a. von der Fürther Firma Morgenstern geliefert und für das anschließende Rahmen "gab es in Fürth das eigenständige Berufsbild des Spiegelschreiners".[9] Erst nach und nach haben die Glasfabrikanten eigene Belegen und damit Spiegelfabriken i. e. S. etabliert. 1886 gab es dann bereits 26 fabrikmäßig organisierte Belegen.[10] Während zu Beginn der Spiegelindustrie jeder Beleger also noch selbstständig war und seine Spiegel stückweise selbst abrechnete (was zu einem einigermaßen guten Verdienst führte), kam es nach und nach zu einem Konzentrationsprozess: In Großbetrieben arbeitete der Belegmeister nicht mehr selbst als Beleger, sondern als Aufseher mit recht gutem Verdienst. Der einfache Beleger erhielt - trotz der Gesundheitsgefahren - nur noch einen schlechten Wochenlohn.[11]

Blütezeit

Die Blütezeit der Spiegelherstellung war im ausgehenden 19. Jahrhundert. Im Adressbuch von 1891 wurden ganze 78 Spiegel- oder Spiegelnebenprodukte herstellende Firmen gelistet. "Im Adressbuch von 1895 werden [...] außerdem etwa 40 Rahmenhersteller sowie zehn Firmen, die sich mit dem Belegen der Gläser befasst haben [...]", genannt.[12]

Die größte Spiegelfabrik in Fürth war lange Zeit die Hofspiegelfabrik N. Wiederer & Co.. Sie entwickelte sich aus einem kleinen Betrieb zu einer Weltfirma. In der Fürther Südstadt konnte sich die Fabrik ungehindert ausbreiten und hatte zudem ab 1898 auch einen eigenen Gleisanschluss zum Güterbahnhof.

Etliche Firmen expandierten: Im Jahre 1872 erbaute z. B. der Glasunternehmer Winkler in Windischeschenbach eine eigene Glashütte. "1893 verlegte die Firma auch ihre Silberspiegelfabrik dorthin, beließ aber den Firmensitz in Fürth. 1882 errichteten Krailsheimer und Miederer aus Fürth eine Glasfabrik in Mitterteich."[13] 1887 errichtete die Firma Seligman Bendit & Söhne eine Glashütte in Marktredwitz.

Für die Firma Büchenbacher ist im Bayerischen Hauptstaatsarchiv nachweisbar, dass sie etwa 70 Spiegel zur Ausstattung von Schloss Linderhof beigetragen hat.[14]

"Im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts aufkommende technisch-innovatorische, wettbewerbliche und politische Veränderungen brachten dann Verwerfungen für die überkommenen Geschäftsmodelle. Diese führten zu einem schleichenden Niedergang der Branche in Bayern und damit in Fürth."[15][16]

Herstellung der Spiegel

  • Ursprünglich wurden "Quecksilberspiegel" hergestellt: Dafür übergoss man eine auf dem Belegtisch ausgebreitete dünne Zinnfolie mit Quecksilber, verstreicht dieses vorsichtig "zuerst mit einem Hasenfuß, dann mit einer Rolle von Flanell"[17] und legte darauf die Glasplatte. Aus den beiden Metallen entstand eine stabile und fest haftende Quecksilberlegierung, ein Amalgam. Überschüssiges Quecksilber floss nach den Seiten hin über Rinnen ab, wurde aufgefangen und wiederverwendet. Allerdings ist Quecksilber hochgiftig und führte bei den Arbeitern und Arbeiterinnen zu häufigen Erkrankungen und einer hohen Sterblichkeit. So schrieb das Polytechnische Journal bereits 1860: "Wenn man die bejammernswürdigen Gestalten der zahlreichen Arbeiter und ihrer Familien in Fürth und der Umgegend von Nürnberg gesehen hat, die ihre Gesundheit durch das gewöhnliche Belegverfahren der Spiegelgläser mit Quecksilber eingebüßt haben und die einem frühen Tode oder hülflosen Alter entgegensiechen, so wird man von Mitleiden ergriffen."[8] Daher kam es bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zu immer mehr Einschränkungen und schließlich zur völligen Aufgabe der Quecksilber-Methode.
  • In der Zwischenzeit hatte der deutsche Chemiker Justus von Liebig eine neue Methode der Spiegelherstellung entdeckt: Er fand heraus, dass sich beim Vermischen von Aldehyd und Silbernitrat eine Silberschicht an der Glaswand abscheidet. So konnten in der Folgezeit "Silberspiegel" hergestellt werden.

Belegen

Im Jahre 1791 gab es 22 Glasbeleger.[3][18]

Im Adressbuch von 1819 werden als Beleger aufgezählt: Georg Adam Rößler (Markgrafengasse 336), Johann Michael Körber (Markgrafengasse 339), Salomon Ludwig Fick (Haus Nr. 393).

1857 gab es in Fürth 38 Belegen, also Firmen, die das Quecksilberamalgam auf die Glasplatten aufbrachten. In diesen Firmen gab es insgesamt ca. 110 Belegtische und 220 Arbeiter.[19] 12 dieser Belegen gehörten Fürther Glasfabrikanten und zwar: J. Bach, Bendit und Söhne, Berlin und Ehrmann, M. J. Büchenbacher, Fleischmann, A. Frankenthal, L. H. Gostorffers Erben, L. Heilbronn, J. Offenbacher, J. Lehmann, K. Weinschenk, J. G. L. Winkler,

Weitere Belegen:

Bekannte Fürther Spiegel- und Spiegelglas-Fabrikanten und -Fabriken (Auswahl)

Rechnung der Firma Simon Baer, 1903
Rechnung der Firma L. Haas, 1903
Katalog der Deutschen Glas- und Spiegelfabriken A.G., um 1920
Historische Werbemarke der Vereinigten Spiegelfabriken
Historische Werbemarke der Vereinigten Spiegelfabriken

Im Adressbuch von 1807 sind als Spiegelfabrikanten aufgezählt:

  • Johann Heckel, In der Schrotgaße Haus Nr. 58
  • Peter Conrad Zwinger, In der Bauerngaße/Langes Haus Nr. 141a
  • Daniel Winter, Auf dem Koppenhof Haus Nr. 167
  • Marx Basch, Hinter der Armen- und Waisenschule Haus Nr. 395
  • Conrad Schaller, In der Alexanderstraße Haus-Nr. 534

Im Adressbuch von 1819 sind als Spiegelfabrikanten aufgezählt:

  • Erhard Hund, Schrotgasse 57
  • Heinrich Strobel, Auf der Helmplatte Haus Nr. 161
  • Daniel Winter, Auf dem Koppenhof Haus Nr. 167 und 168
  • Johann Georg Riegel, Gemeinde-Bevollmächtigter, Am Helmplattengäßlein Haus Nr. 170
  • Johann Konrad Floth, Altneugasse Haus Nr. 413
  • Johann Friedrich Langs Witwe, Altneugasse Haus Nr. 414
  • Konrad Schaller, Magistratsrat

1828[20] und 1832[21] werden als Spiegelfabrikanten aufgezählt:

Weitere:

Werbeanzeige von Sigmund Büchenbacher, 1896

Literatur

  • Georg Kilian: Einiges über Glas und Tafelglas. In: Fürther Heimatblätter, 1961/4, S. 167 - 176
  • Bernhard Müller: Aus der Geschichte der bayerischen Glasindustrie. In: Fürther Heimatblätter, 1961/4, S. 177 - 182
  • „Ordnung und Articul denen Glaßer Meistern in dem Marckh-Flecken u. Ambt Fürth ertheilt den 3. Februar Anno 1727“. In: Fürther Heimatblätter, 1961/4, S. 183 - 187
  • Spiegel. In: Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z. Ein Geschichtslexikon. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 342
  • Gilbert Krapf: Spiegelglas für Fürth. In: Fürther Geschichtsblätter, 1/2006, S. 2 - 25
  • Michael Müller: Seligman Bendit & Söhne. Spiegelglas- und Fensterglas-Fabriken. In: Fürther Geschichtsblätter, 2/2006, S. 51 - 75 und 3/2006, S. 91 - 112

Lokalberichterstattung

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Aus: Bruno Schönlank: Die Fürther Quecksilber-Spiegelbelegen und ihre Arbeiter. Wirtschaftsgeschichtliche Untersuchungen. 1887. S. 154 - online-Digitalisat
  2. Michael Müller: Die Marktredwitzer Glashütte der Firma Seligman Bendit & Söhne, S. 12 - zur pdf-Datei
  3. 3,0 3,1 Leopold Krug: "Topographisch-Statistisch-Geographisches Wörterbuch der sämmtlichen preußischen Staaten oder Beschreibung aller Provinzen, Kreise, Distrikte, Städte, Aemter, Flecken, Dörfer, Vorwerke, Flüsse, Seen, Berge ... in den preußischen Staaten" Halle, 1796, S. 250 - online-Digitalisat der Universität Greifswald
  4. Johann Michael Füssel: "Unser Tagbuch: oder, Erfahrungen und Bemerkungen eines Hofmeisters und seiner Zöglinge auf einer Reise durch einen grossen Theil des Fränkischen Kreises nach Carlsbad und durch Bayern und Passau nach Linz", Band 3, Palm, 1791, S. 18 - online-Digitalisat
  5. "Amtlicher Bericht über die Allgemeine Deutsche Gewerbe-Ausstellung zu Berlin im Jahre 1844", Berlin 1846, S. 70 - online-Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek
  6. J. K. Beeg: Die Fürther Spiegelmanufaktur. In: Jahresbericht der Königlichen Gewerb- und Handelsschule zu Fürth in Mittelfranken, 1856/57, S. 15 - online-Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek
  7. J. K. Beeg: Die Fürther Spiegelmanufaktur. In: Jahresbericht der Königlichen Gewerb- und Handelsschule zu Fürth in Mittelfranken, 1856/57, S. 20 - online-Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek
  8. 8,0 8,1 Ueber die Silberspiegelfabrication. In: Polytechnisches Journal 1860, Band 157, Nr. L. (S. 205 – 212) - zum online-Digitalisat
  9. Gilbert Krapf: Spiegelglas für Fürth. In: Fürther Geschichtsblätter, Nr. 1/2006, S. 5 - zur pdf-Datei
  10. Philipp Berlin: Die Bayerische Spiegelglasindustrie., 1909, S. 31 zum online-Digitalisat
  11. Philipp Berlin: Die Bayerische Spiegelglasindustrie., 1909, S. 111 zum online-Digitalisat
  12. Gilbert Krapf: Spiegelglas für Fürth. In: Fürther Geschichtsblätter, Nr. 1/2006, S. 3 - zur pdf-Datei
  13. Gilbert Krapf: Spiegelglas für Fürth. In: Fürther Geschichtsblätter, Nr. 1/2006, S. 8 - zur pdf-Datei
  14. Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Abt. III, Geheimes Hausarchiv
  15. Michael Müller: Die Marktredwitzer Glashütte der Firma Seligman Bendit & Söhne - zur pdf-Datei
  16. Gilbert Krapf: Spiegelglas für Fürth - die bayerisch-böhmische Spiegelglasindustrie und ihre Beziehung zur Stadt Fürth. Vortrag vom 20. November 2016 im Stadtmuseum Fürth - Beitrag in der Reihe Geschichte(n) im Stadtmuseum
  17. J. K. Beeg: Die Fürther Spiegelmanufaktur. In: Jahresbericht der Königlichen Gewerb- und Handelsschule zu Fürth in Mittelfranken, 1856/57 - zum Online-Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek
  18. Johann Michael Füssel: "Unser Tagbuch: oder, Erfahrungen und Bemerkungen eines Hofmeisters und seiner Zöglinge auf einer Reise durch einen grossen Theil des Fränkischen Kreises nach Carlsbad und durch Bayern und Passau nach Linz", Band 3, Palm, 1791, S. 16 - online-Digitalisat
  19. J. K. Beeg: Die Fürther Spiegelmanufaktur. In: Jahresbericht der Königlichen Gewerb- und Handelsschule zu Fürth in Mittelfranken, 1856/57, S. 18 - online-Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek
  20. "Adreßbuch der Kaufleute & Fabrikanten von ganz Deutschland...", 1828 - online
  21. Philipp Jakob Karrer: "Ausführliche historische Geographie für Kaufleute, Manufakturisten...", Band 2, 1832, S. 288 online
  22. Siehe auch Kauf der Glasschleife im Hammerwerk Deuerling, Gemeinde Deuerling/Opf. im Jahr 1880

Weblinks

  • o.N.: Ueber die Silberspiegelfabrication. In: Polytechnisches Journal 1860, Band 157, Nr. L. (S. 205 – 212) - zum online-Digitalisat
  • Gilbert Krapf: Spiegelglas für Fürth. Glashütten, Schleif- und Polierwerke im 18. und 19. Jahrhundert In: Fürther Geschichtsblätter, Nr. 1/2006 - zur pdf-Datei
  • Michael Müller: Die Marktredwitzer Glashütte der Firma Seligman Bendit & Söhne - zur pdf-Datei
  • J. K. Beeg: Die Fürther Spiegelmanufaktur. In: Jahresbericht der Königlichen Gewerb- und Handelsschule zu Fürth in Mittelfranken, 1856/57 - zum Online-Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek (genaueste Beschreibung der Spiegelglas- und Spiegelherstellung)

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