Langes Haus: Unterschied zwischen den Versionen
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'''[[Paul Rieß]]''' schreibt als Stadtchronist im Band [[1911]] eine Abhandlung mit dem Thema: „Aus Fürths Vergangenheit – Das alte lange Haus“. In seiner Jugendzeit erlebte er als Nachbarskind die „Einzigartigkeit dieses großen Hauses“. Dabei er liefert eine Skizze vom Wohnkomplex zwischen [[Gustavstraße]], [[Unterer Fischerstraße]] und der [[Pegnitz]]. Im Innenhof befand sich ein Brunnen. Mehrere Durchgänge führten zum Innenhof und zum unteren, terrassenförmigen Garten. Der vordere Hof, mit einer Mauer umgeben, lag seitwärts zur [[Mühlgasse]]. Dort übten zwei Büttnermeister ihr Gewerbe aus; im unteren Garten ein Seilermeister. In der integrierten Zollesschen Wirtschaft „[[Zum roten Hahn]]“ an der [[Gustavstraße]] setzten sich die vielen Hausherren an Lichtmeß, Walburgi, Lorenzi und Allerheiligen zusammen, um die Mietzinsen zu teilen. In den 1870er Jahren lebten laut Rieß 36 Familien im Hauskomplex, davon 22 mit Geschäften, die auch Gesellen und Lehrlinge mit Kost und Logis im Haushalt ihres Meisters hatten. Zusammenfassend nennt Rieß: 64 Eltern mit Großeltern, 91 Kinder, 62 Gesellen bzw. Mägde und 22 Lehrlinge = 259 Personen. Die Wohnungen waren geräumig, hoch und luftig. In den Küchen standen große Herde und alte offene Schlotmäntel traf man dort noch an. Vor 1800 zählte man im Gebäude ca. 48 bis 50 Kinder. Eine Beschreibung von [[1808]] beschrieb ebenfalls das Gebäude: Wohnhaus mit 2 Flügeln, 2 Hintergebäude, 2 Höfe, 1 Garten, 1 Schlosser- und 1 Büttnerwerkstatt, 1 Schweinestall, Schupfen, Dungstätte, Pumpbrunnen. | '''[[Paul Rieß]]''' schreibt als Stadtchronist im Band [[1911]] eine Abhandlung mit dem Thema: „Aus Fürths Vergangenheit – Das alte lange Haus“. In seiner Jugendzeit erlebte er als Nachbarskind die „Einzigartigkeit dieses großen Hauses“. Dabei er liefert eine Skizze vom Wohnkomplex zwischen [[Gustavstraße]], [[Unterer Fischerstraße]] und der [[Pegnitz]]. Im Innenhof befand sich ein Brunnen. Mehrere Durchgänge führten zum Innenhof und zum unteren, terrassenförmigen Garten. Der vordere Hof, mit einer Mauer umgeben, lag seitwärts zur [[Mühlgasse]]. Dort übten zwei Büttnermeister ihr Gewerbe aus; im unteren Garten ein Seilermeister. In der integrierten Zollesschen Wirtschaft „[[Zum roten Hahn]]“ an der [[Gustavstraße]] setzten sich die vielen Hausherren an Lichtmeß, Walburgi, Lorenzi und Allerheiligen zusammen, um die Mietzinsen zu teilen. In den 1870er Jahren lebten laut Rieß 36 Familien im Hauskomplex, davon 22 mit Geschäften, die auch Gesellen und Lehrlinge mit Kost und Logis im Haushalt ihres Meisters hatten. Zusammenfassend nennt Rieß: 64 Eltern mit Großeltern, 91 Kinder, 62 Gesellen bzw. Mägde und 22 Lehrlinge = 259 Personen. Die Wohnungen waren geräumig, hoch und luftig. In den Küchen standen große Herde und alte offene Schlotmäntel traf man dort noch an. Vor 1800 zählte man im Gebäude ca. 48 bis 50 Kinder. Eine Beschreibung von [[1808]] beschrieb ebenfalls das Gebäude: Wohnhaus mit 2 Flügeln, 2 Hintergebäude, 2 Höfe, 1 Garten, 1 Schlosser- und 1 Büttnerwerkstatt, 1 Schweinestall, Schupfen, Dungstätte, Pumpbrunnen. | ||
In der [[Fronmüllerchronik|Fronmüller-Chronik]] zum Berichtsjahr [[1885]] wird beschrieben, dass das Lange Haus in der [[Gustavstraße]] verkauft wurde. Besitzer waren nun [[Johann Georg Kißkalt]] junior und Konsorten. Baumeister Kißkalt wohnte in der [[Schwabacher Straße 133]]. Das Lange Haus sollte einer größeren Anzahl moderner Bauten Platz machen. Im Frühjahr [[1886]] geschah der Abbruch des größten Wohnobjekts in Fürth. An seiner Stelle entstanden Neubauten. | In der '''[[Fronmüllerchronik|Fronmüller-Chronik]]''' zum Berichtsjahr [[1885]] wird beschrieben, dass das Lange Haus in der [[Gustavstraße]] verkauft wurde. Besitzer waren nun [[Johann Georg Kißkalt]] junior und Konsorten. Baumeister Kißkalt wohnte in der [[Schwabacher Straße 133]]. Das Lange Haus sollte einer größeren Anzahl moderner Bauten Platz machen. Im Frühjahr [[1886]] geschah der Abbruch des größten Wohnobjekts in Fürth. An seiner Stelle entstanden Neubauten. | ||
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Version vom 29. März 2018, 17:18 Uhr
Das sog. Lange Haus, laut Eger 1649[1], laut Fronmüller 1659 erbaut[2], zwischen Gustavstraße und Unterer Fischerstraße gelegen, war wohl "eines der ältesten und größten Mietshäuser Süddeutschlands".[3] In dem Haus wohnten im 19. Jahrhundert bis zu 260 Personen.[4]
Wunschel-Chronik
Aus der Wunschel-Häuserchronik und der Fronmüller-Chronik geht hervor, dass das "Lange Haus" wohl eines der ältesten und frühen bekanntesten Häuser in Fürth gewesen ist. Wunschel vertrat die Auffassung, das der große Bauernhof mit zugehörigen Feldern und Wiesen schon ab 1400 existierten. Nach der Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg kamen Flüchtlinge, aber auch Adlige aus Österreich nach Fürth und bauten das verfallenen bzw. abgebrannten Häuser wieder als Wohnhaus zur Aufnahme obdachloser Familien wieder auf. So baute man auf dem Grund des 1634 abgebrannten Bauernhofes nördlich der Gustavstraße (frühere Bauerngasse) 1659 das sogenannte Lange Haus wieder auf, das im Laufe der Zeit nach und nach vergrößert und erweitert wurde und am Ende mehr Bewohner als manches Dorf fasste. Vorher war dort, laut Wunschel, eine Brauerei eingerichtet. Das Haus gehörte zeitwilig bis zu 30 Hausherren gleichzeitig, im Übrigen glich es eher einer Wohnkaserne, da es zum Teil über 36 Wohnungen gegeben haben soll.
Eigentümer war Graf Jürgen von Österreich, anschließnd Graf Karl Heinrich von der Wied, dem auch das Wirtshaus zum grünen Kranz gehörte. Nach von der Wied gelangte 1755 das Gebäude in den Besitz des Kronenwirt Berthold.[5]. Letzterer kaufte das Lange Haus mit Garten an der Pegnitz sowie die dazugehörigen 47 Morgen Feld und 10,5 Tagwerk Wiesen. Bertholds Tochter heiratete den Pfarrer Lochner und übernahm 1804 das Anwesen. 1816 trennte man Felder und Wiesen ab und verkaufte sie.
Auf dem Vetter´schen Grundrissplan von 1717 ist das Lange Haus eines der größten Häuser überhaupt und zusammen mit "Kressers Baurnhof" als Nr. 27 bei den "Domb-Probstl. Alte Häußer" eingezeichnet und auf dem Grundrissplan von 1789 als Nr. 13 "beym langen Haus".
Das Gebäude wurde 1886 abgerissen, laut dem Chronisten Paul Rieß entstanden in der Folge 13 neue Gebäude. Und als neue Straße erschloss die Baldstraße die neuen Häuserzeilen.
Frühere Adressangaben
- 1807: "In der Bauerngaße/Langes Haus" Haus-Nr. 141 a[6]
- 1819: "In der Bauern-Straße" Haus-Nr. 141 a[7]
- 1836: "Gustavstraße" Nr. 130 (II. Stadtbezirk)[8]
- 1846: "Gustavstraße" Nr. 130 (II. Stadtbezirk)[9]
Im Adressbuch von 1859 sind folgende Handwerker als Bewohner aufgelistet:
- Barbeck, Johann Michael – Porzellanmaler und Strohhutmanufaktur
- Bernauer, Nikolaus – Schreinermeister und Spiegelmacher
- Dörfler, Conrad – Hafnermeister
- Fick, Thomas – Gürtlermeister
- Finkler, Georg Wilhelm – Büttnermeister
- Finster, Georg – Schreinermeister, fertigt feine Galanteriewaren, Spiegel, Damenbretter, Chatoullen
- Hammerschmidt – Schreinermeister
- Rausch, Ludwig – Drechslermeister
- Rausch, Jacob – Drechslermeister
- Rost, Nicolaus – Schlossermeister
- Rost, Wilhelm – Schlossermeister
- Schäffel – Holzmesser
- Scheidig, Lorenz – Holzbronze- und Steinpappwaren-Fabrik*
- Schreiber, J. H. – Regen- und Sonnenschirmfabrikant
- Seifert, Andreas Conrad – Drechslermeister
- Simon – Holzuhrmacher
- Strenz, Alois – Uhrmacher
Zeitzeugenberichte
Friedrich Marx berichtet in seiner Chronik von 1887 Fürth in Vergangenheit und Gegenwart unter Abschnitt 17: „Die Gemeinde Fürth“, dass die Gemeinde 1729 in Streit mit dem Grafen zu der Wiedt geriet und zwar wegen des Berges hinter dem Langen Haus. Es kam dann folgender Vergleich zustande: Die Wasserpassage oberhalb des Langen Hauses soll liegen bleiben und niemals angebaut werden, damit bei Bränden die Wasserwägen zum Fluss ungehindert fahren könnten.
Paul Rieß schreibt als Stadtchronist im Band 1911 eine Abhandlung mit dem Thema: „Aus Fürths Vergangenheit – Das alte lange Haus“. In seiner Jugendzeit erlebte er als Nachbarskind die „Einzigartigkeit dieses großen Hauses“. Dabei er liefert eine Skizze vom Wohnkomplex zwischen Gustavstraße, Unterer Fischerstraße und der Pegnitz. Im Innenhof befand sich ein Brunnen. Mehrere Durchgänge führten zum Innenhof und zum unteren, terrassenförmigen Garten. Der vordere Hof, mit einer Mauer umgeben, lag seitwärts zur Mühlgasse. Dort übten zwei Büttnermeister ihr Gewerbe aus; im unteren Garten ein Seilermeister. In der integrierten Zollesschen Wirtschaft „Zum roten Hahn“ an der Gustavstraße setzten sich die vielen Hausherren an Lichtmeß, Walburgi, Lorenzi und Allerheiligen zusammen, um die Mietzinsen zu teilen. In den 1870er Jahren lebten laut Rieß 36 Familien im Hauskomplex, davon 22 mit Geschäften, die auch Gesellen und Lehrlinge mit Kost und Logis im Haushalt ihres Meisters hatten. Zusammenfassend nennt Rieß: 64 Eltern mit Großeltern, 91 Kinder, 62 Gesellen bzw. Mägde und 22 Lehrlinge = 259 Personen. Die Wohnungen waren geräumig, hoch und luftig. In den Küchen standen große Herde und alte offene Schlotmäntel traf man dort noch an. Vor 1800 zählte man im Gebäude ca. 48 bis 50 Kinder. Eine Beschreibung von 1808 beschrieb ebenfalls das Gebäude: Wohnhaus mit 2 Flügeln, 2 Hintergebäude, 2 Höfe, 1 Garten, 1 Schlosser- und 1 Büttnerwerkstatt, 1 Schweinestall, Schupfen, Dungstätte, Pumpbrunnen.
In der Fronmüller-Chronik zum Berichtsjahr 1885 wird beschrieben, dass das Lange Haus in der Gustavstraße verkauft wurde. Besitzer waren nun Johann Georg Kißkalt junior und Konsorten. Baumeister Kißkalt wohnte in der Schwabacher Straße 133. Das Lange Haus sollte einer größeren Anzahl moderner Bauten Platz machen. Im Frühjahr 1886 geschah der Abbruch des größten Wohnobjekts in Fürth. An seiner Stelle entstanden Neubauten.
Literatur
- Langes Haus. In: Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z. Ein Geschichtslexikon. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 236
- Des Johann Konrad Berthold zu Fürth rückständige Zinse für das von Graf von Wind erkaufte sogenannte lange Haus daselbst, Laufzeit: 1756 - 1762, Signatur: StArchiv-N, Rep. 74 a1 Rst. Nürnberg: Landalmosenamt, Akten, Nr. 751
- Peter Frank: Das Lange Haus - Die Hausgeschichte vom ehemals größten Wohnobjekt in Fürth zwischen Gustavstraße und Unterer Fischerstraße. Vortrag in der Volksbücherei Fürth am 4. Dezember 2017, siehe
Siehe auch
Weblinks
- Langes Haus auf historischer Karte, siehe BayernAtlas
Bilder
Zeitungsannonce des Uhrmachers Aloys Strenz im langen Haus, November 1843
Zeitungsanzeige des Metzgermeisters Becherlein, der in das "sogenannte lange Haus" zieht, August 1842
Grundriss des Hofmarkt Fürth. Gezeichnet von: Elias Oehme. Aus: Erhard Andreas Saueracker: Versuch einer Chronologisch-Diplomatisch-Statistischen Geschichte des Hofmarks Fürth. Nürnberg und Leipzig 1789
Einzelnachweise
- ↑ Adressbuch von 1819, S. 175
- ↑ Fronmüller-Chronik, S. 95
- ↑ Bernd Windsheimer: "Geschichte der Stadt Fürth", 2007, S. 47.
- ↑ Langes Haus. In: Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z. Ein Geschichtslexikon. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 236.
- ↑ Fronmüller-Chronik, S. 95 und S. 138 f
- ↑ Adressbuch von 1807
- ↑ Adressbuch von 1819
- ↑ Adressbuch von 1836
- ↑ Adressbuch von 1846