Ludwigseisenbahn
Die Ludwigseisenbahn war eine Bahnlinie zwischen Nürnberg und Fürth. Sie stellte die erste Dampf-und Pferdeeisenbahnverbindung Deutschlands dar.
Überblick
Die Königlich privilegierte Ludwigs-Eisenbahn-Gesellschaft (LEG) mit Sitz in Nürnberg und Fürth erhielt am 19. Februar 1834 die königlich bayerische Konzession zum Bau einer Eisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth. Am 7. Dezember 1835 um 9 Uhr, so berichtete "Der Korrespondent von und für Deutschland" (heute NZ), fuhr auf deren Strecke die erste deutsche Eisenbahn. Die Ludwigseisenbahn stellte ihren Betrieb am 31. Oktober 1922 ein. Die Ludwigs-Eisenbahn-Gesellschaft selbst löste sich erst zum 31. Dezember 1967 auf.
Die Ludwigseisenbahn wurde von Privatleuten initiert, das Königreich Bayern plante erst nach deren Erfolg eine Staatsbahn.
Durch die Einführung einer der Staatsbahn, der Straßenbahn 1881 und dann der U-Bahn in Nürnberg 1972 und in Fürth 1982 hatte sie sich überlebt.
Der Physiker Karl August von Steinheil entdeckte 1838 die elektrische Erdrückleitung, bei Versuchen an der Ludwigseisenbahn in Fürth.
Vorgeschichte
Die ersten Nachrichten aus England über die Planung von Eisenbahnen erregten in Deutschland großes Aufsehen. Auch in Bayern, wo die Chaussee zwischen den bedeutenden fränkischen Handelsstädten Nürnberg und Fürth die meistfrequentierte Straßenverbindung im Königreich war, wurden diese Nachrichten beachtet. Das galt auch für die Veröffentlichungen von Friedrich List über ein gesamtdeutsches Eisenbahnsystem und von Joseph von Baader, den der bayerische König zu Studien nach England geschickt hatte. Nach einer Diskussion dieses Themas im Bayerischen Landtag gestattete der bayerische König 1825 den Aufbau einer Versuchseisenbahn im Nymphenburger Schlosspark. Als auch seine Aufforderung 1828 an die fränkischen Kaufleute, den Bau einer Eisenbahnlinie zu beginnen, keine Aktivitäten hervorrief, entschied sich der König für sein Lieblingsprojekt, den Bau eines Kanals zwischen Donau und Main.
Gründung
Nachdem sich das Eisenbahnsystem in England schon in den ersten Jahren bewährt hatte, entschlossen sich die fränkischen Kaufleute doch zum Bau einer Eisenbahnstrecke entlang der Nürnberg-Fürther Chaussee. Sie gründeten dazu am 14. Mai 1833 eine Gesellschaft zur Errichtung einer Eisenbahn mit Dampffahrt zwischen Nürnberg und Fürth, aus der heraus dann die Bahngesellschaft entstand. Innerhalb von 6 Monaten erreichten die beiden Nürnberger Hauptinitiatoren, der Kaufmann und Marktvorsteher Georg Zacharias Platner und der Leiter der polytechnischen Schule, Johannes Scharrer, die Zeichnung des veranschlagten Aktienkapitals in Höhe von 132.000 Gulden. Die dabei angekündigte Verzinsung des Kapitals von 12 2/3 % wurde vielfach angezweifelt. Die Gesellschaft konnte aber 1836 schon eine Dividende von 20 % zahlen.
König Ludwig I. unterstützte wegen seiner Vorliebe für den Bau des Ludwigskanals vom Main zur Donau den Bahnbau eher widerwillig. Er erlaubte, der Bahn seinen Namen zu geben, und ermächtigte seine Regierung, die symbolische Zahl von 2 Aktien für den Staat zu kaufen. Von großer Bedeutung für den Bahnbau war jedoch, dass der bayerische Straßenbauingenieur Paul Camille Denis vom König für den Bahnbau freigestellt wurde. Beim Bau übernahm er die englische Spurweite von 1435 mm für die fast schnurgerade, 6,04 km lange, eingleisige Strecke neben der Fürther Straße von Nürnberg nach Fürth.
Betriebseröffnung
Am 7. Dezember 1835 konnte die sich später Ludwigs-Eisenbahn-Gesellschaft nennende private Gesellschaft die erste deutsche Eisenbahnstrecke mit Dampfkraft für den Personenverkehr vor großem Publikum eröffnen. Die Dampflokomotive Adler hatte man samt ihres Lokomotivführers von Stephenson aus Newcastle kommen lassen. Die nur 15 Fuß langen Schienen aus gewalztem Schmiedeeisen lieferte die Fa. Remy & Co. aus Rasselstein bei Neuwied, die Wagen wurden von heimischen Wagenbauern erstellt.
Die Bayerische Ludwigsbahn war damit die erste für den Personenverkehr konzipierte Eisenbahn (Güterverkehr war zunächst nicht vorgesehen) in Deutschland, die eine Dampflokomotive benutzte. Die bereits am 20. September 1831 zwischen Hinsbeck an der Ruhr und Nierenhof eröffnete schmalspurige Prinz-Wilhelm-Eisenbahn war eine private pferdegezogene Kohlenbahn, die von der Öffentlichkeit nicht in der Form wahrgenommen wurde wie die dampfbetriebene und personenbefördernde Ludwigsbahn. König Ludwig I. hatte jedoch erst im August des Folgejahres Zeit, sich die seinen Namen tragende Eisenbahn anzusehen. Der mit 132.000 Gulden veranschlagte Bau erreichte tatsächlich 170.000 Gulden. Mangels Erfahrungen beim Eisenbahnbau und vor allem wegen des damals noch fehlenden Enteignungsrechts für überteuerte Grundstücke kam es zu dieser Preissteigerung.
Fahrbetrieb
Ab 8. Dezember 1835 fuhr nun stündlich ein pferdebespannter Zug von Nürnberg nach Fürth und zurück. Nur um 13 Uhr und 14 Uhr zog täglich der Adler den Zug. Die hohen Preise für die aus Sachsen einzuführende Steinkohle, anfangs noch per Fuhrwerk, verhinderten in den ersten Jahren einen häufigeren Einsatz des Adler. Seit der Anschaffung weiterer Lokomotiven wurden nur noch die Früh- und Spätzüge von Pferden gezogen. Erst im Jahre 1862 wurden die letzten drei Pferde verkauft, sie waren nur noch zum Rangieren in Doos (Stadtgrenze) gebraucht worden. Der Grund für den Einsatz der Pferde: die schon genannten hohen Preise für Kohle, zudem wollte man die sündhaft teuere Lok schonen und - vielleicht der wichtigste Grund - die Lok brauchte zwei Stunden zum Aufheizen.
Im Güterverkehr blieb es anfangs bei Zeitungs- und Biertransporten, für die berühmte Bierfässerfahrt hat Scharrer 1836 eine Erlaubnist erteilt, jedoch wurden die Fässer in den Personenwagen befördert. Erst ab 1839 kann man von einem planmäßigen Güterverkehr sprechen. Ab 1840 transportierte die Bahn auch die Postsendungen. Ein weiterer Ausbau der Strecke u.a. nach Würzburg wurde der Gesellschaft vom Staat verwehrt. Wie rege die Nutzung der Bahn in den ersten Jahrzehnten war, zeigt die Gewinnsituation: Bis 1855 wurden nie unter 12 % Dividende gezahlt. Zur damaligen Zeit eine prächtige Kapitalverzinsung !
Am 14. Oktober 1895 erhielt die Ludwigsbahn in Fürth einen zweiten Haltepunkt. Die Haltestelle Fürth-Ost lag knapp 850m östlich vom Ludwigsbahnhof an der Hornschuchpromenade.
Stilllegung
Mit dem Bau der Nürnberg-Fürther Pferdestraßenbahn entlang der Ludwigsbahn entstand jedoch spürbare Konkurrenz, vor allem als diese 1896 elektrifiziert wurde. Da half auch der teilweise zweigleisige Ausbau der Ludwigsbahn ab 1893 nichts mehr. Nutzung und damit der Ertrag gingen nun laufend zurück.
Die Ludwigseisenbahn stellte ihren Betrieb am 31. Oktober 1922 ein. Nachdem sich abzeichnete, dass der Betrieb nicht mehr aufgenommen würde, wurden die Betriebsmittel verkauft und die Gleise abgebrochen. Der Haltepunkt Fürth-Ost wurde 1926 abgerissen, das alte Bahnhofsgebäude in Fürth 1938 und das in Nürnberg erst 1952 wegen der Errichtung des neuen Plärrer-Hochhauses. Die Trasse wurde an die Städte Nürnberg und Fürth verpachtet, die sie an die Nürnberg-Fürther Straßenbahn zur Errichtung einer Schnellstraßenbahn-Linie weiterverpachteten. Die Bahngesellschaft selbst wurde erst 1967 aufgelöst und 1970 aus dem Handelsregister gelöscht.
Die Trasse führte vom Bahnhof in direkter Nähe des Plärrers in Nürnberg über die heutige Fürther Straße über die Stadtgrenze nach Fürth und folgte der gegenwärtig als Hornschuchpromenade bekannten Allee bis zum Ludwigsbahnhof auf der Fürther Freiheit.
Es existiert auch ein Denkmal der Ludwigsbahn, das früher vor dem Nürnberger Ludwigsbahnhof am Plärrer stand. Beim Bau der Schnellstraßenbahn wurde es 1927 an die Stadtgrenze zwischen Nürnberg und Fürth versetzt. Im Jahre 1981 musste es wiederum dem Bau der U-Bahn weichen und wurde in eine Grünanlage innerhalb der Anschlussstelle Nürnberg/Fürth des Frankenschnellwegs A73 versetzt, die auf der ursprünglichen Trasse der Ludwigs-Süd-Nordbahn zwischen Nürnberg-Doos und Großgründlach liegt. Dem verstorbenen Mäzen und Brunnenliebhaber Kurt Klutentreter ist es zu verdanken, dass das Denkmal am Nürnberger U-Bahnhof Bärenschanze in der Fürther Straße einen würdigeren Platz erhalten hat.
Lokomotiven und Wagen
Die Ludwigsbahn besaß während ihres 87-jährigen Fahrbetriebs nicht nur die Adler-Maschine, sondern eine ganze Reihe von Lokomotiven. Einzelne davon waren gebraucht gekauft worden, viele wurden bei der Stilllegung verkauft.
Name | Bauart | Hersteller | bei Ludwigs- bahn seit |
Verbleib |
---|---|---|---|---|
Adler | 1A1 | Stephenson 1835/118 | 1835 | verk. 1857 |
Pfeil | 1A1 | Stephenson 1836/148 | 1836 | verk. 1853 |
Nürnberg-Fürth | 1A1 | Henschel 1852/14 | 1852 | +1889 |
Phoenix | 1A1 | Maffei 1853/127 | 1853 | +1869 |
Adler II | 1A1 | Maffei 1857/279 | 1857 | +1889 |
Johannes Scharrer | 1A1 | Henschel 1865/108 | 1866 | +1887 |
Faust | 1A1 | Maffei 1845/6 | 1872 | +1881 |
Peter Henlein | 1A1 | Maffei 1845/9 | 1873 | +1880 |
Wallenstein | 1A1 | Kessler 1845/27 | 1875 | +1886 |
Bavaria | Bn2t | Maffei 1879/1204 | 1879 | 1923 verk. |
Pegnitz | B2t | Maffei 1880/1224 | 1880 | 1923 verk. |
Franconia | B2t | Maffei 1881/1248 | 1881 | 1923 verk. |
Daniel Ley | 1B2t | Maffei 1886/1414 | 1886 | 1923 verk. |
Johannes Scharrer II | B2t | Maffei 1887/1453 | 1887 | 1923 verk. |
Nürnberg-Fürth II | B2t | Maffei 1889/1538 | 1889 | 1923 verk. |
Germania | 1B2t | Maffei 1906/2511 | 1906 | 1923 verk. |
Ludwig | 1B2t | Maffei 1906/2549 | 1906 | 1923 verk. |
Die Lokomotive "Adler" ging nach dem Verkauf verloren. Die im Jahre 1935 beim 100-jährigen Jubiläum der Deutschen Eisenbahnen eingesetzte Lokomotive „Adler“ war ein Neubau für dieses Jubiläum nach alten Unterlagen. Sie wurde jedoch 2005 zusammen mit vielen anderen Museumslokomotiven beim Brand des Ringlokschuppens im Bahnbetriebswerk Nürnberg West schwer beschädigt. Nach einer sorgfältigen Begutachtung des Schadens entschied die Deutsche Bahn AG die Lokomotive wieder aufzubauen. Die Kosten für die Rekonstruktion beliefen sich auf rund 1 Mio. Euro. Am 26. April 2008 befuhr der "neue alte" Adler erstmals wieder die Strecke zwischen Nürnberg und Fürth.
Bei den Wagen lag der höchste Bestand im Jahr 1893: 44 Personenwagen, 1 Gepäckwagen und 10 Güterwagen.
Bilder
Der Adler als Motiv eines Festwagens auf dem Erntedankfestzug 2010.
Literatur
- Deutsche Reichsbahn, Die Deutschen Eisenbahnen in ihrer Entwicklung 1835-1935, Berlin, 1935.
- Deutschlands erste Eisenbahn, Nürnberg, 1935
- Ludwigseisenbahn. In: Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z. Ein Geschichtslexikon. Fürth: Selbstverlag der Stadt Fürth, 1968, S. 107 f. (im Artikel „Eisenbahn“)
- Kleppmann, Claudia: Erwerb der „Ersten Deutschen Eisenbahn“ und ihr Transport nach Nürnberg. In: Fürther Heimatblätter, 1975/2, S.21 - 32
- Wolff, Gerd, Deutsche Klein- und Privatbahnen, Teil 6, Bayern, Gifhorn, 1978.
- Von der Pferdebahn zum Pegnitzpfeil, Düsseldorf, 1981
- Asmus, Karl: Die Ludwigseisenbahn. Die erste Eisenbahnlinie in Deutschland. Zürich und Schwäbsich Hall, Orell Füssli Verlag, 1984, 154 S.
- Der Adler am Ziel, Fürth, 1985
- Ott, Hermann: Fürth und die erste deutsche Eisenbahn. In: Fürther Heimatblätter, 1985/3, S.81 - 118
- 150 Jahre Eisenbahn Nürnberg-Fürth, Nürnberg, 1985
- Ley, Walter: 50 vergessene Jahre Ludwigsbahn. In: Fürther Heimatblätter, 1986/3, S.77 - 107
- Beiderseits der Ludwigsbahn, Fürth, 1989
- Klee, Wolfgang, Bayerische Eisenbahngeschichte Teil 1: 1835-1875 in: Bayern-Report, Fürstenfeldbruck, 1993.
- Meyer, Stephan: Die Einstellung der Ludwigsbahn 1922. In: Fürther Heimatblätter, 1997/4, S.93 - 115
- Wolff, Gerd, Deutsche Klein- und Privatbahnen, Band 7: Bayern, Freiburg, 2002.
- DB Museum, Geschichte der Eisenbahn in Deutschland, Band 1: Ein Jahrhundert unter Dampf, Die Eisenbahn in Deutschland 1835 – 1919, Nürnberg, 2005
- Eisenbahnstadt Fürth, Fürth, Städtebilder Verlag, 2007
Lokalberichterstattung
- Armin Leberzammer: Der ersten Eisenbahn auf der Spur. In: Fürther Nachrichten vom 01. Februar 2010 - online abrufbar
- Reinhard Kalb: Vor 150 Jahren starb "Adler"-Lokführer Wilson. In: Nürnberger Zeitung vom 11. April 2012 - NZ
Siehe auch
Weblinks
- Bayerische Ludwigsbahn - Wikipedia
- Modell des ersten Fürther Ludwigsbahnhof auf Länderbahn-Forum.de
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