Handwerk in Fürth

Das Handwerk in Fürth hat in den letzten Jahrhunderten eine lange Entwicklung genommen, war kriegerischen Auseinandersetzungen unterworfen, profitierte von Zuwanderung und stand immer in der Rivalität zur Handelsstadt Nürnberg.

Erste Hinweise ab dem 14. Jahrhundert

 
Jost Amman: Papyrer ("Ständebuch"), 1568 Jost Amman 1568.

Für das Jahr 1394 wird im Pfinzing-Atlas von 1594 die Papier- und Schleifmühle als Mühlenwerk in Fürth erwähnt.[1] Sie befand sich bei der Mühle an der Pegnitz, der späteren Wolfsgrubermühle, und nutzte die Wasserkraft aus. Die Darstellung ist die älteste erhaltene Abbildung eines Fürther Gewerbebetriebes.

Um 1500 war Fürth überwiegend bäuerlich geprägt. Aber es gab auch die Handwerker wie Bäcker, Metzger, Müller, Wagner oder Schmiede, die für den täglichen Bedarf gearbeitet haben. Die Quellen für diese Zeit sind recht spärlich, lediglich Gerichtsakten, die sich mit Schwerverbrechern befassten, geben einen Einblick. Genannt werden dort Messingschläger, Harnischpolierer, Perlenmacher (spezialisierte Glasbläser), Seidennetter (Seidensticker), Ringmacher und der Ahlenschmied. Ein weiterer Beruf ist für diese Zeit überliefert: der Bader. In der Gemeindeordnung von 1497 wird der Badberg oder Gänsberg erwähnt. Für das selbe Jahr kommen auch bei Fronmüller Badergesellen vor.[2] Bader waren im Mittelalter unverzichtbar und kümmerten sich neben dem Betrieb von Badehäusern auch um Wundversorgung oder auch das Zähneziehen. Das Badhaus, eine Einrichtung der Gemeinde Fürth, befand sich bis 1692 in der Königstraße 4, also am Ortseingang bald nach Überquerung der Rednitz-Brücke unterhalb des Gänsbergs, der deshalb auch Badberg hieß. Die Handwerksbetriebe und Kleingewerbe begannen in dieser Zeit, eine Rolle für den Marktflecken Fürth aber auch als Zulieferer für den Nürnberger Markt zu spielen.

Eine erste gute Auflistung über Fürth und seine Handwerker erhalten wir durch das Gedicht von Jakob Feßlein über Fürth im Jahre 1604, das auf einer selbst von ihm durchgeführten Umfrage basiert. Darin werden für den damals etwa 2.000 Einwohner umfassenden Ort 184 Wirts- und Meisterfamilien in 40 verschiedenen Handwerken aufgeführt. Insbesondere sind dabei 9 Bierbrauer zu erwähnen, denn die Lage an einer wichtigen Straße, auf der viele Menschen unterwegs waren, brachte einen großen Bedarf an Gasthöfen und Übernachtungsmöglichkeiten mit sich. Ferner bildete das Schneiderhandwerk mit 23 Meistern eine besonders große Gruppe.

Die rasante Entwicklung im 17. und 18. Jahrhundert

Die Fürther Handwerker waren zunächst nicht, wie ihre Kollegen in Nürnberg, in Handwerksordnungen eingebunden, die Ausbildung, Arbeitsmethoden, Meisterstücke und Produktzahlen festlegte. Die erste in Fürth geltende Ordnung gab es 1590 für die Ansbacher Hafner, alle anderen entstanden erst nach dem 30-jährigen Krieg. Bis ins 18. Jahrhundert waren in 16 ansbacher Ordnungen 23 Handwerke erfasst. Der Bamberger Dompropst konnte erst nach dem kaiserlichen Rezess von 1715/1717 den Handwerkern Ordnungen geben. Seine 19 Ordnungen stammen deshalb aus der Zeit von 1718 bis 1793. Für 12 Handwerker gab es Ordnungen von beiden Herren, vom Bamberger und vom Ansbacher. Nürnberger Ordnungen gab es in Fürth nicht, da die Reichsstadt im 18. Jahrhundert aufgrund ihres wirtschaftlichen Niedergangs keine große Rolle mehr spielte.[3]

Mit dem Zuzug der Reformierten aus den Niederlanden, der Schweiz und Frankreich im 17. Jh. war nicht nur ein liberaler Geist in Fürth eingezogen, sondern die Hugenotten hatten auch ihre Gewerbe und Handwerke mitgebracht und damit wesentlich zum wirtschaftlichen Aufschwung in der Region beigetragen. Bekannt ist hier zum Beispiel der Buchdrucker Abraham von Werth, ganz wichtig waren aber auch die Strumpfwirker und Kleinuhrmacher, wovon wiederum andere Handwerker wie die Schlosser profitierten. Das neue Handwerk der Strumpfwirker erlebte einen regelrechten Boom, weil für die damalige Mode schöne Strümpfe ein wichtiges Accessoire waren. Die Männer trugen Kniebundhosen und brauchten deshalb fein gewirkte Strümpfe. Sie waren aus Wolle, Baumwolle oder aus Seide und wurden auf dem Strumpfwirkerstuhl gewebt, den man vorher in Franken nicht gekannt hatte.[4] Im 18. Jahrhundert leisteten die Strumpfwirker einen bedeutenden Beitrag zum wirtschaftlichen Aufschwung Fürths.[5] In dieser Zeit führten die Hugenotten auch neue Produktionsmethoden ein, zum Beispiel das Verlagssystem und die Manufaktur. Im Verlagssystem gab es einen Unternehmer, den Verleger, der die Rohstoffe besorgte und an die Arbeiter weitergab und er betrieb auch den Absatz der Produkte. Er versorgte die Wirker mit den Garnen, Wollen und Seiden und vertrieb dann die fertigen Strümpfe. Ein Handwerker musste sich dagegen selbst um alles kümmern, um die Rohstoffe und um den Absatz. Ein Fürther Schumacher beschwerte sich 1765 über die Professionisten, die ihre Arbeit durch Gesellen, Mägde, Kinder und Tagelöhner sehr groß und weitläufig machen können, da hingegen ich mit meinen Händen ganz alleine arbeiten muss. Er umschrieb damit den Unterschied zwischen Handwerks Frakturbetrieb.[6]

Ein ansbachischer Beamter verfasste 1731 eine Beschreibung des Marck Fleckhens Fürth, die sehr aufschlussreich ist.[7] In diesem Bericht werden auch die insgesamt 100 Berufe der Fürther aufgeführt, gegenüber 40 im Jahre 1604. Die allermeisten davon, 92, waren Handwerksberufe. Die größte Anzahl, 23 verschiedene Berufe mit 253 Meistern, arbeiteten im Textilbereich, vor allem als Schneider. Im Bereich Ernährung arbeiteten 40 Bäckermeister, zwei 24 Bierbrauer, die als Hausbrauer nur für das zum Haus gehörende Wirtshaus brauten, 15 Büttner, 7 Branntweinbrenner, 3 Fischer mit einem Angelmacher, dann 51 Metzger, 30 Müller und Melber (Mehlhändler), 2 Lebküchner und ein Zuckerbäcker. 24 Meister waren zudem in der Tabakverarbeitung tätig. Von großer Bedeutung war auch das metallverarbeitende Handwerk mit 15 unterschiedlichen Berufen und 51 Meistern. Es gab verschiedene Schmiede (Werkzeug-, Zirkel- und Nagelschmiede), Gürtler, Schleifer, Schlosser, Sporer, Drahtzieher, Büchsen-(Feuerwaffen-)macher und Nadler, die unterschiedlichen Nähnadeln herstellten. 14 Gewerbe mit 75 Meistern waren im Bereich Haus und Hof tätig. Es waren Maurer, Glaser, Zimmerer, Maler, Schreiner, Kaminfeger, aber auch Dosen- und Korbmacher, Kandel-(Zinn)gießer, Hafner, Gärtner und sogar einen Porzellanhersteller und einen Teppichmacher gab es. Wagner, Riemer und Sattler waren für Wagen und Kutschen sowie für das Pferdezaumzeug zuständig. Studierte Ärzte und Doctores betrieben die Innere Medizin und auch 18 Bader leisteten chirurgische Dienste. Ferner gab es 2 Brillenmacher und 6 Seifensieder. Es finden sich zwei Buchbinder, ein Buchdrucker und ein Bleistiftmacher, der damals Bleiweißschneider hieß und aus Granit kleine Stäbe schnitt, die er in Holz fasste. Zudem gab es vier Goldpapiermacher, einen Kupferstecher und einen Kupferstückmaler, der die gedruckten Kupferstiche kolorierte, es gab zwei Kartenmacher und Kartenmaler, einen Steinbildhauer, bereits 20 Goldschläger, sechs Meister, die als Glasschneider, Glasschleifer und Spiegelbeleger in der Spiegelherstellung tätig waren, 19 Goldschmiede, drei Kleinuhrmacher und einen Sanduhrmacher. Eine wichtige Gruppe waren die 20 Drechslermeister, die mit Holz, Bein und Messing arbeiteten. Sie stellten Teller, Becher, Schüsseln, Drehteile für die Möbelschreiner, Spinnräder, Stühle, Spielzeug und zum Teil auch Musikinstrumente her. Die insgesamt 758 Meister besaßen Kenntnisse und Fähigkeiten, die uns heute großenteils nicht mehr bekannt sind.[8]

Der Historiker Fronmüller merkt in seiner Chronik zum Jahr 1700 an, dass etliche der Drechslermeister aus Nürnberg vertrieben worden waren, weil sie sich an Frauenzimmern vergangen hatten.[9] Dies zeigt, dass in Fürth deutlich liberalere Verhältnisse herrschten als in Nürnberg. Fürth nutzte seine spezifische Chance und nahm Handwerker auf, die in Nürnberg gegen die strikten Gebote ihres Handwerks verstoßen hatten und mit Berufsverbot belegt worden waren. Hier konnten sie ohne die Einengung veralteter Handwerksordnungen arbeiten, denn in Fürth waren die Ordnungen bei weitem nicht so rigoros wie in Nürnberg, wo noch wie im Mittelalter genau festgelegt war, wer, was, wie viel und wie fertigen durfte. Nur 29 Handwerke hatten eine Ordnung. Alle anderen arbeiteten dagegen frei und ohne Vorschrift. In Fürth herrschte also eine weitgehende Gewerbefreiheit. Die Fürther Bürgermeister verteidigten diese Gewerbefreiheit auch gegen die Monopolansprüche der Zünfte. Um das zu erreichen, wurden, wie in Fürth üblich, die drei Herren der Stadt gegeneinander ausgespielt. Im Jahr 1749 kam eine Broschüre heraus mit dem Titel 4 Briefe, darinnen der ehemalige blühende, jetzt so verderblichen Zustand der Stadt Nürnberg. Dort heißt es: Wenn zum Exempel an Messen drei Wägen in Nürnberg geladen werden, so erhalten dagegen sieben ihre Ladung zu Fürth. Der Handelsstand in Nürnberg musste den aus Nürnberg verjagten und in Fürth ansässig gewordenen Handwerkern mit der Arbeit folgen; denn Handwerkerwaren, wie man sie auswärts verlangt, sind in Nürnberg gar nicht zu bekommen.[10]

Im Jahr 1799 erschien Weimar ein Fabriken und Manufacturen- Adreßlexicon von Teutschland, in dem auch Fürth ausführlich angeführt wird: Der größte Teil der Einwohner besteht aus Kaufleuten, Künstlern, Manufacturisten und Handwerkern, die Kompositionswaren, Karten, Knöpfe, Lederwaren, Rechenpfennige, Siegellack, Spiegel, Staniol, Tabak usw. herstellen.[11] Unter Künstlern verstand man damals zum Beispiel folgende Berufe: Apotheker, Chemiker, Buchdrucker, Geometer, Graveur, Kupferstecher, Medailleur, Bildhauer, Steinschneider, Tanzmeister.[12] Nach diesem Lexikon war die Hauptfabriken führt Spiegelfabrik. Als die weiteren wichtigsten Fürther Gewerbe werden aufgezählt: Uhrmacher, die ausschließlich Taschenuhren produzierten, Goldschläger, Gürtler und Drechsler, die alle Arten von metallenen Knöpfen in ungeheurer Menge herstellten, Schnallenmacher, Schlosser, die auch Coffee und Gewürzmühlen fertigten, Sattler und Riemer, Zinngießer, die Zinnfiguren herstellten, Buchbinder, Bortenwirker, Brillenfabrikanten, die auch Ferngläser und Mikroskope machten, sowie Strumpfmanufakturen mit 146 Stühlen. Über Fürths Grenzen hinaus berühmt wurden der Uhrmacher Johann Jakob Grosser und der Hofmedailleur Johann Christian Reich.

Allerdings kam es gegen Ende des 18. Jahrhunderts häufiger zu Überproduktionen. Im Jahr 1780 wurde die Situation so beschrieben: Wie ist Fürth überhäuft von Handwerksleuten … Wo 20 sein sollten, sind wohl deren 80. So nimmt einer dem anderen seine Nahrung und Brot vom Maul hinweg und trotzdem werden die Gewerbe täglich mehr überhäuft.[13]

Der Wandel im 19. Jahrhundert

Als Napoleon zu Beginn des 19. Jahrhunderts Europ mit Krieg überzog und nach den Krisenjahren 1815 und 1816 eine enorme Teuerung einsetzte, brach der Handel ein und der Fürther Wirtschaft, die auf weiträumige Wirtschaftsbeziehungen aufgebaut war, ging es zunehmend schlechter. In den Quellen ist von traurigen Verhältnissen die Rede[14], von einer Verarmung, die sich auf eine unerhörte Weise vermehrt hat.[15] Deutlich wird die Lage, wenn man die Liste der besten Steuerzahler in Fürth aus dem Jahr 1824 betrachtet. Unter den neun besten befinden sich drei Brauereibesitzer, zwei Gastwirte, ein Müller, aber nur drei Kaufleute und kein einziger aus dem produzierenden Gewerbe.[16] 1814 gab es eine weitere Statistik über das Fürther Handwerk in einer wirtschaftlich sehr schwierigen Zeit. Das Adressbuch von 1819 von Johann Gottfried Eger, das 209 Unternehmen auflistet, belegt aber auch das immer noch vorhandene wirtschaftliche Potenzial. Bei den Handwerkern führt er vor allem Drechsler, Gürtler, Goldschläger, Uhrmacher, Bortenmacher und Weber auf, die aber alle Probleme mit dem Absatz ihrer Produkte hatten.[17]

Es dauerte nach Friedensschluss und Wiener Kongress noch etliche Jahre, bis eine Besserung eintrat. Positiv wirkte sich aus, dass Fürth im Jahr 1818 zur Stadt Erster Klasse erhoben wurde und eine Selbstverwaltung bekam. Durch Investitionen in Schulgebäude oder in ein neues Krankenhaus wurde auch dem heimischen Handwerk geholfen. Um 1830 war die Krise weitgehend überwunden, da die preisgünstigen Fürther Waren jetzt wieder nach ganz Europa exportiert werden konnten.

Dies belegt das Adressbuch von 1841: Der gesammte Gewerbstand der Stadt zälte 1828 ungefähr 2150 Meister oder selbstständige Arbeiter, unter welchen l Lithographie, 3 Buchdrukereien, 1 Buchhandlung, 3 Apotheken, 15 Bildhauer, 17 Uhrmacher, 20 Lakirer, Vergolder und Maler, 1 Feingoldschlager, 1 Pappendekelfabrikant, 40 Metallschlager, 58 Gürtler, 140 Drechsler, 174 Schreiner, 32 Feld- u. Taschenspiegelmacher , 8 Bräuer, 42 Bäker, 67 Mezger, 53 Schneider, 118 Schuster, 8 Brillenfabrikanten , 60 Strumpfwirker, 4 Wagner, 6 Schmiede, 5 Sattler, 47 Weber, 2 Wagenfabrikanten und andere mehr. 2 Mülen mit 17 Malgängen, dann mit Säg-, Schleif- u. Stampfwerken versehen, 4 Gerbereien, 5 Conditoren, 3 Gasthöfe ersten, und 15 zweiten Ranges, 4 Kaffehäuser etc.

Im Jahr 1838 fand eine Ausstellung von Fürther Waren statt, die die große Fülle und Verschiedenheit der Produktion zeigte. Unter anderem werden dort viele Handwerksprodukte, wie Horn- und Elfenbeinkämme, Brieftaschen, Blechdosen, Zinnfiguren, Uhren, Pinsel, Nussbaum-Chatoullen (kleine Holzkästchen), Nadelbüchsen, Perlmuttknöpfe, Hornknöpfe, Metallknöpfe, Cigarrendosen, Stahl- und Hornbrillen, künstliche Blumen, Servietten und Tischtücher, chirurgische Instrumente und natürlich alle Arten von Spiegeln, aufgelistet.[18] In dieser Zeit der einsetzenden Industrialisierung entwickelten sich viele handwerkliche Manufakturen weiter zu Fabriken mit mechanischen Hilfsmitteln und Dampfmaschinen.

Viele Handwerksbetriebe waren in den Höfen der Innenstadt angesiedelt. Interessant ist aber, dass sich Handwerk auch im damals einzigartigen Siedlungsgebäude, dem Langen Haus, befand. Paul Rieß schreibt dazu in seiner Chronik: 250 Menschen wohnen in einem Haus. Was wir von der Geschichte des Langen Hauses wissen – Eine Wohngemeinschaft, in der alle Berufe vertreten waren. Verbürgt sind zum Beispiel Büttner- und Seilermeister.

Das 19. Jahrhundert stand im Zeichen der Veränderung vom Handwerk zur Fabrik. Viele später florierende Unternehmen wurden von Handwerkern gegründet. Man kann sagen, die industrielle Entwicklung wurzelt im Handwerk. Ein Beispiel hierfür ist Gerson Löwensohn, der das Handwerk des Gürtlers erlernt hatte bevor er anschließend noch eine Lehre als Kupferstecher aufnahm. Seine 1844 lizenzierte Kupferdruckerei war der Ausgangspunkt für die spätere Bilderbücherfabrik Löwensohn.[19]

Die Veränderungen brachten viele Handwerksbetriebe aber auch in Schwierigkeiten. 1881 wurde beispielsweise am Rednitzufer der Schlachthof fertiggestellt. Die ortsansässigen Metzger sahen darin eine Konkurrenz zu ihrem Handwerk. Dies ein Beispiel, wie neue Erkenntnisse, wie hier die Gesundheits- und Hygieneaspekte, die traditionellen Berufe veränderten.

Dass die Zeiten zum Ende des 19. Jahhunderts für die sich stark vermehrenden Arbeitskräfte in Fürth sehr schwierig waren, drückt Stadtchronist Fronmüller aus und hofft dabei immer noch auch auf das Handwerk: Leider finden sich unter den zahlreichen Stromern auch viele wackere Leute, die gern arbeiten würden, wenn sie Arbeitgeber finden könnten. Hier vermögen nur bessere Zeiten für Handwerk und Fabrik Hilfe zu schaffen.[20]

Kriegszeiten und Wirtschaftswunder im 20. Jahrhundert

In der Wirtschaftskrise Ende der 1920er Jahre litt auch das Fürther Handwerk. 1928 arbeiteten ca. 250 Schneidergehilfen, 1932 nur noch etwa 50. Die Anzahl der Bäckereien ging um 30 Prozent zurück. Das Baugewerbe bekam keine Aufträge mehr.

Die Erste Ausstellung im neu geschaffenen Heimatmuseum 1938 widmete dem Fürther Handwerk einen ganzen Raum und zudem noch zwei weitere zu einem der wichtigsten, der Metallschlägerei. Das Adressbuch von 1891 nennt 180 Betriebe der Feingold- und Metallschlägerei, vorwiegend kleine Betriebe, in denen handwerklich wie im 18. Jahrhundert gearbeitet wurde. Und der gelernte Metallschläger Hans Böckler vertrat Fürth in vielen Gewerkschaftsorganisationen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg half die Militärregierung der U.S. Army der Stadt und ihrem Handwerk wieder auf die Beine. Sie stellte die Versorgung mit Strom, Wasser und Gas wieder her. Insbesondere der Wohnungsbau forderte die Handwerksbetriebe, die bald auch durch die vielen Fertigkeiten der Kriegsflüchtlinge Unterstützung fanden. Oberbürgermeister Bornkessel förderte die Ausbildung durch berufsorientierte Kurse für Kaufleute und Handwerker im Volksbildungswerk, der heutigen Volkshochschule, das er 1946 gründete. Mit der Währungsreform, die der Fürther Ludwig Erhard im Wirtschaftsrat der Bizone mit vorbereitet und am 20. Juni 1948 eingeführt hatte, und der damit verbundenen Vorbereitung der Marktwirtschaft begann nach einem schwierigen Übergangsjahr der Aufschwung. Die Produktivität verdoppelte sich innerhalb eines halben Jahres und parallel zu den aufstrebenden Industrien von Max Grundig und Otto Seeling (DETAG), sowie der Wiederbelebung des Quelle-Versands durch Gustav Schickedanz, blühte auch das Handwerk wieder auf. Ein Kind des Wirtschaftswunders war z.B. die Pelzindustrie (Marco Pelze). Im Jahre 1967 gab es Fürth noch 10 Kürschnereibetriebe.[21]

Viele Handwerker waren auch im Fürther Magistrat oder später im Stadtrat aktiv. Ein Beispiel aus neuerer Zeit war der Malermeister Kurt Strattner. Das Handwerk ist auch heute noch in Fürth von größter Bedeutung. Und so nehmen viele Unternehmen die Gelegenheit wahr, jährlich am Erntedankfestzug der Michaelis-Kirchweih teilzunehmen.

Literatur

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Fronmüller-Chronik, S. 21
  2. Barbara Ohm: Fürth - Geschichte der Stadt. A. Jungkunz, Fürth, Verlag Nürnberger Presse Druckhaus Nbg GmbH & Co. KG, 2018, 2007, S. 38-39.
  3. Barbara Ohm: Fürth - Geschichte der Stadt. A. Jungkunz, Fürth, Verlag Nürnberger Presse Druckhaus Nbg GmbH & Co. KG, 2018, 2007, S. 99.
  4. Katalog Hugenottenstadt Erlangen, S. 160 ff.
  5. Barbara Ohm: Fürth - Geschichte der Stadt. A. Jungkunz, Fürth, Verlag Nürnberger Presse Druckhaus Nbg GmbH & Co. KG, 2018, 2007, S. 84-85.
  6. Stadtarchiv Fürth, B 160, Bl. 265
  7. Beschreibung des Marck Fleckhens Fürth, Staatsarchiv Nürnberg, Rep. 12o/II, Nr. 30
  8. Barbara Ohm: Fürth - Geschichte der Stadt. A. Jungkunz, Fürth, Verlag Nürnberger Presse Druckhaus Nbg GmbH & Co. KG, 2018, 2007, S. 97-99.
  9. Fronmüller-Chronik, S. 114 und 118
  10. Friedrich Marx, Gewerbe- und Handelsgeschichte, S.4
  11. Johann Christian Gädicke, Fabricen und Manufacturen-Addreß-Lexicon von Teutschland und einigen angränzenden Ländern, 2. Teil, Weimar 1799, S. 158
  12. Johann Gottfried Eger, Adreßhandbuch, S. 54 f.
  13. Zitiert nach Friedrich Marx, Gewerbe- und Handelsgeschichte, S.16
  14. Stadtarchiv Fürth, Fach 132, Nr. 1, 16.2.1820
  15. Stadtarchiv Fürth, Fach 64 b, Nr. 3, 24.3.1819
  16. Stadtarchiv Fürth, Fach 13, Nr. 1
  17. Johann Gottfried Eger, Adreßhandbuch, S. 68 ff.
  18. Stadtarchiv Fürth, Fach 204, Nr. 15
  19. Geschichte Für Alle, Katrin Bielefeldt: Geschichte der Juden in Fürth, Jahrhundertelang eine Heimat. Sandberg Verlag, 2005, ., S. 184
  20. Fronmüllerchronik, 1887, S. 487 - 503
  21. Kürschner In:Adolf Schwammberger: Fürth von A bis Z, ein Geschichtslexikon. Selbstverlag der Stadt, 1968, 1984, .

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  Dieser Artikel war Thema beim Fürther Höfefest vom 21. - 22. Juli 2018. Unter dem Titel "200 Jahre an einem Wochenende" bot die Veranstaltung Einblick in mehr als 50 Fürther Höfe, davon 20 als Themenhöfe mit einem geschichtlichen Thema.