1789: Unterschied zwischen den Versionen
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:''Die hiesigen Schlossermeister, gegen 30 an der Zahl, haben mit der Verfertigung und mit den Reparaturen der vielen und mannichfaltigen Werkzeuge, welche zu den Fabriken erfordert werden, hinlänglich zu thun; doch liefern sie zugleich auch viel Kaffeemühlen und andere Sachen. | :''Die hiesigen Schlossermeister, gegen 30 an der Zahl, haben mit der Verfertigung und mit den Reparaturen der vielen und mannichfaltigen Werkzeuge, welche zu den Fabriken erfordert werden, hinlänglich zu thun; doch liefern sie zugleich auch viel Kaffeemühlen und andere Sachen. | ||
:''Die Anzahl der Sattler- und Riemerwerkstätte ist auch ansehnlich und für Fürth fast zu groß; sie würden auch hier nicht wohl bestehen können, wenn sie sich bloß auf das einschränken wollten, was sonst zu diesen Professionen gerechnet wird. Sie verfertigen daher eine große Menge Brieftaschen mit Band und Schloß, Schreibtafeln, vielerlei Puderpüster, Rauchtoboksdosen, lederne Pfeifenröhre, Geldtaschen, Papiermagazine, von Fischbein geflochtene Spießgerten und dergleichen. | :''Die Anzahl der Sattler- und Riemerwerkstätte ist auch ansehnlich und für Fürth fast zu groß; sie würden auch hier nicht wohl bestehen können, wenn sie sich bloß auf das einschränken wollten, was sonst zu diesen Professionen gerechnet wird. Sie verfertigen daher eine große Menge Brieftaschen mit Band und Schloß, Schreibtafeln, vielerlei Puderpüster, Rauchtoboksdosen, lederne Pfeifenröhre, Geldtaschen, Papiermagazine, von Fischbein geflochtene Spießgerten und dergleichen. | ||
:''In Fürth befinden sich gegenwärtig an 10 Brillenmacher, ein Metier, welches in Absicht auf die Gesundheit des Menschen zu den gefährlichsten zu rechnen ist, wegen des feinen Glasstaubes, welcher diejenigen, die sich mit dem Glasreiben beschäftigen, beständig wie ein Nebel umgibt, und Lungensucht und Auszehrung bald nach sich zieht. Diese Arbeit wird daher größtentheils auch nur von Verbrechern verrichtet, welche sich in den Zucht- und Arbeitshäusern zu Nürnberg und dem benachbarten Schwabach befinden. Eine Verurtheilung zu dreijährigem Glasreiben wird der Todesstrafe gleich geachtet. Jeder Züchtling muß täglich eine bestimmte Anzahl Gläser liefern, und was sie über diese Zahl verfertigen, wird ihnen besonders bezahlt; und als vor einigen Jahren ein nürnbergischer Brillenmacher auf den guten Gedanken kam, die Gläser nicht trockenson, sondern naß zu reiben, um dadurch den tödlichen Staub zu entfernen, so gingen diese Züchtlinge doch schwer daran, sich diese wohlthätige Neuerung gefallen zu lassen, weil sie glaubten, die Arbeit ginge langsamer von Statten. Sie mußten wirklich durch Geschenke an Bier und Braten, welche ihnen theils die Obrigkeit, theils das Brillenmacherhandwerk zu verschiedenen Mahlen reichen ließ, erst dahin gebracht werden, nur den Versuch zu machen. So kann ein wenig sinnlicher Genuß, wodurch solche Menschen sich ihren elenden Zustand einigermaßen erleichtern, sie gegen die Erhaltung ihres Lebens ganz fühllos machen. Außer den Brillen verfertiget man auch Brenn- und Ferngläser, Perspective, Microscopen und so weiter. <ref>Johann Christian Herrmann: ''"Allgemeiner Contorist welcher von allen und jeden Gegenständen der Handlung aller in und außer Europa belegenen Handelsplätze die neuesten und zuverlässigsten Nachrichten ertheilet [...]. Zweiter Theil von C bis Königsberg."'', Leipzig 1789, S. 341 ff - [https://books.google.de/books?id=_Z1aAAAAcAAJ&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false online-Digitalisat]</ref> | :''In Fürth befinden sich gegenwärtig an 10 Brillenmacher, ein Metier, welches in Absicht auf die Gesundheit des Menschen zu den gefährlichsten zu rechnen ist, wegen des feinen Glasstaubes, welcher diejenigen, die sich mit dem Glasreiben beschäftigen, beständig wie ein Nebel umgibt, und Lungensucht und Auszehrung bald nach sich zieht. Diese Arbeit wird daher größtentheils auch nur von Verbrechern verrichtet, welche sich in den Zucht- und Arbeitshäusern zu Nürnberg und dem benachbarten Schwabach befinden. Eine Verurtheilung zu dreijährigem Glasreiben wird der Todesstrafe gleich geachtet. Jeder Züchtling muß täglich eine bestimmte Anzahl Gläser liefern, und was sie über diese Zahl verfertigen, wird ihnen besonders bezahlt; und als vor einigen Jahren ein nürnbergischer Brillenmacher auf den guten Gedanken kam, die Gläser nicht trockenson, sondern naß zu reiben, um dadurch den tödlichen Staub zu entfernen, so gingen diese Züchtlinge doch schwer daran, sich diese wohlthätige Neuerung gefallen zu lassen, weil sie glaubten, die Arbeit ginge langsamer von Statten. Sie mußten wirklich durch Geschenke an Bier und Braten, welche ihnen theils die Obrigkeit, theils das Brillenmacherhandwerk zu verschiedenen Mahlen reichen ließ, erst dahin gebracht werden, nur den Versuch zu machen. So kann ein wenig sinnlicher Genuß, wodurch solche Menschen sich ihren elenden Zustand einigermaßen erleichtern, sie gegen die Erhaltung ihres Lebens ganz fühllos machen. Außer den Brillen verfertiget man auch Brenn- und Ferngläser, Perspective, Microscopen und so weiter. | ||
:''Herr [[Nicolaus Rauch]] hat eine Fabrik von allen Sorten Schnupftobak; derselbe verfertiget Tabac de Paris, Rappé d’Hollande, Rappé d’Hollande finissimo, St. Omer, Marocco, Louisiana, schwarzen und gelben Weizen, sogenannten Naturell, nebst verschiedenen Gattungen Rauchtobak. Diese Sorten sind von den ausländischen an Güte gar nicht verschieden, im aber um vieles wohlfeiler. | |||
:''Endlich sind noch ungefähr acht [[Nudelfabriken]] zu bemerken, welche alle Arten Maccaroni verfertigen, und Waaren liefern, welche an Güte den italienischen wenig nachgeben. Im 1786 zählte man hier noch 110 Schuhmachermeister, ohne die vielen Landschuster zu rechnen, auch zum Theil für die Einwohner dieses Fleckens arbeiten; ferner 120 Schneidermeister, 52 Bäcker, 44 Mehlhändler, 66 Brannteweinbrenner, 1o Bierbrauer, welche beträchtliche Brauhäuser haben, und 86 Bierschenken; anderer Professionisten nicht zu gedenken. Die vielen Brauereien und Brannteweinbrennereien veranlassen zugleich ein anderes einträgliches Gewerbe, nähmlich die Viehmast, welche hier sehr ansehnlich ist.<ref>Johann Christian Herrmann: ''"Allgemeiner Contorist welcher von allen und jeden Gegenständen der Handlung aller in und außer Europa belegenen Handelsplätze die neuesten und zuverlässigsten Nachrichten ertheilet [...]. Zweiter Theil von C bis Königsberg."'', Leipzig 1789, S. 341 ff - [https://books.google.de/books?id=_Z1aAAAAcAAJ&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false online-Digitalisat]</ref> | |||
==Veröffentlichungen== | ==Veröffentlichungen== |
Version vom 22. November 2018, 21:02 Uhr
Personen
Geboren 1789
Person | Geburtstag | Geburtsort | Beruf |
---|---|---|---|
Johann Heinrich Jordan | 12. Mai | Zirndorf | Gastwirt, Maurermeister, Architekt, Baumeister |
Johann Christian Reich d. J. | 18. November | Fürth | Fabrikant, Erfinder, Dreher |
Georg Joseph Scheuer | 5. November | Fürth | Fabrikant, Kaufmann, Händler, Spezereihändler, Kaffeesurrogatfabrikant, Tabakhändler, Mandelrübenfabrikant |
Johann Adam Schmidt | 17. August | Schwabach | Spiegelfabrikant, Soldat, Glasbeleger |
Gestorben 1789
Person | Todestag | Todesort | Beruf |
---|---|---|---|
Nicolaus Christoph Fleischauer | 11. November | Fürth | Apotheker |
Bauten
- Brückenstraße (Brücke), Brücke wird errichtet.
Fronmüllerchronik
- [...] In diesem Jahre wurde der alte Kirchhof an der Michaelskirche erweitert und wurde an der ihn nach Norden umgebenden hohen Mauer zu bauen angefangen.[1]
Zeitgenössische Ortsbeschreibung
- Fürth.
- Lage.
- Dieser große und volkreiche Marktflecken, oder wie er in den Urkunden genannt wird, die Hofmark Fürth, ist einer der merkwürdigsten Oerter in Deutschland, und wegen seines ausgebreiteten Gewerbes unter die wichtigsten Handels- und Fabrikplätze zu rechnen. Er liegt eine Meile von Nürnberg in der Mitte der ersten Poststation auf der Straße von Nürnberg nach Frankfurt am Mayn. Nahe unter demselben vereinigen sich die beiden Flüsse Pegnitz und Rednitz, von welchen der erste von Nürnberg, der andere aber von Roth herkommt. Sie erhalten nach ihrer Vereinigung den Nahmen Regnitz und zugleich eine solche Stärke, daß dieser Fluß zur Schifffahrt bis in den Mayn, in welchen er sich im Bambergischen ergießt, gemacht werden könnte, wenn es die vielen Mühlen und andern beträchtlichen Werke, zu welchen das Wasser benutzt wird, nicht verhinderten.
- Volksmenge.
- Man zählet gegenwärtig in Fürth ungefähr 6oo Häuser und gegen 24,ooo Einwohner, von welchen die Judenschaft allein auf 8oo Familien oder 5,ooo Seelen angeschlagen wird, und also beinahe den vierten Theil der Einwohner ausmacht. Ein großer Theil der letztern hält sich gewöhnlich den Tag über in Nürnberg auf, um das gegenseitige Gewerbe in Lebhaftigkeit zu erhalten. Uebrigens werden hier alle drei christliche Religionen nebst der jüdischen geduldet. Doch haben weder die Katholiken noch die Reformirten öffentlichen Gottesdienst, weil ihre Anzahl zu klein ist, um eigene Kirchen erbauen und unterhalten zu können. Ueberdies können sie ohne große Unbequemlichkeit dem öffentlichen Gottesdienste zu Nürnberg und Wöhrd beiwohnen, auch vermöge der getroffenen Anstalten bei Krankheiten von dort aus mit den Sakramenten versehen werden. Die Juden haben, nebst verschiedenen Schulen, auch eine eigene Buchdruckerei. Deshalb wird Fürth von der jüdischen Nation, welche sich den Studien widmet, fleißig besucht, weil sie diesen Ort gleichsam als ihre hohe Schule betrachtet.
- Gerichtsbarkeit.
- In Ansehung der Obergerichtsbarkeit steht Fürth, so wie das dazu gehörige Amt nebst dem besondern Zoll- und Geleitsrechte, unter dem marggräflich anspachischen Hofe, welcher alle diese Rechte in einem eigenen herrschaftlichen Gebäude verwalten läßt, und hinter demselben zur allgemeinen Sicherheit in einer Caserne ein militärisches Commando unterhält. Doch sind nicht alle Einwohner von Fürth unmittelbare anspachische Unterthanen; vielmehr besteht ein großer Theil derselben aus nürnbergischen, bambergischen und andern fremden Unterthanen oder sogenannten Hintersassen. In Kirchensachen hängt der Flecken von der Reichsstadt Nürnberg ab, welche das Patronatrecht ausübt, und den Zehenten mit der Domprobstey Bamberg theitet. Die Juden sollen hier ihr eigenes Gericht haben.
- Freiheiten und Abgaben.
- Dieser Ort verdankt seinen hohen Wohlstand seiner vorteilhaften Lage, der mangelhaften politischen Verfassung Nürnbergs, und den großen Freiheiten und Vorzügen, welche derselbe unter dem wohlthätigen Schutze des anspachischen Hofes genießt. Wenig berühmte Handels- oder andere Plätze wird es in Europa geben, wo eine so große Handels- und Gewerbsfreiheit in dem Grade Statt findet, als hier. Alles, was der Professionist, vom Vornehmsten bis zum Geringsten, an öffentlichen Lasten und Abgaben das ganze Jahr über zu entrichten hat, beträgt ungefähr 36 bis 45 Kreuzer leichtes Geld, oder 8 bis 9 Groschen Conventionsgeld. Besitzt derselbe ein eigenes Haus, so zahlt er davon nicht mehr als 3 Gulden leichtes Geld oder 1 Rthlr. 16 Gr. Conventionsgeld an die Herrschaft, unerachtet die Häuser in diesem offenen Flecken, der großen Volksmenge wegen, durchgängig sehr hoch im Werthe stehen, und gemeinglich zwischen drei bis zwölftausend Gulden gelten. [...]. Diese Gelder werden bloß zu Bestreitung der Kosten für die Unterhaltung öffentlicher zur Gemeinde gehörige Gebäude, Brücken, Stege, Steinpflaster u. s. w. angewendet. Dieses sind alle Abgaben, sowohl für den Mann, welcher nur Tausend, als für den, welcher Hunderttausende im Vermögen hat. Trägt er diese regelmäßig ab, so ist es ihm erlaubt, Handlung und Gewerbe zu treiben, wie und in welchem Umfange er will und kann; und wenn er tausend und mehr Centner Zucker, Kaffee und alle Arten von Material- und Farbewaaren, oder mehr als Eintausend Eimer Wein auf Ein Mahl kommen lässet, so hat er für alles dieses keinen Heller weiter zu entrichten. Nun vergleiche man alle diese Freiheiten und Vorzüge mit der Verfassung des benachbarten Nürnbergs, so wird man leicht einsehen, daß Fürth zu eben der Zeit und in eben dem Maße in Aufnahme gekommen, als diese berühmte Reichs- und Handelsstadt, der ehemahlige Mittelpunct deutscher Industrie, von seinem Flore herabgesunken ist. Die große Last von Abgaben, welche die nürnbergischen Bürger drücken, manche alte und für die jetzigen Zeiten nicht mehr passende Gesetze, welche seine Thätigkeit einschränken; der ausschweifende Lurus, dem es sich unter dem despotischen Joche des Herkommens, oft wider Willen, besonders bei Hochzeiten, Kindtaufen und Beerdigungen unterwerfen muß; wozu noch die unmäßigen Taxen gehören, welche das dortige Kirchenregiment besonders auf die letztern gelegt hat, ferner das sogenannte Ruggericht, (Rügamt) welches seiner Absicht nach ganz gut und löblich wäre, weil es die Erhaltung der gemeinen Ehre zum Zwecke hat; aber das Verfahren desselben ist, wie ich unter dem Artikel Nürnberg ausführlicher dargethan habe, in der That für die jetzigen Zeiten viel zu strenge, und dem gemeinen Besten der Stadt weit mehr nachtheilig als vortheilhaft; indem dadurch schon so viel geschickte und fleißige Künstler und Handwerker aus der Stadt verdrängt worden sind, welche sich nach Erlangen und Fürth gewendet, daselbst Schutz und Freiheit gefunden, und durch ihre Arbeitsamkeit und Geschicklichkeit den Fabriken in Nürnberg den empfindlichsten Stoß beigebracht haben. Hierzu kommt noch die Intoleranz der Nürnberger, welche besonders mit den Juden bis zum Lächerlichen getrieben wird. Alles dieses zusammen genommen hat der Bevölkerung und dem Wohlstande dieser sonst so blühenden Republik gewiß eben so viel und weit mehr Abbruch gethan, als die Handelssperrungen, welche zeither in mehreren und zum Theil großen Ländern eingeführet worden sind. Man muß erstaunen, wenn man bey dem Ende des aufgeklärten achtzehnten Jahrhunderts, am hellen Mittage nach Nürnberg kommt, und daselbst noch in so mancherlei Sachen, dicke Finsterniß antrift. Es fehlt nicht viel mehr, so kann Fürth der Hülfe seiner Nachbarn ganz entbehren; nur ist das gegenseitige Interesse beider Theile noch in etwas so genau mit einander verwickelt, daß weder der eine noch der andere ohne den wechselseitigen Beistand seine Geschäfte zu betreiben im Stande ist. Leute, welche Kenntnis und Erfahrung besitzen, versichern, daß von den sogenannten kurzen Waaren, welche unter der Benennung: Nürnberger Waaren, fast nach allen Ländern des Erdbodens in so unbeschreiblicher Menge verführet werden, und welche in den vorigen Zeiten zu Nürnbergs Reichthum das mehreste beigetragen haben, gegenwärtig in den umliegenden Gegenden, und zwar im Anpachischen, vorzüglich in Fürth, jährlich mehr verfertiget werden, als in der Reichsstadt Nürnerg ihrem Gebiethe. Dabei wohl zu bedenken, daß unter den nürnberger Waaren viele Artikel begriffen sind, wovon in der Stadt Nürnberg und derselben Gebiethe auch nicht ein einziges Stück gemacht wird, so daß diese bloß den Nahmen darzu hergibt. Von dem großen Umfange der hiesigen Nahrung und des Gewerbes läßt sich schon aus der weiter unten angeführten Menge von Handwerkern schließen; welche bloß für die ersten Bedürfnisse des Lebensthätig sind. Aber die vorzüglichste Nahrungsquelle der Einwohner von Fürth sind die ausgebreiteten Fabriken, welche daselbst in so großer Anzahl vorhanden sind, daß ich mich hier nur auf die merkwürdigsten einlassen kann. Die Spiegelfabrik ist unstreitig eine der ersten und größten. Sie gehört zu den Fabriken, deren Waaren überall für Nürnbergische gelten; ungeachtet jetzt in Nürnberg selbst wenig oder nichts davon verfertiget wird. Die Gattungen der Spiegel sind unglaublich mannigfaltig. Zu den gangbarsten, welche ich hier nur bemerken will, gehören: Die Papiernen Feld- und Schieberspiegel, rothe Borten- und Kalenderspiegel mit und ohne hölzerne Leisten, Spiegel in Gestalt eines Buches, Schubladenspiegel mit und ohne Karnieß, oder hölzerne gemahlte Leisten, pflaumbaumene Spiegel von allerlei Arten, viereckigt mit Aufsätzen und nach Art geschweifter Toiletten, die sogenannten türkischen und gemahlten, wie auch emaillirten und glassirten Spiegel, Spiegel mit gemahlten Glasrahmen, gelb und weiß in Leisten. Alle diese Sorten werden nach dem Dutzend verkauft, halten aber aufs höchste nur 9 brabanter Zoll, oder sogenanntes Judenmaß. [...]. In diesen und andern Sorten von Spiegeln macht die Handlung des Herrn Gottfried Zapf die beträchtlichsten und ausgebreitetsten Geschäfte sowohl auf den Messen in Leipzig und Braunschweig, als auch von Fürth aus. [...]. Wie wichtig diese Spiegelfabrik seyn muß, und wie groß die Menge der Menschen ist, welche dadurch in Nahrung gesetzt werden, läßt sich schon daraus abnehmen, daß man allein in Fürth über 120 Tischlerwerkstätte zählt, die auf den umliegenden Dorfschaften nicht gerechnet. Da nun jede Werkstatt im Durchschnitt wenigstens zwei Gesellen und einen Lehrburschen hält, und Frau und Kinder des Meisters ebenfalls das ihrige zur Förderung der Arbeit beitragen, so kommen schon gegen tausend Personen heraus, welche bloß durch diese Fabrik ihren Unterhalt verdienen. Was aber zu der Vollkommenheit und zu den wohlfeilen Preisen der Waare das mehreste beiträgt, ist die gute Einrichtung, daß immer ein Meister und Künstler dem andern in die Hände arbeitet, wie in England, und auf diese Art oft ein einziger Spiegel durch 12 Werkstätte gehen muß, ehe er seine gänzliche Verfertigung erhält. Dieser Umstand verschafft den hiesigen Fabriken den wichtigen Vorzug, daß wenn man auch an jedem andern Orte Spiegel von eben der Schönheit und Güte verfertigte, selbige doch nie in den niedrigen Preisen geliefert werden können; wozu freilich auch die hier überaus wohlfeilen Lebensmittel, durch welche ein sehr niedriger Arbeitslohn bewirket wird, das ihrige beitragen. Jeder Künstler von Ehre arbeitet desto vollkommener, wenn er weiß, daß seine Arbeit auch andern Künstlern in die Hände kommen muß, ehe sie feil gebothen werden kann. Hierzu kommt noch der rühmliche Eifer so mancher Kaufleute und Verleger, welche, um ihrer Waare immer mehr Vollkommenheit zu geben, sich die Kosten nicht gereuen lassen, die dazu nöthigen Künstler aus den entferntesten Gegenden zu verschreiben, so, daß Fürth jetzt mehr als funzehn geschickte Bildhauer, ungefähr acht Vergolder und zwei Lackirer besitzt, welche insgesammt geschickte Männer sind.
- Ferner trifft man in diesem Flecken mehr als neunzig Drechslerwerkstätte an, welche, nach den verschiedenen Materialien, welche sie bearbeiten, nämlich: Messing, Bein, Horn und Holz, auch in vier besondere Classen abgetheilet werden. [...]. Die vierte Classe hat mit den obigen dreien vieles gemein; ihre Hauptsachen aber sind die Büchsen zu den Kaffeemühlen.
- Die Werkstätte der Goldschläger belaufen sich hier gegen funfzig, in welchen mehrentheils 4, 5 bis 6 Gesellen, und eben so viel Weibspersonen arbeiten. Die letztern legen das geschlagene Gold in Blätter und binden es in Büchelchen ein.
- Die Strumpfwirkerei beschäftiget ebenfalls viel Menschen, beiderlei Geschlechts. Diese Manufactur wird auf mehr als 150 Stühlen von sechzig und mehr Meistern betrieben, welche alle Gattungen von schaf- und baumwollenen Strümpfen und Hauben oder Mützen verfertigen. [...].
- Was die Uhrmacherkunst betrifft, so ist es ohnehin schon bekannt, daß auch hier in in Fürth viel gethan und gearbeitet wird. Außer den bisher bekannten drei Meistern, welche sich bloß mit großen Uhren beschäftigen, gibt es noch gegen 30 Meister, welche nichts als Sack- oder Taschenuhren verfertigen, auch wenigstens 6 Uhrgehäusmacher. Freilich liefern sie nur Fabrikwaare, aber sie liefern sie auch sehr wohlfeil: und wenn besondere Bestellungen daraus gemacht werden, so liefern sie auch sehr gute und kostbare Werke.
- Weit wichtiger als diese sind die Werkstätte der hiesigen Gold- und Silberarbeiter und Juwelirer. Es gibt deren bis jetzt nur etliche und zwanzig; sie werden aber immer vermehret, insonderheit diejenigen, welche ächte Steine fassen. Diese werden von der hiesigen Judenschaft, unter welcher sich sehr ansehnliche Juwelenhändler befinden, stark in Arbeit gesetzt. [...].
- Man findet hier mehr als 32 Gürtlermeister, deren mehreste Arbeit in messingenen, glatten und musirten Nägeln, Commodenbeschlägen, Wandarmen, allen Gattungen von Uhrschlüsseln von der schönsten Façon, von Perlmutter upd Schildplatten, bestehet; [...].
- Die hiesigen Schlossermeister, gegen 30 an der Zahl, haben mit der Verfertigung und mit den Reparaturen der vielen und mannichfaltigen Werkzeuge, welche zu den Fabriken erfordert werden, hinlänglich zu thun; doch liefern sie zugleich auch viel Kaffeemühlen und andere Sachen.
- Die Anzahl der Sattler- und Riemerwerkstätte ist auch ansehnlich und für Fürth fast zu groß; sie würden auch hier nicht wohl bestehen können, wenn sie sich bloß auf das einschränken wollten, was sonst zu diesen Professionen gerechnet wird. Sie verfertigen daher eine große Menge Brieftaschen mit Band und Schloß, Schreibtafeln, vielerlei Puderpüster, Rauchtoboksdosen, lederne Pfeifenröhre, Geldtaschen, Papiermagazine, von Fischbein geflochtene Spießgerten und dergleichen.
- In Fürth befinden sich gegenwärtig an 10 Brillenmacher, ein Metier, welches in Absicht auf die Gesundheit des Menschen zu den gefährlichsten zu rechnen ist, wegen des feinen Glasstaubes, welcher diejenigen, die sich mit dem Glasreiben beschäftigen, beständig wie ein Nebel umgibt, und Lungensucht und Auszehrung bald nach sich zieht. Diese Arbeit wird daher größtentheils auch nur von Verbrechern verrichtet, welche sich in den Zucht- und Arbeitshäusern zu Nürnberg und dem benachbarten Schwabach befinden. Eine Verurtheilung zu dreijährigem Glasreiben wird der Todesstrafe gleich geachtet. Jeder Züchtling muß täglich eine bestimmte Anzahl Gläser liefern, und was sie über diese Zahl verfertigen, wird ihnen besonders bezahlt; und als vor einigen Jahren ein nürnbergischer Brillenmacher auf den guten Gedanken kam, die Gläser nicht trockenson, sondern naß zu reiben, um dadurch den tödlichen Staub zu entfernen, so gingen diese Züchtlinge doch schwer daran, sich diese wohlthätige Neuerung gefallen zu lassen, weil sie glaubten, die Arbeit ginge langsamer von Statten. Sie mußten wirklich durch Geschenke an Bier und Braten, welche ihnen theils die Obrigkeit, theils das Brillenmacherhandwerk zu verschiedenen Mahlen reichen ließ, erst dahin gebracht werden, nur den Versuch zu machen. So kann ein wenig sinnlicher Genuß, wodurch solche Menschen sich ihren elenden Zustand einigermaßen erleichtern, sie gegen die Erhaltung ihres Lebens ganz fühllos machen. Außer den Brillen verfertiget man auch Brenn- und Ferngläser, Perspective, Microscopen und so weiter.
- Herr Nicolaus Rauch hat eine Fabrik von allen Sorten Schnupftobak; derselbe verfertiget Tabac de Paris, Rappé d’Hollande, Rappé d’Hollande finissimo, St. Omer, Marocco, Louisiana, schwarzen und gelben Weizen, sogenannten Naturell, nebst verschiedenen Gattungen Rauchtobak. Diese Sorten sind von den ausländischen an Güte gar nicht verschieden, im aber um vieles wohlfeiler.
- Endlich sind noch ungefähr acht Nudelfabriken zu bemerken, welche alle Arten Maccaroni verfertigen, und Waaren liefern, welche an Güte den italienischen wenig nachgeben. Im 1786 zählte man hier noch 110 Schuhmachermeister, ohne die vielen Landschuster zu rechnen, auch zum Theil für die Einwohner dieses Fleckens arbeiten; ferner 120 Schneidermeister, 52 Bäcker, 44 Mehlhändler, 66 Brannteweinbrenner, 1o Bierbrauer, welche beträchtliche Brauhäuser haben, und 86 Bierschenken; anderer Professionisten nicht zu gedenken. Die vielen Brauereien und Brannteweinbrennereien veranlassen zugleich ein anderes einträgliches Gewerbe, nähmlich die Viehmast, welche hier sehr ansehnlich ist.[2]
Veröffentlichungen
- Erhard Andreas Saueracker: "Versuch einer Chronologisch-Diplomatisch-Statistischen Geschichte des Hofmarks Fürth und seiner zwölf einverleibten Ortschaften. Vierter und letzter Theil." Nürnberg und Leipzig, bey Georg Friedrich Casimir Schad, in Commißion. 1789. - online-Digitalisat
- Johann Christian Herrmann: "Allgemeiner Contorist welcher von allen und jeden Gegenständen der Handlung aller in und außer Europa belegenen Handelsplätze die neuesten und zuverlässigsten Nachrichten ertheilet [...]. Zweiter Theil von C bis Königsberg.", Leipzig, 1789, S. 341 - 353 - online-Digitalisat
Bilder
Grundriss des Hofmarkt Fürth. Gezeichnet von: Elias Oehme. Aus: Erhard Andreas Saueracker: Versuch einer Chronologisch-Diplomatisch-Statistischen Geschichte des Hofmarks Fürth. Nürnberg und Leipzig 1789
Waisenschule; Radierung von Johann Ludwig Stahl nach Elias Oehme in Sauerackers Chronik von 1789
Einzelnachweise
- ↑ Fronmüllerchronik, 1887, S 184
- ↑ Johann Christian Herrmann: "Allgemeiner Contorist welcher von allen und jeden Gegenständen der Handlung aller in und außer Europa belegenen Handelsplätze die neuesten und zuverlässigsten Nachrichten ertheilet [...]. Zweiter Theil von C bis Königsberg.", Leipzig 1789, S. 341 ff - online-Digitalisat